Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Zukunftsmodell Hausarzt?<br />
Medizin trifft smz soziales aktuell<br />
Der Hausarzt Michal Wendler kritisierte<br />
ebenfalls, dass es keinen Rahmen für die<br />
Ausbildung von Allgemeinmedizinern gäbe.<br />
Der größte Teil der Ausbildung erfolge noch<br />
immer im Krankenhaus, obwohl die so genannte<br />
„sprechende Medizin“ (Hausarzt,<br />
Psychiater, Kinderarzt) eigene Ausbildungsstätten<br />
brauche. Wendler führte an, dass es<br />
für die Einrichtung einer Lehrpraxis weder<br />
Qualitätskriterien, noch Visitationen oder<br />
ein Mentoren-Programm gäbe. Der Hausarzt<br />
müsse die Ausbildung zum Anleiter sogar<br />
selbst zahlen. Wendler: „Die Ärztekammer<br />
sollte daher vor der eigenen Haustür<br />
kehren, bevor man das Ministerium und die<br />
Kassen bemüht und beschuldigt!“<br />
Rainer Possert betonte die Bedeutung des<br />
Hausarztes für „schwierige“ Patientengruppen:<br />
„Als Hausärzte haben wir eine Versorgungspflicht.<br />
Diese Patienten würden überall<br />
sonst durch den Rost fallen.“<br />
Verweiblichung des<br />
Hausarztes<br />
Die Ärztin Angela Huber bestritt, dass die<br />
Allgemeinmedizin an Bedeutung verloren<br />
habe. Huber: „Man muss jedoch die Verweiblichung<br />
des Medizinberufs berücksichtigen<br />
und bessere Bedingungen für Frauen<br />
schaffen. Wenn man z.B. kleine Kinder hat,<br />
kann man nicht Teilzeit arbeiten, es gibt keine<br />
Job-Sharing-Modelle. Die Ärztekammer<br />
tut in dieser Beziehung nichts.“<br />
ÄK-Präsident Routil spielte den Ball wieder<br />
zurück zu den Krankenkassen und meinte,<br />
diese würden Job-Sharing-Modelle boykottieren,<br />
indem sie dafür Abschläge verlangten.<br />
Medikamentenverordnung<br />
und Pharma-Industrie:<br />
In der Diskussion um die Ökonomisierung<br />
des Gesundheitswesens und die ungleiche<br />
Verteilung von Geldern wies Rasky darauf<br />
hin, dass die Wirksamkeit ökonomischer<br />
Lenkungseffekte im Gesundheitswesen<br />
eine wissenschaftliche Tatsache sei. Markus<br />
Narath (KAGES) verlangte in diesem<br />
Zusammenhang eine bessere Qualitätssicherung<br />
von der Ärztekammer. Narath:<br />
„Wer schaut, dass die Pharma-Industrie<br />
nicht ungerechtfertigt zu viel Geld bekommt?“<br />
Rainer Possert plädierte für eine<br />
ganz rigide Medikamentenverordnung nach<br />
slowenischem Vorbild und wies darauf hin,<br />
dass das <strong>SMZ</strong> liegt bei der Medikamentenverordnung<br />
um 30% unter dem steirischen<br />
Schnitt liege.<br />
Rasky gab noch zu bedenken, dass der international<br />
gute Ruf des österreichischen<br />
Gesundheitssystems allein auf seinem relativ<br />
egalitären Zugangssystem beruhe:<br />
„In Österreich haben wir um 35% höhere<br />
Selbstbehalte als in anderen Ländern.<br />
Österreich schneidet im Vergleich nur deshalb<br />
so gut ab, weil durch das Hausarztsystem<br />
und die Ambulanzen alle Menschen Zugang<br />
zum Gesundheitssystem haben.“<br />
<strong>SMZ</strong> als Vorbild<br />
für Neuorientierung<br />
des Hausarztmodells<br />
Übereinstimmung herrschte bei allen Diskutanten<br />
hinsichtlich der Tatsache, dass<br />
der Hausarzt, der alleine in der Praxis sitzt,<br />
nicht mehr zeitgemäß sei. Es brauche neue<br />
Modelle, Praxisgemeinschaften und Gesundheitszentren<br />
wie das <strong>SMZ</strong>. Im <strong>SMZ</strong><br />
habe auch die psychosomatische Medizin<br />
ihren Platz, was für die Allgemeinmedizin<br />
insgesamt eine große Chance böte.<br />
Gustav Mittelbach: „Alle reden von Kooperation,<br />
aber in der Praxis gibt es überhaupt<br />
keine Verpflichtung dazu. Das <strong>SMZ</strong> ist<br />
mit seiner Kooperation mit der Hauskrankenpflege<br />
an der ökonomischen Realität<br />
gescheitert, die „Overheadkosten“ für Zusammenarbeit,<br />
Fallkonferenzen, Besprechungen<br />
wurden nicht mehr finanziert. Es<br />
gibt offensichtlich kein Interesse daran,<br />
dass Ärzte und Krankenschwestern wirklich<br />
zusammenarbeiten!“<br />
<strong>SMZ</strong> INFO <strong>Jun</strong>i <strong>2012</strong><br />
11