SMZ Liebenau Info Sep_2010
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ungleichheit<br />
Erster Armutsbericht der Stadt Graz<br />
Fortsetzung<br />
»<br />
Soziale Ungleichheit, Diskriminierung und Rassismus<br />
sind strukturell in unsere Gesellschaft eingeschrieben<br />
04<br />
<strong>SMZ</strong> INFO september <strong>2010</strong><br />
1,3% der österr. Bevölkerung sind nicht<br />
krankenversichert, also 3100 GrazerInnen.<br />
Die Marienambulanz versorgte 2009 1571<br />
Personen aus 75 Ländern – 189 hatten die<br />
österreichische Staatsbürgerschaft – 40%<br />
hatten keine Krankenversicherung.<br />
Zu diesem Kapitel hat Christine Anderwald,<br />
die organisatorische Leiterin der Marienambulanz,<br />
einen Kommentar beigesteuert,<br />
ebenso wie das AMS, die Schuldnerberatung,<br />
die Vinzenzgemeinschaft und der Geschäftsführer<br />
von Isop - Kommentare, die in<br />
einigen Punkten kritischere Aussagen treffen<br />
als der Rest der Studie.<br />
Wohnen<br />
70 - 100 Personen leben in Graz auf der<br />
Straße, 800 - 900 sind in Übergangswohnungen,<br />
Wohnheimen und Notschlafstellen<br />
untergebracht.<br />
Es gibt 10500 Gemeindewohnungen (5000<br />
im Eigentum der Stadt Graz), leider wurden<br />
– außer den Holzhäusern im Grünanger –<br />
schon lange keine Gemeindewohnungen<br />
mehr gebaut.<br />
123 Wohnungen in Übergangswohnheimen/<br />
Delogiertenwohnungen, 74 im Männerwohnheim,<br />
65 im Frauenwohnheim.<br />
Akut Wohnungslose werden von der Caritas<br />
und der Vinzenzgemeinschaft in verschiedenen<br />
Projekten betreut, 5 neben dem<br />
Frauenhaus, der Wohnplattform Steiermark<br />
für psychisch Kranke und dem Aloisianum<br />
für Alkoholkranke. Die Wohnsicherungsstelle<br />
WOG betreibt Delogierungsprävention<br />
(2/3 der Delogierungen pro Jahr konnten<br />
verhindert werden, die Hilfesuchenden<br />
hatten durchschnittlich ein Einkommen von<br />
€ 1000.– bei Wohnungskosten von € 600.–<br />
und Mietrückständen von € 1500.–)<br />
Migration<br />
15% der in Graz Lebenden haben keine<br />
österreichische Staatsbürgerschaft (davon<br />
5% aus EU-Staaten); die größten Gruppen<br />
sind in folgender Reihung: Bosnier, dann<br />
Kroaten, Deutsche, TürkInnen, Rumänen.<br />
30% der MigrantInnen sind armutsgefährdet,<br />
sie zögern oft, Sozialhilfe zu beantragen,<br />
um das Ziel eines „gefestigten Aufenthalts“<br />
für die Visumverlängerung und<br />
Staatsbürgerschaft nicht zu gefährden.<br />
Schulden<br />
13% der 20-64Jährigen hatten in den letzten<br />
5 Jahren ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten.<br />
Das Hauptproblem der Männer ist<br />
„ehemalige Selbstständigkeit“, bei Frauen<br />
„Bürgschaft und Haftung“.<br />
Die deutlichsten Worte im Sinne einer kritischen<br />
Analyse findet Robert Reithofer, Geschäftsführer<br />
von ISOP (S 81):<br />
„Soziale Ungleichheit, Diskriminierung und<br />
Rassismus sind strukturell in unsere Gesellschaft<br />
eingeschrieben, Armut und soziale<br />
Exklusion werden entlang geschlechtsspezifischer,<br />
ethnischer und sozialer Grenzziehungen<br />
kontinuierlich reproduziert und<br />
vererbt. Die Wirtschaftskrise, die tatsächlich<br />
eine umfassende zivilisatorische Krise des<br />
kapitalistischen Systems darstellt, macht<br />
dies in ihren sozialen und ökologischen Folgewirkungen<br />
nur umso offensichtlicher: der<br />
erwirtschaftete Reichtum wird weltweit und<br />
genauso in Österreich in der Steiermark und<br />
Graz extrem ungleich verteilt, Armut und<br />
Arbeitslosigkeit nehmen zu. Soziales Engagement<br />
muß immer auch gesellschaftspolitisches<br />
Engagement sein. Andernfalls<br />
geht man in die Falle eines Diskurses der<br />
5<br />
Caritas: Arche 38, Team On, Übergangswohnungen, Haus Elisabeth, Schlupfhaus, Ressidorf,<br />
Wohnheim für ausländische Frauen, Vinzenzgemeinschaft: Vinzidorf, Vinzinest, Vinzischutz, Vinzitel, Haus Rosalie.