Blattwerk Ausgabe No18 Mai und Juni 2023
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Nicht, dass jetzt jemand glaubt, du gehst da auf die Jagd<br />
<strong>und</strong> machst den anderen das Leben schwer, nein, du doch<br />
nicht, du bist fast Vegetarier, das bisschen Kleingetier, das<br />
zählt ja nicht. So wie bei den meisten Menschenvegetariern<br />
Fisch nicht zu den Tieren dazuzählt.<br />
Aber jetzt kommt das Problem. Du wohnst nämlich so Nähe<br />
Ruster Bucht, nördlich, so im Schilfgürtel drin, in einer kleinen<br />
Nebenbucht. Halt nicht die Art von Gegend, wo sie<br />
ausbaggern <strong>und</strong> Schlamm abpumpen kommen, weil Boote<br />
liegen da keine <strong>und</strong> Seehütten hast halt auch nicht dort.<br />
Also keine Wiener, die mit dem Motorboot da hinwollen.<br />
Ist ja nichts los außer Fisch <strong>und</strong> Gelsen.<br />
Dort wohnst du. Ruhig. Beschaulich. Sicherer Arbeitsplatz.<br />
Wenig Verkehr. Die Kinder gut geschützt. Keine Kriminalität.<br />
Nette Nachbarn. Reichhaltiger Schlamm. Traumhaft. Gut<br />
zum Leben, gut zum Altwerden. Alles w<strong>und</strong>erbar. Dass<br />
das Wasser immer wärmer wird, das stört dich nicht, nein,<br />
auch dass es nicht mehr regnet, ist nicht schlimm, bisschen<br />
schade halt, weil das Plätschern war schon schön, aber es<br />
geht auch ohne. Man kann ja auch nichts tun dagegen, <strong>und</strong><br />
Petitionen unterschreiben tust du eh.<br />
Doch plötzlich merkst du, an manchen Stellen steht der<br />
Schlamm dir bis zum Bauch <strong>und</strong> die Rückenflosse schaut<br />
schon raus. Und die Familie! Die Kinder sind beim Spielen<br />
plötzlich auf dem Trockenen gesessen <strong>und</strong> die Großeltern<br />
erzählen dir, das war noch nie so, seit sie leben.<br />
Nur manche erinnern sich noch an Geschichten, die es<br />
früher durch das Schilf geweht hat.<br />
Vor langer Zeit ist das Wasser ganz verschw<strong>und</strong>en, es kann<br />
also noch mal passieren.<br />
Die Möwen schreien jetzt laut von oben, dass nur wenig<br />
weiter drüben ein regelrechter Genozid verübt wird an den<br />
Fischen, die eingekesselt sind im seichten Wasser. Da sind<br />
sie plötzlich alle gleich: Aale, Welse, Hechte, Karpfen, alle<br />
schwimmen sie im selben Sumpf. Die Störche klappern<br />
schon mit ihren Schnäbeln, dass die Wasseroberfläche zittert.<br />
Für die Vögel sind das fette Jahre. Völlerei <strong>und</strong> Party<br />
ohne Ende. Im seichten Wasser Fische rausklauben, die mit<br />
den Bäuchen schon im Schlamm radieren.<br />
Also was tun? Was kann man tun?<br />
Die Nachbarn fliehen ins Ungewisse. Nur wohin? Ein Klimaflüchtling<br />
werden? Das willst den Kindern doch nicht antun.<br />
Also schwimmst du hin <strong>und</strong> her, hin <strong>und</strong> her, <strong>und</strong> sei mal<br />
ehrlich, du hast schon ein bisschen Angst. Also viel Angst.<br />
Das warme Wasser ist so fremd <strong>und</strong> atmen wird auch immer<br />
schwerer. Aber wie soll man denn als Fisch so gscheit sein<br />
<strong>und</strong> sich neu erfinden? Sich rausdenken aus dem Schlamm<br />
<strong>und</strong> schauen über den Schilfrand? Wie haben das denn die<br />
Dinosaurierfische gemacht, als die aus ihrer Ursuppe gekrochen<br />
sind <strong>und</strong> ihre Kiemen Lungen wurden?<br />
Mo, 29.5.<br />
11:00 Uhr<br />
Treffpunkt: Neustift an der<br />
Lafnitz, Parkplatz beim Badesee<br />
DER LAUF DES WASSERS<br />
Lesewanderung an der Lafnitz<br />
Unkostenbeitrag (inklusive Jause <strong>und</strong> Getränke)<br />
Pro Person € 25,- (ermäßigt € 22,-)<br />
Pro Kind € 10,-<br />
BETEILIGTE AUTOR*INNEN UND KÜNSTLER*INNEN:<br />
Katharina Köller, Katrin Bernhardt, Rudolf Hochwarter,<br />
Peter Wagner, Michal Hvorecký, Reinhold Stumpf,<br />
Kurt Pieber, Rainer Paul, Eveline Rabold<br />
Start der Lesewanderung ist am Badesee (Parkplatz)<br />
in Neustift an der Lafnitz.<br />
Sauberes Trinkwasser war schon immer ein kostbares Gut<br />
<strong>und</strong> wird in Zukunft noch knapper werden, wenn wir dem<br />
Klimawandel nicht Rechnung tragen. Dabei kommt den<br />
Flüssen <strong>und</strong> ihrer Beschaffenheit eine nicht unwesentliche<br />
Rolle zu. Mit dieser Lesewanderung die Lafnitz entlang<br />
vom Badesee in Neustift bis zur <strong>Mai</strong>erhofermühle möchten<br />
wir den Spuren des Wassers in unserer nächsten Umgebung<br />
folgen <strong>und</strong> uns dabei literarisch <strong>und</strong> musikalisch<br />
inspirieren lassen. Wir haben AutorInnen mit verschiedensten<br />
Zugängen zum Thema eingeladen <strong>und</strong> stellen u.<br />
a. den Bild-/Gedichtband „Lafnitz“ von Kurt Pieber <strong>und</strong> Rudolf<br />
Hochwarter vor. Mit der begleitenden musikalischen<br />
Untermalung, der Verköstigung mit Jause <strong>und</strong> Getränken<br />
<strong>und</strong> einem Rücktransport aller TeilnehmerInnen zum Ausgangspunkt<br />
der Wanderung steht dem Abenteuer einer<br />
literarischen Flussreise nichts mehr im Wege.<br />
Eine Veranstaltung des Offenen Haus Oberwart in Kooperation<br />
mit dem PEN-Club Burgenland<br />
DIE LAFNITZ<br />
Ob das Wasser wiederkommt, das lässt sich gar nicht sagen,<br />
also besser los. Erfind dich neu, du armer Fisch, auch wenn<br />
das heißt, du musst in Zukunft gegen Störche kämpfen. Als<br />
Mensch bist du dann doch unendlich besser dran, oder?<br />
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