4. Juni 2023

4. JUNI 2023 www.grazer.at
graz viva 29 27
➜
IN
GETTY, KK
Baden gehen
Die neue Bademode zeichnet sich
durch Stoff und Eleganz aus. Auch
Retro-Flair ist ein großes Thema.
Verkehr behindern
Überleben geht vor, daher bitte ausweichen,
wenn die Rettung kommt!
Passiert in Graz leider nicht immer.
OUT
➜
nicht immer der Hengst sein
SEXUALITÄT. Wie
Pornografie die Grazer
verunsichert und wo der
Schlüssel zur erfüllten
Sexualität liegt, verrät
die Sexologin Anna Reif.
Von Mirella Kuchling
mirella.kuchling@grazer.at
In unserer Sexualität spiegelt
sich in erster Linie, wie wir
miteinander umgehen“, erklärt
die klinische Sexologin Anna
Reif. Nach ihrer Ausbildung in der
Schweiz und in Holland arbeitete
sie jahrelang in unserem Nachbarland,
bevor sie wieder zurück
nach Graz kam, um in Paar- und
Einzelberatungen mit zahlreichen
Missverständnissen in der Sexualtherapie
und Sexualmedizin aufzuräumen.
Pornografie
Wobei Menschen im Allgemeinen
und auch Grazer, was ihr
Sexualleben betrifft, zu kämpfen
haben und es nach wie vor
schambesetzt ist. Ein Thema von
vielen, das die Sexologin bereits
jahrelang begleitet, ist die Pornografie:
„Da wird Männern etwas
präsentiert, das eigentlich fiktiv
ist und nichts mit Wertschätzung
zu tun hat, sondern im Gegenteil
auch mit Missbrauch.“ Wobei Reif
nicht moralisieren, sondern sensibilisieren
will. Ihr ist es wichtig,
dass erkannt und eben
wertgeschätzt wird,
„was wir Frauen erleben
und aushalten
müssen. Dass es
nicht selbstverständlich
ist, dass jemand
in uns eindringt.“ Es geht
um eine respektvolle, empathische
und spielerische Form
des Liebeslebens.
Selbstreflexion
Auch die Grazer fühlen sich bedrängt.
„Viele Männer haben das
Gefühl, funktionieren zu müssen,
da bei ihnen alles sofort sichtbar
ist und Leistung von ihnen verlangt
wird.“ Ständig der Hengst
sein zu müssen, so die Expertin,
erzeugt enormen Druck. „Eine
wichtige Erkenntnis in
all meinen Seminaren
war“, erzählt sie, „dass
Männer ihre Rolle als
Mann vergessen und
sich daran erinnern sollen,
Mensch zu sein.“
In ihrem Buch „Endlich
ankommen im erfüllten Liebesleben“
zeigt sie Auswege auf:
„Bei allem wird man gefördert,
aber in diesem Bereich, der unsere
Lebensgrundlage ist, nicht.“
Bildung kommt für Reif noch vor
Therapie, dazu gehört, sich selbst
zu lieben, anzuerkennen und
dass es notwendig ist zu reflektieren.
„Wenn wir das nicht lernen,
passiert viel, das uns verletzt und
blockieren kann. So kommt es zu
vielen Trennungen und Leid.“