Glossar - Goerls
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Görls: Worin liegen die Herausforderungen in<br />
einem Fachgebiet wie Materialwissenschaften –<br />
insbesondere regenerative Energien betreffend?<br />
C.Roth: Wo liegen die Herausforderungen?<br />
Forschungsmäßig oder persönlich?<br />
Görls: Beides!<br />
C. Roth: Von der Forschung, wenn man beurteilt,<br />
was Männer an der Wissenschaft interessiert und<br />
was Frauen interessiert, gibt es Untersuchungen mit<br />
dem Ergebnis, dass Frauen sich immer für Themen interessieren,<br />
die etwas mit dem Leben zu tun haben,<br />
mit irgendwelchen Verbesserungen, mit irgendwas<br />
Greifbarem, nichts total Abstraktes. Gerade erneuerbare<br />
Energien sind eine Sache, die superinteressant<br />
ist für unsere Gesellschaft, momentan und auch für<br />
die Zukunft. Die Herausforderungen bestehen darin,<br />
wie das Thema besser öffentlich gemacht werden<br />
kann, wie man Forschung betreibt, damit wirklich<br />
Verbesserungen für die Energiewirtschaft herauskommen.<br />
Es gibt in der Mathematik zum Beispiel<br />
„orientierte Matroide’’. Erstens weiß sowieso keiner<br />
was das ist und zweitens machen das wirklich nur<br />
Spezialisten und man kann sich nur mit Spezialisten<br />
darüber unterhalten. Das rettet die Welt nicht. Und<br />
ich denke, die Herausforderung bei erneuerbaren<br />
Energien ist, ein Themengebiet zu haben, in dem Forschung<br />
betrieben wird, an der die Industrie Interesse<br />
hat und die Mittel zur Verfügung stellt und von dem<br />
die Menschheit profitiert. Denn wir müssen ja gucken,<br />
wie wir unsere Energieproblematik managen<br />
und in den Griff bekommen können.<br />
Görls: Und welche sind deine persönlichen<br />
Herausforderungen?<br />
C. Roth: Eine persönliche Herausforderung wäre mal<br />
zu überlegen, wie sich eine Juniorprofessur und eine<br />
Karriere an der Uni mit einer Familie vereinbaren<br />
lässt. Unter persönliche Herausforderungen fallen<br />
auch Probleme, die entstehen, wenn man einen Partner<br />
hat, der auch Karriere macht, auch qualifiziert ist<br />
und der zum Beispiel, wie mein Freund jetzt, in München<br />
ist, während ich in Darmstadt bin; da müssen<br />
wir schauen, wie wir das koordinieren können. Die<br />
persönlichen Herausforderungen sind die Sachen, die<br />
früher selbstverständlich waren, da die Frau wahrscheinlich<br />
einen niedrigeren Bildungsstand hatte und<br />
dann einen Mann geheiratet hat, der für das Einkommen<br />
der Familie zuständig war. Wo der Mann<br />
einen Job fand, zog die Frau hinterher, dort wurde<br />
ein Haus gebaut und dann Kinder gekriegt. Somit<br />
war die Frau für die Erziehung der Kinder zuständig.<br />
Das ist heute eben nicht mehr selbstverständlich so.<br />
Das sind die persönlichen Herausforderungen, gerade<br />
wenn man als Frau auch ein bisschen Karriere<br />
machen möchte. Da muss eine Frau überlegen, wie<br />
sie all das haben, wie sie Karriere mit Familie verbinden<br />
kann. Das ist schwierig...<br />
Görls: Wie sehen deine beruflichen und privaten<br />
Fr a u e n i n d e r W i s s e n s c h a f t<br />
Ziele für die Zukunft aus?<br />
C. Roth: Beruflich würde ich schon ganz gerne eine<br />
richtige Professur haben. Das wäre schon ein Traum<br />
von mir, weil ich als Juniorprofessorin nur beschränkte<br />
finanzielle Mittel habe. Bei einer richtigen<br />
Professur bekommt man Berufungsmittel (Budget,<br />
das für Forschungszwecke zur Verfügung gestellt<br />
wird; Anm. d. Red.). Ich habe jetzt hier nur drei<br />
Räume, ich könnte dann vielleicht auch fünf haben<br />
oder zwei Labors, so dass ich dann auch Gerätschaften<br />
anschaffen könnte, um Forschung auf einem höheren<br />
Niveau betreiben zu können. Die Ziele<br />
beruflicher Art sind also, eine größere Arbeitsgruppe<br />
zu haben und dann irgendwo akzeptiert zu arbeiten.<br />
Und gut, mein persönliches Ziel wäre zu schauen,<br />
dass ich mit meinem Partner möglicherweise auf<br />
demselben Fleck lebe und vielleicht gemeinsam eine<br />
Familie gründe. Das wäre so mein persönliches Ziel.<br />
Görls: Würdest du gerne hier in Darmstadt bleiben<br />
oder willst du lieber irgendwo anders hin?<br />
Also Frankreich, England oder irgendeine andere<br />
Stadt hier in Deutschland?<br />
C. Roth: Ins Ausland würde ich schon ganz gerne<br />
noch mal gehen, da ist aber der limitierende Faktor<br />
mein Partner, der immer sagt, er möchte lieber nur in<br />
Deutschland bleiben. Es wäre für meine Karriere<br />
wichtig, für eine gewisse Zeit in die USA zu gehen.<br />
Görls: Hast du da ein bestimmtes Institut oder<br />
eine Uni im Visier?<br />
C. Roth: Es gibt natürlich die renommierten Institute,<br />
die sich gut im Lebenslauf machen, wenn da<br />
MIT (Massachusetts Institute of Technology, in Boston<br />
USA) drinnen steht, ist das toll, aber das ist nicht<br />
so einfach. Nein, ich möchte mir erst einmal keine<br />
Gedanken darüber machen. Gerne würde ich zu<br />
einem US-amerikanischen Kollegen gehen, der vier<br />
Wochen hier war, um gemeinsam zu arbeiten. Bei<br />
ihm könnte ich für vielleicht zwei Jahre Forschung<br />
betreiben, aber das ist eher Zukunftsmusik. Wo ich in<br />
Deutschland tätig bin, ist mir eigentlich komplett<br />
egal. Es ist zwar schön, dass ich momentan nah bei<br />
meiner Familie, meinen Eltern und meinem Bruder<br />
arbeite, aber wenn ich mal einen Job suche, ist mir<br />
das eigentlich ganz egal wo dieser ausgeschrieben<br />
ist, da muss ich das nehmen, wo ich eine Chance<br />
habe, denn es werden vielleicht drei Professuren im<br />
Jahr ausgeschrieben, die für mich interessant wären.<br />
Görls: Aber auf längere Sicht gesehen würdest<br />
du schon lieber in Deutschland bleiben?<br />
C. Roth: Würde ich noch nicht mal so sagen, ich bin<br />
auch ein ziemlicher Freund von England. Ich würde<br />
auch nach England gehen…<br />
Görls: Also offen?<br />
C. Roth: Ja.<br />
Görls: Wir bedanken uns bei Christina Roth, die<br />
großzügig alle unsere Fragen beantwortet hat<br />
und uns mit Getränken und Keksen freundlich<br />
empfangen hat!<br />
C h r i s t i n a R o t h<br />
wurde am 5.2.1974 in Jugenheim geboren und<br />
besuchte ab 1986 die Georg-Büchner-Schule in<br />
Darmstadt, an der sie 1993 ihr Abitur machte. Im<br />
Wintersemester 1993/1994 nahm sie ihr Studium in<br />
dem damals neu eingerichteten Studienfach Material-<br />
wissenschaft an der TU Darmstadt auf. 2002 promo-<br />
vierte sie im Fachgebiet ‚Strukturforschung’ der<br />
Materialwissenschaft an der TUD bei Prof. Hartmut<br />
Fueß. Einen Teil ihrer Forschungen zum Thema ihrer<br />
Promotion „Strukturelle und elektrochemische Charak-<br />
terisierung rußgeträgerter Pt-Ru-X Katalysatoren zum<br />
Einsatz in Membranbrennstoffzellen“ führte sie wäh-<br />
rend eines Auslandsaufenthaltes an der Universität<br />
Poitiers in Frankreich durch. Des weiteren erreichte sie<br />
2002 den 3. Platz beim ‚She-Study-Award’, einem<br />
Förderpreis, der seit 1997 von der Shell AG für junge<br />
Wissenschaftlerinnen vergeben wird. 2003 war es ihr<br />
aufgrund eines Stipendiums der Humboldt-Stiftung<br />
möglich, für ein Jahr an die Universität Liverpool zu<br />
wechseln. Seit 2004 ist sie als Juniorprofessorin am<br />
Institut für Materialwissenschaft im Fachgebiet Materi-<br />
alentwicklung für Erneuerbare Energien an der TU<br />
Darmstadt tätig. Im März 2010 erhielt sie den höchs-<br />
ten Wissenschaftspreis der TU Darmstadt, den mit<br />
50.000 Euro dotierten Adolf-Messer-Preis. Dieses<br />
zweckbestimmte Preisgeld will Christina Roth in wei-<br />
tere Forschungsvorhaben investieren.<br />
Lena<br />
Berenike Eimler, Vroni u. Cilli Hilmer, Christian Proff,<br />
haben dieses Interview durchgeführt.<br />
Lena Franke hat es getippt und redigiert.<br />
Görls<br />
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