Glossar - Goerls
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Over 21<br />
F r a g e n a n d e n E x - 6 8 e r - R e b e l l e n Daniel Cohn-Bendit:<br />
Der „rote Dany“<br />
Daniel Cohn-Bendit wurde am 4. April 1945 als<br />
Sohn einer jüdischen Flüchtlingsfamilie im<br />
französischen Montauban geboren. Er wuchs in<br />
Paris auf und ging 1958 mit der Mutter nach<br />
Deutschland, besuchte das Gymnasium und<br />
legte sein Abitur ab. 1965 kehrte er nach<br />
Frankreich zurück und studierte in Nanterre Soziologie.<br />
1968 sorgte er für Schlagzeilen, als<br />
der damalige Minister für jugendliche Fragen,<br />
Misoffe, ein Schwimmbecken auf dem Campus<br />
in Nanterre einweihte. Cohn-Bendit wollte ihn<br />
provozieren, indem er ihm von seinen sexuellen<br />
Schwierigkeiten erzähl te. Misoffe riet ihm<br />
darauf ins Schwimmbecken zu springen, worauf<br />
Cohn-Bendit ihn als „üblen Faschisten“<br />
beschimpfte. Er entschuldigte sich dann aber<br />
und wurde von Misoffe zum Essen eingeladen,<br />
die Presse hatte ihn jedoch nun schon berühmt<br />
gemacht. Er wurde wegen Beteiligung an den<br />
Pariser Mai-Unruhen aus Frankreich ausgewiesen.<br />
Die Mai-Unruhen waren die Aufstände der<br />
20- bis 30- jährigen, ihnen war das marode sozialpolitische<br />
System der damals „entwickelten“<br />
Länder aufgestoßen.<br />
Im Frankfurt der 70er Jahre war er Mitbegründer<br />
der linken Studentengruppe „Revolutionärer<br />
Kampf“ (RK), die auch die Sponti-<br />
Bewe gung anführte und unterstützte später die<br />
Hausbesetzerszene, indem er u.a. mit Joschka<br />
Fischer in einem alten Gebäude im Zentrum<br />
Frankfurts, das abgerissen und durch ein neues<br />
Bürogebäude ersetzt werden sollte, eine WG<br />
gründete und gegen dessen Abriss protestierte.<br />
Er arbeitete auch als Kindergärtner und Buchhändler<br />
in Frankfurt. In den 80er Jahren war er<br />
der Herausgeber des alternativen Stadtmagazins<br />
„Pflasterstrand“.<br />
1984 tritt er den Grünen bei und war ein Gegner<br />
des ökosozialistischen Fundamentalismus.<br />
1989 wur de er als Mitglied des Frankfurter<br />
Magistrats als ehrenamtlicher Dezernent für<br />
multikulturelle Angelegen heiten der rot-grünen<br />
Rathaus koa lition bestellt, das heißt, dass er<br />
sich um die Probleme anderer Kulturen in diesem<br />
Gebiet kümmerte.<br />
1994 wurde er für die deutschen Grünen ins<br />
Parlament gewählt und engagierte sich dort im<br />
Bereich der Außen-, Sicherheits- und Friedenspolitik<br />
und der Menschenrechte.<br />
Von 1994 bis 2003 arbeitete er für den Schweizer<br />
Fernsehsender DRS und moderierte die Sendung<br />
„Literaturclub“.<br />
34 | Görls<br />
Er kandidierte 1999 als Spitzenkandidat der<br />
französischen Grünen (LES VERTS) für das Europäische<br />
Parlament und bekam 9,72 % der<br />
Stimmen.<br />
Seit 2002 ist er Co-Vorsitzender der Fraktion<br />
der Grünen / Freie Europäische Allianz im Europäischen<br />
Parlament. Er ist Mitglied im Ausschuss<br />
für Wirtschaft und Währung und im<br />
Ausschuss für konstitutionelle Fragen sowie<br />
Stellvertreter im Unterausschuss für Sicherheit<br />
und Verteidigung.<br />
2004 zog er diesmal mit weiteren 12 Kandidaten<br />
der deutschen Grünen ins Europäische Parlament<br />
ein. Und war zudem Spitzenkandidat<br />
der Europäischen Grünen Partei, die sich Ende<br />
2004 gründete.<br />
Claire Rühlmann und Laura Breitenstein<br />
Telefonisches Interviewgespräch mit<br />
Daniel Cohn-Bendit, Europaabgeordneter<br />
Wann haben Sie angefangen politisch zu<br />
denken und was war so der Auslöser dafür?<br />
Als ich angefangen habe politisch zu denken, da war<br />
ich 15.<br />
Oh, so früh?<br />
Auf meiner ersten Demonstration war ich schon mit<br />
11, da habe ich mit meinem großen Bruder, er ist 9<br />
Jahre älter als ich, an einer Demonstration in Paris<br />
teilgenommen. Wir haben gegen den Einmarsch der<br />
Russen in Budapest 1956 demonstriert. Mit 15 habe<br />
ich zum ersten Mal kandidiert, und zwar für das Amt<br />
des Präsidenten der Schülermitverwaltung an der<br />
Odenwaldschule. Ich war dort im Internat, in der<br />
Nähe von Darmstadt. Ich habe an der Schule den<br />
Wahlkampf erfunden, habe vom 1. Stock eines Hauses<br />
aus meine erste politische Rede gehalten, um<br />
Präsident der Schülermitverwaltung zu werden.<br />
Was halten Sie denn von der Odenwaldschule?<br />
Aus unserer Redaktion besuchen auch ein paar<br />
Leute diese Schule.<br />
Ich fand sie ganz toll. Ich meine, klar ist ein Internat<br />
ein Problem, aber ich habe eigentlich nur schöne<br />
und für mich wichtige Erinnerungen von der Schule,<br />
vor allem vom Theaterspielen und vom Sport. Die<br />
Odenwaldschule ist gut, wenn man sehr sozial und