28.12.2012 Aufrufe

Glossar - Goerls

Glossar - Goerls

Glossar - Goerls

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Aus Angst, Deutschland wirtschaftlich zu isolieren,<br />

versuchte die NSDAP diesen Terror zu kanalisieren.<br />

Denn in der NS-Diktatur sollte – auch gegenüber<br />

dem Ausland – alles von oben angeordnet erscheinen<br />

und seine Ordnung haben. 1935 auf dem<br />

„Reichsparteitag der Freiheit" in Nürnberg ließ Adolf<br />

Hitler eine gesetzliche Regelung zum Verhältnis von<br />

„Ariern" und „Nichtariern" ausarbeiten (ein Diktator<br />

muss eben zeigen, dass er alle Fäden selbst in<br />

der Hand hat, dass ohne sein Einverständnis nichts<br />

läuft). De facto wurde eine staatliche antijüdische<br />

Politik eingeleitet.<br />

Am 15. September wurden das „Reichsbürgergesetz“<br />

und das „Gesetz zum Schutze des<br />

deutschen Blutes und der deutschen Ehre“<br />

verabschiedet. Beide Rassengesetze, die sich hinter<br />

der harmlosen Bezeichnung „Nürnberger<br />

Gesetze" verbargen, stempelten die jüdischen Mitbürger<br />

zu Menschen minderen Rechts. Im Gegensatz<br />

zu den mit vollen Rechten versehenen „Reichsbürgern",<br />

„deutschen oder artverwandten Blutes", wurden<br />

Juden fortan nur noch als „Staatsangehörige"<br />

mit eingeschränkten Rechten diskriminiert. Die Gesetze<br />

bildeten einen Grundlage für die Diskriminierungs-<br />

und Vernichtungsexzesse gegen die jüdischen<br />

Bürger, ohne dass sie im Gesetz ausdrücklich genannt<br />

wurden.<br />

Das „Reichsbürgergesetz“ vom 15. September<br />

1935 bedeutete außer dem Verlust der politischen<br />

Rechte, die soziale und persönliche Diskriminierung<br />

Fr a u e n i n d e r G e s c h i c h t e<br />

der jüdischen Bürger und die Vernichtung ihrer wirtschaftlichen<br />

und finanziellen Basis. Sie durften nicht<br />

mehr in öffentlichen Ämtern arbeiten und jüdische<br />

Beamte wurden zwangspensioniert. Die Erste Verordnung<br />

zum Reichsbürgergesetz vom 14. November<br />

1935 legte den Begriff „Jude“ juristisch fest. Das<br />

Gesetz wurde in den Folgejahren durch eine Vielzahl<br />

von Verordnungen ergänzt. So dekretierte z.B. die 11.<br />

Verordnung zum Reichsbürgergesetz von 1941 die<br />

endgültige wirtschaftliche Ausplünderung der Juden<br />

durch den NS-Staat.<br />

Das „Blutschutzgesetz" verbot Eheschließungen<br />

zwischen Nichtjuden und Juden und stellte auch<br />

deren als „Rassenschande" bewerteten Geschlechtsverkehr<br />

unter Strafe. Strafbar war nun auch die Beschäftigung<br />

„arischer" Dienstmädchen unter 45<br />

Jahren in jüdischen Haushalten oder das Hissen der<br />

Hakenkreuzfahne – die ebenfalls auf dem Parteitag<br />

1935 zur Reichsflagge erklärt wurde – durch Juden.<br />

Wer nicht den Diskriminierungen der „Nürnberger<br />

Gesetze" zum Opfer fallen wollte, musste einen<br />

Ariernachweis erbringen. Doch kaum jemand ahnte<br />

1935, dass diese infamen Gesetze noch längst nicht<br />

der Höhepunkt des nationalsozialistischen Rassenwahns<br />

waren.<br />

http://www.dhm.de/lemo/html/dokumente/nuernber<br />

gergesetze/index.html<br />

http://www.dhm.de/lemo/html/nazi/antisemitismus/n<br />

uernberg/index.html<br />

Mahnmal vor der<br />

Aschegrube im Hinter -<br />

grund Krematoriums-<br />

Ruine<br />

<strong>Glossar</strong><br />

A r i e r<br />

Als Arier bezeichnete die Sprachwissenschaft die Völker<br />

der indoiranischen Sprachgruppe (Meder, Perser, Inder).<br />

Ab dem 18. Jahrhundert wurde der Begriff Arier teils<br />

synonym für Indoeuropäer genutzt, womit die indoeuropäische<br />

Sprachfamilie bezeichnet wird. In den Rassentheorien<br />

des 19. und 20. Jahrhunderts erhielt er<br />

eine ideologische und antisemitische Bedeutung. Die<br />

Nationalsozialisten nutzten diesen Begriff missbräuchlich<br />

für die nordische Rasse, mit besonderer Betonung<br />

auf nichtjüdisch. Diese Bezeichnung ist jedoch wissenschaftlich<br />

falsch.<br />

S e m i t e n<br />

Als Semiten wurden bis in die Neuzeit jene Völker verstanden,<br />

die in der hebräischen Bibel als Nachkommen<br />

des Sem, eines Sohnes Noahs, aufgeführt sind. Im 19.<br />

Jahrhundert wurde der Begriff Semiten synonym für<br />

Juden verwendet und erhielt eine ideologische und judenfeindliche<br />

Bedeutung. Heute wird semitisch nur<br />

noch im sprachwissenschaftlichen Kontext verwendet.<br />

Der Begriff Semiten wurde von Rassentheoretikern aufgenommen<br />

und als Gegensatz zu „Ariern“ konstruiert<br />

und abgewertet.<br />

Von 1933 an hat das NS-Propagandaministerium<br />

der Presse angeordnet, vom Gebrauch des Wortes “Antisemitismus“<br />

Abstand zu nehmen: „In letzter Zeit<br />

taucht immer wieder der Begriff „Antisemitismus“ auf.<br />

Da durch diese Bezeichnung die Beziehungen zu den<br />

nichtjüdischen Semiten, namentlich der für uns besonders<br />

wichtigen panarabischen Welt gestört werden,<br />

muss die Presse in Zukunft genau darauf achten, dass<br />

die Worte „Antisemitismus“, „antisemitisch“ durch<br />

Ausdrücke wie „Judengegnerschaft“, „Judenfeindschaft“<br />

und „Antijudaismus“ bzw. „judenfeindlich“<br />

und „antijüdisch“ ersetzt werden.» Diese Mahnung<br />

wurde in regelmäßigen Abständen an die Presse gegeben.<br />

Die Öffentlichkeit hat den Begriff „Antisemitismus“<br />

offenbar genau so verstanden, wie er gemeint<br />

war: als „Judenfeindschaft“.<br />

Auch heute wird manchmal der Einwand laut, Antisemiten<br />

würden sich auch gegen Araber wenden, jedoch<br />

hat sich die Wortschöpfung Antisemitismus und<br />

die damit verbundene Ideologie immer konkret gegen<br />

Juden und Jüdinnen gerichtet.<br />

Der polnische Ortsname<br />

von Auschwitz heute.<br />

Schild am Bahnhof.<br />

Görls<br />

| 57

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!