Die Weinstraße - August 2023
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Quelle: David Mottes<br />
Ziemlich beste Freunde<br />
IM WAHLJAHR <strong>2023</strong> HAT „DIE WEINSTRASSE“ ARNO KOMPATSCHER, BRIGITTE FOPPA, SABINE ZODERER,<br />
PAUL KÖLLENSPERGER UND SVEN KNOLL ZUM SEEGESPRÄCH EINGELADEN UND IHNEN AUF DEN ZAHN GEFÜHLT –<br />
MIT EINEM ERSTAUNLICHEN ERGEBNIS.<br />
Ellenbogentechnik, Säbelrasseln, Zickenalarm?<br />
Medial wird oft der Eindruck<br />
vermittelt, Politik sei ein Debattierclub,<br />
in dem das Ego des Einzelnen mehr im<br />
Vordergrund steht als Sachthemen. <strong>Die</strong><br />
Spitzenvertreterinnen und Spitzenvertreter<br />
fünf großer Parteien haben dieses Bild<br />
widerlegt: erstaunlich friedlich, fair und<br />
sachlich, haben sich die Teilnehmer und<br />
politischen Hoffnungsträger der Diskussion<br />
gestellt und ihre Sicht der Dinge offengelegt.<br />
<strong>Die</strong> <strong>Weinstraße</strong>: Fürchten Sie ihren größten<br />
Konkurrenten, die Partei der Nichtwähler?<br />
Ist aus der Politikverdrossenheit<br />
mittlerweile eine „Demokratieverdrossenheit“<br />
geworden?<br />
Sven Knoll: Wir sind eigentlich alle in<br />
der privilegierten Situation wählen zu dürfen.<br />
Es ist bekannt, dass Unzufriedenheit<br />
herrscht, aber da sie sehr häufig eher persönliche<br />
Anliegen betrifft, muss man den<br />
Menschen schon klar sagen, dass Politik<br />
keine unbegrenzten Möglichkeiten hat.<br />
Der schlechteste Weg ist auf jeden Fall<br />
nicht zur Wahl zu gehen, denn dann entscheiden<br />
andere.<br />
Brigitte Foppa: Der Hauptgrund für die<br />
ablehnende Haltung ist das Gezänk unter<br />
den Politikern, wobei allerdings andererseits<br />
die Konfrontation auch erwartet wird.<br />
Hier ist sicher ein anderer Stil gefragt, der<br />
objektive Austausch.<br />
Arno Kompatscher: Tatsache ist, dass<br />
wir vor einem europaweiten Phänomen<br />
stehen. <strong>Die</strong> Bürger verabschieden sich insgesamt<br />
zunehmend von den Institutionen<br />
aber auch generell von anderen Formen<br />
gesellschaftlicher Teilnahme. <strong>Die</strong> Individualisierung<br />
ist der eigentliche Grund<br />
dafür. <strong>Die</strong> Politik ist für diese Situation<br />
insofern verantwortlich, als viel zu häufig<br />
die Erwartung geschürt wird, Politik werde<br />
alle individuellen Probleme lösen. Dabei<br />
schaffen wir es schon kaum, alle jene zu lösen,<br />
für die Politik eigentlich zuständig ist.<br />
Herr Köllensperger ist es für die Opposition<br />
letztlich ein Vorteil, wenn der<br />
Wähler mit den etablierten Parteien unzufrieden<br />
ist?<br />
Paul Köllensperger: Eigentlich nicht.<br />
Nichtwähler haben einfach keine Lust<br />
mehr auf Wahlen. Der Verzicht darauf<br />
trägt aber eben genau zur Stärkung des<br />
bestehenden Systems bei, das Grund für<br />
ihre Unzufriedenheit ist. Politik hat viel<br />
mit Marketing, also mit Versprechen zu<br />
tun, die eben häufig enttäuscht werden.<br />
<strong>Die</strong> eigentliche Gefahr besteht aber darin,<br />
Politikern Gehör zu schenken, die Extremversprechungen<br />
unter das Volk streuen. So<br />
etwa wie Donald Trump.<br />
12 // AUGUST <strong>2023</strong>