tassilo - das Magazin rund um Weilheim und die Seen - Ausgabe September/Oktober 2023
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Knapp über dem Boden: Die Freiflächenanlage im Norden Peißenbergs.<br />
vorwiegend klassisches Weideland<br />
gemeint, da Ackerflächen aufg<strong>r<strong>und</strong></strong><br />
der hügeligen Moränenlandschaft<br />
ohnehin rar gesät sind. Bisheriges<br />
Problem beim Bau von PV-<br />
Freiflächenanlagen aber war, <strong>das</strong>s<br />
unter den bodennah platzierten<br />
Solarpaneelen keine Rinder mehr<br />
grasen konnten, <strong>die</strong>se potentielle<br />
Futterfläche quasi nutzlos wurde,<br />
wenn überhaupt nur von Schafen<br />
„gepflegt“ werden konnte. Die<br />
neuen Anlagen aber werden ganz<br />
bewusst höher gebaut, so<strong>das</strong>s<br />
Kälber, Jungvieh oder Kühe auf<br />
ihrer gewohnten Weide weiterhin<br />
fressen können. „Wir kooperieren<br />
seit Herbst 2022 auch mit dem<br />
Maschinenring Oberland, der bis<br />
dato immer Bauchschmerzen hatte<br />
beim Bau von PV-Freiflächenanlagen<br />
– durch <strong>die</strong>se neue Bauweise<br />
aber ist es im G<strong>r<strong>und</strong></strong>e eine klassische<br />
Win-Win-Situation, von der<br />
wir alle nur profitieren können <strong>und</strong><br />
auch der Maschinenring begeistert<br />
ist“, sagt Stefan Sendl. Der Landwirt<br />
kann seine Fläche weiterhin<br />
als landwirtschaftliche Nutzfläche<br />
verwenden, „was auch aus steuerlichen<br />
Gründen im Falle einer Hofübergabe<br />
von großem Vorteil ist“.<br />
Die Tiere können weiterhin nahezu<br />
uneingeschränkt grasen, finden<br />
darüber hinaus unter den Solarpaneelen<br />
jede Menge Schatten, was<br />
an heißen Sommertagen Gold wert<br />
sein kann. Trotzdem bekommt der<br />
Bereich unter den Paneelen ausreichend<br />
Regenwasser <strong>und</strong> Sonnenstrahlen<br />
ab, <strong>um</strong> in gewohnter<br />
Manier Gräser <strong>und</strong> Kräuter aus<br />
dem Boden sprießen zu lassen.<br />
„Wissenschaftliche Untersuchungen<br />
zeigen, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Gras trotz<br />
Schattenwürfe der PV-Anlage gut<br />
wächst“, bekräftig Susanne Seeling,<br />
ebenfalls Mitglied im Vorstand<br />
der Energiegenossenschaft. Konkret<br />
werden <strong>die</strong> Unterkanten der<br />
schräg installierten Paneelen 2,20<br />
Meter über dem Boden verbaut.<br />
Lediglich <strong>die</strong> schlanken Träger aus<br />
verzinktem Stahl nehmen Platz <strong>und</strong><br />
Boden weg. Doch auch hier wird<br />
möglichst <strong>um</strong>weltschonend gehandelt,<br />
indem <strong>die</strong> Stützen in den<br />
Boden gerammt, nicht einbetoniert<br />
werden. Obendrein wird der<br />
Abstand zwischen den einzelnen<br />
Reihen so groß sein, <strong>das</strong>s einerseits<br />
auch bei tiefstehender Sonne<br />
im Winter ordentlich Strom produziert<br />
werden kann, gleichzeitig der<br />
Landwirt mit Bulldog durchfahren<br />
kann, <strong>um</strong> beispielsweise nicht abgegraste<br />
Sträucher <strong>und</strong> Gräser ausz<strong>um</strong>ähen.<br />
Strom für 9 400 Haushalte<br />
Gebaut werden <strong>die</strong>se fünf neuen<br />
Freiflächenanlagen in den Peißenberger<br />
Ortsteilen Fendt, Roßlaich<br />
(auch auf Pollinger Flur)<br />
<strong>und</strong> Strallen, darüber hinaus in<br />
Schongau-West Nähe Römerstraße<br />
sowie bei Ohlstadt. Läuft alles<br />
nach Plan, produzieren <strong>die</strong>se fünf<br />
großen Neu-Anlagen zusammen<br />
regionalen Sonnenstrom für <strong>r<strong>und</strong></strong><br />
9 400 Haushalte. Und <strong>das</strong> alles unter<br />
neuem Namen. „Aufg<strong>r<strong>und</strong></strong> dessen,<br />
<strong>das</strong>s wir seit wenigen Jahren<br />
wesentlich aktiver geworden sind<br />
<strong>und</strong> Projekte nicht nur für <strong>und</strong> <strong>um</strong><br />
Peißenberg, sondern <strong>die</strong> komplette<br />
Region realisieren, haben wir uns<br />
bei der Mitgliederversammlung im<br />
Herbst 2022 dazu entschieden, uns<br />
<strong>um</strong>zubenennen.“ So wurde aus<br />
der Energiegenossenschaft Peißenberg<br />
<strong>die</strong> Energiegenossenschaft<br />
Oberland (www.eg-oberland.de),<br />
<strong>die</strong> sich über stetigen Mitgliederzuwachs<br />
freut. „Aktuell haben wir<br />
250 Mitglieder, Tendenz steigend“,<br />
sagt Stefan Sendl. Mitglied kann im<br />
G<strong>r<strong>und</strong></strong>e jeder Bürger werden, der<br />
<strong>das</strong> 18. Lebensjahr vollendet hat<br />
<strong>und</strong> sich mit einem Anteil von einmalig<br />
200 Euro einkauft. Maximal<br />
kann ein Mitglied zehn Anteile für<br />
insgesamt 2000 Euro erwerben.<br />
Darüber hinaus haben Mitglieder<br />
<strong>die</strong> Möglichkeit, neue Projekte<br />
durch Bereitstellung privater Darlehen<br />
in Höhe von 1000 Euro bis<br />
maximal 25 000 Euro mitzufinanzieren.<br />
Bei Gewinnausschüttungen<br />
bekommen Mitglieder derzeit drei<br />
bis vier Prozent Rendite, für <strong>die</strong><br />
Bereitstellung eines Darlehens vier<br />
Prozent Zinsen. Insofern eine nicht<br />
unattraktive Geldanlage für eine<br />
obendrein gute Sache: Strom aus<br />
erneuerbaren Energien. Aus der<br />
Region. Für <strong>die</strong> Region. Der einzige<br />
Nachteil, den auch Sendl, Seeling<br />
<strong>und</strong> Arpke nicht kleinreden wollen<br />
<strong>und</strong> können: Dass PV-Freiflächen-<br />
Anlagen immer eine optische<br />
Beeinträchtigung des jeweiligen<br />
Landschaftsbildes zur Folge haben.<br />
„Wobei auch <strong>das</strong> aufg<strong>r<strong>und</strong></strong> gezielter<br />
Begrünung dr<strong>um</strong>her<strong>um</strong> sowie<br />
klassischem Weidezaun – wegen<br />
der Höhe sind <strong>die</strong> einzelnen Paneele<br />
ausreichend vor Diebstahl<br />
geschützt, Maschendrahtzaun mit<br />
Stacheldraht nicht notwendig –<br />
durchaus vertretbar.“ Insbesondere<br />
vor dem Hinterg<strong>r<strong>und</strong></strong>, <strong>das</strong>s Landwirte<br />
auf <strong>die</strong>sen Flächen weiterhin<br />
ihre Rinder treiben können. Und<br />
dort gleichzeitig grüner Strom produziert<br />
wird.<br />
js<br />
september / oktober <strong>2023</strong> | 29