IAA Spot 2023
Der IAA Spot ist das offizielle Magazin der IAA MOBILITY 2023 in München. Das Heft informiert über alle interessanten Auto-Studien und Technik-Trends auf der Messe, gibt einen aktuellen Marktüberblick, hält Ratgeberthemen zu Fahrrädern oder zum Automobilhandel bereit und widmet sich auch dem grundlegendsten aller Mobilitätsträger: den eigenen zwei Beinen.
Der IAA Spot ist das offizielle Magazin der IAA MOBILITY 2023 in München. Das Heft informiert über alle interessanten Auto-Studien und Technik-Trends auf der Messe, gibt einen aktuellen Marktüberblick, hält Ratgeberthemen zu Fahrrädern oder zum Automobilhandel bereit und widmet sich auch dem grundlegendsten aller Mobilitätsträger: den eigenen zwei Beinen.
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Deutschland Euro 5,00<br />
DAS OFFIZIELLE<br />
MAGAZIN<br />
Pkw: Neu auf<br />
dem Markt<br />
E-Tankstellen:<br />
Laden als Lifestyle<br />
Handel: Vom Sofa aus<br />
zum neuen Auto<br />
MERCEDES:<br />
Zukunfts-Idee<br />
OPEL:<br />
Kombi unter Strom<br />
China-Autos:<br />
Die Herausforderer<br />
Welches Rad für wen?<br />
Elektrische Gebrauchte:<br />
Lohnt sich der Kauf?
DEFINING CLASS<br />
since 1886<br />
NEXT CHAPTER AT <strong>IAA</strong> | APOTHEKENHOF
Liebe Leserinnen und Leser des <strong>IAA</strong> <strong>Spot</strong>,<br />
nach der Münchner <strong>IAA</strong>-Premiere 2021 kommt die bedeutendste europäische Mobilitätsmesse<br />
nun zum zweiten Mal in die bayerische Landeshauptstadt. Das Grundkonzept blieb<br />
erhalten, wurde aber nachgeschärft. Auf dem Messegelände wird während des <strong>IAA</strong> Summit<br />
nun ausschließlich das Fachpublikum angesprochen, im Open Space der Innenstadt können<br />
sich dagegen Besucher kostenfrei über praktisch alle Aspekte der Mobilität informieren.<br />
Die <strong>IAA</strong> Mobility löst damit ein Versprechen ein, das sie mit ihrem neuen Namen gegeben<br />
hat – nämlich Mobilität ganzheitlich und in all ihren Aspekten abzubilden. Angebote der<br />
Aussteller, sich die Produkte nicht nur anzuschauen, sondern sie teilweise auch gleich zu<br />
testen, sind daher ein wichtiger Bestandteil des Konzepts, ebenso wie kostenlose Konzerte<br />
und Kulturveranstaltungen.<br />
Zur Wahrheit gehört jedoch auch, dass längst nicht alle Automobilhersteller den Weg<br />
zur <strong>IAA</strong> Mobility gefunden haben. Neben den deutschen Herstellern sind aber unter anderem<br />
Renault und Tesla sowie die neuen chinesischen Hersteller in München präsent.<br />
Aber es geht auf der <strong>IAA</strong> Mobility eben nicht nur um Autohersteller, auch wenn deren Strahlkraft<br />
trotz aller Diskussionen um diese Form der Mobilität immer noch hoch ist. Zum Beispiel<br />
werden sicher auch die Fahrradhersteller viel Aufmerksamkeit von den Besuchern erhalten.<br />
Wer durch die Münchner Innenstadt von Platz zu Platz spaziert, wird merken, Mobilität<br />
ist ganzheitlich und muss so auch umgesetzt werden. Es geht nicht darum, die einzelnen<br />
Verkehrsträger gegeneinander auszuspielen, sondern sie sinnvoll aufeinander abzustimmen.<br />
Jede Form von Mobilität hat ihre Berechtigung – wenn sie intelligent, zum<br />
richtigen Zeitpunkt und an der richtigen Stelle eingesetzt wird.<br />
In diesem Sinn haben wir auch im offiziellen Messemagazin <strong>IAA</strong> <strong>Spot</strong>, das Sie gerade in<br />
Ihren Händen halten, eine Vielzahl von Themen für Sie zusammengestellt. Natürlich können<br />
Sie sich im Heft über interessante Auto-Studien und -Neuheiten informieren, aber<br />
wir haben auch Fahrrad-Themen aufgenommen, etwa einen Ratgeber „Welcher Fahrrad-<br />
Typ sind Sie“, erklären Ihnen die Funktionsweise eines E-Motors oder widmen uns dem<br />
grundlegendsten aller Mobilitätsträger: den eigenen zwei Beinen. Und es gibt noch viel<br />
mehr zu entdecken – im Heft und auf den Straßen.<br />
Viel Spaß bei der Lektüre und beim Bummeln durch München wünscht Ihnen<br />
Ihre<br />
Redaktion des <strong>Spot</strong> Press Verlags<br />
<strong>2023</strong> 3
4<br />
<strong>2023</strong><br />
Inhalt<br />
<strong>IAA</strong> MOBILTY<br />
Vorwort 3<br />
<strong>IAA</strong> Open Space – Übersichtsplan 6<br />
Für die Kleinen – Family Trail 8<br />
Für die Großen – <strong>IAA</strong> Experience 10<br />
<strong>IAA</strong> <strong>2023</strong>: Zukunft zum Anfassen 12<br />
Interview mit VDA-Präsidentin Hildegard Müller 16<br />
8<br />
PREMIEREN DER MESSE<br />
Ikonen in neuer Gestalt 19<br />
Mercedes-Benz Concept CLA: Vollelektrischer Einstieg 20<br />
Opel Experimental: Spiel mit Licht 22<br />
VW ID. GTI Concept: Der GTI für ein neues Zeitalter 24<br />
Audi activesphere concept: 26<br />
Transformation auf Tastendruck<br />
20<br />
TRENDS UND INNOVATIONEN<br />
Technik-Trends: Freihändig in die Zukunft 28<br />
Konnektivität: Ausstattung zum Herunterladen 30<br />
Innenraum-Trends: Display-Detox 31<br />
Technik-News 32<br />
Interview mit Gherardo Corsini, 33<br />
CO2-Strategie-Direktor Forvia<br />
38<br />
24<br />
NEU AUF DEM MARKT<br />
Alles wird größer – und kleiner 34<br />
Mercedes-Benz E-Klasse T-Modell: 36<br />
Perfekt verpackte Transport-Talente<br />
Opel Astra Sports Tourer Electric: Kombi unter Strom 38<br />
Hyundai Kona: Beispiellose Bandbreite 42<br />
Volvo EX30: Kleines SUV mit großem Potenzial 44<br />
Genesis G90: Luftiger Luxusliner 48<br />
Toyota C-HR: Kühner Crossover 50<br />
Lexus LBX: Eine Frage des Formats 51<br />
Kia EV9: Neue Größe 53<br />
34<br />
CHINESISCHE AUTOS<br />
Teurer als gedacht 54<br />
Die Herausforderer 56
5<br />
DIE ZUKUNFT DES AUTOS<br />
Elektrisch. Und sonst so? 60<br />
Mit dem E-Auto auf Langstrecke: 62<br />
Nicht allein die Ladeplanung zählt<br />
Wallboxkauf: Effizienzgewinn an der Garagenwand 64<br />
Tankstelle der Zukunft: Laden als Lifestyle 66<br />
Wie lange hält der Akku? 68<br />
Keine Angst vor Batterie-Verschleiß<br />
Batterie-Trends: Da steckt noch was drin 69<br />
Gebrauchte E-Autos: (K)Eine echte Alternative? 70<br />
AUTOMARKEN IM HEFT<br />
Aiways: 55, 56 – Audi: 7, 19, 26, 30, 31, 41, 66, 76 – BMW: 7, 19, 28, 41<br />
BYD: 7, 54, 58 – Fiat: 44 – Ford: 7, 44 – Genesis: 48 – Honda: 7, 45<br />
Hyundai: 42, 45 – Kia: 34, 53 – Lexus: 34, 51 – Mazda: 44<br />
Mercedes-Benz: 7, 19, 20, 28, 30, 31, 36, 40 – MG Motor: 55, 57<br />
Microlino: 35 – Mini: 19, 35, 44 – Mitsubishi: 35, 45 – Nio: 35, 55,<br />
57, 66 Nissan: 53 – Opel: 13, 19, 24, 35, 38, 40 – Ora: 58 – Peugeot:<br />
52 – Polestar: 7 – Porsche: 7, 41 – Renault: 13, 52 – Škoda: 52<br />
Smart: 7, 44 – SsangYong: 52 – Tesla: 13, 31, 66 – Toyota: 45, 50<br />
Volvo: 29, 35, 44 – VW: 8, 10, 19, 22, 34, 41 – Xpeng: 7, 54, 59<br />
Zeekr: 54, 59<br />
26<br />
87<br />
44<br />
53<br />
IMPRESSUM<br />
Typenkunde E-Motor: Der Magnet macht den Unterschied 72<br />
ZF-Elektroantrieb: Leichter, kompakter, stärker 73<br />
Michelin-Reifenentwicklung: Drehen an der Öko-Schraube 74<br />
Herausgeber & Chefredaktion<br />
(V.i.S.d.P)<br />
Peter Eck<br />
Alexander Sellei<br />
Günter Weigel<br />
Druck<br />
Westermann Druck GmbH,<br />
Braunschweig<br />
Auflage: 50.000<br />
AUTOHANDEL<br />
Vom Sofa aus zum neuen Auto 76<br />
Carsharing in Deutschland: Eine durchwachsene Bilanz 80<br />
URBANE MOBILITÄT<br />
Vorfahrt fürs Fahrrad? Politikum mit Potenzial 82<br />
Qual der Wahl: Welcher Fahrrad-Typ sind Sie? 83<br />
Lastenrad – Fluch oder Segen? Platz da, jetzt komm‘ ich 86<br />
Fahrradtechnik: Innovationsschub 88<br />
Dienstrad statt Dienstwagen: Eine attraktive Alternative 90<br />
Neue Fahrradgadgets: Clevere Ideen fürs Bike 91<br />
Das Comeback des Fußgängers: 92<br />
Die Rückeroberung der Straße<br />
Verkehrswende: Mit der Seilbahn in die grüne Zukunft? 94<br />
Glossar: Neue Mobilität – Von Akkukapazität bis Wallbox 96<br />
Autoren<br />
Michael Hoffmann<br />
Holger Holzer<br />
Mario Hommen<br />
Elfriede Munsch<br />
Hanne Schweitzer<br />
Anzeigenleitung<br />
Günter Weigel<br />
Verlag<br />
SPS <strong>Spot</strong> Press Services GmbH<br />
Bahnhofstraße 25<br />
56459 Willmenrod<br />
iaa@spotpress.de<br />
Grafik & Layout<br />
Feines & Buntes Design, Köln<br />
Gabriele & Ralf Gottschalk<br />
Lektorat<br />
Jasmin Pouwels<br />
Abbildungen<br />
Pressefotos der Unternehmen<br />
und der Messe München<br />
S. 70-71: istock_Feodora Chiosa<br />
S. 76-77: istock_askmenow<br />
S. 82 o.: istock_IG photography;<br />
links: istock_golero<br />
S. 83: Midjourney/R. Gottschalk<br />
S. 90 Eurorad<br />
S. 94 u.: Istock_Santypan<br />
S. 94-95: Midjourney/R. Gottschalk<br />
S. 95 u.: Hamburger Hochbahn AG<br />
S. 96-98: Bosch<br />
Alle Angaben ohne Gewähr.<br />
Alle Rechte vorbehalten.<br />
Nachdruck, Übersetzung,<br />
Speicherung, Vervielfältigung<br />
und Verwendung in elektronischen<br />
Medien sind ohne<br />
vorherige schriftliche Genehmigung<br />
des Verlages verboten<br />
und strafbar.<br />
Die Berichterstattung wurde<br />
durch Hersteller unterstützt.
6<br />
<strong>2023</strong><br />
<strong>IAA</strong> Mobility<br />
Mobilitätsschau<br />
zum Mitmachen<br />
Während draußen in den Messehallen von Riem der Summit und der Kongress für Fachbesucher auf<br />
dem Plan stehen, kommen in München-City alle Auto- und Mobilitätsinteressierten auf ihre Kosten –<br />
und das ganz ohne Kosten. Vom Marienplatz über den Odeonsplatz bis hin zum Königsplatz erstrecken<br />
sich die Ausstellungs- und Mitmachflächen des sogenannten <strong>IAA</strong> Open Space und bieten ein<br />
Programm mit Festivalcharakter. Wer ist da und wo ist was los? Ein kleiner Überblick:<br />
KÖNIGSPLATZ:<br />
Festival mit einem Angebot aus Kunst,<br />
Kultur und Live-Entertainment.<br />
FUTURE INNOVATION CASES:<br />
An mehreren Orten im <strong>IAA</strong> Open<br />
Space demonstrieren Aussteller ihre<br />
Produkte aus den Bereichen Assistenzsysteme,<br />
autonomes Fahren,<br />
Smart City und Ladeinfrastruktur.<br />
ÖFFNUNGSZEITEN:<br />
Dienstag, 5.9., bis Samstag, 9.9., von<br />
10:00 bis 20:00 Uhr<br />
Sonntag, 10.9., von 10:00 bis 17:00 Uhr<br />
EINTRITT: frei<br />
<strong>IAA</strong> MOBILITY APP:<br />
Weitere Informationen zum Programm<br />
und das Angebot des <strong>IAA</strong> Open Space<br />
u.a. mit Details zu den teilnehmenden<br />
Ausstellern, Testmöglichkeiten oder<br />
Buchungsmodalitäten.<br />
FAMILY TRAIL:<br />
Interaktive Schnitzeljagd für Kinder<br />
durch den gesamten <strong>IAA</strong> Open Space<br />
mit verschiedenen Stationen und Preisen.<br />
Stadtpläne und Stempelkarten<br />
können an allen zentralen Infoständen<br />
abgeholt werden. Der Trail startet bei<br />
einer beliebigen Station.
7<br />
TEST DRIVES:<br />
Probefahrtfahrtmöglichkeiten für<br />
Besucher in der Münchner Innenstadt.<br />
Abfahrtspunkte sind:<br />
• Apothekenhof – Mercedes-Benz<br />
• Galeriestraße – BYD, Cupra, Lotus,<br />
Polestar, Volkswagen<br />
• Königsplatz – Ford, Honda, Lucid,<br />
Volta Trucks, Xpeng<br />
• Ludwigstraße/Schönfeldstraße –<br />
Holoride, Smart<br />
• Max-Joseph-Platz – BMW<br />
• Wittelsbacher Platz – Audi, Porsche<br />
ODEONSPLATZ:<br />
Probefahrten auf Teststrecken, neue<br />
Mobilitätsangebote entdecken – vom<br />
Automobil, über den E-Scooter bis hin<br />
zum E-Bike.<br />
CYCLING TEST TRACK:<br />
Fahrräder aller Art auf einer bis zu<br />
3,8 Kilometer langen Strecke durch<br />
den Englischen Garten testen. Teilnehmende<br />
Hersteller an verschiedenen<br />
Orten des Open Space.<br />
MARIENPLATZ:<br />
Das Citizen Lab bietet eine offene Diskussionsplattform,<br />
an der sich Bürger<br />
aktiv und konstruktiv an einem Zukunftsdialog<br />
über Mobilität und Lebensraumentwicklung<br />
in der Stadt<br />
und auf dem Land einbringen können.
8<br />
<strong>2023</strong><br />
<strong>IAA</strong> Mobility<br />
Für die Kleinen<br />
Mittendrin, statt nur dabei – das gilt während der <strong>IAA</strong> Mobility besonders für<br />
die jungen Besucher. Und für sie wird jede Menge geboten. Das Schöne: Kosten<br />
fallen für die Erziehungsberechtigten keine an.<br />
Einfach und übersichtlich lassen sich die Attraktionen für den Nachwuchs mit einer Schnitzeljagd durch den gesamten<br />
Open Space erkunden. Der sogenannte Family Trail erstreckt sich über 14 Stationen. Das Prozedere ist unkompliziert:<br />
Einfach eine Stempel-Sammelkarte samt Programmfaltblatt an einem Infostand oder am VW-Stand abholen und schon<br />
kanns losgehen. Wer den Besuch von mindestens vier verschiedenen Stationen auf der Stempelkarte nachweist, kann<br />
die Karte an einem Infostand oder am VW-Stand gegen eine Medaille des Bayern-München-Maskottchens einlösen.<br />
4.<br />
STATION<br />
1.<br />
STATION<br />
NOCH EIN QUIZ ABSOLVIEREN? Auf<br />
dem Porsche-Markenstand (Wittelsbacherplatz)<br />
gibt es Einblicke in die<br />
Geschichte von Porsche und Infos<br />
zu den verschiedenen Sportwagen-<br />
Modellen, Quiz inklusive.<br />
LUST AUF KINOATMOSPHÄRE UND<br />
SCHMINKEN? Auf dem VW-Stand<br />
(Odeonsplatz) werden Behind-the<br />
Scenes-Aufnahmen von dem neuen<br />
„Miraculous: Ladybug und Cat Noir –<br />
Der Film" gezeigt. Außerdem im Angebot:<br />
Superhelden-Schminken sowie<br />
ein Treffen mit Ladybug und Cat<br />
Noir und ein Polaroid-Foto mit dem<br />
Ladybug E-Beetle.<br />
2.<br />
STATION<br />
WISSEN UM DIE GESCHICH-<br />
TE DER MOBILITÄT TESTEN? Das<br />
ist möglich bei Webasto (Odeonsplatz).<br />
Der Zulieferer zeigt zum Beispiel<br />
Cabriodächer und nachhaltige<br />
Batteriesysteme.<br />
3.<br />
STATION<br />
MAL KREATIV SEIN? In Audis „Kinderecke“ im Außenbereich des Audi House of<br />
Progress (Wittelsbacherplatz) dürfen Kinder zu Künstlern werden. Mittels eines Harmonographen<br />
darf jedes Kind eine eigene Grafik entstehen lassen und entweder als<br />
Andenken mit nach Hause nehmen oder sich in der Galerie verewigen.<br />
5.<br />
STATION<br />
SCHON MAL EIN CARGO-BIKE ER-<br />
KUNDET? Front- oder Hecklader?<br />
E-Antrieb oder Muskelkraft? Beim<br />
Fahrradhersteller Riese & Müller<br />
(Hofgartenstraße) lernt man viel<br />
über Lastenräder.
12.<br />
STATION<br />
9<br />
6.<br />
STATION<br />
FOTO GEFÄLLIG? Auf dem Brose-<br />
Stand (Ludwigstraße) gibt es ein persönliches<br />
Erinnerungsfoto und viele<br />
Infos zum Zulieferer. So ist jeder<br />
zweite Neuwagen mit mindestens<br />
einem Brose-Produkt ausgestattet –<br />
vom Fensterheber über Sitzstrukturen<br />
bis zum Lüfter für den Motor.<br />
7.<br />
STATION<br />
SCHON ANTON KENNENGELERNT?<br />
Am Stand der Mobilitätsregion Ingolstadt<br />
(Ludwigstraße) dreht sich alles<br />
um Fragen zur Mobilität.<br />
Mit dem selbstfahrenden Auto „Anton“<br />
lernen die Kinder die Zukunft der<br />
Mobilität spielerisch kennen.<br />
8.<br />
STATION<br />
MOTORISCH VERANLAGT? Auf dem<br />
geschlossenen Rundkurs mit Wellen<br />
und Steilkurven von S’COOL (Ludwigstraße)<br />
lassen sich Geschicklichkeit<br />
und Ausdauer mit Fahrrad, BMX, Laufrad,<br />
Skateboard oder Scooter testen.<br />
9.<br />
STATION<br />
SCHON MIT LEGO GESPIELT? In der<br />
Lego-Technic World of Speed (Ludwigstraße)<br />
gibt es ein lebensgroßes<br />
3D-Automodell zu bestaunen. Außerdem<br />
können die Kids etwa an Nintendo-Switch-Spielstationen<br />
Autorennen<br />
fahren.<br />
10.<br />
STATION<br />
SCHON GESTAUNT? Auf der ctbmx.<br />
de-Area (Ludwigstraße) werden täglich<br />
von Freitag bis Sonntag drei spektakuläre<br />
Shows gezeigt. Außerhalb<br />
der Showzeiten lässt sich die eigene<br />
Geschicklichkeit auf einer kleinen<br />
mobilen Rampe unter Beweis stellen.<br />
Räder in drei verschiedenen Größen<br />
und Helme können vor Ort ausgeliehen<br />
werden. Festes Schuhwerk wird<br />
vorausgesetzt.<br />
11.<br />
STATION<br />
SCHON VOM TOTEN WINKEL GE-<br />
HÖRT? Von Freitag bis Sonntag bietet<br />
die Kinder-Verkehrssicherheitsinitiative<br />
Blicki (Ludwigstraße) Workshops<br />
an. Hier stehen Themen wie Bremsweg<br />
oder Toter Winkel beim Lkw auf<br />
dem Programm. Das Maskottchen<br />
Blicki ist auch vor Ort.<br />
SCHON EIN EIS GEHOLT? Auf dem<br />
Mercedes-Stand (Residenzhöfe) werden<br />
unter dem Motto „E-Mobility for<br />
kids“ Themen wie Batterietechnik,<br />
Antrieb und elektrisches Laden im<br />
Zuge einer Führung vorgestellt. Die<br />
Führung dauert 20 bis 30 Minuten.<br />
Am Sonntag erhalten Kinder im Alter<br />
von bis zu 14 Jahren eine Kugel Eis.<br />
13.<br />
STATION<br />
SCHON EINE RUNDE MIT DEM E-<br />
AUTO GEDREHT? Auf dem Lernpark<br />
der Autostadt (Residenzhöfe) können<br />
Kinder mit kleinen E-Fahrzeugen<br />
erste Erfahrungen im Straßenverkehr<br />
machen. Außerdem stehen statische<br />
Fahrschulsimulatoren und Bobbycars<br />
zum Ausprobieren bereit.<br />
14.<br />
STATION<br />
STIFTE GESPITZT? Im Citizens Lab<br />
(Marienplatz) zeigen die jungen Besucher,<br />
wie sie sich die Mobilität von<br />
morgen vorstellen. Jeden Vormittag<br />
dürfen sie unter Anleitung ihrer<br />
Kreativität freien Lauf lassen und die<br />
„Stadt der Zukunft“ malen, planen<br />
oder bauen.<br />
AUF DER BÜHNE<br />
Am Samstag findet auf der Königsplatzbühne<br />
das weltweit erste Maskottchen-<br />
Gipfeltreffen statt. Los geht es ab 14:00<br />
Uhr, unter anderem treten Blicki, Liaa<br />
und Bernie vom FC Bayern auf.<br />
Am Sonntag lädt um 12 und um 16 Uhr<br />
die Donikkl Crew zum Mittanzen und<br />
Mitsingen ein. Um 15 Uhr rückt Tobi<br />
Krell in seiner Mitmach-Show Themen<br />
wie Umwelt und Mobilität in den Fokus.
10<br />
<strong>2023</strong><br />
<strong>IAA</strong> Mobility<br />
Wie schon während der<br />
<strong>IAA</strong> Mobility 2021 wird viel<br />
Kunst geboten.<br />
Für die Großen<br />
Besucher der <strong>IAA</strong> Mobility in der Münchner Innenstadt haben die Qual der Wahl: Wo anfangen, wo aufhören?<br />
Gefühlt gibt es in dem sogenannten Open Space überall Attraktionen, und tatsächlich ist es auch so.<br />
Ein kleiner Überblick der kostenlosen Angebote.<br />
WAS WÄRE EINE <strong>IAA</strong> OHNE TESTFAHR-<br />
TEN? Auch dieses Mal stehen Pkw, Fahrräder,<br />
E-Bikes und E-Scooter bereit. Die<br />
Fahrzeuge lassen sich unter realistischen<br />
Bedingungen ausprobieren. Interessierte<br />
können in der <strong>IAA</strong>-App einen Termin<br />
vereinbaren, aber auch an den Ständen<br />
der jeweiligen Anbieter lassen sich Test-<br />
Termine klarmachen. Apropos App: Sie<br />
hilft nicht nur beim Organisieren, sondern<br />
auch beim Orientieren.<br />
KLEINE AUSWAHL DER TEST-PKW GE-<br />
FÄLLIG? Von A wie Audi bis X wie Xpeng<br />
reicht das Angebot der Autohersteller.<br />
Die sechs Abfahrpunkte befinden sich im<br />
Apothekenhof (Mercedes), in der Galeriestraße<br />
(BYD, Cupra, Lotus, Polestar<br />
und VW), Königshof (Ford, Honda, Lucid,<br />
Auch in diesem Jahr können <strong>IAA</strong>-Besucher wieder Testfahrten unternehmen.<br />
Volta Trucks, Xpeng), Ludwigstraße/ einen Hybridantrieb. Insgesamt stehen<br />
Schönfeldstraße (Holoride, Smart), Max- rund 150 Fahrzeuge zur Wahl. Interessenten<br />
sollten sich früh für einen Termin<br />
Joseph-Platz (BMW) und Wittelsbacher<br />
Platz (Audi, Porsche). Die meisten Fahrzeuge<br />
sind E-Fahrzeuge (Stromer oder termine schnell ausgebucht. Führerschein<br />
eintragen, erfahrungsgemäß sind die Test-<br />
Plug-in-Hybride) oder verfügen über bitte nicht vergessen.
DOCH LIEBER EIN FAHRRAD AUSPRO-<br />
BIEREN? Kein Problem. In der Hofgartenstraße<br />
und in der Ludwigstraße ist<br />
dies möglich. In der Hofgartenstraße befinden<br />
sich zum Beispiel die Fahrradmarken<br />
Riese & Müller, Specialized, Mubea,<br />
Ca Go Bike und Company Bike. Die Teststrecke<br />
führt durch den Englischen Garten.<br />
Zwei Rundkurse mit 1,4 und 3,8 Kilometer<br />
Länge stehen zur Wahl. Außerdem<br />
erwartet die Fahrradfans in der Ludwigstraße<br />
die „Cycling Activation Area“. Hier<br />
gibt es etwa Pedelec-Kurse für Senioren<br />
oder BMX-Tipps für Kinder. Auf rund 300<br />
Quadratmetern stellen BMX-Profis und<br />
das Deutsche Kunstrad-Team ihr Können<br />
unter Beweis.<br />
Die Besucher sollen im Citizen Lab zum<br />
Mitreden und Mitmachen animiert werden.<br />
11<br />
Unterschiedlich lange Fahrrad-Teststrecken stehen im Englischen Garten bereit.<br />
Kunst-Aktionen im öffentlichen Raum erleben.<br />
WARUM NICHT STRAMPELN MIT KUNST<br />
VERBINDEN? In Zusammenarbeit mit<br />
lokalen Galerien, die das Open Art Festival<br />
vom 8. bis 9. organisieren, und der<br />
App Biketour.Guide werden Fahrradtouren<br />
durch München angeboten. So lassen sich<br />
Sehenswürdigkeiten der Stadt mit einem<br />
sachkundigen Führer besichtigen. Es gibt<br />
Stopps an mehreren Kunstmuseen, um<br />
etwa die Ausstellung „Das Fahrrad“ in der<br />
Pinakothek der Moderne zu besuchen.<br />
WIE WÄRS MIT MITREDEN? ODER ZU-<br />
HÖREN? Im sogenannten Citizen Lab auf<br />
dem Marienplatz direkt vor dem Rathaus<br />
werden Mobilitäts-Themen mit Vertretern<br />
aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft<br />
diskutiert, darunter Themen wie<br />
Micromobilität – Stichwort E-Scooter –<br />
oder öffentlicher Nahverkehr. Gleichzeitig<br />
lädt das Citizens Lab zum Mitmachen ein.<br />
So finden hier literarische Wettbewerbe<br />
und Filmabende zum Thema Mobilität,<br />
Klima und Stadtentwicklung statt.<br />
ODER DEN HORIZONT AUF ANDERE<br />
WEISE ERWEITERN? Auch dies ist möglich<br />
und zwar mit Hilfe der Guided XR-<br />
Tour, die über eine Smartphone-App funktioniert.<br />
Über eine gamifizierte – ähnlich<br />
wie beim mobilen PokemonGO – und<br />
eine digitale Experience-Tour werden<br />
sämtliche Hot <strong>Spot</strong>s des Open Space<br />
verbunden und mit verschiedenen 3D-<br />
Szenerien ausgestattet. Der Königsplatz<br />
bildet das Ende der Tour. Hier können die<br />
Besucher mit Hilfe von VR-Brillen in virtuelle<br />
Welten der Aussteller eintauchen.<br />
ODER EINFACH MAL ABHÄNGEN? Auf<br />
dem Königsplatz finden zudem an drei<br />
Abenden Open-Air-Konzerte statt. Am<br />
Dienstag treten Bruckner sowie die Kytes<br />
auf, am Donnerstag Levent Geiger und<br />
Leony und am Samstag Glockenbach<br />
feat. Asdis. Auch die Konzertabende sind<br />
kostenfrei auf der <strong>IAA</strong>-Bühne zu sehen,<br />
der Eintritt ist aber aus Kapazitätsgründen<br />
limitiert.<br />
SCHON MAL EIN „FAHRRAD-KONZERT“<br />
GEHÖRT UND GESEHEN? In der Ludwigsstraße<br />
und in der Hofgartenstraße<br />
stehen zwei mobile Bühnen, die mit einem<br />
Lastenfahrrad transportiert werden können.<br />
Sie ermöglichen Live-Auftritte von<br />
Künstlern während der <strong>IAA</strong> Mobility.
12<br />
<strong>2023</strong><br />
<strong>IAA</strong> Mobility<br />
ZUKUNFT<br />
ZUM ANFASSEN<br />
Die <strong>IAA</strong> Mobility ist Expertengipfel und Mitmachmesse zugleich. Sie wirft<br />
einen Blick in die vielfältige Zukunft der Mobilität – und macht diese<br />
Zukunft schon jetzt erlebbar.<br />
Die <strong>IAA</strong> Mobility geht in ihre zweite Auflage:<br />
Aus der klassischen Automesse ist<br />
eine progressive Plattform für moderne<br />
Mobilität geworden. Wo früher automobile<br />
Neuheiten und spektakuläre Premieren<br />
im Scheinwerferlicht standen, rücken<br />
nun zunehmend nachhaltige und<br />
intelligent vernetzte Mobilitätslösungen<br />
in den Fokus.<br />
Betrachtet werden diese Lösungen von<br />
zwei Seiten: Während sich auf dem Messegelände<br />
in Riem CEOs, Ingenieure und<br />
Experten aus allen Mobilitätsfeldern über<br />
Innovationen und Herausforderungen<br />
austauschen, können Privatbesucher an<br />
zahlreichen Orten in der Münchner Innenstadt<br />
aktuelle und künftige Produkte<br />
in Augenschein nehmen und direkt vor<br />
Ort testen. B2B-Gipfel und Mitmachmesse:<br />
Die <strong>IAA</strong> Mobility <strong>2023</strong> will beides sein.<br />
erschwerten Corona-Bedingungen machten<br />
über 400.000 Besucher deutlich, wie<br />
groß das gesellschaftliche Interesse an<br />
nachhaltigen Mobilitätsangeboten ist. In<br />
diesem Jahr geht es darum, die konzeptionelle<br />
Transformation der Messe weiter<br />
voranzutreiben und ihre Position als internationaler<br />
Mobilitätsgipfel zu festigen.<br />
Vom Automobil über Kleinstfahrzeuge<br />
und Fahrräder bis hin zu neuen Lösungen<br />
für den öffentlichen Verkehr: Was bewegt<br />
die Menschen in naher und nicht so naher<br />
Zukunft, welche Technologien werden<br />
unser mobiles Leben künftig prägen, und<br />
wie gelingt es, das Bedürfnis nach individueller<br />
Mobilität mit Nachhaltigkeit und<br />
Klimaschutz in Einklang zu bringen?<br />
Die <strong>IAA</strong> Mobility beleuchtet diese Themen<br />
von allen Seiten und liefert vielfältige<br />
MULTIMODALE MOBILITÄT ERLEBEN<br />
Schon der Neustart der <strong>IAA</strong> vor zwei Jahren<br />
nach dem Umzug von Frankfurt nach<br />
München darf als gelungen gelten: Unter
13<br />
Antworten. Teil der Antwort bleibt auch<br />
in Zukunft das Automobil – wobei hier<br />
Aspekte wie die Vernetzung mit anderen<br />
Verkehrsmitteln und mit der Infrastruktur<br />
eine immer zentralere Rolle spielen.<br />
Die <strong>IAA</strong> Mobility trägt dieser Verschiebung<br />
Rechnung, indem sie Themen wie Konnektivität,<br />
autonomes Fahren und Smart<br />
Cities sowie Fahrrad, Bus und Bahn verstärkt<br />
in den Blickpunkt rückt.<br />
Um diese Felder geht es auf eine eher<br />
theoretische und konzeptionelle Weise<br />
auf dem Messegelände und auf eine praktische,<br />
am realen Leben orientierte und<br />
zum Mitmachen einladende Weise im sogenannten<br />
Open Space in der Innenstadt.<br />
Dabei kann man sich ganz einfach merken:<br />
Wofür sich vornehmlich Fachbesucher<br />
interessieren, findet auf dem Messegelände<br />
statt und ist kostenpflichtig. In<br />
der Stadt gibt es Spiel, Spaß und vor allem<br />
Auto- und Fahrrad-Shows – und das ist<br />
alles immer gratis.<br />
Ganz nach dem Event-Motto „Experience<br />
Connected Mobility“ wird die Mobilität<br />
von morgen in der Münchner City erlebbar.<br />
Spannende Messepremieren und viele<br />
andere Neuheiten gibt es natürlich weiterhin<br />
zu bewundern: etwa den vollelektrischen<br />
Opel Manta, der hier als Studie<br />
Experimental gezeigt wird, der Mercedes<br />
Concept CLA als Ausblick auf die künftige,<br />
ebenfalls elektrische A-Klasse oder neue<br />
Business-Gleiter wie den BMW 5er und die<br />
Mercedes E-Klasse.<br />
AUSPROBIEREN UND MITGESTALTEN<br />
Die Ausstellungsflächen der Hersteller<br />
sind in einem Radius von etwa 500<br />
Metern rund um den traditionsreichen<br />
Odeonsplatz im Herz der Stadt versammelt.<br />
An der Ludwigstraße sind etwa<br />
Opel, BYD, Lego, Volkswagen, Renault<br />
oder Smart zu sehen, aber auch Aussteller<br />
aus Wissenschaft, Verwaltung, Technik<br />
oder Autoclubs. Vor der Oper hat sich<br />
BMW nebst Mini niedergelassen, um die<br />
Ecke vom Odeonsplatz Porsche und<br />
Audi. Und am Königsplatz versammeln<br />
sich Aussteller wie Ford, Rimac, Xpeng,<br />
Lucid oder Tesla.<br />
Von diversen Abfahrtspunkten aus können<br />
Besucher mit den Fahrzeugen der teilnehmenden<br />
Hersteller direkt zu Probefahrten<br />
aufbrechen – und kommen dabei nicht<br />
nur vielleicht zum ersten Mal in den Genuss<br />
eines elektrischen Fahrerlebnisses,<br />
sondern können dabei auch chinesische<br />
Marken wie BYD oder Xpeng kennenlernen.<br />
Und am Rand des Englischen Gartens<br />
halten Fahrradmarken wie Riese & Müller,
14<br />
<strong>2023</strong><br />
<strong>IAA</strong> Mobility<br />
Specialized, Mubea oder Ca Go Bike Räder<br />
aller Art parat, die auf einer bis zu 3,6<br />
Kilometer langen Strecke durch das historische<br />
Grün ausprobiert werden können.<br />
Wem der Sinn nach mobilen Konzepten<br />
steht, der wird am Marienplatz direkt vor<br />
dem Rathaus bedient: Dort steht das sogenannte<br />
Citizens Lab, auf dem an allen<br />
Messetagen Besucher mit Politik, Wissenschaft<br />
und Wirtschaft über viele Themen<br />
im Kontext „Mobilität der Zukunft“ diskutieren<br />
können.<br />
HIER ENTSTEHT ZUKUNFT<br />
Die Messehallen am östlichen Rand der<br />
bayerischen Landeshauptstadt verwandeln<br />
sich unterdessen beim <strong>IAA</strong> Summit<br />
zum globalen Expertengipfel. Innovationen<br />
und Entwicklungen international<br />
führender Unternehmen treffen hier auf<br />
Fachleute aus den verschiedensten Sektoren<br />
im Bereich Mobilität. Ob Automobil-,<br />
Tech-, Fahrrad- und Mikromobilitätsindustrie,<br />
Software- oder Energiefirmen:<br />
Der Summit bringt Akteure aus den unterschiedlichsten<br />
Bereichen an einem Ort<br />
zusammen und soll sie für gemeinsame<br />
Ziele begeistern. Sehr zufrieden zeigen<br />
sich die Veranstalter dabei mit dem hohen<br />
Anteil ausländischer Aussteller, die den<br />
Austausch noch internationaler machen.<br />
Für die begleitende <strong>IAA</strong> Conference werden<br />
über 500 Führungskräfte, Stakeholder<br />
und Visionäre erwartet, die über die Zukunft<br />
von Auto und Fahrrad, von Straße<br />
und Schiene, über Visionen und politische<br />
Entscheidungen diskutieren.<br />
Aber auch der <strong>IAA</strong> Summit hat seine Mitmach-Bereiche:<br />
Auf einem speziellen Parcours<br />
in Halle 3 lassen sich Fahrzeuge und<br />
Produkte aus dem Bereichen Fahrrad und<br />
Mikromobilität testen, auf den Freiflächen<br />
des Geländes demonstrieren verschiedene<br />
Aussteller ihre Produkte aus den Bereichen<br />
Prototypen, Assistenzsysteme, autonomes<br />
Fahren, Smart Cities und Ladeinfrastruktur.<br />
Auch zu Probefahrten können die Fachbesucher<br />
vom Messegelände aus aufbrechen.
Die Zukunft<br />
beginnt – mit ZF.<br />
Wir gestalten das Fahrzeug der Zukunft, jeden Tag aufs Neue. Denn als weltweit führender Automobilzulieferer<br />
treiben wir den Mobilitätswandel maßgeblich voran. Unser Ziel ist kein Geringeres, als bezahlbare, sichere,<br />
saubere und komfortable Mobilität für alle zu ermöglichen. Daran arbeiten wir auf allen relevanten Ebenen:<br />
von Nachhaltigkeit, Elektromobilität, autonomem Fahren, Software und Digitalisierung bis hin zu Vehicle<br />
Motion Control. Im Fokus stehen dabei unsere 160.000 ZF-Mitarbeiter weltweit – unsere ZF FutureStarter!<br />
Erfahren Sie mehr: zf.com/futurestarter
16<br />
<strong>2023</strong><br />
<strong>IAA</strong> Mobility<br />
„Gute Absichten<br />
sind noch keine<br />
Politik“<br />
Im Gespräch mit dem <strong>IAA</strong> <strong>Spot</strong> äußert sich VDA-Präsidentin<br />
Hildegard Müller zum veränderten Konzept der <strong>IAA</strong> Mobility, zu den<br />
Anstrengungen der deutschen Automobilindustrie im Bereich der<br />
E-Mobilität und nennt die größten Fehler der Politik in diesem Bereich.<br />
Nun also die zweite <strong>IAA</strong> in München. Was wird sie besser machen<br />
als die erste Veranstaltung vor zwei Jahren?<br />
Die <strong>IAA</strong> Mobility ist die führende Plattform für Mobilität,<br />
Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Dieses Konzept ging mit über<br />
400.000 Besuchern aus 95 Ländern bereits 2021 gut auf. Und das<br />
trotz der coronabedingten Reisebeschränkungen.<br />
Wir haben das Konzept noch weiter verbessert. Dieses Jahr werden<br />
wir erstmals eine klare Fokussierung der beiden Veranstaltungsorte<br />
haben. Für den interessierten Besucher bieten wir den<br />
Open Space in der Münchner Innenstadt an, der kostenfrei zugänglich<br />
ist. Hier können Besucher kostenlose Testfahrten sowie<br />
Konzerte und Kulturangebote erleben. Der <strong>IAA</strong> Summit auf dem<br />
Münchner Messegelände wird das Fachpublikum ansprechen.<br />
Über 500 Rednerinnen und Redner werden dort über die Mobilität<br />
der Zukunft diskutieren.<br />
Zudem freue ich mich, dass Opel nach längerer Auszeit wieder auf<br />
der <strong>IAA</strong> Mobility vertreten ist. Ich bin mir sicher, dass auch manche<br />
Hersteller, die diesmal nicht dabei sind, vom Konzept begeistert<br />
sein werden – und für das nächste Mal umdenken.<br />
Als Präsidentin des VDA vertreten Sie die deutsche Automobilindustrie.<br />
Wie steht die in der Transformation aktuell im internationalen<br />
Vergleich da?<br />
Die deutsche Automobilindustrie steht hinter den Pariser Klimazielen<br />
und treibt die Transformation mit Innovationen und Investitionen<br />
voran: Von <strong>2023</strong> bis 2027 investiert sie weltweit mehr<br />
als 250 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung. Der Fokus<br />
der Investitionen liegt insbesondere auf der Elektromobilität – inklusive<br />
Batterietechnik, autonomem Fahren sowie Digitalisierung.<br />
Zu diesen Investitionen kommen von <strong>2023</strong> bis 2027 weitere rund<br />
130 Milliarden Euro, die weltweit von der deutschen Automobil-<br />
Mit Ausnahme der deutschen und chinesischen Hersteller<br />
sind kaum OEMs auf der <strong>IAA</strong> Mobility vertreten. Wie wollen Sie<br />
Hyundai, Peugeot, Toyota und Co. wieder zurückholen?<br />
Mit Ford, Renault und Tesla sind weitere weltweit führende<br />
Unternehmen aus anderen Ländern als Aussteller auf der <strong>IAA</strong><br />
Mobility vertreten. Mit Lucid aus den USA und Rimac aus Kroatien<br />
stellen weitere spannende Unternehmen aus, die ihren Fokus<br />
auf nachhaltige Mobilität legen. Zudem sind unter anderem Fiat,<br />
Hyundai oder Nissan mit Testfahrzeugen vertreten, die im Rahmen<br />
der Aktion „Firmenwagen des Jahres“ auf der <strong>IAA</strong> Mobility getestet<br />
werden können. Mit AWS, Qualcomm, Riese & Müller und vielen<br />
mehr haben wir zudem die weltweit größten Unternehmen aus<br />
den Bereichen Tech, Fahrrad und Mikromobilität zu Gast.<br />
„Diese chinesische<br />
Autoindustrie wird<br />
industriepolitisch<br />
massiv durch den Staat<br />
unterstützt.<br />
“
17<br />
VDA-Präsidentin<br />
Hildegard Müller im<br />
Gespräch mit dem<br />
<strong>IAA</strong> <strong>Spot</strong>.<br />
industrie unter anderem in den Aufbau neuer Fabriken sowie in<br />
den Umbau von Werken und deren Ausstattung fließen. Dies zeigt<br />
deutlich, dass die deutschen Unternehmen die Transformation<br />
konsequent umsetzen werden. Gefragt ist jetzt die Politik – denn<br />
die Rahmenbedingungen entscheiden darüber, wo die Investitionen<br />
getätigt werden.<br />
„Das E-Auto wird<br />
schrittweise und durch<br />
den zunehmenden<br />
Umbau von Werken<br />
zum Massenprodukt.<br />
“<br />
In Deutschland steigern E-Autos kontinuierlich ihren Marktanteil.<br />
Aber ist das Tempo schnell genug, um die ehrgeizigen Ziele<br />
zu erreichen, und müssen wir beim Infrastrukturausbau nicht<br />
sehr viel schneller werden?<br />
Das Vertrauen der Menschen in die E-Mobilität hängt im<br />
hohen Maße auch davon ab, dass sie überall und zu jeder Zeit<br />
laden können. Wir brauchen nicht nur mehr Ladesäulen, sondern<br />
auch entsprechend ausgebaute Stromnetze. Hier hinkt<br />
Deutschland massiv hinter dem eigenen Zeitplan hinterher. Der<br />
Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge ist daher eine der<br />
drängendsten Infrastrukturaufgaben für Deutschland, die viel<br />
entschlossener angegangen werden muss. Um die ehrgeizigen<br />
Ziele zu erreichen, braucht es ein strategisches Konzept und<br />
regelmäßige Überprüfungen.<br />
Europa ist bei der Transformation zur E-Mobilität gespalten.<br />
Während die skandinavischen Länder, Deutschland, Frankreich,<br />
Benelux und die Schweiz recht weit scheinen, sind vor allem<br />
die östlichen und südlichen Länder noch weit von elektrischer<br />
Mobilität entfernt. Von außereuropäischen Ländern gar nicht<br />
zu reden. Wie können die Hersteller den schwierigen und aufwendigen<br />
Spagat zwischen den unterschiedlichen Marktansprüchen<br />
bewältigen?<br />
Unterschiedliche Regionen mit unterschiedlichen Voraussetzungen<br />
brauchen entsprechend passende Strategien. Hier liegt die<br />
Verantwortung auch in Brüssel: Gute Absichten und Ziele sind<br />
noch keine gute Politik. Es gibt kein Monitoring der Zielerreichung<br />
in den einzelnen Mitgliedsstaaten mit entsprechenden Möglichkeiten<br />
zum Nachbessern. Das ist fahrlässig.<br />
Natürlich ist die Situation für die Unternehmen der Autoindustrie<br />
herausfordernd. Ich kann Ihnen versichern: Diese Branche stellt<br />
sich dem Wandel mit all ihrer Innovationskraft und Verantwortung<br />
für die Beschäftigten. Doch zur Wahrheit gehört auch: Das<br />
allein reicht nicht. Während der internationale Standortwettbewerb<br />
immer intensiver geführt wird, fehlt es in Berlin und Brüssel<br />
zu oft an Geschwindigkeit und praxisnahen Konzepten. Die<br />
Politik verliert sich in immer mehr Regeln, mehr Auflagen und<br />
wenn es Hilfen gibt, dann leider oftmals mit maximalem bürokratischem<br />
Aufwand.<br />
Die Bundesregierung und die EU sind aufgerufen, schnellstmöglich<br />
die Rahmenbedingungen für den deutschen und europäischen<br />
Standort zu verbessern. Wir brauchen weniger Bürokratie,
18<br />
<strong>2023</strong><br />
<strong>IAA</strong> Mobility<br />
mehr Handelsabkommen, ein konkurrenzfähiges Steuer- und<br />
Abgabensystem und einfachere und schnelle Genehmigungsverfahren.<br />
Zudem muss unsere Energie- und Rohstoffversorgung<br />
mit internationalen Partnerschaften abgesichert werden,<br />
um Deutschland und Europa unabhängiger und Lieferketten resilienter<br />
zu machen.<br />
Betrachtet man das Angebot an E-Autos, fällt auf, dass es kaum<br />
Basismodelle unter 40.000 Euro gibt. Wie wollen sie die bisherigen<br />
Käufer klassischer Kleinwagen so zum Umsteigen bewegen?<br />
Wenn ich mir die Daten ansehe, dann ist das Angebot der<br />
deutschen Automobilhersteller bereits sehr gut. Hierzulande<br />
bieten die deutschen Hersteller derzeit über alle Segmente etwa<br />
90 E-Modelle an, weltweit sind es 130. Bis Ende 2024 werden<br />
es weltweit rund 170 Modelle sein. Das E-Auto wird schrittweise<br />
und durch den zunehmenden Umbau von Werken zum Massenprodukt.<br />
Dazu werden dann weitere Technologiesprünge<br />
und Skaleneffekte kommen, sodass die Kosten für ein E-Auto<br />
sicher weiter sinken werden. Aber ich verstehe die Sorgen der<br />
Menschen, die gerade unter der schwachen Konjunktur und den<br />
hohen Inflationsraten leiden.<br />
Übrigens – bereits jetzt sind unsere Unternehmen in diesem Feld<br />
gut aufgestellt: Die deutschen Hersteller haben mit vier Modellen<br />
in Deutschland bei den E-Kleinwagen den größten Marktanteil.<br />
Alle vier Modelle sind für unter 40.000 Euro erhältlich.<br />
Auch normale Kleinwagen unter 15.000 Euro gibt es kaum noch.<br />
Ist es nicht ein Fehler, die Einstiegsversionen unter den Tisch<br />
fallen zu lassen?<br />
Hier muss man differenziert betrachten: In China sind beispielsweise<br />
ernstzunehmende Wettbewerber entstanden, die<br />
sowohl auf dem heimischen als auch auf anderen Märkten Anteile<br />
gewinnen wollen. Diese chinesische Autoindustrie wird<br />
industriepolitisch massiv durch den Staat unterstützt, während<br />
sich bei uns die Produktionskosten immer weiter außerhalb<br />
der internationalen Wettbewerbsfähigkeit bewegen. Das sind<br />
schwierige Bedingungen. Umso mehr brauchen wir einen wettbewerbsfähigen<br />
Heimatstandort.<br />
„Die <strong>IAA</strong> Mobility ist die<br />
führende Plattform für<br />
Mobilität,Nachhaltigkeit<br />
und Digitalisierung.<br />
“
PREMIEREN DER MESSE<br />
19<br />
IKONEN<br />
IN NEUER GESTALT<br />
Natürlich: Die <strong>IAA</strong> Mobility ist in ihrer modernen Ausprägung keine klassische Automesse mehr – spannende<br />
automobile Premieren gibt es trotzdem zu sehen. Zum Beispiel zwei Studien von VW und Opel, mit denen die<br />
Markenikonen GTI und Manta fit gemacht werden für das vollelektrische Zeitalter.<br />
Eines der <strong>IAA</strong>-Highlights ist die Opel-Studie<br />
Experimental. Mit den klar gestalteten<br />
Oberflächen und neuer Vizor-Front<br />
gibt das Modell einen Ausblick auf die<br />
künftige Designentwicklung der Marke,<br />
während der batterieelektrische Antrieb<br />
und der üppige Radstand von 2,80 Metern<br />
mit großzügigem Innenraum bereits<br />
für die Serienversion – den neuen Opel<br />
Manta – gesetzt sind.<br />
Auch Mercedes wirft einen Blick auf ein<br />
vollelektrisches Kompaktmodell der Zukunft:<br />
Hinter dem Concept CLA Class<br />
verbirgt sich die ünftige Mercedes-Einstiegsbaureihe.<br />
Erstmals in Deutschland<br />
zu sehen ist außerdem die dynamische<br />
Sportwagenstudie Vision One-Eleven.<br />
Der Name spielt auf die legendären<br />
C-111-Experimentalfahrzeuge aus den<br />
1960er und 1970er Jahren an, die als<br />
Versuchsträger für damals neue Wankel-<br />
und Turbodieselmotoren sowie für<br />
Kunststoffkarosserien eingesetzt wurden<br />
und dabei auch für ihr aerodynamisches<br />
Design berühmt waren.<br />
VW enthüllt mit dem ID. GTI Concept<br />
einen vollelektrischen GTI für die Kompaktklasse,<br />
der sich am allerersten Golf<br />
GTI von 1976 orientiert und wahrscheinlich<br />
rund um dessen 50. Geburtstag auf<br />
den Markt rollen wird – als sportliche Variante<br />
des künftigen ID.2. Daneben präsentiert<br />
VW erstmals den ID.7 GTX – die<br />
dynamischste Modellvariante der vollelektrischen<br />
Limousine. Dualmotor-Allradantrieb<br />
und sportive schwarze Designelemente<br />
machen den eleganten<br />
Viertürer zum hochwertigen Sportler<br />
und neuen Topmodell der elektrischen<br />
ID-Familie, im Innenraum dominiert die<br />
Farbkombination Schwarz-Rot.<br />
Während Audi das Interieur des neuen<br />
Elektro-SUV Q6 e-tron sowie die fast 5<br />
Meter lange Crossover-Studie activesphere<br />
zeigt, präsentiert BMW mit dem<br />
i5 die vollelektrische Variante des neuen<br />
5ers. Mini enthüllt den neuen Cooper,<br />
den es zunächst weiter mit Verbrennern<br />
und mit Elektroantrieb geben wird. Während<br />
die Verbrennervarianten weiterhin<br />
aus England kommen, wird der neue<br />
Elektro-Mini in einem Joint Venture mit<br />
Great Wall in China gebaut.
20<br />
<strong>2023</strong><br />
Premieren der Messe<br />
MERCEDES-BENZ CONCEPT CLA CLASS<br />
VOLLELEKTRISCHER<br />
EINSTIEG<br />
PREMIERE AUF DER <strong>IAA</strong>: DER CONCEPT CLA CLASS BIETET EINEN SERIEN-<br />
NAHEN EINBLICK IN DIE KÜNFTIGE EINSTIEGSBAUREIHE DER MARKE<br />
MERCEDES. DER VOLLELEKTRISCHE ANTRIEB PUNKTET MIT NIEDRIGEM<br />
STROMVERBRAUCH UND ULTRASCHNELLEN LADEZEITEN.<br />
„Ein-Liter-Auto“ für das elektrische<br />
Zeitalter: Mit der Technik aus dem<br />
Technologieträger EQXX soll der<br />
Concept CLA Class mit einer Batterieladung<br />
bis zu 750 Kilometer weit<br />
kommen – und dabei nur 12 kWh/<br />
100 km verbrauchen.<br />
Für zusätzliche Alltags- und Langstreckentauglichkeit<br />
sorgt die<br />
800-Volt-Architektur: Nur 15 Minuten<br />
Schnellladen bringen bis zu 400 Kilometer<br />
zusätzliche Reichweite. Für die<br />
Batterie kündigt der Hersteller eine<br />
hohe Energiedichte dank innovativer<br />
Zellchemie an.<br />
Der Concept CLA Class basiert auf der<br />
neuen Mercedes Modular Architecture<br />
(MMA). Die modulare Plattform<br />
bildet die technische Grundlage für<br />
künftige elektrische Mercedes-Modelle<br />
bis zur Mittelkasse. Durch den<br />
Einsatz der MMA-Plattform soll der<br />
CO2-Ausstoß in der Wertschöpfungskette<br />
um mehr als 40 Prozent sinken.
21<br />
Neben der Kombination aus Performance<br />
und Nachhaltigkeit soll der<br />
Concept CLA Class vor allem mit<br />
einem neuen digitalen Benutzererlebnis<br />
Maßstäbe setzen. Als Materialien<br />
kommen unter anderem nachhaltig<br />
produzierte und verarbeitete<br />
Lederbezüge sowie Zierteile aus<br />
Papier zum Einsatz.<br />
Zusammen mit der MMA führt<br />
Mercedes auch das selbstentwickelte<br />
Betriebssystem MB.OS (Mercedes-<br />
Benz Operating System) ein. Es nutzt<br />
Supercomputing, und Künstliche<br />
Intelligenz soll neue Möglichkeiten<br />
bei Infotainment, Personalisierung,<br />
Sicherheit und automatisiertem<br />
Fahren eröffnen.<br />
In Sachen Sicherheit hält ein neues<br />
Erkennungssystem Einzug: Die Child<br />
Presence Detection (CPD) soll verhindern,<br />
dass kleine Kinder bei hohen<br />
Temperaturen versehentlich auf der<br />
Rücksitzbank zurückgelassen werden.<br />
Mit der neuen Einstiegsbaureihe, auf<br />
die der Concept CLA Class vorausblickt,<br />
beschleunigt Mercedes den<br />
Aufbau seiner Elektroflotte. Bis Ende<br />
des Jahrzehnts will das Unternehmen<br />
vollelektrisch sein – zumindest überall<br />
dort, wo es die Marktbedingungen<br />
zulassen.
22<br />
<strong>2023</strong><br />
Premieren der Messe<br />
OPEL EXPERIMENTAL<br />
Mit der Designstudie „Opel Experimental“ will der Autobauer seine Identität innerhalb des Vielmarkenkonzerns<br />
Stellantis schärfen. Die batterieelektrische Studie rückt das neue Blitz-Logo in den Fokus,<br />
stellt das Kompass-Motiv bei der Linienführung stärker heraus und wartet mit allerlei Innovationen auf.<br />
Und kommt ganz ohne Chrom-Zierrat aus.<br />
Das Konzeptauto überrascht: Kein SUV,<br />
aber auch keine flachgeklopfte Flunder<br />
hat das Designteam unter Florian Theis<br />
auf die 23 Zoll großen Räder gestellt. Vielmehr<br />
weist die rund 4,50 Meter lange<br />
Studie limousinenhafte Formen auf. Sie<br />
gibt einen Ausblick auf die ab 2025 debütierenden<br />
neuen Modelle der Rüsselsheimer,<br />
die dann erstmals ausschließlich<br />
rein elektrisch angeboten werden. Eines<br />
der Modelle könnte den Namen eines bekannten<br />
und sehr erfolgreichen Modells<br />
aus der Opel-Historie tragen: Manta.<br />
Doch der Opel Experimental ist keine<br />
Retro-Show. Vielmehr soll er die künftige<br />
Opel-Designsprache verdeutlichen. Und<br />
da geht es um mehr als nur Formen. „Ein<br />
Opel muss auf einen Blick als solcher erkennbar<br />
sein“, gibt Theis, Chef-Designer<br />
der Konzeptfahrzeuge in Rüsselsheim, die<br />
Richtung vor. Mit immer identischer Basis<br />
bei Plattformen und Antriebskomponenten<br />
reduzieren sich zukünftig die Differenzierungsmöglichkeiten<br />
über die Technik.<br />
„Ein klares Design ist unabdingbar für den<br />
Erfolg einer Marke“, so Theis.<br />
Die Studie steht in der Tradition von Vorgängern,<br />
ebenfalls mit dem Zusatz „Experimental“.<br />
1965 stellte Opel mit dem<br />
„Experimental GT“ sein erstes Konzeptfahrzeug<br />
vor, eben den Vorboten des<br />
legendären GT. Zuletzt sorgte der „GT X<br />
Experimental“ von 2018 für Aufsehen, der<br />
das mittlerweile aktuelle Vizor-Markengesicht<br />
publik machte.<br />
Der Vizor ist auch Bestandteil des aktuellen<br />
Konzeptautos, allerdings mit mehr Tiefe in<br />
einer 4D-Version über die ganze Breite des<br />
Fahrzeugs ausgeführt. Er integriert Sensoren,<br />
Lidar-, Radar- und Kamerasysteme.<br />
Das neue Blitz-Logo – beleuchtet und geschärft<br />
– wird von den ebenfalls mehr herausgearbeiteten<br />
und beleuchteten Linien<br />
des sogenannten Kompasses in Szene gesetzt.<br />
Hier laufen zwei horizontale und vertikale<br />
Achsen im Blitz als Kreuzungspunkt<br />
zusammen. Das Kompass-Achsen-Motiv<br />
taucht auch am Heck auf, nur ist hier der<br />
Opel-Schriftzug der Treffpunkt der nun rot<br />
illuminierten Linien.
23<br />
Statt mit Chromelementen spielt die Studie<br />
mit Licht. Langgezogene Lichtleisten<br />
betonen die Seiten und lassen die nach<br />
oben aufschwingenden Türen weniger<br />
wuchtig wirken. Die Stoffbespannung der<br />
Türen wechselt die Farben und warnt somit<br />
vor Verkehr im Toten Winkel. Die Windschutzscheibe<br />
dient als große Projektionsfläche<br />
für Navigationshinweise, aber auch<br />
für Warnungen. Wie viele batterieelektrische<br />
Fahrzeuge bietet auch der Opel<br />
Experimental viel Platz. Die vier Einzelsitze<br />
ähneln Clubsesseln, sind aber leichter<br />
und luftiger als herkömmliches Gestühl in<br />
Fahrzeugen.<br />
Was fällt noch auf? Es gibt innen wie außen<br />
viele glatte Flächen. Statt Außenspiegeln<br />
übertragen 180-Grad-Kameras an den<br />
C-Säulen die Informationen rund ums<br />
Fahrzeug ins Innere. Die großen Goodyear-<br />
Reifen sind aus recycelten Materialien<br />
gefertigt. Ein Solarpanel auf dem Dach<br />
versorgt die Lichtelemente mit Strom.<br />
Luftklappen an Front und Heck sowie ein<br />
Heckdiffusor verbessern die Aerodynamik.<br />
Diese Anbauteile bestehen nicht aus Karbon,<br />
sondern aus Flachsfasern.<br />
Wie bei einem Konzeptauto üblich, wird es<br />
nicht alles in die Serienfertigung schaffen.<br />
Die seitlich aufschwingenden Türen zum<br />
Beispiel dürften eine Design-Übung bleiben,<br />
genauso wie das wegklappbare Lenkrad.<br />
Dagegen könnte der neue Opel-Blitz,<br />
eingebettet in die Front der nächsten Generation<br />
des Opel-Markengesichts – mit<br />
Kompass und 4D-Vizor – durchaus leuchten.<br />
Das lassen die geänderten gesetzlichen<br />
Vorgaben zukünftig zu.<br />
Gesetzt ist, dass die neuen Stromer auf<br />
der neuen Stellantis-Plattform STLA<br />
Medium mit einem Radstand von 2,80<br />
Metern aufbauen. Als Antriebe kommen<br />
E-Motoren im Leistungsband<br />
zwischen 160 kW/217 PS und 285 kW/<br />
387 PS in Frage, die Akkus sind entweder<br />
70 oder 98 kWh groß und ermöglichen<br />
somit Reichweiten zwischen 500 und<br />
700 Kilometern.
24<br />
<strong>2023</strong><br />
Premieren der Messe<br />
VW ID. GTI Concept<br />
Der GTI für<br />
ein neues Zeitalter<br />
Volkswagen überträgt das GTI-Feeling in die elektrische Welt: Rund 50 Jahre nach dem allerersten Golf GTI<br />
soll 2026/2027 der erste vollelektrische GTI an die Startlinie rollen. Die auf der <strong>IAA</strong> Mobility präsentierte<br />
Studie zeigt, wie sehr das neue Modell in der Tradition der Sport-Ikone verwurzelt ist.<br />
Mit dem ID. GTI Concept macht VW den nächsten Schritt zur<br />
Elektrifizierung des gesamten Produktportfolios. Die Studie soll<br />
Tradition und Innovation verbinden – und auf unverkennbare<br />
GTI-Manier die emotionale Dimension des elektrischen Fahrens<br />
zum Ausdruck bringen.<br />
GTI-Fans haben nach einer sportlicheren Version des kommenden<br />
Kleinwagens ID. 2all gefragt. Der ID. GTI Concept soll die<br />
Antwort darauf geben: ein alltagstauglicher Sportwagen für<br />
das Elektrozeitalter. Die Markteinführung ist für 2026/27 geplant.<br />
Die technische Basis liefert die MEB Entry Plattform, die den Elektroantrieb<br />
erstmals mit Frontantrieb kombiniert. Batterie, Soft-<br />
ware und weitere Elemente kommen aus dem MEB+ Baukasten<br />
der größeren VW-Modelle.<br />
VW verspricht beste Qualität im Innenraum; das Bedienkonzept<br />
verbindet digitale Features mit physischen Tasten. Modernste<br />
Fahrerassistenzsysteme, intelligente Ladetechnik und ein neu<br />
entwickeltes Displaykonzept gehören ebenfalls zur Ausstattung.<br />
Differenzialsperre vorne, Progressivlenkung, Sportreifen und<br />
spezielle GTI-Fahrmodi sorgen für ein GTI-typisches agiles Fahrerlebnis<br />
– kombiniert mit der speziellen Dynamik und Direktheit,<br />
die der Elektroantrieb ermöglicht. Die Höchstgeschwindigkeit<br />
liegt übrigens bei 182 km/h – genau wie beim Golf I GTI von 1976.
25<br />
Spezielle GTI-Fahrmodi sorgen<br />
für ein GTI-typisches agiles<br />
Fahrerlebnis.<br />
Das Design des ID. GTI Concept basiert<br />
auf drei Prinzipien: Stabilität, Sympathie<br />
und Begeisterung.
26<br />
<strong>2023</strong><br />
Premieren der Messe<br />
AUDI ACTIVESPHERE CONCEPT<br />
Transformation<br />
auf Tastendruck<br />
Das nennen wir mal einen Crossover: Der Audi activesphere concept verwandelt sich auf Knopfdruck von<br />
einem eleganten Oberklasse-Sportback in einen Pick-up. Der Wanderer zwischen den Welten fühlt sich<br />
on – wie offroad wohl, kann vieles autonom erledigen und ist auf der <strong>IAA</strong> erstmals in Deutschland zu sehen.<br />
Raum, Dynamik und Eleganz: Das alles<br />
steckt im Begriff Sportback, mit dem<br />
Audi seine athletischen Fünftürer in allen<br />
Klassen schmückt. Aber was genau soll<br />
ein Activeback sein? Das zeigt die Studie<br />
activesphere concept, die die Marke als<br />
viertes Konzeptfahrzeug der „sphere“-Reihe<br />
nun erstmals in Deutschland präsentiert.<br />
Es ist eigentlich ganz einfach: Ein Activeback<br />
ist ein Sportback, dessen elegante<br />
Heckpartie sich auf Tastendruck in eine offene<br />
Ladefläche verwandelt. Aus dem fast<br />
5 Meter langen Nobel-Allrader wird damit<br />
im Handumdrehen ein Pick-up.<br />
Eine sehenswerte Transformation: Auf<br />
Knopfdruck schiebt sich das komplette<br />
Heckfenster fast bündig nach oben übers<br />
Glasdach, gleichzeitig klappt das untere<br />
Heckteil in die Horizontale, hinter den<br />
Rücksitzen fährt ein festes Windschott<br />
hoch. Fertig ist die Ladefläche mit Befestigungs-Möglichkeiten<br />
für Skier, Golfbags<br />
oder Wassersport-Equipment. Selbst zwei<br />
E-Bikes finden hier Platz.<br />
Entworfen wurde die Studie von den<br />
Audi-Designern im kalifornischen Malibu,<br />
die dem activesphere neben der<br />
Eleganz eines Sportbacks und der Vielseitigkeit<br />
eines Pick-ups auch noch echte<br />
Offroad-Fähigkeiten mit entsprechend<br />
metallisch-robustem Look mit auf den<br />
Weg gegeben haben. Dank der Luftfederung<br />
lässt sich die Bodenfreiheit zwischen<br />
20,8 und 24,8 Zentimetern variieren,<br />
hinzu kommen große Radhäuser<br />
und grobstollige Räder auf 22-Zoll-Felgen<br />
sowie Allradantrieb.<br />
4,98 Meter lang, 2,07 Meter breit und 1,60<br />
Meter hoch, dazu ein langer Radstand<br />
von 2,97 Metern: Bei den Abmessungen<br />
liegt das auf der Premium Platform<br />
Electric (PPE) basierende Konzeptfahrzeug<br />
auf dem Niveau neuer und kommender<br />
Serienmodelle wie dem A6 e-tron.<br />
Und auch die Antriebstechnik ist alles andere<br />
als Zukunftsmusik: Mit einer Systemleistung<br />
von 325 kW/442 PS aus zwei<br />
E-Motoren, einem Drehmoment von 720<br />
Newtonmetern, über 600 Kilometern<br />
Reichweite und schnellen Ladezeiten<br />
dank 800-Volt-Technik, wie sie schon im<br />
e-tron GT quattro zum Einsatz kommt,<br />
vereint der activesphere die Dynamik und<br />
Direktheit leistungsstarker E-Autos mit<br />
Langstrecken- und Alltagstauglichkeit.<br />
Im Idealfall lassen sich laut Audi bei bis zu
27<br />
Das Bedienkonzept vereint Augmented<br />
Reality mit einer neuen Dimension der<br />
Interaktion.<br />
270 kW Ladeleistung in 10 Minuten etwa<br />
300 Kilometer Reichweite nachtanken. Mit<br />
der PPE soll das ultraschnelle Laden demnächst<br />
auch in weitere Audi-Modelle Einzug<br />
halten.<br />
Noch weiter in Richtung Zukunft deutet<br />
das Bedienkonzept des Technologieträgers.<br />
Der activesphere ist bereit zum<br />
autonomen Fahren auf Level 4, kann also<br />
auf dafür ausgelegten Strecken die Arbeit<br />
allein übernehmen. Lenkrad und Pedalerie<br />
kann der Fahrer unterdessen komplett<br />
wegklappen, nur ein flaches, weitestgehend<br />
leeres Armaturenbrett hat der Pilot<br />
dann noch vor sich.<br />
Allerdings trägt er dabei eine Sehhilfe<br />
der besonderen Art: eine Mixed-Reality-<br />
Brille, die virtuelle und reale Inhalte auf<br />
eine dreidimensionale Weise miteinander<br />
verbindet – eine neue Stufe der Augmented<br />
Reality, bei der der Nutzer aktiv eingreifen<br />
kann. Nur durch Blicke, das Fokussieren<br />
der Augen und durch Gesten mit<br />
der Hand lassen sich Fahrzeugfunktionen<br />
aufrufen und bedienen – übrigens nicht<br />
nur durch den Fahrer, sondern durch alle<br />
Insassen, wenn sie ebenfalls eine solche<br />
Brille tragen.<br />
Das ultraschnelle 800-Volt-Laden<br />
soll demnächst auch in weitere<br />
Audi-Modelle Einzug halten.<br />
So können die Passagiere auf allen Plätzen<br />
beispielsweise virtuell dargestellte<br />
Bedienelemente wie etwa für die Klimatisierung<br />
oder das Infotainment ebenfalls<br />
virtuell anfassen, zunächst an der<br />
für sie passenden Stelle platzieren und<br />
dann damit die Temperatur regeln oder<br />
die nächste Playlist auswählen – wie in<br />
der analogen Welt. Und das, ohne sich<br />
vorzubeugen oder den Arm zu strecken.<br />
Später einmal sollen die Brillen auch bei<br />
der Routenauswahl zuhause oder bei der<br />
Online-Vereinbarung des Servicetermins<br />
Tablet oder PC ersetzen.<br />
Ein weiterer Vorteil dieses sogenannten<br />
„Audi dimensions“-Bedienkonzepts:<br />
Das aufgeräumte Interieurdesign muss<br />
sich nicht mehr der Funktionalität klassischer<br />
automobiler Innenräume unterordnen.<br />
Nur wenn der Nutzer ein Element<br />
braucht, sieht er es und kann es gewohnt<br />
intuitiv bedienen.
28<br />
<strong>2023</strong><br />
TRENDS UND INNOVATIONEN<br />
FREIHÄNDIG<br />
IN DIE ZUKUNFT<br />
Neue Mercedes-Modelle erreichen Autonomie-Level 3, die E-Klasse kann<br />
zudem im Parkhaus ganz alleine zum Parkplatz fahren und einparken: Das<br />
automatisierte Fahren nimmt nach Jahren der Ankündigungen und Verschiebungen<br />
langsam konkretere Formen an. Und während in den Innenräumen<br />
erste Maßnahmen gegen den digitalen Overkill getroffen werden, mausert sich<br />
das Smartphone zum Autoschlüssel.
29<br />
Digital oder analog?<br />
Hauptsache aufgeräumt.<br />
Der Intelligent Park Pilot steuert den Mercedes EQE nicht nur in die gewünschte Parklücke, sondern<br />
auch durchs ganze Parkhaus.<br />
Mit dem autonomen Fahren war es ja<br />
lange Zeit ein wenig wie mit der Elektromobilität:<br />
Alle reden darüber – aber ob<br />
sich das wirklich durchsetzt? Inzwischen<br />
ist die E-Mobilität da, und auch das automatisierte<br />
Fahren nimmt Formen an.<br />
Schon seit vergangenem Jahr lassen sich<br />
die Mercedes S-Klasse und der EQS mit<br />
dem Drive Pilot ausrüsten, der Autonomie-Level<br />
3 ermöglicht, in diesem Herbst<br />
zieht der BMW 5er nach.<br />
In Deutschland sind die Systeme bisher<br />
auf Autobahnen im Geschwindigkeitsbereich<br />
bis maximal 60 km/h zugelassen,<br />
können den Fahrer also in dichtem Verkehr<br />
entlasten. Sie halten den Abstand<br />
zum Vordermann und das Fahrzeug in<br />
der Spur, können Hindernissen ausweichen<br />
und automatisch bremsen. Autonomie-Level<br />
3 bedeutet dabei: Der Fahrer<br />
muss die Hände nicht am Lenkrad haben.<br />
Ob Level 3, 4 oder 5: Entscheidend für<br />
die automatisierten Fahrfunktionen ist<br />
in jedem Fall eine präzise Umfelderkennung.<br />
Die deutschen Premium-Hersteller<br />
setzen dabei – im Gegensatz zu Tesla –<br />
auf Lidar-Sensoren mit Lasertechnik, die<br />
eine bessere räumliche, dreidimensionale<br />
Erkennung von Objekten bieten als Radar,<br />
das aber weiterhin ergänzend zum<br />
Einsatz kommt. Auch Volvo nutzt beim<br />
kommenden großen SUV EX90 Lidar-<br />
Sensoren, um neue autonome Fahrfunktionen<br />
und Sicherheitsfeatures zu<br />
ermöglichen.<br />
SELBSTSTÄNDIG DURCHS<br />
PARKHAUS<br />
Level 4 erreichen bereits der Mercedes<br />
EQE und die neue E-Klasse – zumindest<br />
beim Parken: Wenn der Intelligent<br />
Park Pilot an Bord ist, können Kunden<br />
ihr Fahrzeug in einer gekennzeichneten<br />
Drop-off-Area im Parkhaus abstellen,<br />
aussteigen und den Parkvorgang<br />
per App starten. Das Fahrzeug fährt anschließend<br />
vollautomatisiert zu seinem<br />
zuvor reservierten Parkplatz. Bei seiner<br />
Rückkehr zum Parkhaus ruft der Nutzer<br />
das Fahrzeug ebenfalls per App wieder<br />
zurück. Das Parkhaus P6 am Flughafen<br />
Stuttgart ist das erste weltweit, in dem<br />
dieser Service genutzt werden kann.<br />
Parklücke vermessen, aussteigen und<br />
dann per App automatisch einparken –<br />
das geht inzwischen auch in kleineren<br />
und günstigeren Fahrzeugklassen. Ohnehin<br />
entwickelt sich das Smartphone zum<br />
unverzichtbaren Begleiter des Autofahrers.<br />
Aus der Ferne lässt sich überprüfen,<br />
ob Fenster und Türen geschlossen sind<br />
und wie viel Saft noch in der Batterie ist,<br />
Das Lidar ist beim Volvo EX90 in die Dachlinie<br />
integriert.<br />
aus der Nähe kann das Handy als Digital<br />
Key gleich zum Entriegeln und Starten<br />
des Fahrzeugs genutzt werden. Praktisch,<br />
wenn man sein Auto verleihen möchte:<br />
Dann braucht der Entleiher keinen physischen<br />
Schlüssel mehr, sondern nur eine<br />
digitale Berechtigung.<br />
COMEBACK DER TASTEN<br />
Es wird also alles digitaler, was sich unschwer<br />
an den immer größer werdenden<br />
Displays in den Innenräumen erkennen<br />
lässt, die sich zum Teil über die gesamte<br />
Breite ziehen. Doch womöglich wird<br />
hier bald eine Trendumkehr eingeleitet.<br />
Der mit den riesigen Anzeigen verbundenen<br />
Informationsflut begegnen die ersten<br />
Hersteller mit kleineren Bildschirmen<br />
und dem Einrichten sogenannter „Calm<br />
Modes“, die den Fahrer von allen überflüssigen<br />
Infos verschonen. Und nach<br />
dem Trend zum Touchscreen ist eine<br />
zaghafte Rückkehr zu physischen Tasten<br />
zu erkennen: Anstatt gängige Funktionen<br />
wie das Einschalten der Sitzheizung oder<br />
das Verstellen der Innenraumtemperatur<br />
in Menüs zu verstecken, lassen sie sich<br />
per klassischer Taste oder Drehregler einfacher<br />
und sicherer bedienen.
30<br />
<strong>2023</strong><br />
Trends und Innovationen<br />
AUSSTATTUNG ZUM<br />
HERUNTERLADEN<br />
Ein Auto kauft man fertig ausgestattet. Bisher jedenfalls. Heute<br />
lassen sich einzelne Extras auch im Nachhinein online herunterladen<br />
und freischalten. Die Hersteller erhoffen sich ein einträgliches<br />
Zusatzgeschäft. Aber auch der Kunde soll profitieren.<br />
Auch Matrix-LED-Licht lässt sich aktivieren.<br />
„Functions on Demand“ (etwa „Extras auf<br />
Bestellung“) heißt das neue Modell, das<br />
den Autobesitz flexibler und individueller<br />
machen soll. Besonders die deutschen<br />
Hersteller haben ein umfassendes Angebot<br />
dieser herunterladbaren Ausstattungen<br />
in ihren Web-Shops hinterlegt. Es<br />
reicht von Spielen für das Bord-Infotainment<br />
über alternative Motorsounds für E-<br />
Autos bis zu echten Mehrwert-Funktionen<br />
wie einem adaptiven Fernlichtassistenten<br />
oder der Einpark-Fernsteuerung. Die Preise<br />
reichen von wenigen Euro bis hin zu<br />
vierstelligen Beträgen; Audi etwa verlangt<br />
für das dauerhafte Aktivieren des Matrix-<br />
LED-Lichts gut 1.300 Euro.<br />
Das geht natürlich nur, wenn die nötige<br />
Hardware von Beginn an im Fahrzeug<br />
ist. Kunden erwerben also heute oft<br />
ein Produkt mit theoretisch maximalem<br />
Mercedes Pay: Zahlen per Fingerabdruck.<br />
Leistungsumfang, der jedoch per Software<br />
künstlich beschnitten wird. Nur wer<br />
nachzahlt, kann bestimmte Optionen anschließend<br />
nutzen. Je nach Anbieter und<br />
Zahlungsbereitschaft entweder dauerhaft<br />
oder für einen definierten Zeitraum. Gezahlt<br />
wird im Internet oder direkt aus dem<br />
Auto heraus. Mercedes etwa bietet dazu<br />
seinen Payment-Dienst „Mercedes Pay“<br />
an, der den Fingerabdruck zur Identifizierung<br />
direkt über die Fahrzeug-Hardware<br />
scannt. Denn eine niedrige Zugangsschwelle<br />
ist entscheidend für die<br />
Akzeptanz des Dienstes. Wer sich vor dem<br />
Download erst umständlich akkreditieren<br />
muss, verzichtet im Zweifel auf den Kauf.<br />
Probleme bei der Akzeptanz für das neue<br />
Bezahlmodell erkennen die Hersteller<br />
nicht. Basisfunktionen des Fahrzeugs<br />
bleiben weiterhin Standard, betont man<br />
auf Seiten der Industrie, zubuchbar sollen<br />
vor allem neue Technologien und Unterhaltungsangebote<br />
sein. In Befragungen<br />
und Studien habe die Kundschaft positiv<br />
reagiert, erklärt etwa Audi. Viele Befragte<br />
nehmen die Online-Upgrades analog zum<br />
klassischen Zubehör-Programm offenbar<br />
als weitere Individualisierungsmöglichkeiten<br />
für ihr Auto wahr. Oder als Chance,<br />
einen bei der Bestellung vergessenen Posten<br />
umstandslos nachzuordern.
Trends und Innovationen<br />
31<br />
INNENRAUM-TRENDS<br />
DISPLAY-DETOX<br />
Der Fernseher fungiert in vielen Wohnzimmern als zentrales Deko- und Einrichtungselement. Auch im Auto<br />
haben Bildschirme prominente Plätze erobert. Doch die Gegenbewegung hat schon eingesetzt.<br />
Bedürfnisse des Menschen anpasst statt<br />
umgekehrt, ist etwa die Idee bei der Studie<br />
XiM23 des Zulieferers Yanfeng. Beim Einsteigen<br />
werden die Insassen von dem großen<br />
SUV im sogenannten „Calm Mode“ –<br />
dem Ruhemodus – empfangen. Das Licht<br />
im Cockpit ist gedämpft, kein Bildschirm<br />
Die Magie der großen Screens hat im Automobilbau<br />
zuerst Tesla entdeckt. Ein Teil<br />
der Faszinationskraft der Modelle dürfte<br />
im üppigen Tablet in der Mittelkonsole<br />
begründet gewesen sein, neben dem die<br />
pixeligen Anzeigeflächen der Konkurrenz<br />
wie Lerncomputer aus dem Kinderzimmer<br />
aussahen. Doch schon bald rüsteten die<br />
Wettbewerber nach. Vorläufiger Höhepunkt:<br />
Der „Hyperscreen“, der sich in der<br />
Mercedes S-Klasse über das komplette<br />
Armaturenbrett zieht. Mehr geht kaum.<br />
Wie viele Trends dürfte aber auch der zu<br />
Mega-Bildschirmen auf dem Höhepunkt<br />
kippen. Erste Anzeichen dafür sind schon<br />
zu sehen. Die Idee: Der moderne Mensch<br />
ist im Alltag von so vielen Bildschirmen,<br />
Digitalanzeigen und Interfaces umgeben,<br />
dass Bildschirm-Detox der wahre Luxus<br />
ist. Dass die digitale Technik sich an die<br />
ist zu sehen. Erst wenn der Fahrer Platz<br />
nimmt, fahren je nach Bedarf und Wunsch<br />
verschiedene Displays hervor.<br />
Audi hingegen schafft den klassischen<br />
Bildschirm gleich ganz ab und nutzt die<br />
Innenraummaterialien als Leinwand. In<br />
der Crossover-Studie urbansphere dient<br />
das Holz des Armaturenbretts als Projektionsfläche<br />
für das Infotainmentsystem.<br />
Die luftig-transparente Grafik sorgt in<br />
Kombination mit der durchscheinenden<br />
Maserung des Naturmaterials für einen<br />
organischen Eindruck, von dem sich auch<br />
der technikskeptischste Insasse nicht gestört<br />
fühlen dürfte. Wettbewerber BMW<br />
lagerte in seinen Studien zuletzt die Anzeigen<br />
in die Windschutzscheibe aus, die<br />
zu einem gigantischen Head-up-Display<br />
wird. Geschmackssache.<br />
Der Vorteil gegenüber dem klassischen<br />
Bildschirm ist bei den Konzepten der gleiche:<br />
Zu sehen ist nur, was im Moment nötig<br />
ist. Und nichts, was stört oder ablenkt.<br />
Das hilft am Ende vielleicht nicht nur dem<br />
persönlichen Wohlempfinden, sondern<br />
auch der Verkehrssicherheit.
32<br />
<strong>2023</strong><br />
TECHNIK-NEWS<br />
Korallenartige Kühlung<br />
Das Temperaturmanagement von Batterien ist ein wichtiger Faktor<br />
für Ladeleistung und Reichweite. Der Autozulieferer Mahle<br />
stellt auf der <strong>IAA</strong> Mobility eine neuartige Kühlplatte für Traktionsbatterien<br />
vor und hat sich dabei von der Tierwelt inspirieren lassen.<br />
Statt die Kanäle für Kühlflüssigkeit streng geometrisch anzuordnen,<br />
wird die Temperaturverteilung über eine korallenartige<br />
Struktur gesteuert. Damit soll die Kühlleistung um 10 Prozent<br />
steigen, der Materialbedarf um 15 Prozent sinken. Zudem lässt<br />
sich das angestrebte Temperaturfenster der Batterie zuverlässiger<br />
halten, was sich positiv auf Leistung, Ladeperformance und<br />
Lebensdauer der Batterie auswirkt.<br />
Vorausschauend Energie sparen<br />
Mehr Sicherheit per Wärmebild<br />
Das israelische Unternehmen Adasky stellt auf der <strong>IAA</strong> Mobility ein<br />
Notbremssystem mit integrierter Wärmebildkamera vor. Das System<br />
soll Fußgänger auch nachts beziehungsweise bei schlechten<br />
Wetterbedingungen erfassen. Es erkennt Objekte bei schlechten<br />
Sichtbedingungen bis zu einer Entfernung von 300 Metern und<br />
kann Lebewesen bei einer Entfernung von mehr als 200 Metern<br />
klassifizieren.<br />
Vorausschauend fahren heißt effizient fahren. Was man<br />
schon in der Fahrschule lernt, macht sich jetzt der neue Abstandsregeltempomat<br />
von ZF zunutze. Der„Eco Control 4<br />
ACC“ berücksichtigt beim Bremsen und Beschleunigen geographische<br />
Daten zu vorausliegenden Steigungen, Gefällen<br />
und Kurven sowie fahrzeuginterne Informationen über die<br />
optimalen Betriebsbereiche des Antriebs. Dazu wertet die<br />
Software kontinuierlich die Kartendaten im Navigationssystem<br />
und die Betriebsdaten des Antriebs für die nächsten 500<br />
Meter Wegstrecke aus. Zudem kann der Nutzer wählen, ob<br />
er besonders effizient oder mit optimaler Reisegeschwindigkeit<br />
unterwegs sein will. Das System ist serienreif, ZF verspricht<br />
bis zu 8 Prozent mehr Reichweite.<br />
Neue Batterien:<br />
10 Minuten für 400 Kilometer<br />
Reichweite ist gut – schnelles Laden ist besser: Mit nur 10 Minuten<br />
Stromtanken für 400 Kilometer Fahren kommt die neue Akkutechnik,<br />
die der chinesische Batteriehersteller CATL jetzt angekündigt<br />
hat, den über Jahrzehnte eingeprägten Tankgewohnheiten schon<br />
ziemlich nahe. Ihre ersten Einsätze in E-Autos sollen die neuen<br />
Lithium-Eisenphosphat-Akkus bereits Anfang 2024 feiern – in<br />
welchen Modellen, ist noch unklar.
Trends und Innovationen<br />
33<br />
„Bis 2045 wollen wir<br />
Netto-Null erreichen“<br />
Die Forvia-Gruppe, einer der weltweit größten Zulieferer, will bis 2045 ihre<br />
CO 2 -Emissionen auf Netto-Null reduzieren. Gherardo Corsini, der CO 2 -Strategie-<br />
Direktor der Gruppe, erläutert die Motivation und den Fahrplan für dieses Ziel.<br />
Was versteckt sich hinter der Initiative<br />
„CO 2 Net Zero bis 2045“?<br />
Die Initiative ist Ausdruck unserer<br />
Selbstverpflichtung, einen positiven Beitrag<br />
für die Gesellschaft und den Planeten<br />
zu leisten – wir wollen unseren CO 2-Ausstoß<br />
wirkungsvoll reduzieren und damit<br />
zur Bekämpfung der globalen Erderwärmung<br />
beitragen. Unser erklärtes Ziel ist<br />
es, bis 2045 unsere CO 2-Emissionen auf<br />
annähernd null zu reduzieren. Es ist ein in<br />
der Automobilbranche bisher einzigartiges<br />
Vorhaben. Langfristig können wir so als<br />
erstes Unternehmen überhaupt Produkte<br />
anbieten, die CO 2-neutral sind. Forvia verschafft<br />
sich damit einen Wettbewerbsvorteil,<br />
von dem das Unternehmen, aber auch<br />
alle Partner und Kunden profitieren.<br />
Wie sieht der Fahrplan zum Erreichen<br />
dieses Klimaschutzziels denn genau aus?<br />
Wir wollen unsere direkten und indirekten<br />
CO 2-Emissionen bis 2045 in<br />
mehreren Schritten reduzieren. In einer<br />
ersten Phase werden die Emissionen unserer<br />
Werke bis 2025 gegenüber 2019 um<br />
mehr als 80 Prozent verringert. Im nächs-<br />
ten Schritt erfolgt bis 2030 dann die Reduktion<br />
sämtlicher CO 2-Emissionen des<br />
Unternehmens um 45 Prozent. Und bis<br />
ÜBER FORVIA<br />
Forvia ist der weltweit siebtgrößte<br />
Automobilzulieferer und beschäftigt<br />
derzeit rund 157.000 Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter. Auf<br />
der <strong>IAA</strong> Mobility <strong>2023</strong> präsentiert<br />
die Muttergesellschaft der bekannten<br />
Unternehmen Faurecia<br />
und Hella ihr Technologieportfolio<br />
in den Bereichen Elektrifizierung<br />
und Energiemanagement,<br />
sicheres und automatisiertes Fahren<br />
sowie digitale und nachhaltige<br />
Cockpit-Erlebnisse.<br />
2045 wollen wir dann unser „Net Zero“-<br />
Ziel erreichen, mit einer CO 2-Reduktion<br />
von insgesamt über 90 Prozent. Dieses<br />
Ziel wurde von der Science Based Targets<br />
Initiative (SBTi) validiert. Wir sind sehr zuversichtlich,<br />
unsere Klimaschutzziele wie<br />
geplant umzusetzen. So verläuft aktuell<br />
die erste Reduktionsphase sehr positiv und<br />
sogar schneller als gedacht.<br />
Welche konkreten CO 2-Reduktionsmaßnahmen<br />
haben Sie bisher umgesetzt?<br />
In der aktuellen ersten Phase haben<br />
wir viele Projekte zur Energieeinsparung<br />
umgesetzt und dabei massiv in Photovoltaik-<br />
und Windkraftanlagen investiert.<br />
Eine erste große Solaranlage ist bereits<br />
installiert, und momentan gehen auch<br />
die ersten Windturbinen von Forvia ans<br />
Netz. Daneben haben wir in das Startup-Unternehmen<br />
GravitHy investiert, das<br />
sich für die Erzeugung von grünem, also<br />
CO 2-reduziertem Stahl einsetzt. Mit Materi’Act<br />
hat Forvia zudem vor kurzem eine<br />
neue Gesellschaft gegründet, die nachhaltige<br />
Materialien für Automobile entwickelt<br />
und produziert.
34<br />
<strong>2023</strong><br />
NEU AUF DEM MARKT<br />
ALLES WIRD<br />
GRÖßER –<br />
UND KLEINER<br />
Klein und groß, vollelektrisch und konventionell,<br />
alte Klassiker und neue Namen: So vielfältig und unübersichtlich<br />
ging es auf dem Automarkt wohl noch<br />
nie zu. Viel Spaß all jenen, die dann auch noch Optionslisten<br />
und Leasingraten vergleichen müssen.<br />
Klein, groß – aber auf<br />
jeden Fall elektrisch:<br />
Microlino
35<br />
Von links nach rechts:<br />
Volvo EX30 und Maxus Mifa 9<br />
Von links nach rechts: Fiat Topolino, Opel Astra<br />
Sports Tourer Electric, Smart #1, Kia EV9<br />
Die Autos werden immer größer – diese<br />
Klage könnte man anstimmen, wenn<br />
man sich die für den Herbst und das kommende<br />
Frühjahr angekündigten Neuheiten<br />
anschaut. Neu ist der Trend natürlich<br />
nicht, aber wenn jetzt der neue BMW 5er<br />
die Fünf-Meter-Marke reißt, Kia mit dem<br />
EV9 ein SUV mit ebenfalls stattlichen Dimensionen<br />
auf die Räder stellt oder auch<br />
Mittelklasse-Kombis wie der VW Passat<br />
Variant noch einmal deutlich zulegen,<br />
stellt sich schon die Frage, wie diese Autos<br />
eigentlich noch einigermaßen souverän<br />
in einem normalen Parkhaus manövriert<br />
und abgestellt werden sollen.<br />
NEUE GRÖSSE – ABER IN KLEIN<br />
Zur Abkühlung des Gemüts schaut man<br />
sich deshalb am besten einen anderen<br />
Trend dieses Autoherbstes an: Die Autos<br />
werden nämlich auch immer kleiner!<br />
Manche jedenfalls: Der Volvo EX30<br />
beispielsweise oder der Lexus LBX sind<br />
die beiden kleinsten SUVs, die die jeweiligen<br />
Marken bisher auf den Markt gebracht<br />
haben.<br />
Speziell der Volvo und der technisch eng<br />
verwandte Smart #1 besitzen mit ihrem<br />
vollelektrischen Antrieb, dem gelungenen<br />
Design und der charmanten Ausstrahlung<br />
einiges Eroberungspotenzial. Mit dem<br />
Zeekr X steht zudem schon ein weiteres<br />
Modell aus dem chinesischen Geely-Konzern,<br />
das die gleiche Plattform nutzt, in<br />
den Startlöchern. Kompakte E-SUVs an<br />
der Schwelle zwischen B- und C-Segment:<br />
Da tut sich aktuell also eine ganze Menge.<br />
Es geht sogar noch kleiner: Aus dem Segment<br />
der wendigen Cityflitzer hat sich<br />
Smart zwar zurückgezogen, doch in die<br />
Lücke wollen der Microlino – ein Leichtfahrzeug<br />
in Isetta-Optik mit verschiedenen<br />
Batterievarianten – und der Fiat Topolino<br />
stoßen; letzterer schafft maximal 45<br />
km/h und darf mit der Führerscheinklasse<br />
AM bereits ab 15 Jahren gefahren werden.<br />
Ein Comeback bei den Kleinwagen feiert<br />
der Mitsubishi Colt, der mit Hilfe von Allianzpartner<br />
Renault wieder auf die Räder<br />
gekommen ist. Und auch der Mini präsentiert<br />
sich in seiner Neuauflage: In den konventionellen<br />
Varianten kommt er weiterhin<br />
aus England, die elektrischen Modelle<br />
werden in China gebaut.<br />
Das Angebot wird also noch breiter und<br />
in alle Richtungen aufgefächert. Das<br />
macht die Suche nach dem persönlichen<br />
Wunschauto leichter – weil es für praktisch<br />
jede Anforderung ein passendes Modell<br />
gibt – und gleichzeitig auch schwerer:<br />
weil die Auswahl eben so groß ist.<br />
ELEKTRISCHES FÜR FAMILIEN<br />
Gleiches gilt auch für die Wahl der passenden<br />
Antriebstechnik: Ob es noch mal<br />
ein klassischer Verbrenner – inzwischen<br />
fast überall als Mild-, Voll- oder Plug-in-<br />
Hybrid elektrisch unterstützt – oder ein<br />
vollelektrisches Modell sein soll, muss jeder<br />
Neuwagen-Interessent für sich selbst<br />
entscheiden. Das Angebot an reinen E-<br />
Modelle jedenfalls wächst weiter und<br />
dehnt sich jetzt auch auf immer mehr<br />
klassische Segmente aus. Paradebeispiele<br />
sind die beiden Technikbrüder Peugeot<br />
E-308 SW und Opel Astra Sports Tourer<br />
Electric – Familienautos mit traditionellen<br />
Tugenden wie einem großen Kofferraum<br />
und vielseitigem Innenraum. Opel<br />
verzichtet dabei auch noch bewusst darauf,<br />
die Elektrovariante durch spezielle<br />
Designmerkmale von den konventionellen<br />
Antrieben zu differenzieren. Ein ganz<br />
normales Auto eben.<br />
Wobei das nun nicht bedeutet, dass traditionelle<br />
Familienautos ein Comeback<br />
feiern würden. Mit den beiden Renault-<br />
Modellen Espace und Scenic verschwinden<br />
gerade zwei der letzten Vans vom<br />
Markt – bei den namensgleichen Nachfolgern<br />
handelt es sich um SUVs.<br />
AUS DEM REICH DER MITTE<br />
Eine Nummer größer zeigen aber die<br />
Chinesen von Maxus mit dem Mifa 9, wie<br />
ein großer elektrischer Raumgleiter funktionieren<br />
könnte. Maxus ist ansonsten<br />
bislang in Deutschland nur als Anbieter<br />
elektrischer Transporter in Erscheinung<br />
getreten, ob man sie in Zukunft auch im<br />
Pkw-Bereich auf der Rechnung haben<br />
sollte, wird sich zeigen.<br />
Bei anderen chinesischen Marken wie<br />
BYD, Nio oder Ora stellt sich diese Frage<br />
nicht mehr. Sie sind gekommen, um zu<br />
bleiben, man erspäht sie schon ab und<br />
an im Straßenbild, sie können sich technisch<br />
und optisch mehr als sehen lassen,<br />
aber: Sie sind gar nicht so günstig, wie<br />
man sich das erhofft hatte.
36<br />
<strong>2023</strong><br />
Neu auf dem Markt<br />
Mercedes-Benz E-Klasse T-Modell<br />
PERFEKT VERPACKTE<br />
TRANSPORT-TALENTE<br />
Die neue Generation der E-Klasse ist womöglich die letzte – der EQE ist schon in der gleichen Klasse vollelektrisch<br />
unterwegs. Doch in den nächsten Jahren darf man sich erst einmal noch an der einzigartigen<br />
Mischung aus Stil, Komfort und Raum erfreuen, die die E-Klasse seit Jahrzehnten auszeichnet.<br />
Optisch bleibt die neue E-Klasse auch als T-Modell vertraut und<br />
auf den ersten Blick erkennbar. Durch den langen Radstand (+ 2,2<br />
Zentimeter auf 2,96 Meter) und die langgestreckte Motorhaube<br />
mit der dadurch recht weit nach hinten gerückten Fahrerkabine<br />
wirkt der Kombi elegant und ausgewogen. Das Plus beim Radstand<br />
und in der Breite kommt in erster Linie den Insassen zugute<br />
– in Form von mehr Freiheit für Beine, Knie und Ellenbogen.<br />
In das Gepäckabteil passen 615 Liter – wegen der elegant abfallenden<br />
Dachlinie etwas weniger als beim Vorgänger, aber der<br />
klare Zuschnitt, der flache Boden und die breite Heckklappenöffnung<br />
sowie Standard-Annehmlichkeiten wie das Trennnetz<br />
zwischen Fahrgast- und Laderaum machen das T-Modell weiterhin<br />
zum talentierten Transporter. Die Rücksitze lassen sich<br />
elektrisch im Verhältnis 40/20/40 umklappen. Dann wächst das<br />
maximale Fassungsvermögen auf bis zu 1.830 Liter (Plug-in-<br />
Hybrid: 460 bis 1.675 Liter).<br />
Der Wohlfühlfaktor bleibt auch in der siebten Generation marken-<br />
und modelltypisch hoch. So besitzt das neue E-Klasse<br />
T-Modell serienmäßig das Agility-Control-Fahrwerk und eine<br />
Einkammer-Luftfederung an der Hinterachse. Diese ist kompakt,<br />
erhält den Federungskomfort auch bei voller Beladung<br />
und sorgt dafür, dass das Fahrzeug auch beladen in der Waagerechten<br />
bleibt.<br />
Das Bediensystem MBUX liefert in der neuen E-Klasse noch mehr<br />
Komfort. Während Fahrer und Beifahrer auf den Superscreen mit<br />
mehreren riesigen und hochauflösenden Displays schauen, kümmert<br />
sich im Hintergrund künstliche Intelligenz um das Erlernen<br />
und Automatisieren bevorzugter Komforteinstellungen – sogenannter<br />
Routinen. Auf den Screens laufen jetzt auch Bewegtbilder,<br />
Drittanbieter-Apps wie TikTok und Zoom lassen sich integrieren,<br />
und die Sprachsteuerung reagiert auf Wunsch jetzt auch ohne<br />
vorangegangene Aktivierung.<br />
Bei den Motoren setzt Mercedes ausschließlich auf Mildhybrid-<br />
Verbrenner oder Plug-in-Hybride, entweder mit reinem Hinterradantrieb,<br />
gegen Aufpreis hinzubuchbarem Vierradantrieb
37<br />
Technische Daten<br />
Länge/Breite/Höhe/Radstand:<br />
4.949/1.880/1.469/2.961 mm<br />
Leistung: 145 kW/197 PS-280 kW/382 PS<br />
Elektrische Reichweite (Plug-in-Hybrid):<br />
113 km<br />
oder serienmäßig Allrad. Die bekannte Neungang-Automatik ist<br />
in allen Varianten an Bord. Den Einstieg markiert der E 200 mit<br />
150 kW/204 PS, der sich bereits als leise und ausreichend lebendige<br />
Antriebsoption empfiehlt.<br />
Künstliche Intelligenz kümmert sich um das<br />
Erlernen und Automatisieren bevorzugter Komforteinstellungen<br />
– sogenannter Routinen.<br />
Für Langstreckenfahrer bleibt der E 220d (145 kW/197 PS) erste<br />
Wahl. Der leicht rau laufende Selbstzünder wird wie alle Mildhybrid-Varianten<br />
von einem Elektromotor mit 17 kW/23 PS unterstützt,<br />
der zusätzlich zu den 440 Newtonmetern des Verbrenners<br />
weitere 205 Newtonmeter bereitstellt. Zum Start gibt es außerdem<br />
einen Plug-in-Hybrid, der im Wettbewerbsvergleich vor<br />
allem durch seine große elektrische Reichweite von bis zu 113 Kilometern<br />
beeindruckt.<br />
ALLROUNDER MIT DURCHBLICK<br />
Mit robusten Beplankungen, Allradantrieb und mehr Bodenfreiheit<br />
dank serienmäßiger Luftfederung lädt das neue<br />
E-Klasse T-Modell All-Terrain zu Ausflügen in leichtes Gelände<br />
ein. Zum Marktstart wird der Allrounder, der auf der <strong>IAA</strong><br />
Premiere feiert, mit einem Benziner, einem Diesel und einem<br />
Plug-in-Hybridantrieb angeboten.<br />
Der eigenständige Kühlergrill, die besonderen Stoßfänger,<br />
der optische Unterfahrschutz in hochglänzendem Chrom an<br />
Front und Heck sowie die dunkelgrauen Verkleidungen an<br />
den Radhäusern verleihen dem All-Terrain einen markanten<br />
Look. Unterwegs unterstützen ein Offroad-Fahrprogramm<br />
und weitere praktische Details den Fahrer auf unbefestigten<br />
Wegen.<br />
So werden bei aktiviertem Offroadprogramm auf dem Fahrer-<br />
und auf dem Zentral-Display spezifische Informationen<br />
wie Querneigung, Steigung, Gefälle, topografische Höhe,<br />
Geokoordinaten, Kompass, die aktuelle Position des Fahrzeugs<br />
im Gelände sowie der Lenkwinkel der Vorderräder<br />
angezeigt. Die 360-Grad-Kamera ermöglicht zudem eine<br />
„transparente Motorhaube“: Das Zentral-Display zeigt einen<br />
virtuellen Blick vorne unter das Fahrzeug – inklusive Vorderräder,<br />
deren Lenkstellung und der Fahrspur. So lassen sich<br />
Hindernisse wie etwa große Steine oder tiefe Schlaglöcher<br />
besser und frühzeitiger erkennen.
38<br />
<strong>2023</strong><br />
Neu auf dem Markt<br />
Opel Astra Sports Tourer Electric<br />
KOMBI UNTER STROM<br />
Familien aufgepasst: Mit dem Astra Sports Tourer Electric bringt Opel jetzt als erster deutscher Hersteller<br />
einen vollelektrischen Kombi auf den Markt – und leitet damit die Elektrifizierung einer in dieser Hinsicht<br />
bislang vernachlässigten Fahrzeugklasse ein.<br />
SUV, Crossover, Oberklasselimousinen<br />
und Kleinwagen: Fast alle Fahrzeuggattungen<br />
sind mittlerweile vollelektrisch zu<br />
haben – nur der klassische Kombi wurde<br />
bisher bei der Elektrifizierung mehr<br />
oder weniger links liegen gelassen. Das<br />
ändert sich jetzt: Mit dem Opel Astra<br />
Sports Tourer Electric rollt der erste Kombi<br />
einer deutschen Marke zu den Händlern.<br />
Und mit seiner Mischung aus klassischen<br />
Tourer-Talenten und emissionsfreiem<br />
elektrischen Antrieb hat er das Zeug<br />
dazu, das vollelektrische Fahren einer Zielgruppe<br />
schmackhaft zu machen, die in<br />
dieser Hinsicht noch nicht auf ihre Kosten<br />
gekommen ist.<br />
Die dafür nötige Technik teilt sich der<br />
Elektro-Kombi mit der bereits vollelektrisch<br />
verfügbaren Schrägheckvariante<br />
des Astra. Der Elektromotor liefert 115 kW/<br />
156 PS und sorgt mit 270 Newtonmetern<br />
Drehmoment für flottes und verzögerungsfreies<br />
Vorankommen. Das Fahrverhalten<br />
lässt sich je nach persönlichen Vorlieben<br />
mit den drei Fahrmodi Eco, Normal<br />
und Sport anpassen.<br />
Dank der 54-kWh-Batterie schafft der Astra<br />
Kombi eine Reichweite von über 400<br />
Kilometern, der Verbrauch wird mit 15 kWh<br />
Strom auf 100 Kilometer angegeben. Das<br />
regenerative Bremssystem sorgt außerdem<br />
dafür, dass der Astra Electric im Fahrbetrieb<br />
Energie zurückgewinnen kann.<br />
Nachladen lässt sich die Batterie an einer<br />
100-kW-Gleichstrom-Schnellladesäule in<br />
unter 30 Minuten auf 80 Prozent. Der serienmäßige<br />
dreiphasige 11-kW-Onboard-<br />
Charger sorgt zudem für flottes Laden an<br />
der heimischen Wallbox oder an öffentlichen<br />
Wechselstromstationen.<br />
Weil die Batterien platzsparend im Unterboden<br />
untergebracht sind, geht im Vergleich<br />
zum konventionell angetriebenen<br />
Astra im Innenraum praktisch kein Platz für<br />
Passagiere und Gepäck verloren. Das Ladevolumen<br />
beträgt bei aufgestellten Rücksitzen<br />
516 Liter, wer die Rücksitze mit einem<br />
einfachen Handgriff umklappt, kriegt bis zu<br />
1.553 Liter im Gepäckabteil unter – identische<br />
Werte wie in der Plug-in-Hybrid-<br />
Version des Kombis.<br />
Wie bei Elektroautos üblich sorgt die<br />
tiefe Position des Akkus für einen niedrigen<br />
Schwerpunkt des Fahrzeugs und<br />
trägt damit zu einem stabilen, sicheren<br />
und dynamischen Fahrverhalten bei. Als<br />
typischer Astra setzt der Stromer aber<br />
im Alltag Komfort bewusst vor sportliche<br />
Härte. Für eine gewisse Leichtfüßigkeit<br />
sorgt dabei das vergleichsweise bescheidene<br />
Gewicht von rund 1,75 Tonnen.<br />
Die laminierten Scheiben halten serienmäßig<br />
Umgebungslärm und Fahrgeräusche<br />
draußen, während die von der „Aktion<br />
Gesunder Rücken“ prämierten Sessel typischen<br />
Opel-Sitzkomfort bieten.<br />
Optisch verzichtet Opel beim Astra bewusst<br />
darauf, dass Autos mit Batterie<br />
statt Treibstofftank schon im Stand anders<br />
auszusehen haben: Die E-Version
39<br />
unterscheidet sich äußerlich kaum von<br />
den schon verfügbaren Verbrenner-Varianten.<br />
Und auch innen werden keine<br />
Experimente gewagt.<br />
Zwei zehn Zoll große und breite Displays<br />
nutzen modernste Grafik- und Prozessortechnik<br />
und zeigen alle wichtigen Informationen<br />
etwa zu Ladestand, Energiefluss<br />
oder Reichweite an, darunter aber finden<br />
sich gleich zwei Leisten mit Knöpfen und<br />
Schaltern, um wichtige Befehle direkt<br />
anwählen zu können. So lässt sich die<br />
Optisch ist der elektrische Astra<br />
kaum von den Verbrenner-<br />
Varianten zu unterscheiden.<br />
Zugleich sorgen die Sprachsteuerung und<br />
das optionale Head-up-Display dafür, dass<br />
der Fahrer die Augen auf der Straße behalten<br />
kann.<br />
Die Preise für den Astra Sports Tourer<br />
Electric beginnen bei 43.490 Euro – eine<br />
umfassende Serienausstattung inklusive.<br />
Die üppig bestückte Topversion GS-<br />
Line startet bei rund 46.000 Euro und fällt<br />
unter anderem mit schwarzen Hochglanzfelgen,<br />
sportlicher Frontschürze und<br />
Zweifarblackierung auf. Optional sind<br />
neben dem empfehlenswerten Headup-Display<br />
auch IntelliLux LED-Pixel-<br />
Scheinwerfer und das neue Assistenzpaket<br />
Intelli-Drive 2.0 erhältlich – inklusive<br />
Spurwechsel-Assistent, der das Fahrzeug<br />
selbstständig auf die freie, benachbarte<br />
Fahrspur steuern kann.<br />
Klimatisierung weiterhin ganz einfach per<br />
Tastendruck regeln, und auch die Laut-<br />
stärke der Audio-Anlage kann klassisch<br />
per Drehregler verändert werden.<br />
Technische Daten<br />
Länge/Breite/Höhe/Radstand:<br />
4.642/1.860/1.443/2.732 mm<br />
Leistung: 115 kW/156 PS<br />
Höchstgeschwindigkeit: 170 km/h<br />
Stromverbrauch: 15 kWh/100 km<br />
Elektrische Reichweite: 413 km<br />
Ladezeit AC (0-100 %): 5:45 Std.<br />
Ladezeit DC (0-80 %): 30 min<br />
Preis: ab 43.490 Euro
40<br />
<strong>2023</strong><br />
Neu auf dem Markt<br />
MERCEDES-BENZ<br />
Frisch gemacht<br />
Mercedes-Benz EQA<br />
Zu Jahresbeginn 2024 neu auf der Straße und jetzt bereits bestellbar<br />
sind die aktualisierten kompakten Mercedes-Stromer EQA und<br />
EQB. Ein frischer Look speziell an der Front, die neue Generation<br />
des Bediensystems MBUX und komfortableres Laden an öffentlichen<br />
Stationen per Plug & Charge werten die beiden Elektrofahrzeuge<br />
auf. Zudem wurde mit aerodynamischer Detailarbeit<br />
und besonders rollwiderstandsoptimierten Reifen die Reichweite<br />
weiter gesteigert: Der EQA schafft laut Hersteller jetzt bis zu 550<br />
Kilometer pro Akkuladung. Die neue Funktion „Reichweitenmaximierung“<br />
schaltet dabei auf Wunsch Stromverbraucher wie Bildschirm<br />
oder Klimatisierung ab.<br />
PORSCHE<br />
Geburtstags-Elfer<br />
Den 60. Geburtstag des Elfers feiert Porsche mit einem puristischen Sondermodell. Der 911 S/T ist mit 1.380 Kilogramm die<br />
bislang leichtestes Variante der aktuellen Generation. Nur 1.963 Exemplare zum Stückpreis von exakt 292.187 Euro werden<br />
gebaut. Dank zahlreicher Leichtbaumaßnahmen ist das Jubiläumsmodell sogar noch 40 Kilogramm leichter als ein GT3 Touring<br />
mit Handschaltung. Neu ist außerdem der 718 Spyder RS, der den 368 kW/500 PS starken Sechszylinder-Boxer aus dem<br />
911 GT3 erhält – als Höhe- und Schlusspunkt der Verbrenner-Technik in der Mittelmotor-Baureihe von Porsche, ehe ab Mitte<br />
des Jahrzehnts die Baureihe auf Elektroantriebe wechselt.<br />
OPEL<br />
Mehr Auswahl beim Corsa Electric<br />
Opel treibt die Elektrifizierung des Modellprogramms weiter voran: Nach dem Astra Electric<br />
erhält nun auch die Kombiversion Sports Tourer einen vollelektrischen Antrieb (S. 38).<br />
Den jüngst überarbeiteten Corsa Electric bietet Opel jetzt in zwei Leistungsstufen an:<br />
neu mit 115 kW/156 PS – kommt auch im Astra zum Einsatz – und bis zu 402 Kilometer<br />
Reichweite sowie mit dem bereits bekannten 100 kW/136 PS starken E-Motor und bis zu<br />
354 Kilometer Reichweite. Über die normale Serienausstattung des Corsa hinaus gibt es<br />
hier unter anderem ein volldigitales Fahrerdisplay, einen 7,4 kW Onboard-Charger und<br />
eine Wärmepumpe.
41<br />
AUDI<br />
Plattform-Premiere<br />
Nach dem ruhigeren Jahr <strong>2023</strong> will Audi zum Jahresauftakt 2024 mit dem Q6<br />
e-tron wieder richtig durchstarten. Das Elektro-SUV ist das erste Audi-Modell<br />
auf der zusammen mit Porsche entwickelten PPE (Premium Platform Electric).<br />
Die PPE ist ausgelegt für 800 Volt und hohe Ladeleistungen (bis 270 kW) und<br />
eignet sich sowohl für Hochboden- (SUV) als auch für Flachboden-Chassis (Limousinen).<br />
Letzteres ist für den A6 e-tron vorgesehen, der ebenfalls 2024 seine<br />
Markteinführung hat.<br />
VOLKSWAGEN<br />
Groß geworden<br />
BMW<br />
Business-Class konventionell und elektrisch<br />
Kurz nach der <strong>IAA</strong> rollt die Fünfer-Reihe der nächsten Generation auf die Straße. Die<br />
Businesslimousine streckt sich erstmals auf über 5 Meter Länge, erhält mehr autonome<br />
Fahrmöglichkeiten und ein neues Bediensystem – und in Form des i5 eine reine Elektro-<br />
Variante mit bis zu 442 kW/601 PS. Auch der Kombi wird als i5 Touring voll elektrifiziert.<br />
Das Angebot an konventionellen Antrieben umfasst zunächst nur zwei Optionen, jeweils<br />
mit Mildhybrid-Technik.<br />
Premiere beim Passat: Die neunte Generation<br />
der Wolfsburger Mittelklasse-Baureihe<br />
wird es erstmals nur noch als Kombi<br />
geben. 14 Zentimeter Längenzuwachs<br />
sorgen für noch mehr Platz im Fond und<br />
zusätzliches Kofferraumvolumen. Angekündigt<br />
sind außerdem ein neues digitales<br />
Cockpit, eine neue adaptive Fahrwerksregelung<br />
für mehr Komfort sowie<br />
Plug-in-Hybride, die längere Distanzen<br />
rein elektrisch zurücklegen können. Technisch<br />
ist der Passat eng mit dem neuen<br />
Škoda Superb verwandt; gebaut werden<br />
beide Modelle im slowakischen Bratislava.<br />
Dem T-Cross, der sich auf Anhieb zu einem<br />
der erfolgreichsten VW-Modelle entwickelt<br />
hat, spendiert die Marke nach rund<br />
vier Jahren ein Facelift mit optischen und<br />
technischen Aktualisierungen. Äußerlich<br />
ist das nun 4,14 Meter lange SUV unter<br />
anderem an geänderten Stoßfängern und<br />
einer neuen Lichtgrafik mit LED-Scheinwerfern<br />
zu erkennen. Auch hier hält ein<br />
digitales Cockpit Einzug, während das<br />
Motorenangebot weitgehend unverändert<br />
bleibt.
42<br />
<strong>2023</strong><br />
Neu auf dem Markt<br />
Hyundai Kona<br />
BEISPIELLOSE BANDBREITE<br />
Diese Bandbreite ist im B-Segment wohl beispiellos: Der neue<br />
Hyundai Kona ist vollelektrisch, teilelektrifiziert und auch als reiner<br />
Verbrenner erhältlich. Im Mittelpunkt des Interesses steht die<br />
Elektrovariante, die in der zweiten Generation des kompakten SUV<br />
mit üppiger Reichweite, neuen EV-Technologien und speziellen<br />
Designmerkmalen punktet.<br />
Das Außendesign des neuen Kona bricht die futuristische Optik<br />
des Ioniq 5 auf das kleinere B-Segment herunter und reichert sie<br />
mit einigen dynamischen und robusten Details an. Speziell die<br />
Front sorgt mit dem horizontalen LED-Leuchtband mit Pixel-<br />
Design für markante Akzente. Hinzu kommt eine ausgezeichnete<br />
Aerodynamik, unterstützt durch Details wie aktive Luftklappen,<br />
die sich je nach Kühlbedarf öffnen und schließen. Wie beim Vorgänger<br />
gibt es auch wieder eine große Auswahl an Farben – von<br />
stilvoll-dezent bis poppig und lifestylig.<br />
Auch der Innenraum lässt sich in verschiedenen Farbwelten gestalten.<br />
Hier verbindet der Kona EV digitale Informationstechnologien<br />
– mit zwei großen Displays und neuem Head-up-Display<br />
– mit wohltuend klassischer Bedienung: Für die am häufigsten<br />
gebrauchten Fahrzeugfunktionen gibt es zahlreiche physische<br />
Tasten. Der Knauf fürs Getriebe ist hinter das Lenkrad gewandert,<br />
was Platz für eine offene Mittelkonsole mit drehbaren Getränkehaltern<br />
schafft. Die optimierten Vordersitze bieten ausgezeichneten<br />
Langstreckenkomfort, während im Fond Platz für<br />
drei Passagiere ist.<br />
Technische Daten<br />
Länge/Breite/Höhe/Radstand:<br />
4.355/1.825/1.580/2.660 mm<br />
Leistung: 115 kW/156 PS-<br />
160 kW/218 PS<br />
Höchstgeschwindigkeit: 162-172 km/h<br />
0-100 km/h: 7,8-8,8 Sek.<br />
Stromverbrauch: 14,6-16,6 kWh/100 km<br />
Elektrische Reichweite: bis zu 514 km<br />
Ladezeit AC (10-100%): 4:55 Std.<br />
Ladezeit DC (10-80%): 41 min<br />
Preis: ab 41.990 Euro<br />
Im Vergleich zum Vorgänger ist der Kona in der Länge um 15<br />
Zentimeter auf 4,35 Meter gewachsen, der Radstand beträgt nun<br />
2,66 Meter – ein Plus von 6 Zentimetern. Eine elektrische, in der<br />
Öffnungshöhe individuell einstellbare Heckklappe erleichtert das<br />
Beladen des Kofferraums, der bis zu 466 Liter fasst; zudem lässt<br />
sich die Rückbank zu einer ebenen Ladefläche umklappen. Unter<br />
der Fronthaube gibt es ein kleineres Stauabteil mit 27 Litern.<br />
Für den Antrieb stehen zwei Motor- und Batterievarianten zur<br />
Wahl. Die Einstiegsversion mit 115 kW/156 PS wird von einem<br />
48,4 kWh großen Akku mit Strom versorgt und schafft pro Batterieladung<br />
bis zu 377 Kilometer. Der stärkere Stromer produziert<br />
160 kW/218 PS und ist mit einer 65,4-kWh-Batterie ausgerüstet,<br />
die für 514 Kilometer reicht. Im Vergleich zu den hauseigenen<br />
Elektroflaggschiffen der Ioniq-Reihe fehlt dem Kona eigentlich<br />
nur die leistungsstarke 800-Volt-Ladearchitektur. Dennoch lädt<br />
das kompakte E-SUV an Schnellladesäulen in annehmbaren 41<br />
Minuten von 10 auf 80 Prozent auf.<br />
Wie alle neuen Modellvarianten<br />
ist der Kona EV auch als sportliche<br />
N Line Version verfügbar.
43<br />
Einzug hält in die neue Modellgeneration auch das Ein-Pedal-Fahren:<br />
Im One-Pedal-Modus beschleunigt, verlangsamt<br />
und stoppt der Fahrer nur mit dem Fahrpedal. Das steigert<br />
nicht nur den Komfort, sondern verbessert auch die<br />
Rückgewinnung von Bremsenergie. Dabei nutzt das System<br />
auch Informationen über den vorausfahrenden Verkehrsfluss.<br />
Das virtuelle Motorsoundsystem e-ASD verändert je nach Fahrgeschwindigkeit<br />
und Beschleunigung das Klangbild im Innenraum<br />
und macht das Fahren damit etwas intensiver. Die neue<br />
Vorkonditionierung der Batterie verbessert das Aufladen und<br />
trägt dazu bei, dass der Kona im Winter nicht so schnell an<br />
Reichweite verliert.<br />
Als erstes Hyundai-Modell verfügt der Kona zudem über das neue<br />
Infotainmentsystem Connected Car Navigation Cockpit (ccNC),<br />
das die Grafiken und Anzeigen der verschiedenen Displays auf<br />
neue Weise kombiniert; inbegriffen sind dabei auch automatische<br />
Over-the-Air-Updates für die Software. Mit dem digitalen Schlüssel<br />
lässt sich das Fahrzeug zudem per Smartphone oder Smartwatch<br />
ver- und entriegeln und auch starten. Ein Surround View<br />
Monitor hilft beim Einparken und Rangieren auf engem Raum.
44<br />
<strong>2023</strong><br />
Volvo EX30<br />
KLEINES SUV MIT<br />
GROSSEM<br />
POTENZIAL<br />
Technische Daten<br />
Länge/Breite/Höhe/Radstand:<br />
4.233/1.837/1.549/2.650 mm<br />
Leistung: 200 kW/272 PS-<br />
315 kW/428 PS<br />
Höchstgeschwindigkeit:<br />
180 km/h<br />
0-100 km/h: 3,6-5,7 Sek.<br />
Stromverbrauch:<br />
15,7-16,7 kWh/100 km<br />
Elektrische Reichweite:<br />
344-480 km<br />
Ladezeit AC (0-100%): 6:00 Std.<br />
Ladezeit DC (10-80%): 26 min<br />
Preis: ab 36.590 Euro<br />
Der vollelektrische EX30 ist das bisher kleinste SUV von Volvo. Außen und innen im typischen<br />
Schweden-Stil auf das Nötigste reduziert, punktet das neue Einstiegsmodell mit nachhaltiger<br />
Materialauswahl und spurtstarkem Antrieb.
Neu auf dem Markt<br />
45<br />
Die neue Innenraumgestaltung schafft mehr Platz für Fahrer und<br />
Beifahrer, spart sicherlich auch ein paar Euro ein und verdankt<br />
sich auch der flachen Bauform der Batterie, durch die zusätzlicher<br />
Platz im Interieur entstanden ist. Einige Funktionen übernimmt<br />
auch das Smartphone, das unter anderem zum Öffnen,<br />
Schließen und Starten oder auch zum Steuern von Heizung und<br />
Klein ist clever: Je kompakter das Auto, desto weniger Kraftstoff Klimatisierung verwendet werden kann.<br />
oder Strom benötigt es, und desto weniger Platz in den ohnehin<br />
schon vollen Städten nimmt es in Anspruch. Diese eigentlich ganz<br />
einfache Rechnung macht Volvo mit dem neuen EX30 auf – und<br />
will mit seinem bisher kleinsten SUV neue und jüngere Kunden<br />
für die Marke gewinnen.<br />
Dass der neue EX30 den laut Hersteller kleinsten CO₂-Fußabdruck<br />
aller bisherigen Volvo-Modelle aufweist, liegt auch an der Materialauswahl.<br />
Der Innenraum ist komplett lederfrei und setzt stattdessen<br />
auf natürliche Materialien wie Wolle und Flachs und Abfallprodukte<br />
aus Jeans-Fasern; das selbst entwickelte Material Nordico besteht<br />
Verzichten muss man dabei laut Hersteller auf wenig bis nichts:<br />
Zumindest vorne ist im 4,23 Meter langen EX30 reichlich Platz<br />
an Bord, die beiden Stauabteile unter der Fronthaube und Heckklappe<br />
summieren sich auf 325 Liter Ladevolumen,<br />
aus recycelten PET-Flaschen und nachwachsenden Materialien aus<br />
Holzprodukten. Hinzu kommt, dass angesichts der kompakten Abmessungen<br />
für Karosserie und Fahrzeugteile auch weniger Stahl<br />
und Aluminium benötigt werden als bei<br />
und in Sachen Sicherheit erweist sich In Sachen Beschleunigung stellt den größeren Volvo-Modellen – und dass<br />
der Neuzugang mit zahlreichen Assistenzsystemen<br />
die Topversion des EX30 alles in den der Recyclinganteil bei diesen Materialien<br />
sowieso als typischer Volvo.<br />
Schatten, was Volvo je gebaut hat. bis zu 25 Prozent<br />
erreicht.<br />
Auch optisch ist die schwedische Herkunft unverkennbar: Die<br />
schlichte und geradlinige Gestaltung verzichtet auf überflüssigen<br />
Zierrat und folgt damit der skandinavischen Designtradition.<br />
Schnörkellose Oberflächen, markante Lichtsignaturen an Front<br />
und Heck, das stämmige Seitenprofil und das ab der mittleren<br />
Ausstattungslinie in Schwarz ausgeführte Dach gehören zu den<br />
äußeren Erkennungszeichen des neuen Volvo.<br />
An den Start geht der Volvo EX30 Ende des Jahres in drei Antriebsvarianten.<br />
Den Einstieg markiert die Version Single Motor<br />
mit einem E-Motor an der Hinterachse (200 kW/272 PS) in der<br />
Ausstattungslinie Core bei 36.590 Euro. Hier kommt eine 51 kWh<br />
starke Lithium-Eisen-Phosphat-Batterie zum Einsatz, die Vorteile<br />
bei Kosten und Umwelteigenschaften aufweisen soll und eine<br />
maximale Reichweite von 344 Kilometern bietet. Den Single Motor<br />
gibt es auch in einer „Extended Range“-Version (ab 41.790 Euro)<br />
mit bis zu 480 Kilometern Reichweite; hier sitzt ein Lithium-Mangan-Kobalt-Akku<br />
mit 69 kWh im Unterboden.<br />
Umgewöhnen muss man sich hingegen vor allem im Innenraum.<br />
Zwar herrscht auch hier geschmackvoll reduzierter skandinavischer<br />
Stil vor, doch reduziert sind auch die Möglichkeiten des Informationsaustauschs<br />
zwischen Fahrzeug und Fahrer: Nur noch<br />
ein Bildschirm ist an Bord – ein 12,3 Zoll großes, hochkant ins Armaturenbrett<br />
integriertes Tablet, das als Info- und Schaltzentrale<br />
für Infotainmentsystem, Navigation und weitere Funktionen dient.<br />
Die leistungsstärkste Variante ist der „Twin Motor Performance<br />
AWD“ mit zusätzlichem Elektromotor an der Vorderachse, einer<br />
Systemleistung von 315 kW/428 PS, großer Batterie und Allradantrieb.<br />
Mit einem Sprintwert von 3,6 Sekunden von 0 auf 100 km/h<br />
stellt der EX30 in dieser Variante in Sachen Beschleunigung alles<br />
in den Schatten, was Volvo je gebaut hat. Hier beginnen die Preise<br />
in der mittleren Ausstattung Plus bei 48.490 Euro. Wer sich für<br />
den kleinen Volvo etwas mehr SUV-Optik wünscht, kommt ab<br />
dem nächsten Jahr mit einer Cross-Country-Version mit erhöhter<br />
Bodenfreiheit, Unterfahrschutz und schwarzer Kunststoffbeplankung<br />
auf seine Kosten.<br />
Highlight ist die Soundbar unterhalb der Windschutzscheibe –<br />
eine komplexe Lautsprecherleiste, die sich über die gesamte<br />
Fahrzeugbreite erstreckt und alle weiteren Lautsprecher im Innenraum<br />
ersetzt. Entstanden ist das 1.040 Watt starke Soundsystem<br />
in Zusammenarbeit mit Harman Kardon. Durch den Wegfall<br />
der Lautsprecher in den Türen ist hier Platz für große Staufächer.<br />
Auch das Handschuhfach – und die Fensterheber – sind in die<br />
Mitte gewandert.
46<br />
<strong>2023</strong><br />
Neu auf dem Markt<br />
FIAT<br />
Seicento auf<br />
elektrisch<br />
Bei Fiat fährt noch in diesem Jahr das zweite Elektroauto der Marke<br />
vor. Der 600e ist benannt nach dem „Seicento“, 4,17 Meter lang<br />
und damit 54 Zentimeter länger als der 500e, bietet Platz für fünf<br />
Insassen und ein großzügigeres Gepäckabteil. Die 54-kWh-Batterie<br />
verspricht eine Reichweite von über 400 Kilometern, am 110-kW-<br />
Lader soll der Akku in weniger als einer halben Stunde zu 80 Prozent<br />
geladen sein. Ende des Jahres folgt außerdem der Topolino:<br />
ein elektrisches Kleinstfahrzeug für die raum- und ressourcenschonende<br />
Mobilität in Innenstädten. Maximal sind 45 km/h möglich,<br />
fahren dürfen auch schon Jugendliche mit AM-Führerschein.<br />
FORD<br />
Explorer für Europa<br />
Bei Ford wächst die Vorfreude auf den neuen Explorer – das<br />
erste speziell für Europa entwickelte Elektroauto, das zudem<br />
in der rheinischen Heimat in Köln gebaut wird. Der Explorer<br />
basiert auf der MEB-Architektur von Volkswagen, die unter<br />
anderem auch VW ID.4 und Škoda Enyaq nutzen, tritt optisch<br />
aber sehr eigenständig auf. Die Antriebspalette reicht von<br />
125 kW/170 PS bis 250 kW/340 PS, innen fungiert ein großer<br />
neigungsverstellbarer 14,6-Zoll-Touchscreen als Schaltzentrale.<br />
Der ursprünglich noch für dieses Jahr geplante<br />
Marktstart wird sich allerdings um ein halbes Jahr verzögern.<br />
MINI<br />
Aus England und China<br />
MAZDA<br />
Wankel-Generator<br />
Der Mini rollt vorerst weiter sowohl als Verbrenner als auch<br />
mit Elektroantrieb auf die Straße. Während die Verbrennervarianten<br />
auf einer weiterentwickelten Mini-Plattform stehen<br />
und weiterhin aus England kommen, wird der neue Elektro-<br />
Mini in einem Joint Venture mit Great Wall in China gebaut.<br />
Den Mazda MX-30, erstes Elektroauto der Marke, gibt es jetzt auch<br />
als Plug-in-Hybrid-Variante. Besonderheit: Der sogenannte e-Skyactiv<br />
R-EV kombiniert einen von einer kleinen Batterie mit Energie<br />
versorgten E-Antrieb mit einem Wankelmotor, der auf längeren<br />
Strecken als Stromgenerator in Aktion tritt. Gerade erst geliftet<br />
wurde außerdem der CX-30, der ein modernisiertes Infotainment<br />
und verbesserte Assistenzsysteme erhalten hat.<br />
SMART<br />
Konzept-Wechsel<br />
Die einst visionäre Marke erfindet sich neu. Die Modelle haben<br />
jedoch nichts mehr mit dem Kleinstwagenkonzept zu tun, für das<br />
Smart vor 25 Jahren viel Sympathie erntete. Die Fahrzeuge werden<br />
von Geely in China gefertigt und teilen sich die Plattform mit dem<br />
Volvo EX30 und dem Zeekr X. Nach dem Start des Kompakt-SUV<br />
Smart#1 mit bis zu 315 kW/428 PS in der Brabus-Variante steht<br />
mit dem Smart #3 auch ein Coupé-Ableger in den Startlöchern.
47<br />
MITSUBISHI<br />
Colt-Comeback<br />
Nach langer Pause kommt im Herbst der Mitsubishi Colt zurück. Der Kleinwagen, der sich die Technik mit dem frisch überarbeiteten<br />
Renault Clio teilt, ist in drei Antriebsvarianten verfügbar: als zahmer Basisbenziner, als lebhafter Turbo und als 105 kW/<br />
143 PS starker Vollhybrid. Mitsubishi füllt damit mit Hilfe der Franzosen sein Portfolio weiter auf; bereits der im Frühjahr gestartete<br />
Mini-Crossover ASX basierte auf einem Renault-Modell, dem Captur. Für das kommende Jahr ist außerdem das Europa-Comeback<br />
des Mittelklasse-SUVs Outlander angekündigt.<br />
HYUNDAI<br />
Radikal anders<br />
Einen radikalen Kurswechsel wagt Hyundai beim Santa Fe. Mit scharfen Kanten, bulligen<br />
Proportionen und einem selbstbewussten Auftritt im Stile des Land Rover Defender<br />
wirkt das große SUV charismatisch wie nie. Auch die sportliche N-Familie wird weiter<br />
ausgebaut: Erstes vollelektrisches Modell ist der Ioniq 5 N, dessen beide Motoren<br />
vorübergehend bis zu 478 kW/650 PS und ein maximales Drehmoment von 770 Newtonmeter<br />
entwickeln. Erhöhte Karosseriesteifigkeit, modifizierte Antriebsachsen, Hochleistungsbremssystem,<br />
variable Drehmomentverteilung, Drift Modus, Launch Control<br />
und vieles mehr: Der Ioniq 5 N ist ein Crossover-SUV mit Rennstreckenkompetenz.<br />
HONDA<br />
SUV-Offensive<br />
Richtig viel tut sich in diesem Herbst<br />
bei Honda: Während die neue Generation<br />
des CR-V fast schon eine Klasse<br />
aufsteigt und neben dem Vollhybrid<br />
erstmals auch als Plug-in verfügbar ist,<br />
entsteht darunter Platz für den neuen<br />
ZR-V, der die Lücke zum HR-V schließen<br />
soll. Auch dieser erhält den Honda-Hybrid,<br />
bei dem im Unterschied etwa zu<br />
dem bei Toyota gängigen System der<br />
E-Motor die Hauptantriebsarbeit leistet.<br />
Optisch kommt der ZR-V aber deutlich<br />
sportlicher daher: mit flacherem Dach<br />
und schwungvoller Silhouette. Dritter<br />
im Bunde ist das zweite Honda-Elektroauto:<br />
ein kompaktes SUV mit dem etwas<br />
sperrigen Namen e:Ny1.<br />
Honda e:Ny1<br />
TOYOTA<br />
Legende im Retro-Look<br />
In robustem Retro-Look präsentiert sich<br />
die Neuauflage des Toyota Land Cruiser.<br />
Die ab Oktober bestellbare Offroad-Legende<br />
kommt in Westeuropa zunächst<br />
mit einem 2,8-Liter-Turbodiesel mit<br />
Achtgang-Automatik und 3.500 Kilogramm<br />
Anhängelast, später folgt eine<br />
48-Volt-Mildhybrid-Variante.
48<br />
<strong>2023</strong><br />
Neu auf dem Markt<br />
Genesis G90<br />
LUFTIGER LUXUSLINER<br />
Genesis baut sein Portfolio weiter aus und bringt mit dem G90 eine echte Luxuslimousine nach Deutschland.<br />
Mit ihrem neuen Flaggschiff will die koreanische Premiummarke zeigen, was sie draufhat.<br />
Kleines Segment, große Konkurrenz:<br />
Leicht wird es der neue Genesis G90 nicht<br />
haben, wenn er Ende des Jahres in das<br />
Oberklasse-Segment des deutschen Pkw-<br />
Marktes rollt – und damit praktisch direkt<br />
in die Höhle des Löwen. Aber darum geht<br />
es auch gar nicht. Die koreanische Premiummarke<br />
will mit dem neuen Flaggschiff<br />
vor allem zeigen, was sie alles kann.<br />
Und das ist eine ganze Menge. Sportlichelegantes<br />
Design, fortschrittliche Technik<br />
und eine hochwertige Ausstrahlung<br />
haben der Marke, die erst seit Mitte 2021<br />
in Deutschland und Europa aktiv ist, zu<br />
einem schwungvollen Einstand verholfen;<br />
mit der breiten Modellpalette ist Genesis<br />
in vielen wichtigen Segmenten vertreten<br />
und hat sich auch mit Elektroautos<br />
wie dem GV60 schnell einen guten Ruf<br />
erarbeitet.<br />
Auch der G90 hat bereits einen erfolgreichen<br />
Einstand gefeiert: In Korea und den<br />
USA wird der Luxusliner schon verkauft.<br />
Stilprägend für das neue Modell ist die sogenannte<br />
„Athletic Elegance“-Designsprache,<br />
die sich hier in ihrer wohl elegantesten<br />
Ausführung präsentiert. Während die<br />
Seiten weitgehend schnörkellos gestaltet<br />
sind, setzen an der Front der dreidimensionale<br />
Kühlergrill und die Leuchten im<br />
charakteristischen Zwei-Linien-Design<br />
Akzente.<br />
In Deutschland wird der G90 in zwei Karosserievarianten<br />
angeboten. Schon mit<br />
kurzem Radstand (immerhin 3,18 Meter)<br />
kommt die Stufenhecklimousine auf<br />
selbstbewusste 5,28 Meter Länge. Der<br />
Kunde kann hier zwischen vier Einzelsitzen<br />
und dem klassischen Layout mit fünf<br />
Sitzen wählen.<br />
In der Langversion wächst der G90 gar auf<br />
5,47 Meter und verschafft den Passagieren<br />
auf den beiden Einzelsitzen im Fond<br />
nochmal 19 Zentimeter mehr Beinfreiheit.<br />
Für fürstlichen Komfort sollen hier unter<br />
anderem individuell beheiz- und belüftbare<br />
Sitze mit Massagefunktionen sowie<br />
belüftete und beheizbare Fußstützen mit<br />
Massagefunktion sorgen. Unter der Klappe<br />
am coupéhaft abfallenden Heck klafft<br />
zudem ein riesiges Kofferabteil.<br />
Die Türen öffnen und schließen elektrisch;<br />
wenn sich der Chef hinten rechts niedergelassen<br />
hat, fährt der Beifahrersitz automatisch<br />
nach vorne, um noch mehr Platz<br />
zu machen. Über ein eigenes Touchpad<br />
können vom Fond aus unter anderem Klima<br />
und das Bang & Olufsen-Soundsystem<br />
gesteuert werden. Vorne geht es aufgeräumt<br />
und ebenfalls klassisch-stilvoll zu.<br />
Klare und gut ablesbare digitale Anzeigen,<br />
viele Knöpfe und Tasten für eine direkte<br />
und einfache Bedienung, hochwertige
49<br />
Beim Komfort fährt der<br />
Koreaner schon auf Augenhöhe –<br />
Fahrwerk und Lenkung wurden<br />
für Europa nochmal<br />
nachgeschliffen.<br />
MEHR PRÄSENZ WAGEN<br />
Materialien und ein luftiges Raumgefühl:<br />
Die Designer haben ihr Konzept von der<br />
„Schönheit des weißen Raumes“ auch im<br />
neuen Luxusgleiter gekonnt umgesetzt.<br />
Als Antrieb für sein prestigeträchtiges<br />
Zugpferd hat Genesis einen 3,5-Liter-<br />
Sechszylinder-Turbo mit 305 kW/415 PS<br />
gewählt, kombiniert mit einer Achtgang-<br />
Automatik von ZF. Vollelektrische Antriebe<br />
sind nicht geplant.<br />
Allradantrieb ist ebenso Standard wie ein<br />
Luftahrwerk oder die Hinterradlenkung.<br />
Für den europäischen Markt wurden Fahrwerk<br />
und Lenkung noch einmal nachgeschliffen,<br />
um dem G90 aktivere Fahreigenschaften<br />
zu verleihen. Beim Komfort<br />
fährt der Koreaner ohnehin schon auf<br />
Augenhöhe.<br />
Vor gut zwei Jahren ist Genesis als neuer Player im hart umkämpften Premium-<br />
Segment an den Start gegangen. Präsent war die koreanische Marke, die zur Hyundai<br />
Group gehört, zunächst vor allem online und mit einigen wenigen Studios in Innenstadtlagen.<br />
Beratung und Kundenbetreuung übernehmen sogenannte Genesis<br />
Personal Assistants, die dem jeweiligen Kunden persönlich zugeordnet sind und<br />
sich unter anderem um Abholen und Zurückbringen des Fahrzeugs beim Werkstattbesuch<br />
kümmern.<br />
Die Autos sind gut, der Service umfassend, doch an der Sichtbarkeit der Marke<br />
hapert es noch. Weil jetzt Modellprogramm und Ambitionen wachsen, entsteht<br />
daher nun auch ein Netz an Genesis Vertriebspartnern in Deutschland. Anfang 2024<br />
nehmen die ersten sieben deutschen Partnerbetriebe ihre Arbeit auf – überwiegend<br />
erfahrene Hyundai-Händler, die zunächst Metropolen wie Berlin, Hamburg, Köln<br />
und Frankfurt abdecken. Mittelfristig will Genesis 15 bis 20 Standorte für den<br />
deutschen Markt gewinnen.<br />
Preise nennt Genesis für das neue Topmodell<br />
noch nicht, Kunden aus Deutschland<br />
und der Schweiz können ihr Interesse<br />
aber bereits online hinterlegen. Erste Auslieferungen<br />
sind ab Dezember geplant.
50<br />
<strong>2023</strong><br />
Neu auf dem Markt<br />
Technische Daten<br />
Toyota C-HR<br />
KÜHNER CROSSOVER<br />
Mit dem ersten C-HR hat Toyota gezeigt, dass die Marke auch cool sein kann<br />
– und dass die Kunden ihr diese Coolness abnehmen. Die zweite Generation<br />
des Erfolgs-Crossovers darf daher weiter mutig bleiben und punktet zudem<br />
mit neuen teilelektrischen Antriebsoptionen.<br />
Länge/Breite/Höhe/Radstand:<br />
4.360/1.830/1.570/2.640 mm<br />
Leistung: 103 kW/140 PS-<br />
164 kW/223 PS<br />
Höchstgeschwindigkeit:<br />
170-180 km/h<br />
0-100 km/h: 7,3-9,9 Sek.<br />
Verbrauch: 0,8-5,2 l/100 km<br />
Elektrische Reichweite<br />
(Plug-in-Hybrid): 66 km<br />
Ziemlich weit aus dem Fenster gelehnt<br />
hat sich Toyota 2016 mit dem kantig-progressiv<br />
gezeichneten C-HR. Mit Erfolg:<br />
Mehr als die Hälfte der Kunden entschied<br />
sich gerade wegen der kühnen Optik für<br />
das kompakte Crossover-Coupé. Über<br />
800.000 verkaufte Einheiten später rollt<br />
nun die zweite Auflage des „Compact<br />
High Rider“ in den Startblock: Noch in<br />
diesem Jahr sollen die ersten Exemplare<br />
beim Händler stehen – in Europa entwickelt<br />
und gebaut.<br />
Die Frontpartie noch schärfer gezeichnet,<br />
der Coupé-Charakter noch radikaler herausgearbeitet:<br />
Auf den ersten Blick kommt<br />
der neue C-HR sogar noch mutiger daher<br />
als der Vorgänger. Zugleich wirkt die ganze<br />
Form mehr aus einem Guss. Besondere<br />
Akzente setzt die neue Zweifarblackierung:<br />
Der schwarz lackierte Bereich erstreckt<br />
sich jetzt vom Dach bis hinunter in<br />
die hinteren Stoßfänger. Das feste Panoramadach<br />
hält mit Low-E-Beschichtung<br />
im Sommer die Sonne draußen und im<br />
Winter die Wärme drinnen – eine Sonnenblende<br />
ist dadurch überflüssig, was<br />
ein wenig Gewicht einspart.<br />
Mit dem Plug-in-Hybrid ist sogar<br />
so eine Art Ein-Pedal-Fahren<br />
möglich – wie bei einem echten<br />
Stromer.<br />
Zwei große Digital-Displays – eines hinter<br />
dem Lenkrad, eines mittig auf der Armaturentafel<br />
– dominieren das aufgeräumte<br />
Cockpit, wichtige Infos lassen sich per<br />
optionalem Head-up-Display auch direkt<br />
ins Blickfeld des Fahrers projizieren. Moderne<br />
Konnektivität mit Smartphone-Einbindung<br />
und Cloud-Navigation ist Standard,<br />
viele Funktionen lassen sich auch<br />
per App steuern.<br />
Das Antriebsprogramm umfasst einen<br />
1,8-Liter-Hybrid mit 103 kW/140 PS und<br />
einen 2,0-Liter-Hybrid, der sich mit<br />
145 kW/198 PS gegenüber dem Vorgänger<br />
deutlich erstarkt präsentiert. Zudem<br />
lässt er sich auch mit Allradantrieb<br />
kombinieren.<br />
Erstmals ist der C-HR zudem als Plug-in-<br />
Hybrid erhältlich. Das System stammt weitgehend<br />
aus dem Prius, verleiht dem C-HR<br />
mit einer Gesamtleistung von 164 kW/<br />
223 PS ordentlich Schub und verwandelt<br />
ihn für bis zu 66 Kilometer in ein Elektroauto.<br />
Sogar so eine Art Ein-Pedal-Fahren<br />
wie bei einem reinen E-Auto ist möglich.<br />
Und die Geofencing-Funktion der Navigation<br />
speichert schon unterwegs genügend<br />
Strom in der Batterie, um am Ende der<br />
Fahrt rein elektrisch durch die städtische<br />
Umweltzone zu fahren. Die Ambientebeleuchtung<br />
im Innenraum wechselt dabei<br />
passenderweise auf Grün.
Lexus LBX<br />
EINE FRAGE DES FORMATS<br />
Neu auf dem Markt<br />
51<br />
Aus dem Stand zur Nummer eins: Lexus hat mit dem neuen LBX viel vor. Das speziell für Europa entwickelte<br />
Einstiegs-SUV soll zum Bestseller der japanischen Premiummarke werden.<br />
Technische Daten<br />
Länge/Breite/Höhe/Radstand:<br />
4.190/1.825/1.545/- mm<br />
Leistung:<br />
100 kW/136 PS<br />
0-100 km/h:<br />
9,2 Sek.<br />
Verbrauch:<br />
5,2 l/100 km<br />
Preis: ab 34.300 Euro<br />
Luxus ist keine Frage der Größe, sondern<br />
des Formats – diese Botschaft vermittelt<br />
der neue Lexus LBX. Als selbsternannter<br />
„Lexus Breakthrough Crossover“ beschreitet<br />
er neue Wege und soll neue Kunden<br />
für die japanische Premiummarke gewinnen.<br />
Denn mit nur 4,19 Metern Länge ist<br />
das SUV das kleinste Lexus-Modell aller<br />
Zeiten und schlägt nebenbei auch eine<br />
neue Designrichtung ein: etwas entspannter<br />
als zuletzt, stylisch, selbstsicher.<br />
Verantwortlich dafür ist vor allem die<br />
Frontpartie mit dem deutlich dezenteren<br />
Kühlergrill und schmalen Scheinwerfern.<br />
Am Heck spannt sich ein elegantes Leuchtenband<br />
über die gesamte Fahrzeugbreite.<br />
Die lange Motorhaube, die kompakte<br />
Kabine und die kurzen Überhänge tragen<br />
ebenfalls zu einem gefälligen, sportlich<br />
straff wirkenden Auftritt bei.<br />
Technisch verwandt mit dem Toyota<br />
Yaris Cross unterscheidet sich der LBX<br />
von den Mitbewerbern im beliebten<br />
B-Segment vor allem im Innenraum: Materialien,<br />
Oberflächen und Verarbeitung<br />
sind spürbar Premium und in dieser Klasse<br />
sonst nur selten anzutreffen. Dabei stehen<br />
verschiedene Farbthemen zur Auswahl,<br />
die dem Interieur je nach gewählter „Atmosphäre“<br />
– klassische Ausstattungslinien<br />
gibt es hier nicht – einen stylisch-coolen,<br />
sportlich-emotionalen oder hochwertigeleganten<br />
Anstrich verleihen.<br />
Materialien, Oberflächen und<br />
Verarbeitung sind spürbar<br />
Premium und in dieser Klasse<br />
sonst nur selten anzutreffen.<br />
In Sachen Multimedia, Konnektivität und<br />
Sicherheit ist praktisch alles an Bord<br />
oder verfügbar, was auch in den größeren<br />
Modellen der Marke angeboten<br />
wird. Das auf den Fahrer zugeschnittene<br />
Tazuna-Cockpit, das für eine besonders<br />
einfache und ablenkungsfreie Bedienung<br />
sorgen soll, wird hier erstmals<br />
um eine große digitale Instrumentenanzeige<br />
ergänzt, die sich an die Präferenzen<br />
des Nutzers anpassen lässt. Optional ist<br />
auch ein Head-up-Display erhältlich.<br />
Ein wenig mehr Auswahl würde sich<br />
manch ein Interessent hingegen womöglich<br />
beim Antrieb wünschen. Hier setzt<br />
Lexus zunächst auf den bewährten Vollhybrid<br />
mit 1,5-Liter-Dreizylinder-Benziner,<br />
neuem Getriebe und neuer Batterie,<br />
die mehr elektrisches Fahren ermöglichen<br />
soll. Die Systemleistung beträgt<br />
100 kW/136 PS, der Durchschnittsverbrauch<br />
liegt nach vorläufigen Angaben<br />
bei 5,2 Litern je 100 km (CO₂: 120 g/km).<br />
In Verbindung mit dem optionalen Allradsystem<br />
kommt an der Hinterachse ein zusätzlicher<br />
Elektromotor zum Einsatz.<br />
Auf die deutschen Straßen rollen die ersten<br />
Exemplare des neuen kleinen Lexus<br />
voraussichtlich ab März kommenden<br />
Jahres. Reserviert werden kann der LBX<br />
aber schon jetzt, die Preise beginnen bei<br />
34.300 Euro.
52<br />
<strong>2023</strong><br />
Neu auf dem Markt<br />
RENAULT<br />
Abschied vom Van<br />
Renault hat den Kleinwagen Clio überarbeitet.<br />
Die Front trägt einen deutlich<br />
größeren Kühlergrill samt schachbrettartigen<br />
Einsätzen und einer Lichtsignatur,<br />
die sukzessive auf die anderen Modelle<br />
übertragen wird. Innen erhält der Clio ein<br />
moderneres Cockpit.<br />
Der Großraum-Van Espace präsentiert<br />
sich in seiner neuen Generation zum SUV<br />
gewandelt: entgegen dem allgemeinen<br />
Trend kürzer und flacher geworden, dafür<br />
so variabel wie eh und je. Das gleiche<br />
Schicksal steht dem kompakteren Scenic<br />
bevor, der sich auf der <strong>IAA</strong> nun ebenfalls<br />
erstmals im SUV-Dress zeigt. Wohl noch<br />
bis zum Frühjahr warten müssen Kunden<br />
auf den Rafale, einen Coupé-Ableger des<br />
Mittelklasse-SUV Austral.<br />
Renault Rafale<br />
SSANGYONG<br />
Bulle aus Korea<br />
Mit dem bulligen Torres ergänzt SsangYong im Herbst sein SUV-Angebot. Der robust<br />
gezeichnete Fünftürer ist zunächst mit einem 120 kW/163 PS starken 1,5-Liter-Benziner<br />
in Verbindung mit Front- oder Allradantrieb erhältlich. Anfang 2024 folgt die<br />
Elektrovariante mit dem Beinamen EVX, die von einer Lithium-Eisenphosphat-Batterie<br />
mit Strom für rund 420 bis 460 Kilometer Fahrt versorgt wird.<br />
ŠKODA<br />
Längen-Plus<br />
Škoda schickt die zweite Generation des Kodiaq auf die Straße. Während die<br />
Außenhaut dezent modernisiert wurde, ist der Innenraum komplett neu gestaltet<br />
und bietet mehr Platz für Insassen und Gepäck. Kein Wunder, das große Škoda-SUV<br />
streckt sich inzwischen auf 4,76 Meter Länge. Neben konventionellen Verbrennern<br />
wird erstmals auch ein Plug-in-Hybrid angeboten, der über 100 Kilometer weit<br />
elektrisch unterwegs sein kann. Den Plug-in bekommt auch der neue Superb, der<br />
sich die Technik mit dem neuen VW Passat teilt. Im Unterschied zum Passat wird<br />
der Superb nicht nur als Kombi, sondern weiterhin auch als Limousine angeboten.<br />
PEUGEOT<br />
Frische Stromer<br />
Die Franzosen haben mit der E-Version des 308 einen neuen Stromer in der<br />
Produktpalette, der zudem – wie sein Konzernbruder Opel Astra Electric – sowohl<br />
als Limousine wie auch als Kombi verfügbar ist. Zudem rollt der Peugeot 2008 leicht<br />
überarbeitet zu den Händlern. Neben konventionellen Antrieben gibt es den kleinen<br />
Crossover auch in einer 115 kW/156 PS starken E-Variante.<br />
NISSAN<br />
Familientauglich<br />
Dem im Frühjahr gestarteten Elektro-<br />
Lieferwagen Nissan Townstar folgt nun<br />
die familientaugliche Pkw-Variante. Der<br />
Hochdachkombi – Schwestermodell des<br />
elektrischen Renault Kangoo – zeichnet<br />
sich durch fünf Sitzplätze und einen<br />
bei Bedarf auf 2.500 Liter erweiterbaren<br />
Kofferraum aus. Der E-Antrieb kombiniert<br />
einen 90 kW/122 PS starken Motor mit<br />
einer 45 kWh großen Batterie für bis zu<br />
285 Kilometer Reichweite.
Kia EV9 Launch Edition<br />
Länge/Breite/Höhe/Radstand:<br />
5.015/1.980/1.780/3.100 mm<br />
Leistung: 283 kW/384 PS<br />
Höchstgeschwindigkeit: 200 km/h<br />
0-100 km/h: 5,3 Sek.<br />
Stromverbrauch: 22,8 kWh/100 km<br />
Elektrische Reichweite: 497 km<br />
Ladezeit AC (10-100%): 9:05 Std.<br />
Ladezeit DC (10-80%): 24 min<br />
Preis: ab 83.190 Euro<br />
Neu auf dem Markt<br />
53<br />
Kia EV9<br />
NEUE GRÖSSE<br />
Kia steigt in die Fünf-Meter-Klasse ein: Der neue EV9 übertrifft die magische Marke, die sonst nur von<br />
Luxuslimousinen und den allergrößten SUV gerissen wird, als erstes Kia-Modell überhaupt und positioniert<br />
sich als vollelektrisches Flaggschiff, das höchsten Ansprüchen an Platz, Technik und Komfort genügen will.<br />
Exakt 5,01 Meter misst der neue EV9 in der<br />
Länge, dazu 1,78 Meter in der Höhe und<br />
fast 2 Meter in der Breite – solche Gardemaße<br />
haben selbst in der kontinuierlich<br />
nach Höherem, Schnellerem und Weiterem<br />
strebenden Branche Seltenheitswert.<br />
Zumindest in Deutschland ist der Wettbewerb<br />
daher auch überschaubar, auf anderen<br />
Märkten rund um den Globus könnte<br />
das anders aussehen.<br />
Außen mächtig, innen luftig:<br />
Das Design vereint Gegensätze.<br />
Wie der etwas kleinere und dynamischere<br />
EV6 basiert der EV9 auf der E-GMP-Architektur<br />
der Koreaner. Das je nach Blickwinkel<br />
progressive oder auch selbstbewusste<br />
Styling vereint tatsächlich Gegensätze, wie<br />
es die Kia-Designphilosophie „Opposites<br />
United“ verlangt. Speziell die verkleidete<br />
Front und die kantigen Formen lassen das<br />
SUV mächtig wirken, die großen Fensterflächen<br />
vermitteln hingegen einen luftigen<br />
Eindruck – außen und erst recht innen.<br />
Im komplett lederfreien Innenraum profitiert<br />
der EV9 von den Vorzügen der Kia-<br />
Elektroplattform: Der über 3 Meter lange<br />
Radstand und der ebene Boden sorgen<br />
für ausgezeichnete Platzverhältnisse in<br />
allen drei Sitzreihen. Standardmäßig fährt<br />
der EV9 als Siebensitzer vor, optional ist<br />
er auch als Sechssitzer mit zwei drehbaren<br />
Einzelsitzen in der zweiten Reihe erhältlich.<br />
Ansonsten ist das Interieur betont<br />
minimalistisch eingerichtet: mit großen,<br />
zum Teil kontextbezogenen Anzeigen,<br />
beleuchteten Sensortasten sowie einem<br />
digitalen Innenspiegel, der bei verdeckter<br />
Sicht nach hinten als Display für Kamerabilder<br />
dient. Als erster Kia verfügt<br />
der EV9 zudem über einen neuen digitalen<br />
Schlüssel zum Ver- und Entriegeln<br />
sowie zum Starten des Fahrzeugs per<br />
Smartphone.<br />
Zwei leistungsstarke Antriebe hat Kia für<br />
sein neues Flaggschiff vorgesehen: Die<br />
Basisversion mit Hinterradantrieb verfügt<br />
über einen Elektromotor mit 150 kW/<br />
203 PS, im Allradmodell kommen zwei<br />
Elektromotoren mit zusammen 283 kW/<br />
384 PS zum Einsatz, wobei der vordere<br />
Motor im Topmodell GT-line sogar 350<br />
statt 250 Newtonmeter Drehmoment entwickelt.<br />
Die Batterie besitzt in allen Varianten<br />
eine Kapazität von 99,8 kWh und<br />
ermöglicht in der RWD-Version eine maximale<br />
Reichweite von 541 Kilometern,<br />
das Allradmodell kommt auf bis zu 497<br />
Kilometer.<br />
Geladen wird dank der aus dem EV6 bekannten<br />
800-Volt-Lade-Architektur mit<br />
bis zu 240 kW. Kia rechnet vor, dass die<br />
RWD-Version in nur 15 Minuten Strom für<br />
eine Strecke von 239 Kilometern nachladen<br />
kann, beim Allradler sind es 219 Kilometer.<br />
Da das Auto für bidirektionales<br />
Laden ausgelegt ist, fließt der Strom bei<br />
Bedarf auch in die andere Richtung. In Zukunft<br />
lässt sich damit sogar ein Haus mit<br />
Strom versorgen. Außerdem kann man<br />
über eine Steckdose im Heck externe<br />
elektrische Geräte betreiben: zum Beispiel<br />
Camping-Zubehör oder E-Bikes.
54<br />
<strong>2023</strong><br />
Zeekr X<br />
CHINESISCHE AUTOS<br />
TEURER<br />
ALS GEDACHT<br />
Den chinesischen Autoherstellern wird seit Jahren zugetraut, den europäischen Markt aufzurollen.<br />
Nun kommen ihre Pkw erstmals in relevanter Zahl auf deutsche Straßen. So billig<br />
wie viele gehofft (oder befürchtet) hatten, sind die Autos aus dem Reich der Mitte nicht.<br />
Das hat verschiedene Gründe – und könnte sich ändern.<br />
Xpeng G9
55<br />
MG4<br />
Nicht nur SUVs: Die chinesischen Hersteller<br />
kommen auch mit Crossovern, Kompaktautos<br />
und Kleinwagen nach Europa.<br />
Ora Funky Cat<br />
BYD Seagull<br />
Nio EL6<br />
Gut 15.000 Autos chinesischer Hersteller<br />
haben in den ersten sieben Monaten<br />
<strong>2023</strong> ein deutsches Kennzeichen erhalten.<br />
Ihr Anteil am Gesamtmarkt beträgt<br />
bereits fast 1 Prozent. Allein Stückzahl-<br />
Primus MG Motor hält 0,7 Prozent – mehr<br />
als etablierte Marken wie Mitsubishi, Smart<br />
oder Honda. Trotzdem: Die chinesischen<br />
Autohersteller wachsen in Europa langsamer<br />
als von vielen Experten erwartet.<br />
Die aktuellen Zulassungszahlen würden<br />
das große Potenzial der Newcomer noch<br />
nicht widerspiegeln, heißt es etwa in einer<br />
Analyse des Marktbeobachters Jato.<br />
Die Gründe für die bislang etwas ernüchternde<br />
Performance sind vielfältig. Neben<br />
wirtschaftlichen Verwerfungen in Europa<br />
und einem auch politisch gefärbten<br />
Vorbehalt gegenüber chinesischen Autos<br />
dürfte der Preis eine nicht ganz unwichtige<br />
Rolle spielen. Denn der ist nicht so<br />
niedrig wie erwartet. Günstigstes E-Mobil<br />
aus dem Reich der Mitte ist zurzeit der<br />
MG4, der bei gut 32.000 Euro startet. Das<br />
ist erstens schon für sich genommen viel<br />
Geld. Und zweitens trennen ihn von einem<br />
technisch vergleichbaren VW ID.3<br />
nur rund 3.000 Euro. Und das, obwohl<br />
ähnliche Autos in China deutlich billiger<br />
sind. Den kompakten BYD Atto 3 etwa gibt<br />
es dort ab 19.000 Euro. Wenn der Crossover<br />
nach Deutschland kommt, soll er gut<br />
doppelt so viel kosten.<br />
TEURER MARKTEINTRITT<br />
Ein Teil der Differenz zum chinesischen<br />
Preis ergibt sich aus den Kosten im Zusammenhang<br />
mit dem Import. So muss<br />
die Schiffspassage genauso gezahlt werden<br />
wie Steuern, Zölle und andere Abgaben.<br />
Damit die Autos in der EU zugelassen<br />
werden können, ist viel teurer Papierkram<br />
nötig, und nicht zuletzt müssen Technik,<br />
Ausstattung und Software an die europäischen<br />
Standards angepasst werden.<br />
Um Autos hierzulande auch wirklich verkaufen<br />
zu können, sind außerdem Investitionen<br />
in Marketing, Werkstattausrüstung<br />
und Händlernetz nötig.<br />
SELBSTBEWUSSTE PREISPOLITIK<br />
Neben den Importkosten spielen aber<br />
auch andere, vor allem strategische Gründe<br />
eine Rolle für die recht hohe Preispositionierung.<br />
Anders als die Japaner ab den<br />
1960er-Jahren und drei Jahrzehnte später<br />
die Koreaner kommen die Chinesen nicht<br />
als vorsichtige Billiganbieter nach Europa,<br />
die ihre Fahrzeuge vor allem über den<br />
Preis verkaufen müssen. Sondern mit einigem<br />
Selbstbewusstsein.<br />
„Die chinesischen Hersteller bauen längst<br />
nicht mehr nur westliche Autos nach, sondern<br />
sie sind teilweise führend bei Innovationen.<br />
So ist etwa BYD weltweit vorne<br />
mit dabei in der Zellherstellung“, erläutert<br />
Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive<br />
Management (CAM). Entsprechend<br />
sieht auch die Produktpalette aus: Statt als<br />
Billigheimer treten Firmen wie Nio, Zeekr<br />
oder Wey mit selbst formuliertem Premiumanspruch<br />
an – mehr Mercedes als<br />
Dacia. Auch volkstümlichere Anbieter wie<br />
BYD, MG Motor oder Xpeng versuchen sich<br />
gar nicht erst im preissensitiven Kleinwagenmarkt,<br />
sondern liefern vor allem schicke<br />
elektrische SUV nach westlichen Standards<br />
– und zu westlichen Preisen.<br />
Aiways U6<br />
Nicht zuletzt rufen die Chinesen die relativ<br />
hohen Preise aber auch auf, weil sie es<br />
eben können. Lebensstandard, Kaufkraft<br />
und nicht zuletzt das Marktumfeld erlauben<br />
hierzulande andere Beträge als in<br />
der Heimat. Dort stehen die chinesischen<br />
Marken angesichts der dynamischen<br />
Marktverhältnisse zudem unter einem<br />
extremen Preisdruck, der es zusätzlich<br />
attraktiv macht, in Europa nach höheren<br />
Margen zu schielen. Einzelne Anbieter wie<br />
Aiways haben sogar angekündigt, künftig<br />
keine Autos mehr in der Heimat verkaufen<br />
zu wollen, sondern den Fokus gleich ganz<br />
auf Europa zu legen.<br />
Ob die chinesische Preispolitik von Dauer<br />
ist, bleibt abzuwarten. Einige Experten sehen<br />
für den dümpelnden deutschen Markt<br />
einen Preiskampf voraus, in den auch die<br />
Chinesen hineingezogen werden. Spätestens<br />
dann wird sich zeigen, wie groß der<br />
Spielraum nach unten ist, den die günstigeren<br />
Produktionskosten im Reich der<br />
Mitte bieten. Für die europäischen Volumenhersteller<br />
mit ihren eng geschnürten<br />
Kostenkorsetten könnte das ein ernstes<br />
Problem werden. Vor allem, wenn die<br />
Chinesen auch noch in Marktsegmente<br />
drängen sollten, die in Europa zunehmend<br />
stiefmütterlich behandelt werden – die<br />
der günstigen Kleinst- und Kleinwagen.
56<br />
<strong>2023</strong><br />
Chinesische Autos<br />
CHINESISCHE AUTOHERSTELLER IN EUROPA<br />
Die Herausforderer<br />
Die Bereitschaft zum Kauf eines chinesischen Autos wächst. Rund 42 Prozent<br />
der Deutschen würden ein Modell aus dem Reich der Mitte grundsätzlich in<br />
Betracht ziehen, wie kürzlich eine Umfrage des Online-Marktplatzes Carwow<br />
ergab. Viele erhoffen sich ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, haben aber<br />
unter anderem Angst vor schlechtem Service und mangelnder Ersatzteilversorgung.<br />
Auch politische Gründe lassen manche zögern. Wer sich davon<br />
nicht irritieren lässt, trifft mit großer Wahrscheinlichkeit bei der Kaufrecherche<br />
auf eine der folgenden Marken.<br />
Aiways Unter den jungen chinesischen E-Autoherstellern<br />
ist Aiways so etwas wie der Benjamin. Obwohl das<br />
Unternehmen aus Shanghai erst 2017 gegründet wurde, zählte<br />
es zur Speerspitze der chinesischen Offensive in Europa, brachte<br />
bereits 2020 sein erstes Modell auf den deutschen Markt. Das<br />
ging nicht zuletzt deswegen so schnell, weil sich der Hersteller<br />
zunächst ein Händler-Netz gespart hat. Statt die Autos online oder<br />
über Autohaus-Vertragspartner zu verkaufen, nutzte man für den<br />
Vertrieb die Filialen der Elektronikmarkt-Einkaufsgemeinschaft<br />
Euronics. Deren selbstständige Händler konnten die Aiways-Mobile<br />
auf Kommission ins Programm nehmen, ohne dass für sie<br />
oder für den Autobauer große Investitionen nötig gewesen wären.<br />
Mittlerweile ist das Konzept jedoch an Grenzen gestoßen, sodass<br />
sich die Deutschland-Zentrale von Aiways nach alternativen Vertriebswegen<br />
umschaut. Nicht unwahrscheinlich, dass es künftig<br />
zumindest einzelne niedergelassene Autohändler gibt, die die aktuell<br />
zwei Modelle der Marke verkaufen: das Mittelklasse-SUV U5<br />
sowie dessen Coupé-Ableger U6. Beide stehen auf einer reinen<br />
E-Auto-Plattform und bieten dementsprechend üppige Platzverhältnisse<br />
im Inneren. Fünf nach außen gerichtete HD-Kameras,<br />
drei Radarsensoren und zwei Innenraumkameras deuten darauf<br />
hin, dass die Marke autonomes Fahren als künftige Kernkompe-<br />
tenz begreift. Ungewöhnliche Details wie der aus dem Flugzeug-<br />
Cockpit abgeschaute Fahrstufen-Wahlhebel oder eine portable<br />
Ledertasche anstelle eines Handschuhfachs sollen schon heute<br />
das eigene Profil schärfen. Dazu kommen ordentliche Reichweiten<br />
und vergleichsweise günstige Startpreise unterhalb von<br />
40.000 Euro. Während die Chinesen damit hierzulande durchaus<br />
wettbewerbsfähig sind, zählen sie in der Heimat zu den teureren<br />
Anbietern. Das dürfte einer der Gründe für die kürzlich erfolgte<br />
Ankündigung sein, sich nun vor allem auf den europäischen Markt<br />
zu konzentrieren. In China baut man im Werk Shangrao weiterhin<br />
die Autos, stellt dort aber den Neuwagenverkauf ein und betreut<br />
lediglich noch die Bestandskunden.
Nio Das Start-up aus Shanghai will Premium-Elektroautos<br />
bauen, die auch im Vergleich mit der etablierten Konkurrenz<br />
aus Japan, USA und Europa bestehen können. Gleichzeitig<br />
legt Nio bei Entwicklung und Neuheitenzyklus ein hohes<br />
Tempo vor, hat seit dem Produktionsstart 2016 bereits acht<br />
Modelle auf den Markt gebracht. In Deutschland sind aktuell<br />
unter anderem die Prestige-Limousinen ET7 und ET5 sowie<br />
die SUVs EL6 und EL7 zu haben – immer penibel verarbeitet,<br />
edel ausstaffiert und mit besonders ambitioniertem<br />
Infotainment inklusive eines kleinen Roboter-Assistenten<br />
auf dem Armaturenbrett. Das Besondere an Nio ist aber etwas<br />
anderes: die Batterie-Wechselstationen. Statt lange am<br />
Ladekabel zu hängen, können bei den Limousinen und SUV<br />
der Marke die Akkus vollautomatisch innerhalb von etwa 5 Minuten<br />
getauscht werden. In China funktioniert das bereits in großem<br />
Stil, in Deutschland ist erst eine Handvoll Stationen am Netz.<br />
Aber auch ohne Tausch-Batterie legt Nio großen Wert auf hohe<br />
Reichweiten, angekündigt sind mit der neuen Akku-Ausbaustufe<br />
1.000 Kilometer und mehr. Ein mögliches Hindernis in Deutschland<br />
könnte allerdings der Fokus auf das Batterie-Mietmodell<br />
darstellen. Der komplette Erwerb der Speicher durch den Kunden<br />
soll die Ausnahme sein, was für hiesige Käufer ungewohnt<br />
ist. Ebenso das daraus resultierende Rechenmodell: So kommen<br />
beim Mittelklassemodell ET5 zu den knapp 45.000 Euro für das<br />
Auto wahlweise einmalig 12.000 Euro oder monatlich 170 Euro<br />
für die kleinere Batterie dazu.<br />
57<br />
MG Motor An der Tochter des staatlichen<br />
SAIC-Konzerns lässt sich die Entwicklung der chinesischen Autoindustrie<br />
pars pro toto nachvollziehen. Nach der Übernahme der<br />
maroden britischen Marke im Jahr 2005 baute MG zunächst die<br />
alten Modelle der Europäer weiter, bevor 2009 mit der Mittelklasselimousine<br />
MG6 noch tastend und vorsichtig das erste eigene<br />
Auto vorgestellt wurde. Der durch solide Technik zu vergleichsweise<br />
günstigen Preisen erreichte Erfolg auf der Insel ließ das<br />
Selbstbewusstsein wachsen – uns sorgte für eine schnelle Expansion<br />
auf den Kontinent. Im ersten Halbjahr <strong>2023</strong> war MG Motor<br />
mit einem Marktanteil von 1,5 Prozent der mit großem Abstand<br />
erfolgreichste chinesische Anbieter in der alten Welt.<br />
Mit dem ab 32.000 Euro erhältlichen Kompaktwagen MG4 hat<br />
die Marke zudem mittlerweile einen Bestseller im Programm,<br />
der in den europäischen E-Auto-Charts im ersten Halbjahr mit<br />
knapp 31.000 Einheiten auf Rang sechs landete – knapp hinter<br />
dem 35.000 Mal verkauften VW ID.3, der zu den direkten Konkurrenten<br />
zählt. In Europa übrigens genauso wie in China, wo der<br />
MG unter dem Modellnamen Mulan gegen den vor Ort gebauten<br />
Volkswagen antritt. Der Zweikampf der beiden Marken und ihrer<br />
Konzernmütter könnte zu einem der spannendsten im wachsenden<br />
E-Auto-Geschäft werden.
58<br />
<strong>2023</strong><br />
Chinesische Autos<br />
BYD Fast zwei Millionen E-Autos hat „Build your Dreams“<br />
im vergangenen Jahr verkauft. Nur eine Handvoll davon in Europa.<br />
Doch das dürfte sich ändern: Der privat geführte Konzern<br />
aus Shenzen legt seit vielen Quartalen hohe zwei- und dreistellige<br />
Wachstumsraten hin – und es ist nur eine Frage der Zeit,<br />
bevor ihm China zu klein wird. Aktuell sucht das Unternehmen<br />
einen Standort für sein erstes europäisches Werk. Hilfreich ist bei<br />
der Expansion sicher auch, dass BYD zu den weltgrößten und<br />
innovativsten Akku-Produzenten zählt. Zuletzt hatte<br />
man mit der günstigen und robusten Blade-<br />
Batterie einen Techniktrend gesetzt,<br />
dem mittlerweile auch zahlreiche westliche Hersteller folgen.<br />
Interessantestes Modell für Deutschland ist zunächst der Atto 3:<br />
Das Kompakt-SUV zielt bei Zuschnitt, Preis (ab 45.000 Euro)<br />
und Reichweite (420 Kilometer) auf das Herz des hiesigen E-<br />
Auto-Marktes und soll mit pfiffigem Infotainmentsystem anderen<br />
Volumenmodellen wie dem VW ID.4 und Konsorten das Leben<br />
schwer machen. Bestseller-Potenzial könnten auch der für Ende<br />
des Jahres angekündigte Kleinwagen Dolphin sowie der noch<br />
eine Nummer kleinere Seagull haben, während die Flaggschiff-<br />
Limousine Han und das große Business-SUV Tang wohl vor allem<br />
aus Prestigegründen nach Europa kommen.<br />
Ora Wie der VW Käfer als Elektroauto aussehen würde?<br />
Die Antwort darauf hat nicht etwa Volkswagen gegeben, sondern<br />
der chinesische Great-Wall-Konzern in Person seiner Tochtermarke<br />
Ora. Die hat sich 2022 beim Kompaktwagen Ballet Cat<br />
vom legendären Beetle mindestens stark inspirieren lassen. Auch<br />
das erste Auto für den deutschen Markt – der Funky Cat – wirkt<br />
irgendwie bekannt. Allerdings ohne, dass man das konkrete Vorbild<br />
benennen könnte. Die Marke mixt fröhlich Elemente aus der<br />
langen automobilen Design-Geschichte des 20. Jahrhunderts<br />
zusammen, die vor allem eine junge Lifestyle-Kundschaft locken<br />
sollen. Die findet auch viel Konnektivität, Massagesitze und schicke<br />
Bildschirmlandschaften im Innenraum vor. Verkauft wird online,<br />
aber auch klassisch über niedergelassene Händler, die Preisliste<br />
startet bei äußerst selbstbewussten 39.000 Euro. Mit der Emil-<br />
Frey-Gruppe steht den Chinesen ein Partner zur Seite, der nicht<br />
nur als Importeur von Mitsubishi und Subaru bekannt ist, sondern<br />
auch eine große Zahl von Mehrmarken-Autohäusern selbst betreibt.<br />
Dank Retro-Design und knalliger Farben dürften die Ora-<br />
Modelle dort zumindest optisch nicht untergehen.
59<br />
Zeekr In Europa hält man gemeinhin Stellantis mit<br />
seinen 16 Marken für den „Brand-Champion“ im Autogeschäft.<br />
Der Geely-Konzern bringt jedoch noch zwei mehr auf die Waage:<br />
neben beispielsweise Volvo, Polestar, Lynk&Co sowie Lotus seit<br />
kurzem auch die elektrische Premiummarke Zeekr. Das Kunstwort<br />
soll sich aus den Begriffen „Generation Z“ und „Geek“ zusammensetzen<br />
– einer positiven Bezeichnung für technikaffine Sonderlinge.<br />
Begeistern will man die junge und solvente Zielgruppe, die<br />
in Asien deutlich vielköpfiger ist als hierzulande, nicht zuletzt mit<br />
autonomem Fahren, das durch Kooperationen mit Waymo und<br />
Mobileye möglichst schnell serienreif werden soll. Erstes Modell<br />
der Marke in Europa dürfte noch in diesem Jahr der Zeekr X werden,<br />
ein Ableger von Smart #1 und Volvo EX30. Autonom fahren<br />
wird der aber noch nicht. Stattdessen soll er mit besonders<br />
hochwertiger Innenausstattung punkten, was allerdings auch zu<br />
einem sehr selbstbewussten Preis führt, der mit rund 45.000 Euro<br />
oberhalb der beiden Markenbrüder liegt. Ob es hierzulande ausreichend<br />
junge Erwachsene gibt, die sich solche Beträge leisten<br />
können, bleibt abzuwarten. Notfalls muss halt doch wieder die<br />
Generation X zugreifen.<br />
Xpeng Spätestens seit dem Einstieg von<br />
Volkswagen ist das Start-up aus Guangzhou auch den Auto-Interessierten<br />
hierzulande ein Begriff. Die Norddeutschen<br />
wollen mit chinesischer Hilfe bei Entwicklung und<br />
Software schon bald zwei Mittelklassemodelle auf den dortigen<br />
Markt bringen. Während es sich dabei wohl um Autos<br />
im niedrigen mittleren Preissegment handeln dürfte, strebt<br />
Xpeng in Europa nach Höherem. Etwa mit dem großen SUV-<br />
Modell G9 (ab rund 60.000 Euro) mit seiner in diesem Segment<br />
konkurrenzlosen Schnellladeleistung von 300 kW.<br />
Oder der Limousine P7 mit optionalen Flügeltüren (ab rund<br />
50.000 Euro). Technisch will Xpeng außerdem mit Software und<br />
Vernetzung punkten – und geht dabei durchaus selbstbewusst<br />
vor. Unter anderem zoffte man sich bereits mit Weltkonzernen<br />
wie Tesla oder Apple um geistiges Eigentum. Geld erhält das<br />
2014 gegründete Unternehmen außer von Volkswagen auch von<br />
den chinesischen IT-Giganten Alibaba und Xiaomi sowie von der<br />
Börse – seit 2020 ist man in New York gelistet. Ein Markteintritt<br />
in der Tesla-Heimat scheint nur noch eine Frage der Zeit. Bislang<br />
steht aber noch Europa im Zentrum der Expansion.
60<br />
<strong>2023</strong><br />
DIE ZUKUNFT DES AUTOS<br />
ELEKTRISCH.<br />
UND SONST<br />
SO? Prognosen<br />
sind schwierig, insbesondere wenn sie die Zukunft betreffen,<br />
heißt es. Beim Auto gilt das in einer Hinsicht nicht: beim<br />
Antrieb. Zumindest in Westeuropa wird er bei Neuwagen bald<br />
ausschließlich elektrisch sein. Und auch ein paar andere Trends<br />
für die Mobilität von morgen lassen sich bereits heute erkennen.<br />
In der Branche ist bereits seit Jahren vom<br />
anstehenden Umbruch die Rede. Dem<br />
größten seit Erfindung des Autos, einem,<br />
der alle alten Gewissheiten umwirft. Am<br />
klarsten zu erkennen ist die Revolution<br />
am Herz des Fahrzeugs, dem Antrieb,<br />
der immer elektrischer wird. Spätestens<br />
ab 2035 dürfen in Europa keine Autos<br />
mit Verbrennungsmotor mehr angeboten<br />
werden. Einzelne Marken wollen ihr<br />
Portfolio schon vorher vollständig auf<br />
Batteriebetrieb umgestellt haben, Opel<br />
bereits ab 2028, Mini ab 2030 und Volkswagen<br />
2033. Doch schon lange vorher<br />
dürften neue Modelle nur noch als E-<br />
Autos auf den Markt kommen – die aktuellen<br />
Fahrzeuggenerationen sind bei<br />
den meisten Herstellern die letzten noch<br />
mit Verbrennungsmotor ausgerüsteten.<br />
Auch wenn E-Auto-Skeptiker auf E-Fuels<br />
und den Wasserstoff-Verbrenner hoffen –<br />
eine Zukunft haben Benziner und Diesel<br />
im Pkw wohl nur noch außerhalb der EU,<br />
Chinas und der USA.<br />
AUTONOME NORMALITÄT<br />
Während die Antriebsfrage also geklärt<br />
ist, gibt es bei einem anderen Megatrend
61<br />
noch ein paar Unsicherheiten: dem autonomen<br />
Fahren. In ersten Pkw darf der<br />
Mensch die Hände bereits dauerhaft vom<br />
Lenkrad lassen, wenn auch nur auf klar<br />
definierten Strecken und bei höchstens<br />
mittlerem Tempo. Aber ob und wann<br />
dieses sogenannte Level-3-Fahren auch<br />
in Autos unterhalb der Luxusklasse einzieht,<br />
ist aktuell schwer zu sagen. Für die<br />
meisten Hersteller dürften technischer<br />
Aufwand und Kundennutzen erst einmal<br />
nicht zusammenpassen.<br />
Kurzfristig könnte sich das autonome Fahren<br />
aber im kommerziellen Bereich durchsetzen.<br />
Vor allem in Kalifornien sind schon<br />
erste Robotaxi-Flotten im Einsatz, oft nicht<br />
von klassischen Autoherstellern, sondern<br />
von IT-Unternehmen betrieben. Im durchregulierten<br />
Deutschland mit seinen Hochgeschwindigkeitsautobahnen<br />
und den teils<br />
mittelalterlichen Stadt-Topographien dürfte<br />
es aber noch dauern, bis automatisierte<br />
Fahrdienste im großen Stil unterwegs sind.<br />
Auch, weil große Teile der Bevölkerung der<br />
Technik skeptisch gegenüberstehen – aus<br />
Sorge um die Betriebssicherheit und Angst<br />
um Arbeitsplätze.<br />
Das Versprechen sinkender Verkehrsopferzahlen<br />
ist aber nicht der einzige Grund,<br />
der für das automatisierte Fahren spricht.<br />
Wenn die ermüdungsfreie und nicht entlohnte<br />
Maschine am Steuer sitzt, macht<br />
das auch den Weg für eine Revolution<br />
beim Pkw-Besitz frei. Statt ein Auto zu<br />
kaufen und es die meiste Zeit des Tages<br />
irgendwo rumstehen zu lassen, könnten<br />
Menschen Mobilität kaufen. „Dienstleistung<br />
statt Eigentum“, heißt auch im<br />
Verkehr das Grundmotto jeder Digitalisierung.<br />
Ridesharing- und Ridehailing-<br />
Dienste wie sie schon mit menschlichen<br />
Fahrern angeboten werden, könnten<br />
dann effizienter und günstiger von Robotern<br />
erledigt werden. Langfristig ist auch<br />
eine vernetzte Flotte von autonom fahrenden<br />
Fahrzeugen vorstellbar, die von<br />
verschiedenen Nutzern geteilt werden.<br />
Das hätte das Potenzial, den Verkehr zu<br />
reduzieren, Parkplatzprobleme zu lösen<br />
und gleichzeitig die Umweltauswirkungen<br />
des Individualverkehrs zu minimieren.<br />
RAUS AUS DEN STÄDTEN<br />
Fahrzeuge und Beförderungsmittel sind<br />
aber nur eine Seite der Mobilitätswende.<br />
Auch die Gestaltung der Städte wird einen<br />
erheblichen Einfluss auf den Verkehr<br />
der Zukunft haben. Außerhalb Deutschlands<br />
experimentieren viele Kommunen<br />
bereits mit autofreien Vierteln oder strikten<br />
Einfahrbeschränkungen zumindest<br />
für Verbrenner. Andere versuchen, den<br />
öffentlichen Nahverkehr zu optimieren,<br />
um die Abhängigkeit vom individuellen<br />
Auto zu verringern. Auch in Deutschland<br />
setzen Städte vermehrt auf grüne Infrastruktur,<br />
indem sie das Fahrradwegenetz<br />
ausbauen oder für gute Elektroauto-<br />
Infrastruktur sorgen.<br />
Auf allen diesen Feldern gibt es noch<br />
Unsicherheiten und Probleme. Etwa die<br />
Fragen, was mit den Verbrennerautos<br />
im Bestand wird, wie genau die Haftung<br />
bei autonomen Autos geregelt sein sollte<br />
oder wie leicht sich jahrzehntelange<br />
Mobilitätsgewohnheiten wirklich ändern<br />
lassen. Klar ist aber, dass der Klimawandel<br />
nach einer Revolution im Verkehr verlangt,<br />
die nicht nur die Art und Weise, wie<br />
wir uns fortbewegen, sondern auch unsere<br />
Städte, unsere Umwelt und unsere Gesellschaft<br />
beeinflussen wird.
62<br />
<strong>2023</strong><br />
Die Zukunft des Autos<br />
MIT DEM E-AUTO AUF LANGSTRECKE<br />
Nicht allein die<br />
Ladeplanung zählt<br />
Die richtige Ladestopp-Strategie und passende Ladekarten bleiben für die Langstreckenfahrt<br />
mit dem E-Auto unverzichtbar. Aber auch ein paar ganz alltagspraktische Überlegungen<br />
jenseits von Akkugröße und Energieverbrauch sind zu bedenken.<br />
GERNE TIEFGARAGE<br />
Wer nach langer Elektrofahrt am Zielort ankommt, ist geneigt,<br />
den erstbesten Parkplatz zu wählen. Beste Option ist natürlich<br />
immer die an der Ladesäule. Sollte das nicht der Fall sein, ist in<br />
den meisten Fällen die Tiefgarage oder ein Parkhaus dem Stellplatz<br />
unter freiem Himmel vorzuziehen. An einem geschützten<br />
Abstellort bleibt das Auto im Winter einigermaßen warm und im<br />
Sommer halbwegs kühl. Beides kommt der Reichweite für den<br />
Rückweg zugute. Ein durchgekühlter Akku gibt weniger Energie<br />
ab, ein heißer Innenraum benötigt Strom zum Herunterkühlen.
RUSHHOUR MEIDEN<br />
Ladeinfrastruktur und E-Autodichte passen aktuell so einigermaßen<br />
zusammen, vor allem an den Hauptverkehrsachsen. Das<br />
gilt allerdings nicht zu jeder Tages- und Wochenzeit. Wer etwa<br />
Freitagabends rund um Pendler-Metropolen nach einem freien<br />
Platz am Schnelllader sucht, hat möglicherweise Pech und muss<br />
sich hinten in der Schlange anstellen. Wer vor Hauptverkehrszeiten<br />
schon den Energievorrat nachgefüllt hat, kann entspannt<br />
am Gewimmel vorbeigleiten. Ist das nicht möglich, sollte der<br />
zusätzliche Zeitbedarf eingeplant werden, damit am Ende keine<br />
Hektik entsteht.<br />
63<br />
LIEBER FLEXIBEL ALS AKRIBISCH<br />
In den Pioniertagen der E-Mobilität ging ohne generalstabsmäßige<br />
Planung nichts. Mittlerweile sind an den großen Autobahnen<br />
aber fast alle Rasthöfe mit E-Auto-Tankstellen ausgestattet. Wer<br />
bestimmte Anforderungen an Gastronomie, Ladesäulenbetreiber<br />
und Ambiente hat, sucht sich vorher unverbindlich ein paar passende<br />
heraus – und schaut dann, wie Lust und Laune nachher<br />
dazu passen. Flexibilität ist mittlerweile entspannt möglich. Als<br />
Rückfalloption sollte man aber immer das Smartphone zur Hand<br />
haben, falls das Auto-Navigationssystem zu erratisch agiert. Bewährt<br />
haben sich neben den Apps des eigenen E-Mobilitätsproviders<br />
unter anderem das Ladesäulenverzeichnis von „Goingelectric“<br />
und die App „A Better Route Planner“ (ABRP). Auch Google<br />
Maps listet mittlerweile zuverlässig Ladestationen auf.<br />
Ladesäule freischalten<br />
SO KOMMT MAN AN DEN STROM<br />
Wer an einer öffentlichen Ladesäule Strom für sein E-Auto<br />
zapfen möchte, muss diese zunächst einmal freischalten.<br />
Diese drei Wege sind aktuell die gängigsten.<br />
LADEKARTE: Die Ladekarte im Scheckkartenformat ist<br />
die wohl meist eingesetzte und praktischste Lösung. Sie<br />
benötigt nicht viel Platz, ist immer dabei und bei Verlust<br />
schnell und kostengünstig ersetzt. Mit der Ladesäule<br />
kommuniziert wird über die RFID-Nahfunk-Technik, die<br />
den Nutzer authentifiziert und die Stromabgabe freischaltet.<br />
Eine Ladekarte oder den häufig alternativ angebotenen<br />
Chip für den Schlüsselbund erhält man bei<br />
seinem E-Mobilitätsprovider.<br />
LADESITUATION AM ZIELORT KLÄREN<br />
An vielen Hotels, Freizeiteinrichtungen und Einkaufzentren ist<br />
mittlerweile das sogenannte „Destination Charging“ möglich, das<br />
Aufladen während des Aufenthalts. Die Kapazitäten sind aber meist<br />
beschränkt. Sollte eine Reservierung vorab möglich sein, empfiehlt<br />
sich diese also. Zudem ist vor allem bei kleineren Hotels und Betrieben<br />
Vorsicht geboten, wenn eine „Elektroauto-Tankstelle“ angekündigt<br />
ist. In manchen Fällen handelt es sich schlicht um eine<br />
Schuko- oder CEE-Steckdose auf dem Kundenparkplatz. Wer auf<br />
solche Überraschungen vorbereitet sein will, besorgt sich eine<br />
mobile Ladestation mit Adapter, etwa einen Juice Booster, NRG<br />
Kick oder Go-e Charger. Damit lässt sich im Notfall auch über die<br />
Camping- oder Baustellensteckdose Strom ziehen.<br />
HANDY-APP: Neben der Karte ist die Smartphone-App<br />
der wohl häufigste Weg, eine Ladesäule freizuschalten.<br />
Das hat im direkten Vergleich häufig den Vorteil, dass<br />
man die tatsächlich zu zahlenden kWh-Preise noch vor<br />
dem Start des Ladevorgangs sieht. Zudem bietet die App<br />
oft weitere nützliche Funktionen wie eine Übersicht naher<br />
Säulen. Nachteil: Ohne Akku oder Mobilfunkempfang<br />
funktioniert die App nicht.<br />
AUTOMATISCHE ERKENNUNG: Ganz ohne Karte oder<br />
App gelingt das Freischalten, wenn sich das Auto direkt<br />
gegenüber der Ladesäule identifizieren kann. Das bekannteste<br />
System für automatisiertes Laden und Abrechnen<br />
sind „Plug&Charge“ und „Autocharge“ – der Ladevorgang<br />
startet jeweils ohne weitere Authentifizierung<br />
per Karte oder App. Allerdings bieten bislang weder alle<br />
Fahrzeuge noch alle Ladesäulen diese Funktion.
64<br />
<strong>2023</strong><br />
Die Zukunft des Autos<br />
WALLBOXKAUF<br />
Effizienzgewinn an<br />
der Garagenwand<br />
Wer sein Elektroauto stressfrei zu Hause laden will, kommt um die Anschaffung<br />
einer Wallbox kaum herum. Denn mit einer eigenen Ladestation geht<br />
das Auffüllen der Batterie schneller, komfortabler und sicherer als an einer<br />
Haushaltssteckdose. Bei der Anschaffung sind ein paar Dinge zu beachten.<br />
KANN ICH NICHT EINFACH AN DER HAUSHALTS-<br />
STECKDOSE LADEN?<br />
Ja, vorausgesetzt, die Hausinstallation ist halbwegs modern und<br />
fachmännisch gemacht. Am besten lässt man mal einen Elektriker<br />
drauf schauen. Untaugliche Leitungen und Dosen können im<br />
schlimmsten Fall überhitzen und zu einem Brand führen. Aber<br />
nicht nur unter Sicherheitsaspekten bietet eine Wallbox Vorteile.<br />
So lädt sie das E-Auto deutlich schneller auf als eine Haushaltssteckdose.<br />
Dazu kommt: Die Ladeverluste sind beim Tanken an<br />
der Box geringer als in anderen Tank-Modi. Lädt man an der Wallbox<br />
mit maximaler Leistung, ist der Ladevorgang entsprechend<br />
kürzer und effizienter.<br />
WELCHE LADELEISTUNG BENÖTIGE ICH?<br />
Wallboxen gibt es in unterschiedlichen Leistungsstufen. Je höher<br />
der kW-Wert ist, desto schneller ist der Akku voll. Als Standard hat<br />
sich eine Leistung von 11 kW etabliert. Die meisten Hausleitungen<br />
geben das her, gleichzeitig ist keine Genehmigung durch den<br />
Netzbetreiber nötig. Die braucht es, wenn man eine 22-kW-Wallbox<br />
in Betrieb nehmen will. Der Aufwand und die Zusatzkosten<br />
lohnen sich in der Regel nicht.<br />
MUSS DIE WALLBOX FEST AN DER WAND<br />
INSTALLIERT SEIN?<br />
Nein, es gibt auch einige mobile Ladegeräte wie Juice Booster,<br />
NRG Kick oder den Go-e Charger. Sie sind vor allem für E-Autofahrer<br />
mit mehreren Wohnsitzen oder Anlaufpunkten interessant.<br />
Die Boxen plus Kabel lassen sich im Kofferraum mitführen und<br />
dank verschiedener Adapter vor Ort an fast jede beliebige Stromquelle<br />
anschließen. Preislich liegen die mobilen Boxen in einem<br />
ähnlichen Bereich wie feste Geräte.<br />
WIE SCHNELL IST DER AKKU GEFÜLLT?<br />
Als Daumenregel gilt: Für die Dauer einer kompletten Ladung teilt<br />
man die Netto-Akkukapazität seines Fahrzeugs durch die verfügbare<br />
Ladeleistung. Zu bedenken ist allerdings, dass ein Laden von<br />
null auf 100 im Alltag kaum vorkommt. Nur selten erreicht man<br />
mit komplett leerer Batterie die heimische Stromquelle. Und die<br />
Vollladung auf 100 Prozent vermeidet man nach Möglichkeit auch,<br />
um den Akku zu schonen.
65<br />
WIE KANN ICH STROM AUS MEINER SOLARANLAGE<br />
TANKEN?<br />
Prinzipiell kann man jede Wallbox in Kombination mit einer PV-<br />
Anlage betreiben. Hängt das Auto an der Steckdose, wird ganz<br />
normal geladen – allerdings unabhängig davon, ob gerade Solarstrom<br />
oder nur Netzstrom zur Verfügung steht. Finanziell interessanter<br />
ist es aber in der Regel, wenn das Auto ausschließlich<br />
oder vornehmlich mit Sonnenenergie betrieben wird. Dann wird<br />
eine Wallbox mit statischem Lastmanagement benötigt, die mit<br />
dem Wechselrichter der Solarinstallation kommunizieren kann.<br />
Die Steuerung ermöglicht das sogenannte PV-Überschussladen,<br />
bei dem nach einer zuvor programmierten Regel nur Strom genutzt<br />
wird, der ansonsten gerade nicht im Haus benötigt wird.<br />
WER MONTIERT MIR DIE BOX?<br />
Die Installation der Wallbox muss durch einen Fachmann erfolgen.<br />
Er meldet die Wallbox beim Netzbetreiber an. Außerdem ist<br />
ein separater Stromkreis erforderlich, der über eine Fehlerstromschutzeinrichtung<br />
(FI-Schalter) verfügt. Ein auf Elektromobilität<br />
spezialisierter Installateur prüft vorhandene Anschlüsse und, je<br />
nach Alter des Gebäudes, auch die elektrische Anlage, liefert eine<br />
Kostenschätzung und empfiehlt geeignete Wallboxen. Interessenten<br />
finden einen Fachmann unter elektrohandwerk.de/fachbetriebssuche<br />
(im Filter das Häkchen bei „E-Mobilität“ setzen).<br />
Alternativ kann man über Stromanbieter einen Rundumservice<br />
mit Beratung, Wallbox-Kauf, Montage und Stromtarif buchen.<br />
SOLLTE ICH EINE WALLBOX MIT FESTEM KABEL<br />
NEHMEN?<br />
Ein fest mit der Wallbox verbundenes Ladekabel (Typ 2) dürfte für<br />
die meisten Nutzer die sinnvollste Variante sein. Auch, weil das<br />
fahrzeugeigene Kabel für die öffentliche Ladesäule im Kofferraum<br />
bleibt und nicht vergessen werden kann. Wer eine Wallbox ohne<br />
fest installiertes Ladekabel wählt, kann mit Adaptern auch ältere<br />
Modelle betanken, die einen Typ-1-Stecker benötigen. Die meisten<br />
E-Autos in Europa nutzen heutzutage den Typ-2-Standard.<br />
WAS KOSTET MICH DAS?<br />
Bei vielen Anbietern hat sich mittlerweile ein mehrstufiges Portfolio<br />
etabliert – von einfach und günstig bis smart und hochpreisig.<br />
Basisgeräte mit sparsamer Ausstattung gibt es ab rund 400<br />
Euro. Wer Extras wie Lastmanagement und RFID-Kartenleser zur<br />
Freischaltung benötigt, zahlt zwischen 600 und 1.000 Euro. Darüber<br />
rangieren die Top-Modelle mit üppiger Ausstattung, App-<br />
Anbindung und Online-Funktionen. Dazu kommen noch die<br />
Installationskosten.
66<br />
<strong>2023</strong><br />
Die Zukunft des Autos<br />
In den Charging-Hubs von Audi gerät das Laden fast schon zur Nebensache.<br />
Gäste können hier eine Wohlfühl-Lounge besuchen, die mit verschiedenen<br />
Annehmlichkeiten die Zeit des Wartens versüßt.<br />
TANKSTELLE DER ZUKUNFT<br />
Laden als Lifestyle<br />
Noch vor wenigen Jahren endete die Suche nach öffentlichen Schnellladesäulen häufig auf<br />
schnöden Rastplätzen oder in trostlosen Gewerbegebieten, wo E-Fahrer manch freudlose Stunde<br />
wartend in zugigen Ecken absitzen mussten. Doch Autohersteller, Energiekonzerne und andere<br />
Investoren setzen mittlerweile verstärkt auf Ladeparks und -anlagen der netten Art, die sogar nicht<br />
selten Mehrwert bieten. Mancherorts bekommt das Betanken von E-Fahrzeugen sogar Event-<br />
Charakter mit einem Schuss Lifestyle.<br />
Laden als Event? Das gab es schon einmal,<br />
als Tesla vor rund 10 Jahren erste<br />
Schnellladeparks in Deutschland ans Netz<br />
brachte. Die langen Reihen stylischer Ladesäulen<br />
machten jedenfalls Eindruck. Die<br />
Nutzer durften zudem kostenlos tanken<br />
und sich auch sonst privilegiert fühlen.<br />
Der Wow-Effekt der Anlagen hat sich inzwischen<br />
überlebt. Auf den Wert der Marke<br />
hat der Pionier-Geist dennoch kräftig<br />
eingezahlt.<br />
Wohl auch deshalb setzen Hersteller wie<br />
Audi und Porsche mittlerweile ebenfalls<br />
auf Marken-gebundene Lade-Hubs, die<br />
zudem als kleine Erlebniswelten inszeniert<br />
werden. Audi hat bislang zwei Anlagen –<br />
eine in Nürnberg, eine in Berlin – in Betrieb<br />
genommen. Porsche ist gerade in<br />
Bingen gestartet. Es handelt sich um Gebäude<br />
mit moderner Würfelarchitektur,<br />
Besucher-Lounges und Terrassen. Während<br />
Charging Lounges von Porsche ein<br />
„markenadäquates Ladeerlebnis“ exklusiv<br />
für Fahrer der Sportmarke bieten sollen,<br />
gestattet Audi auch markenfremden Gästen<br />
den Besuch in einer kleinen Lounge.<br />
Audi- und Porsche-Nutzer dürfen hingegen<br />
in die größere und feinere Lounge<br />
mit Concierge-Empfang.<br />
Der Sortimo-Ladepark mit Akkuwechselstation<br />
von Nio.<br />
Die Anlagen setzen zudem auf hohe Ladeleistungen,<br />
niedrige Fahrstrompreise<br />
und nachhaltige Lösungen wie Solaranlagen,<br />
Second-Life-Batteriespeicher<br />
oder Wärmepumpen zur Gebäudeklimatisierung.<br />
Den Gästen werden WLAN,
Sitz- und Arbeitsplätze, Automaten-Gastronomie<br />
und WC geboten. Dank einer<br />
Kooperation mit Gorillas können Besucher<br />
der Audi-Lounge in Nürnberg sich sogar<br />
Online-Einkäufe liefern lassen oder eine<br />
mobile Autopflege mit Fahrzeugreinigung<br />
beauftragen.<br />
Doch elektrisches Laden wird in Zukunft<br />
auch durchökonomisiertes Massenphänomen<br />
sein und Lade-Lounges mit Concierge<br />
vermutlich eher rare Inseln der<br />
Beschaulichkeit bleiben. Zu den großen<br />
Treibern beim Aufbau einer Schnellladeinfrastruktur<br />
in Deutschland für eine vermutlich<br />
weiter stark steigende Zahl von<br />
E-Autos gehört der Energiekonzern EnBW.<br />
Die Planer des börsennotierten Unternehmens<br />
denken offensichtlich groß, wie<br />
neue Parks in Kamen und Großburgwedel<br />
mit 52 beziehungsweise 32 Ladepunkten<br />
zeigen. Aktuell bieten diese dank ihrer vielen<br />
Anschlüsse jedem E-Fahrer fast schon<br />
die Garantie, auch spontan einen freien<br />
Ladeplatz zu finden. Doch auch bei diesen<br />
Anlagen wurde die Idee einer Genusspause<br />
in abgespeckter Form berücksichtigt.<br />
In Kamen gibt es immerhin vor Regen<br />
geschützte Sitzgruppen, Automatenshop<br />
und Toilettenraum. In direkter Nähe befinden<br />
sich zudem Tankstellen und Restaurants.<br />
Ein ähnliches Umfeld bietet auch<br />
der Ladepark bei Hannover, der zudem<br />
mit Service-Inseln ausgestattet wurde.<br />
Wer Strom tankt, kann dank dieser nebenbei<br />
den Reifendruck prüfen oder sein<br />
Auto von innen reinigen.<br />
Ladeleistung sind vorhanden. Falls nötig,<br />
können einige Ladepunkte bereits jetzt<br />
mit 475 kW und perspektivisch sogar mit<br />
einem Megawatt laden. Hinzu kommen<br />
ein Restaurant mit Einkaufsbereich, viele<br />
Aufenthaltsmöglichkeiten, Kinderspielplatz<br />
und Räumlichkeiten für Schulungsveranstaltungen.<br />
Man darf gespannt sein,<br />
ob derart visionäre Einrichtungen Schule<br />
machen und der E-Mobilität weiter Vorschub<br />
leisten werden.<br />
67<br />
An den großen EnBW-Ladeparks findet man stets<br />
einen freien Ladepunkt.<br />
Am Ladepark Hilden können Gäste ihre Pizza<br />
mit Seeblick genießen.<br />
Auch einige weitsichtige Investoren haben<br />
sich überlegt, Ladeinfrastruktur mit Zusatzangeboten<br />
zu kombinieren. So etwa<br />
Bäckermeister Roland Schüren mit seinem<br />
2020 eröffneten Ladepark Hilden östlich<br />
von Düsseldorf. Seine Anlage bietet auf<br />
einem großzügig angelegten Areal Ladepunkte<br />
von Fastned und Tesla sowie<br />
22-kW-Lader mit günstigem Solarstrom<br />
für weniger eilige Gäste. Angesichts von<br />
Grünflächen-Pausenstation mit Strandkörben,<br />
Picknick-Sitzgruppen, Teich und<br />
einer großen Café-Bistro-Bäckerei mit<br />
Bio-Kaffee- und Pizza-Angebot kann man<br />
sich hier ruhig etwas mehr Zeit lassen.<br />
An der Autobahn A8 auf halbem Weg zwischen<br />
München und Stuttgart hat Sortimo<br />
einen dank zukunftsweisender Ladetechnik<br />
und extravaganter Architektur besonders<br />
interessanten Ladepark hingesetzt.<br />
72 Ladepunkte mit je mindestens 140 kW<br />
DIE ZAHL DER LADE-<br />
SÄULEN IN DEUTSCH-<br />
LAND STEIGT RASANT<br />
Neben der neuen Erlebnisqualität<br />
ist auch die schiere Anzahl von<br />
Schnellladesäulen in Deutschland<br />
kräftig gestiegen. Laut Bundesnetzagentur<br />
hat sie sich zwischen Mai<br />
2022 und Mai <strong>2023</strong> von 10.249 auf<br />
16.622, also um 62 Prozent, erhöht.<br />
Die Zahl der Normalladepunkte ist<br />
im gleichen Zeitraum von 56.425<br />
auf 73.683 um 31 Prozent gestiegen.<br />
Fast überall kann man bequem<br />
digital zahlen. Trotzdem geht der<br />
Ausbau immer noch zu langsam<br />
voran, um E-Autofahrern ein<br />
wirklich sicheres Nachladen<br />
außerhalb der eigenen Wallbox<br />
zu ermöglichen.
68<br />
<strong>2023</strong><br />
Die Zukunft des Autos<br />
WIE LANGE HÄLT DER AKKU?<br />
Keine Angst vor<br />
Batterie-Verschleiß<br />
Ist die Batterie kaputt, hat das E-Auto oft nur noch Schrottwert.<br />
Die teuerste Komponente im Fahrzeug ist aber durchaus widerstandsfähig.<br />
Eine vorschnelle Alterung wie in Handy oder Laptop<br />
droht in der Regel nicht.<br />
Acht Jahre und 160.000 Kilometer sind autos bislang nicht öffentlich bekannt geworden.<br />
Glaubt man aber den Aussagen<br />
aktuell der Garantie-Standard, den die<br />
meisten Hersteller ihren Kunden bieten.<br />
Über diese Dauer beziehungsweise die kommenden Jahre keine große Män-<br />
von E-Auto-Pionier Renault, ist auch für<br />
Fahrleistung ist eine Mindestkapazität in gel-Welle zu erwarten. Über 99 Prozent<br />
Höhe von 70 Prozent des Ausgangswerts aller seit dem Deutschlandstart 2013 im<br />
garantiert. Dafür müssen aber je nach Kleinwagen Zoe eingesetzten Akkus seien<br />
Hersteller einige, teils etwas schwammig<br />
formulierte Bedingungen eingehalnehmen<br />
mit.<br />
noch voll funktionsfähig, teilt das Unterten<br />
werden, etwa das exakte Befolgen<br />
der Ladeanweisungen in der Betriebsanleitung.<br />
Wie kulant oder penibel die zeittests ähnliche Ergebnisse. Die Ex-<br />
Auch der ADAC meldet aus seinen Lang-<br />
Autobauer ihre Garantie-Regelungen in perten stellen dabei vor allem die intelligenten<br />
Batteriemanagement-Systeme<br />
der Praxis auslegen, muss abgewartet<br />
werden. Bislang fehlt es an Fällen und heraus, die die Zellen im Alltag so gut<br />
Gerichtsurteilen.<br />
wie möglich schonen. Dadurch unterscheiden<br />
sich E-Auto-Akkus übrigens<br />
Generell sind systematische Probleme auch von den Speichern in Handys und<br />
mit der Batterielebensdauer bei Elektro-<br />
Laptops.<br />
Gibt es am Akku einen Defekt, lassen sich einzelne Module in der Werkstatt tauschen.t<br />
Während man bei Neuwagen wohl davon<br />
ausgehen kann, dass die Batterie maximal<br />
fit angeliefert wird, ist die Spanne<br />
der möglichen Zustände bei einem Gebrauchtwagen<br />
deutlich größer. Welche<br />
Restkapazität der Akku eines E-Autos hat,<br />
zeigt ein Batteriecheck – beispielsweise<br />
im Rahmen einer Wartung in der Herstellerwerkstatt<br />
oder bei einer Sachverständigen-Organisation.<br />
Interessant ist<br />
das auch für Verkäufer, die das erhaltene<br />
Zertifikat bei der Preisverhandlung vorlegen<br />
können.<br />
Wie lange eine Batterie lebt, hängt nicht<br />
zuletzt davon ab, wie sie behandelt wird.<br />
Da unterscheidet sich der Energiespeicher<br />
nicht von einem Verbrennungsmotor. Als<br />
Stressfaktoren für Batterien gelten unter<br />
anderem Schnellladen, lange Standzeiten<br />
mit sehr vollem oder sehr leerem Akku,<br />
vor allem bei Hitze, sowie Vollgasfahrten.<br />
Ein gelegentlicher Gesundheits-Check<br />
beim Akku hilft analog zum Arztbesuch,<br />
die Gefahr von Schäden durch leichtsinniges<br />
Verhalten im Blick zu haben und gegebenenfalls<br />
gegenzusteuern.
BATTERIE-TRENDS<br />
Da steckt<br />
noch was drin<br />
Die Zukunft des Autos<br />
69<br />
Die E-Autobatterie ist heute schon sehr<br />
ausgereift – und bietet trotzdem noch viel<br />
Entwicklungspotenzial. Vor allem bei Kosten<br />
und Reichweite dürfte sich in den kommenden<br />
Jahren noch einiges tun. Dabei sollen<br />
neue chemische Rezepte genauso helfen<br />
wie eine clevere Bauweise.<br />
sie größere Reichweiten und kürzere<br />
Ladezeiten. Wann genau die Technik in<br />
der Breite verfügbar sein wird, ist aber<br />
noch ungewiss.<br />
LFP-Technologie von BYD<br />
Doch eine gute Zellchemie ist nicht alles.<br />
Auch der Aufbau der Akkus bietet jede<br />
Menge Optimierungspotenzial. Denn je<br />
mehr der Energie speichernden Aktivmaterialien<br />
man in die Batterie bekommt,<br />
desto größer wird die Reichweite.<br />
Heute setzen die meisten E-Autobauer<br />
nickelbasierte Lithium-Ionen-Akkus ein.<br />
Die darin verwendeten Stoffe sind knapp,<br />
entsprechend teuer und teilweise sozial<br />
und ökologisch umstritten. Die Suche<br />
nach Alternativen ist also aus verschiedenen<br />
Gründen interessant für Forschung<br />
und Industrie. So rückte zuletzt etwa die<br />
Lithium-Eisenphosphat-(LFP)-Technik<br />
wieder in den Fokus, die weitgehend auf<br />
die kritischen Rohstoffe Nickel und Kobalt<br />
verzichten kann. Sie hat zwar Schwächen<br />
bei der Reichweite, gleicht das aber<br />
mit geringeren Materialkosten aus.<br />
Ein weiterer Trend der näheren Zukunft<br />
könnten Natrium-Ionen-Akkus sein, die<br />
nun erstmals in China testweise auf der<br />
Straße eingesetzt werden. Statt Lithium<br />
nutzen sie in der Elektrode das recht problemlos<br />
verfügbare Natrium, auch wenn<br />
es ein geringeres Energiespeicherpotenzial<br />
besitzt.<br />
Neben Optimierungen einer grundsätzlich<br />
bekannten Technik gibt es aber<br />
auch revolutionär anmutende Ansätze<br />
. Als „Heiliger Gral“ unter den Batterien<br />
gilt seit langem der Festkörper-Akku.<br />
Weil seine Zellen ohne Elektrolyt-Flüssigkeit<br />
auskommen, sind sie bei einem<br />
Unfall weniger feuergefährdet als aktuelle<br />
Energiespeicher. Zudem erlauben<br />
Produktion Festkörper-Akku<br />
Festkörper-Akku von Nissan<br />
Die Industrie arbeitet daher mit Hochdruck<br />
daran, überflüssiges Material im<br />
Akku-Pack loszuwerden und Kabel, Verbindungselemente<br />
sowie Kunststoff-Teile<br />
einzusparen und durch Energie speichernde<br />
Komponenten zu ersetzen.<br />
Im Akku steckt also in vielerlei Hinsicht<br />
noch Potenzial. Ob der Fortschritt zur Erhöhung<br />
der Reichweiten Richtung 1.000<br />
Kilometer und darüber hinaus genutzt<br />
wird? Oder zu leichteren und günstigeren<br />
Batterien und damit billigeren E-Autos<br />
führt? Hoffentlich sowohl als auch.
70<br />
<strong>2023</strong><br />
Die Zukunft des Autos<br />
GEBRAUCHTE E-AUTOS<br />
(K)EINE ECHTE<br />
ALTERNATIVE?<br />
Noch sind Autokäufer skeptisch, was gebrauchte Elektroautos<br />
angeht. Doch das dürfte sich aus mehreren Gründen schon<br />
sehr bald ändern.<br />
Das Interesse an und die Akzeptanz von Elektroautos wächst.<br />
Doch Neuwagenpreise von deutlich mehr als 30.000 Euro für die<br />
allermeisten Modelle sind für viele Autokäufer unerschwinglich.<br />
Sie würden womöglich gern zu einem gebrauchten E-Auto greifen,<br />
schließlich werden in Deutschland jedes Jahr in etwa doppelt<br />
so viele Gebrauchtwagen wie Neuwagen gekauft. Doch gleich<br />
mehrere Aspekte stehen dem Boom der gebrauchten Elektroautos<br />
noch im Weg – derzeit.<br />
Da ist zunächst die geringe Anzahl: Verschwindend geringe 1,2<br />
Prozent der gekauften Gebrauchtwagen 2022 waren E-Autos; bei<br />
den Pkw-Neuwagen fuhr immerhin schon knapp jeder fünfte rein<br />
elektrisch. Die Perspektive ist klar: Dienstwagen- und Leasing-<br />
Rückläufer mit einer Haltedauer von bis zu drei Jahren dürften<br />
sehr bald vermehrt auf den Markt drängen. Private Autokäufer<br />
halten ihre Fahrzeuge üblicherweise länger, aber auch hier erwarten<br />
Marktexperten eine deutliche Steigerung des Angebots.<br />
Erkennbar ist sie schon, zum Beispiel bei den Inseraten auf<br />
Deutschlands größter Online-Fahrzeugbörse: Im Juli <strong>2023</strong> lag<br />
die Anzahl der inserierten Elektrowagen mehr als drei Mal so<br />
hoch wie im gleichen Monat ein Jahr zuvor; jedes zwanzigste<br />
Auto auf der Plattform fährt aktuell elektrisch. Das Interesse der<br />
Autokäufer an gebrauchten E-Autos ist jedoch zurückgegangen,<br />
mobile.de verzeichnet weniger Klicks auf den Inseraten und eine<br />
deutlich längere Standzeit bei den Händlern.<br />
DIE PREISE SINKEN<br />
Neben den üblichen Unsicherheiten im Zusammenhang mit einem<br />
E-Auto-Kauf dürfte für Autokäufer das im Vergleich zu Elektro-Neuwagen<br />
derzeit noch relativ hohe Preisniveau eine Hürde<br />
sein. Beispielsweise werden drei Jahre alte VW ID.3 mit weniger<br />
als 30.000 Kilometern Laufleistung auf den Gebrauchtwagenbörsen<br />
für nur etwas unter 30.000 Euro angeboten.<br />
Von einem neuen ID.3 (ab ca. 40.000 Euro) lässt sich allerdings<br />
die Umweltprämie abziehen (6.750 Euro netto bei Zulassung<br />
<strong>2023</strong>, ab 2024: 4.500 Euro). Ein Gebrauchtwagen ist hingegen<br />
nur förderfähig, wenn für ihn noch keine Umweltprämie beantragt<br />
wurde – was in den wenigsten Fällen zutreffen dürfte.
71<br />
€<br />
Nach Einschätzung der Deutschen Automobil-Treuhand werden<br />
die Preise für gebrauchte Elektroautos sinken. Jüngst konnte<br />
man bereits einen Verfall beobachten. Unter anderem weil Tesla<br />
die Preise seiner Neuwagen reduzierte, was sich auf die gebrauchten<br />
Autos der Marke und in der Folge auch auf andere<br />
Fabrikate auswirkte. Auf mobile.de ist der Durchschnittspreis für<br />
Elektroautos innerhalb der vergangenen zwölf Monate um fast<br />
ein Viertel gesunken.<br />
ÄLTERER STAND DER TECHNIK<br />
Neben einem volatilen Markt entwickelt sich auch die Batterieund<br />
Ladetechnik rasant. Viele Autos auf dem Gebrauchtwagenmarkt<br />
entsprechen daher nicht mehr dem neuesten Stand der<br />
Technik. Zudem lässt die Akkuleistung mit der Zeit nach, eine<br />
geringere Reichweite muss in Kauf genommen werden. Ob<br />
das aber überhaupt ein Problem darstellt, hängt vom eigenen<br />
Bedarf ab.<br />
Nicht zuletzt ist auch für viele Gebrauchtwagenkäufer noch nicht<br />
klar, worauf sie beim Kauf eigentlich achten müssen. Kann man<br />
sich beim Verbrenner aus Laufleistung, Fahreindruck bei der Probefahrt,<br />
Pflegezustand und Eintragungen im Scheckheft ein Bild<br />
davon machen, wie es um das Auto und wichtige Verschleißteile<br />
steht, ist dies beim Elektroauto schwieriger.<br />
ZUSTAND DER BATTERIE ENTSCHEIDEND<br />
Die gute Nachricht: Verschleißteile wie Auspuff oder Kupplung<br />
hat das E-Auto nicht, der E-Motor ist wartungsarm. Umso wichtiger<br />
ist der Zustand der Batterie, er kann bis zu 50 Prozent des<br />
Wertes ausmachen. Neben Alter und Kilometerstand ist die Art<br />
des Ladens entscheidend für die Lebensdauer von Lithium-<br />
Ionen-Batterien – für den Käufer kaum einzuschätzen.<br />
Hierfür etabliert sich derzeit eine Lösung: Welche Restkapazität<br />
der Akku eines E-Autos hat, zeigt ein Batteriecheck, den<br />
zum Beispiel Prüforganisationen wie der TÜV Süd, die GTÜ<br />
oder die Dekra für um die 100 Euro anbieten. Und auch im<br />
Rahmen einer Wartung in der Herstellerwerkstatt kann man<br />
den „State of Health“, also den Gesundheitszustand des Akkus,<br />
überprüfen lassen.
72<br />
<strong>2023</strong><br />
Die Zukunft des Autos<br />
TYPENKUNDE E-MOTOR<br />
DER MAGNET MACHT<br />
DEN UNTERSCHIED<br />
Achtzylinder, Turbo,<br />
Direkteinspritzer, Diesel und<br />
Benziner – die Variantenvielfalt bei<br />
Verbrennungs-motoren ist enorm. Das<br />
Antriebsangebot im E-Mobil ist im direkten<br />
Vergleich deutlich übersichtlicher. Hier eine<br />
kleine Typenkunde.<br />
Allen Elektromotoren gemein ist der grundsätzliche Aufbau aus<br />
einem feststehenden, magnetischen Stator und einem sich bewegenden<br />
Rotor (oder „Läufer“), der letztlich über Getriebe auch<br />
die Räder des Autos in Bewegung setzt. Damit er sich dreht, muss<br />
er über ein Magnetfeld verfügen, das vom Magnetfeld des Stators<br />
angezogen wird. Kurz bevor sich beide treffen, wandert das Feld<br />
des Stators weiter und zwingt den Rotor dazu, hinterherzuziehen.<br />
PSM: Am häufigsten übernimmt aktuell der permanenterregte<br />
Synchronmotor (PSM) die Antriebsarbeit im E-Auto. „Permanent“,<br />
weil der Rotor über eigene Magneten verfügt, die ein permanentes<br />
Feld erzeugen. Diese Motoren sind kompakt, laufruhig und verfügen<br />
über einen hohen Wirkungsgrad. Allerdings sind sie teuer: Vor<br />
allem die Seltenen Erden als Rohstoff für die Permanentmagneten<br />
kosten viel, sind nur begrenzt verfügbar und in der Gewinnung<br />
energieintensiv. Trotzdem ist der PSM heute mit weitem Abstand<br />
der gängigste E-Antrieb in E-Autos und Plug-in-Hybriden.<br />
FSM: Synchronmotoren gibt es auch ohne die teuren Permanentmagneten.<br />
Bei der fremderregten Variante (FSM) wird das<br />
Magnetfeld temporär durch Strom erzeugt – also durch einen<br />
Elektromagneten. Die Konstruktion ist etwas aufwendiger als<br />
bei den PSM-Varianten, gleichzeitig ist der Wirkungsgrad etwas<br />
schlechter. Lange war diese Technik vor allem eher für E-Autos<br />
interessant, bei denen es nicht auf extreme Fahrleistungen oder<br />
Reichweiten ankommt. Weil die Seltenen Erden für die Produktion<br />
von Permanentmagneten aber fest in chinesischer Hand sind,<br />
denken aktuell viele westliche Hersteller intensiv über selbsterregte<br />
Motoren nach.<br />
ASM: Neben diesen beiden Arten von Synchronmotoren gibt es<br />
noch eine dritte Variante der E-Maschine: die asynchrone. Während<br />
bei den Synchronmotoren die Magnetfelder von Stator und<br />
Rotor im gleichen Takt laufen, hinkt der Rotor beim Asynchronmotor<br />
(ASM) leicht hinterher. Das sehr robuste Gesamtkonzept<br />
braucht mehr Platz, kommt aber ebenfalls ohne Permanentmagnete<br />
aus. Weiterer Vorteil: Wird der Strom abgeschaltet, läuft der<br />
Asynchronmotor im Freilauf mit und verbraucht keine Energie. Er<br />
ist daher vor allem in großen Langstrecken-Fahrzeugen zu finden.
73<br />
ZF-ELEKTROANTRIEB<br />
LEICHTER,<br />
KOMPAKTER, STÄRKER<br />
Wie viel Potenzial im Elektromotor steckt, zeigt ZF mit dem EVSys800. Das deutlich leichter und<br />
kompakter gewordene System auf Basis der 800-Volt-Technologie benötigt weniger Bauteile bei hoher<br />
Effizienz. Ab 2026 werden die ersten Technologien des neuen ZF-Antriebs am Markt verfügbar sein.<br />
Wie weit man pro Akkuladung mit einem<br />
Elektroauto kommt, hängt von vielen Faktoren<br />
ab. Dass nicht nur Batterie und Fahrstil<br />
einen Einfluss haben, sondern auch<br />
zum Beispiel der Elektromotor, verliert<br />
man da schon mal aus den Augen. Dabei<br />
ist ja klar: Je effizienter der Motor, desto<br />
weniger Energie benötigt er, und desto<br />
weiter kommt das Fahrzeug.<br />
Insofern lohnt es sich, diese Komponente<br />
von E-Autos, die ja gemeinhin als gar nicht<br />
so komplex gilt, weiterzuentwickeln und<br />
kontinuierlich zu optimieren. Der Technologiekonzern<br />
ZF hat jetzt präsentiert, was<br />
er in den kommenden Jahren auf diesem<br />
Gebiet herausholen will. Beim EVSys800<br />
handelt es sich um den Prototyp eines<br />
ultrakompakten 800-Volt-Antriebs, der<br />
intelligentes und selbstlernendes Energiemanagement<br />
mit einem neuen Thermomanagement<br />
kombiniert.<br />
Das System ist modular aufgebaut und besteht<br />
aus E-Motor, Reduziergetriebe mit<br />
integriertem Differenzial und einer Siliziumkarbid-Leistungselektronik.<br />
Es kommt<br />
mit weniger Bauteilen aus als der Vorgänger<br />
und vereint sämtliche Komponenten<br />
kompakt in einem Gehäuse. Das<br />
spart Platz, den man beispielsweise für die<br />
Batterie nutzen könnte, und Gewicht: Mit<br />
74 Kilogramm wiegt der Antrieb 40 Kilogramm<br />
beziehungsweise rund ein Drittel<br />
weniger als das aktuelle ZF-System.<br />
Der Motor kommt ohne schwere<br />
Seltene Erden aus, benötigt dank<br />
einer patentierten Wickeltechnik<br />
10 Prozent weniger Kupfer und<br />
passt in fast alle Fahrzeuge.<br />
Gegenüber diesem Antrieb legt der neue<br />
Prototyp auch leistungstechnisch noch<br />
mal eine Schippe drauf: Das System gibt<br />
dauerhaft 206 kW/280 PS ab, 5 Sekunden<br />
lang lässt sich die Spitzenleistung<br />
von 275 kW/380 PS abrufen. Sind zwei<br />
Motoren eingebaut, sollte das reichen,<br />
um in kürzester Zeit auf 200 km/h zu<br />
beschleunigen.<br />
Ein wichtiger Punkt ist auch der geringere<br />
Material- und Ressourcenverbrauch: Der<br />
Motor kommt ohne schwere Seltene Erden<br />
aus, benötigt dank einer patentierten<br />
Wickeltechnik 10 Prozent weniger Kupfer<br />
und passt in fast alle Fahrzeuge.<br />
Eine Schlüsselrolle für die Effizienz und<br />
Alltagstauglichkeit spielt auch das neuartige<br />
Kühl- und Heizsystem „Thermas“<br />
von ZF. Eine Wärmepumpe und eine kleine<br />
Steuereinheit werden hier zu einem fortschrittlichen<br />
Thermomanagement kombiniert,<br />
das ohne fluorhaltiges Kältemittel<br />
auskommt. Speziell an kalten Wintertagen<br />
verspricht ZF bis zu 30 Prozent mehr<br />
Reichweite als bei gängigen Systemen, die<br />
sehr stark unter tiefen Temperaturen leiden.<br />
Im Sommer, beim Schnellladen oder<br />
bei hoher Leistungsabgabe wird die Batterie<br />
dagegen schnell in ihren Wohlfühlbereich<br />
zwischen 20 und 30 Grad gebracht.
74<br />
<strong>2023</strong><br />
Die Zukunft des Autos<br />
REIFENENTWICKLUNG<br />
DREHEN AN DER<br />
ÖKO-SCHRAUBE
Wie lässt sich der ökologische Fußabdruck von Reifen verringern?<br />
Eine Frage, die die Hersteller zunehmend beschäftigt.<br />
75<br />
Die Reifenindustrie arbeitet intensiv am „grünen“ Reifen.<br />
Ein Reifen besteht aus rund 200 verschiedenen<br />
Komponenten. Die wichtigsten sind<br />
Natur- und synthetischer Kautschuk, Füllstoffe<br />
wie Ruß und Silica, Stahl, Textilien<br />
und natürliche sowie synthetische Elastomere.<br />
Außerdem werden Öle und Wachse<br />
gebraucht. Um die Ökobilanz der Reifen<br />
zu optimieren, drehen die Hersteller an<br />
verschiedenen Stellschrauben.<br />
REIFEN WERDEN NACHHALTIG<br />
Michelin will zum Beispiel bis zum Jahr<br />
2050 Reifen aus 100 Prozent biologisch<br />
hergestellten und recycelten Materialien<br />
wie etwa Naturkautschuk, Harzen auf<br />
biologischer Basis oder recycelten Kunststoff<br />
und alten Aluminiumdosen herstellen.<br />
Künftig wird der Hersteller auch<br />
farbige Plastikflaschen, Styropor und Verpackungsmaterial<br />
für die Reifenproduktion<br />
nutzen. Verwendete Öle sind pflanzlich,<br />
Silicat wird aus Reisschalen gewonnen.<br />
Für die Reifengürtel kommen wiederverwendete<br />
Stähle zum Einsatz. Die Produktion<br />
soll bis zum gesetzten Zeitpunkt<br />
klimaneutral erfolgen, und auch der Wasserbedarf<br />
soll unabhängig von der öffentlichen<br />
Wasserversorgung gedeckt werden.<br />
Dass Bestrebungen nach Nachhaltigkeit<br />
nicht einfach sind, zeigt sich etwa beim<br />
Thema Naturkautschuk. Ein Pkw-Reifen<br />
besteht zu 10 bis 30 Prozent daraus.<br />
Hauptlieferant ist der Kautschukbaum<br />
Hevea Brasiliensis. Rund 70 Prozent des<br />
weltweiten Naturkautschuks benötigt die<br />
Reifenindustrie. Die meist in Monokulturen<br />
angebaute Pflanze wächst überwiegend<br />
im „Kautschukgürtel“ um den Äquator.<br />
Neben schlechten Arbeits- und Lebensbedingungen<br />
der Plantagenarbeiter haben<br />
etwa Abholzung und der Einsatz von<br />
Pestiziden negative Auswirkungen auf die<br />
Ökosysteme sowie die Artenvielfalt. Die<br />
großen Reifenhersteller, darunter Continental,<br />
Bridgestone, Goodyear, Michelin<br />
und Pirelli, haben auf die letztlich auch<br />
imageschädigenden Probleme reagiert<br />
und etwa mit dem Tire Industry Project<br />
(TIP) und der Gründung der Globalen<br />
Plattform für nachhaltigen Naturkautschuk<br />
(Global Platform for Sustainable Natural<br />
Rubber, GPSNR) Initiativen ins Leben gerufen,<br />
die unter anderem die Arbeitsbedingungen<br />
und den Naturschutz verbessern<br />
sollen.<br />
Schon seit einigen Jahren suchen die Reifenhersteller<br />
nach Alternativen zu Naturkautschuk.<br />
So soll zum Beispiel der Russische<br />
Löwenzahn (Taraxacum kok-saghyz)<br />
eine Rolle spielen. In den Wurzeln und dem<br />
Milchsaft des Gewächses findet sich hochmolekularer<br />
Kautschuk oder auch Latexsaft<br />
– der gleiche Gummi-Grundstoff, der bisher<br />
aus dem Regenwald kommt. Hersteller<br />
wie Continental und Goodyear forschen<br />
intensiv an diesem Ersatzstoff. Langfristig<br />
soll die Pflanze auf bisher ungenutzten<br />
Flächen in gemäßigten Zonen Europas –<br />
und damit auch in geografischer Nähe zu<br />
den Reifenwerken – angebaut werden. Sie<br />
darf aber nicht in Konkurrenz zu Nahrungspflanzen<br />
stehen. Latex aus solchem Anbau<br />
würde zudem die transportbedingten CO₂-<br />
Emissionen reduzieren.<br />
Auch bei der Herstellung von synthetischem<br />
Kautschuk sucht die Reifenindustrie<br />
nach umweltfreundlicheren Alternativen,<br />
zum Beispiel beim Gas Butadien.<br />
Dies ist brennbar, polymerisiert leicht und<br />
ist Bestandteil von synthetischem Kautschuk.<br />
Michelin will das bislang noch auf<br />
Erdölbasis hergestellte Butadien künftig<br />
mittels Bioethanol aus pflanzlicher Biomasse<br />
wie etwa aus forstwirtschaftlichen<br />
oder landwirtschaftlichen Rückständen<br />
produzieren.<br />
KI HILFT BEIM ENTWICKELN<br />
Eine weitere Möglichkeit, „grüner“ zu<br />
werden, besteht bereits in der Entwicklungsphase.<br />
Moderne Reifen werden<br />
zunehmend am Simulator und mit Hilfe<br />
Künstlicher Intelligenz entwickelt. Das<br />
spart Zeit, Testkilometer und Probereifen<br />
und hilft natürlich auch, Kosten zu senken.<br />
Und eine lange Laufleistung schont ebenfalls<br />
Ressourcen und die Umwelt.<br />
Das Thema Nachhaltigkeit hört am Ende<br />
eines Reifenlebens nicht auf. Reifen können<br />
zum einen als sogenannte Runderneuerte<br />
einem zweiten Leben zugeführt<br />
werden. Das geschieht in Deutschland<br />
bei Pkw-Reifen allerdings recht selten,<br />
bei Lkw-Reifen gehört dieser Vorgang –<br />
auf eine noch intakte Karkasse wird ein<br />
neue Laufflächenmischung aufgetragen<br />
– zum Standardangebot. Zum anderen<br />
ließen sich Altreifen recyceln und aus ihnen<br />
etwa Ruß und Stahl extrahieren. Denn<br />
zum Wegwerfen oder Verbrennen sind sie<br />
viel zu wertvoll.<br />
S. 74 Abb. unten links: Naturkautschuk ist ein wichtiger Reifen-Bestandteil. Alte Plastikflaschen lassen sich für die Reifenproduktion recyceln.
76<br />
<strong>2023</strong><br />
Autohandel<br />
AUTOHANDEL HEUTE – UND IN ZUKUNFT<br />
Vom Sofa aus<br />
zum neuen Auto<br />
Autohäuser abklappern war (vor)gestern, Kaufinteressenten sind heute dank des Internets<br />
so gut informiert wie nie. Komplett online erworben wird aber auch künftig nur ein Bruchteil der Autos.<br />
Fast jede Autokauf-<br />
Recherche beginnt im<br />
Internet – mit wenigen<br />
Klicks kann man mittlerweile<br />
sogar das komplette<br />
Auto online kaufen.
77<br />
Schon heute lässt sich der<br />
Fahrzeugkauf komplett<br />
online abwickeln, über<br />
den Hersteller oder eine<br />
Plattform. Das Auto wird<br />
dann bis vor die Haustür<br />
geliefert.<br />
Wie in den meisten Alltags-Angelegenheiten<br />
führt auch beim Autokauf kein Weg<br />
am Internet vorbei. Sei es die Online-Recherche<br />
nach Modell und Ausstattung auf<br />
den Herstellerseiten, bei Fachmagazinen<br />
oder in Youtube-Beiträgen. Oder die Suche<br />
nach einem günstigen Angebot und<br />
passender Finanzierung auf Fahrzeugbörsen.<br />
Und nicht zuletzt der Besuch im virtuellen<br />
Showroom oder die Probefahrt-<br />
Vereinbarung mit wenigen Klicks. Trotz<br />
zunehmender Digitalisierung ist das Autohaus<br />
aber noch längst nicht überflüssig,<br />
meinen Experten.<br />
Flagship-Stores sollen die emotionale Beziehung zur Marke stärken; im Lynk&Co-Showroom in<br />
Stockholm kann man unter anderem Recycling-Regenjacken oder vegane Sneaker shoppen.<br />
MEHR ALS 150 AUTO-PLATTFORMEN<br />
In den vergangenen fünf Jahren ist die<br />
Zahl der Online-Fahrzeugbörsen für Neuund<br />
Gebrauchtwagen nahezu explodiert,<br />
mehr als 150 unterschiedliche Plattformen<br />
werben um die deutschen Pkw-Käufer –<br />
die Webseiten der Hersteller nicht eingerechnet.<br />
Um sich von der Konkurrenz abzuheben,<br />
setzt jedes Portal seinen eigenen<br />
Schwerpunkt, konzentriert sich eher auf<br />
bestimmte Fahrzeuge oder Finanzierungsformen,<br />
legt besonderen Wert auf Service<br />
und Bedienbarkeit oder nimmt spezielle<br />
Zielgruppen in den Fokus, etwa Fahranfänger<br />
oder Firmenkunden.<br />
Viele sind vorwiegend Vermittler, die letztlich<br />
mit ihrer besonderen Reichweite eine<br />
Verkaufsannonce veröffentlichen, die auf<br />
einen stationären Händler verweist. Zu dieser<br />
Gruppe zählen etwa die beiden Marktführer<br />
mobile.de und autoscout24.de.<br />
Andere Anbieter wie Autohaus24, Leasing-<br />
Rate24 oder Vehiculum übernehmen zusätzlich<br />
den Vertragsabschluss, der Händler<br />
besorgt anschließend die Auslieferung<br />
des Fahrzeugs. Bei digitalen Eigenhändlern<br />
wie Autohero oder Instamotion wird der<br />
komplette (Gebrauchtwagen-) Kaufprozess<br />
online abgewickelt und das Fahrzeug<br />
bis vor die eigene Haustür geliefert.<br />
Ein Auto online zu kaufen, so simpel wie<br />
neue Sneaker oder ein Haushaltsgerät –<br />
das ist auch längst direkt beim Hersteller<br />
möglich. Bei Mercedes kann der Kunde<br />
seit 2021 den kompletten Autokauf – inklusive<br />
der Wahl zwischen Kauf oder Leasing<br />
– online tätigen, ausgeliefert wird der<br />
Wagen vor die eigene Haustür. Volvo bietet<br />
seine Elektroautos zum Direktkauf oder<br />
im Auto-Abo online an, Volkswagen seine<br />
elektrischen ID-Modelle, auch Opel<br />
oder Audi haben ähnliche Angebote. Hinzu<br />
kommen Autohersteller wie Tesla, Nio<br />
oder Lynk, die überhaupt keine eigenen<br />
Händler haben, sondern nur Flagship-<br />
Stores unterhalten.
78<br />
<strong>2023</strong><br />
Autohandel<br />
Der Besuch im Autohaus ist nur noch ein Aspekt in der Entscheidungsfindung – vieles rund um den Kauf findet davor und danach online statt.<br />
JEDER DRITTE KÖNNTE ONLINE<br />
KAUFEN<br />
Käufer, die sich ausschließlich im Internet<br />
informieren, werden jedoch auch in<br />
näherer Zukunft in der Unterzahl bleiben,<br />
haben Befragungen der Unternehmensberatung<br />
Bain & Company ergeben. Die<br />
reine Online-Kundschaft liegt <strong>2023</strong> im<br />
einstelligen Prozentbereich, schätzt deren<br />
Unternehmensberater Eric Zayer. Eine<br />
höhere Bereitschaft, die gesamte Interaktion<br />
digital abzuwickeln, sieht der Experte<br />
bei Auto-Abonnements, die sich durch<br />
monatliche Gebühren und kurzfristige<br />
Kündigungsfristen auszeichnen: „Die reinen<br />
Online-Abschlüsse können hierbei<br />
15 Prozent oder mehr ausmachen.“ Beim<br />
Online-Kauf ist künftig noch Potenzial:<br />
Mittelfristig könnte jeder dritte Autokäufer<br />
den Vertrag im Internet abschließen – jedoch<br />
nachdem er sich zuvor im stationären<br />
Handel hat beraten lassen.<br />
Denn die meisten Interessenten suchen<br />
beim klassischen Kauf oder Leasing keine<br />
reine Digitalerfahrung, sondern bevorzugen<br />
einen Mix aus Online- und Offline-Interaktionen.<br />
„Viele Kundinnen und Kunden<br />
leiten ihre Erwartungen von den Erfahrungen<br />
ab, die sie bei anderen Retailern gemacht<br />
haben, wie beispielsweise Amazon<br />
oder Apple“, erklärt Klaus Stricker, Leiter<br />
der weltweiten Praxisgruppe Automotive<br />
bei Bain & Company. „Sie erwarten eine<br />
nahtlose Omnikanal-Erfahrung, also etwa<br />
die Möglichkeit einer Beratung in einem<br />
Autohaus auf Basis des bereits zuhause<br />
online vorkonfigurierten Fahrzeugs.“<br />
Dieses Kauferlebnis, unabhängig von Zeit,<br />
Ort oder dem genutzten Kanal geht längst<br />
über den Konfigurator mit High-End-Visualisierungen<br />
hinaus. Verschiedene Autohersteller<br />
wie Hyundai, Volvo oder Audi<br />
beraten potenzielle Kunden dort, wo es<br />
für sie am bequemsten ist: zuhause. Im<br />
Online-Showroom kann der Autokäufer<br />
einen Termin für eine virtuelle Beratung<br />
buchen, der Berater erscheint live auf dem<br />
Bildschirm, zeigt das Auto und beantwortet<br />
Fragen.<br />
„Der Kunde kann vom Autohaus<br />
künftig keine Rabatte<br />
erwarten.“<br />
Marc Voss, ZDK-Geschäftsführer<br />
AUTOHANDEL IM UMBRUCH<br />
So sorgt die Digitalisierung für einen Wandel<br />
im Handel: Ein einheitliches Kundenerlebnis<br />
über verschiedene Kanäle hinweg<br />
zu bieten, ist für Autohersteller deutlich<br />
einfacher im Direktvertrieb; im Gegensatz<br />
zum seit mehr als 100 Jahren etablierten<br />
Vertriebsmodell, bei dem der<br />
Händler das Auto beim Hersteller kauft<br />
und dann an den Kunden weiterverkauft.<br />
Erwartete Kostenvorteile und der direkte<br />
Kontakt zum Kunden (Stichwort: persönliche<br />
Daten) sind auf Seiten vieler Autohersteller<br />
weitere Gründe, derzeit den<br />
Vertrieb auf das sogenannte Agentursystem<br />
umzustellen. Dabei wandelt sich<br />
die Rolle vieler Händler vom Vertragspartner<br />
des Kunden zum Agenten mit<br />
Kundenbetreuungsaufgaben.<br />
FEILSCHEN NICHT MEHR MÖGLICH<br />
„Das ist ein ganz erheblicher Einschnitt für<br />
den Handel – und mit Sicherheit auch für<br />
den Kunden“, sagt Marc Voss, Geschäftsführer<br />
beim Zentralverband Deutsches<br />
Kfz-Gewerbe (ZDK). „Für den Kunden deshalb,<br />
da er vom Autohaus künftig keine<br />
Rabatte mehr erwarten kann.“<br />
Denn, ob online oder im Autohaus: Kunden<br />
bekommen so immer einen einheitlichen<br />
Preis angeboten. „Der Online-Vertrieb, aber<br />
auch der Agenturvertrieb, wird zur Preisharmonisierung<br />
mit weniger Nachlässen<br />
innerhalb des deutschen Marktes führen“,<br />
prognostiziert Stefan Reindl, Professor für<br />
Automobilwirtschaft an der Hochschule in<br />
Nürtingen-Geislingen. „Dies bedeutet aber<br />
nicht, dass die Preise dadurch automatisch
sinken würden. Tendenziell ist eher vom<br />
Gegenteil auszugehen.“<br />
ZUKUNFT DES AUTOHÄNDLERS<br />
Wird es künftig überhaupt noch einen<br />
„Händler des Vertrauens“ geben? „Mit Sicherheit“,<br />
meint Marc Voss vom ZDK. Entscheidend<br />
sei, dass der Autohändler einen<br />
Mehrwert biete: „Er muss sich als DER<br />
Ansprechpartner für individuelle Mobilität<br />
etablieren, egal ob on- oder offline.“ Zum<br />
Beispiel, wenn es um beratungsintensivere<br />
Themen wie Fahrassistenzsysteme oder<br />
Elektromobilität geht.<br />
„Der persönlich-reale Kontakt ist gerade<br />
bei hochwertigen und teuren Produkten –<br />
und dies sind eben auch und insbesondere<br />
Automobile – von großer Bedeutung“,<br />
meint auch Automobilwirtschafts-Experte<br />
Stefan Reindl. Er geht davon aus, dass sich<br />
das Angebotsspektrum der Autohändler<br />
erweitern wird, auch über das Automobil<br />
hinaus: „Vom eMobility Center über die<br />
Mikromobilität bis hin zu Dienstleistungen,<br />
die üblicherweise nichts mit Automobilen<br />
oder der Mobilität zu tun haben.“<br />
„Kunden erwarten eine<br />
nahtlose Omnikanal-Erfahrung<br />
wie beispielsweise bei Amazon<br />
oder Apple.“<br />
Klaus Stricker, Leiter Automotive<br />
und Mobilität bei Bain & Company.<br />
Als den Versuch eines Befreiungsschlags<br />
gegen Oligopolisten wie mobile.de oder<br />
autoscout24.de, aber auch als ein Zeichen<br />
gegen die Direktvertriebsaktivitäten<br />
der Hersteller, kann man eine neue<br />
E-Commerce-Plattform sehen: Verschiedene<br />
Autohändler und Autohandelsgruppen<br />
haben Ende 2022 ALLES.AUTO.de<br />
ins Leben gerufen. Die Idee: Anstatt viel<br />
Geld für Anzeigen in den Onlineportalen<br />
Dritter auszugeben, vermarktet man seine<br />
Neu- und Gebrauchtwagen gleich selbst.<br />
„Wir sind eine Plattform von Autohändlern<br />
für Autohändler. Die Idee dazu und deren<br />
Umsetzung kommt aus dem Handel“, erläutert<br />
CEO Patrick Mayer das Konzept.<br />
Auch Services wie Lieferung nach Hause,<br />
Inzahlungnahme eines Gebrauchten<br />
oder die Buchung von Werkstattterminen<br />
sind möglich. Komfortable oder clevere<br />
Funktionen für den Nutzer sind auch für<br />
andere Portale eine Möglichkeit, sich von<br />
der Konkurrenz abzusetzen.<br />
Für den Autokäufer machen eine wachsende<br />
Anzahl und Vielfalt von Features<br />
und Shopping-Tools den Kaufprozess<br />
zunehmend zu einem bequemen One-<br />
Stop-Shopping-Erlebnis. Preisbewertungen,<br />
Geld-zurück-Garantien, Zahlungen<br />
über Treuhandkontos, Tools, die helfen,<br />
die persönliche Finanzierung durchzurechnen<br />
– die Menge an Funktionen<br />
verspricht individuelle Lösungen, sofern<br />
der Kunde genug Zeit aufwenden kann,<br />
um das passende Angebot aus der Fülle<br />
herauszufiltern.<br />
79<br />
In der Live-Beratung (links und<br />
unten) zeigt der Autoverkäufer<br />
dem Interessenten per Kamera<br />
das Wunschfahrzeug in allen<br />
Details.<br />
Ihre Wunsch-Konfiguration können Käufer im<br />
Autohaus mit Virtual-Reality-Brillen hautnah<br />
erleben.
80<br />
<strong>2023</strong><br />
Autohandel<br />
CARSHARING IN DEUTSCHLAND<br />
Eine durchwachsene Bilanz<br />
Carsharing sollte eigentlich vor allem in den Städten für weniger Autos sorgen. Davon ist bislang<br />
nichts zu sehen, obwohl die Zahl der zur Verfügung stehenden Fahrzeuge stetig wächst.<br />
Als Ende der Nullerjahre erste Carsharing-Anbieter<br />
mit Free-Floating-Flotten<br />
wie Daimlers Car2Go oder 2011 BMWs<br />
DriveNow an den Start gingen, war die<br />
Verkehrswende-Euphorie in Deutschland<br />
groß. Dass man ein am Wegesrand geparktes<br />
Auto mit Chipkarte oder Smartphone<br />
spontan anmieten und für relativ<br />
kleines Geld nutzen konnte, war für sich<br />
gesehen bereits eine kleine Sensation. Damals<br />
wurde von den Start-ups groß in die<br />
Zukunft gedacht, verbunden mit der Hoffnung,<br />
Großstädter würden bald massenhaft<br />
ihre Autos abschaffen und nur noch<br />
im Bedarfsfall eines nehmen. Doch die<br />
„Nutzen-statt-Besitzen“-Revolution blieb<br />
aus. Seit einiger Zeit macht sich bei Verkehrswende-Apologeten<br />
sowie in einigen<br />
Bereichen des Carsharings Ernüchterung<br />
breit. Ganz so leicht fällt es den deutschen<br />
Autofahrern wohl nicht, auf ein eigenes<br />
Auto zu verzichten.<br />
Die Entwicklung des Kfz-Bestands in<br />
Deutschland scheint dafür ein eindeutiger<br />
Beleg. Laut einer Auswertung vom Umweltbundesamt<br />
auf Grundlage von Zahlen<br />
des KBA gab es 2008, also dem Gründungsjahr<br />
von Car2Go, landesweit 41,2<br />
Millionen Pkw. Seither ist ihre Zahl Jahr für<br />
Jahr gestiegen. <strong>2023</strong> werden 48,8 Millio-
81<br />
nen für den Verkehr zugelassene Pkw gezählt.<br />
Dabei steigt die Autodichte auch in<br />
den Städten, wo Carsharing ja eigentlich<br />
für weniger Autos sorgen sollte. Speziell<br />
in einigen Carsharing-Städten vor einigen<br />
Jahren durchgeführte Analysen zeigen,<br />
dass Carsharing als zusätzliches Angebot<br />
zwar durchaus angenommen wird,<br />
der erhoffte Autoverzicht-Effekt aber ausbleibt.<br />
Obwohl sich seit Jahren auch andere<br />
alternative Mobilitätsangebote vielerorts<br />
mehren, bilanzierte ein Artikel im<br />
Spiegel im Jahr 2020: „Dennoch trennen<br />
sich viele Innenstädter ungern vom eigenen<br />
Auto.“<br />
Das Carsharing-Geschäft scheint also immerhin<br />
nicht in allen Facetten erfolgreich<br />
zu sein. Zumindest bei den reinen Free-<br />
Floating-Anbietern sah man in den vergangenen<br />
Jahren eine deutliche Konsolidierung.<br />
Den Carsharing-Töchtern von<br />
VW, Mercedes und BMW gelang es jedenfalls<br />
nicht, mit ihren Angeboten tragfähige<br />
Geschäftsmodelle zu entwickeln. Das zunächst<br />
von BMW und Mercedes zusammengeführte<br />
und auch danach weiter verlustreiche<br />
ShareNow wurde mittlerweile<br />
an Stellantis verkauft. VWs Verlustbringer<br />
WeShare ging an Miles Mobility.<br />
Endzeitstimmung hat sich in der Carsharing-Branche<br />
allerdings nicht breit gemacht.<br />
Während ShareNow und WeShare<br />
vor allem in der Corona-Zeit enorme<br />
Verluste einfuhren, behauptet das 2016<br />
in Berlin gegründete Start-up Miles, seit<br />
2021 schwarze Zahlen zu schreiben. Und<br />
Miles expandiert. Dieses Jahr ist das Unternehmen<br />
neu in Stuttgart, Augsburg und<br />
Wuppertal gestartet. Stellantis mit seinem<br />
paneuropäischen Angebot Free2Move<br />
will ebenfalls kräftig expandieren. Andere<br />
Player investieren auch in den Ausbau<br />
ihrer Sharing-Angebote, wie die jüngsten<br />
Zahlen des Bundesverbands Carsharing<br />
belegen. Demnach wuchs 2022 die Zahl<br />
der Fahrzeuge stationsbasierter Anbieter<br />
um 1.060 auf 15.360 sowie der Free-<br />
Floating-Anbieter um 2.670 auf 18.570.<br />
Das dürfte auch an der Expansion in der<br />
Fläche liegen, denn die Zahl der Städte<br />
und Gemeinden mit Sharing-Angeboten<br />
wuchs vergangenes Jahr um 147 auf<br />
1.082. Die jüngsten Wachstumszahlen bestätigen<br />
einen Langfristtrend: Waren es<br />
2009 deutschlandweit noch 3.200 Carsharing-Autos,<br />
hat sich ihre Zahl auf mittlerweile<br />
fast 34.000 erhöht, also mehr als<br />
verzehnfacht.<br />
Vorläufig weiter in der Bedeutungslosigkeit<br />
scheint sich hingegen der private<br />
Carsharing-Markt zu bewegen. Ähnlich<br />
wie Airbnb, eine Vermittlungsplattform<br />
für Privatunterkünfte, finden sich im Netz<br />
Peer-to-peer-Angebote fürs Carsharing<br />
wie Getaround oder Snappcar. Doch wer<br />
stichprobenartig nach den stets nur regional<br />
verfügbaren Fahrzeugangeboten<br />
schaut, wird nur wenige und auch angesichts<br />
der oft hohen Preise zumeist wenig<br />
attraktive Mietautos finden. Die Idee klingt<br />
eigentlich gut, zumal es mit der Allianz<br />
auch einen starken Versicherungspartner<br />
gibt. Doch auf Bewertungsplattformen wie<br />
Trustpilot veröffentlichte Erfahrungsberichte<br />
von Vermietern und Mietern deuten<br />
auch eine Reihe von Problemen an.<br />
So schildern Vermieter, wie schwierig es<br />
sein kann, den Selbstbehalt im Schadensfall<br />
vom Mieter einzutreiben. Auch berichten<br />
sie, Schäden am Fahrzeug erst nach<br />
der protokollierten Übergabe entdeckt<br />
zu haben. Bei der Lektüre verschiedener<br />
Beiträge zeigt sich zudem, dass speziell<br />
die Abwicklung von Schadensfällen oft<br />
komplex ist. Und auch der Umgang mit<br />
Strafzetteln bei Verkehrsdelikten sorgt für<br />
Frust. Für nicht wenige Autonutzer dürfen<br />
solche und ähnliche Probleme ein Argument<br />
sein, auf ein eigenes Fahrzeug nicht<br />
zu verzichten.
82<br />
<strong>2023</strong><br />
Urbane Mobilität<br />
VORFAHRT FÜRS FAHRRAD?<br />
Politikum mit Potenzial<br />
Schon im 19. Jahrhundert erlebte das Fahrrad in Deutschland einen ersten beispiellosen Boom,<br />
der Millionen von Fußgängern zu Radfahrern machte. Nach dem Zweiten Weltkrieg eroberte<br />
aber das Automobil die Städte und drängte das Rad an den Rand.<br />
Der Autoverkehr ist seither dominant, aber<br />
angesichts seiner Nebenwirkungen auch<br />
seit langem in der Kritik. In Deutschland<br />
wie vielen anderen Ländern mit hoher<br />
Autodichte findet derzeit jedoch ein Umdenken<br />
statt. Längst nicht nur Öko-Aktivisten,<br />
sondern auch die Politiker haben<br />
das Fahrrad als Teil der Lösung entdeckt,<br />
unsere Verkehrssysteme zukunftsfester<br />
und unsere Städte wieder lebenswerter<br />
zu machen.<br />
Die komplett autofreie Stadt dürfte allerdings<br />
selbst auf lange Sicht Vision bleiben.<br />
Dort, wo das Auto an den Rand gedrängt<br />
wird, formiert sich in Deutschland<br />
meist Widerstand. Der öffentliche Streit<br />
um den Erhalt von Pop-up-Radwegen ist<br />
nur ein Beispiel. Für einen tiefgreifenderen<br />
Wandel bräuchte es eindeutige Mehrheiten,<br />
die es wohl nicht gibt, wie eine im<br />
Frühjahr im Rahmen der Mobilitätsstudie<br />
„Texlock New Bike Mobility Monitor<br />
<strong>2023</strong>" durchgeführte Umfrage zeigt. In<br />
dieser befürworten zwar drei Viertel der<br />
Deutschen (73 Prozent) eine nachhaltige<br />
Verkehrswende mit weniger Autoverkehr<br />
und einer stärkeren Nutzung von ÖPNV<br />
und Fahrrad. Doch nur 24 Prozent bejahen<br />
eine bedingungslose Verkehrswende,<br />
während 27 Prozent eine Verdrängung des<br />
Automobils aus deutschen Städten vollständig<br />
ablehnen.<br />
Das Fahrrad sollte daher nicht als Kampfansage<br />
gegen das Auto, sondern als ein<br />
wichtiger Pfeiler für einen heterogenen<br />
Verkehrsmix und als besonders umweltfreundliche<br />
Lifestyle-Alternative verstanden<br />
werden. Für zunehmend mehr<br />
Menschen ist es sogar Statussymbol und<br />
Luxusgut, in das viel Geld investiert wird.<br />
Auch als Wirtschaftsfaktor kommt dem<br />
Bike, und hier vor allem dem Pedelec,<br />
eine nicht gerade kleine Bedeutung zu.<br />
Die von Bosch 2009 als Start-up gegründete<br />
E-Bike-Sparte hat sich mittlerweile<br />
zum einträglichen Geschäftsfeld und<br />
Global Player gemausert. E-Bikes werden<br />
immer beliebter und machen selbst aus<br />
Fahrradmuffeln begeisterte Velozipedisten.<br />
Denn das Fahrrad bietet viele Vorteile:<br />
Es benötigt weniger Verkehrsraum,<br />
schont Umwelt und Geldbeutel, ist leiser<br />
und macht seine Nutzer fitter. Und nicht<br />
selten ist man mit dem Rad sogar flotter<br />
unterwegs. Vor allem, wenn sich die<br />
Rahmenbedingungen für seine Nutzung<br />
künftig weiter verbessern.
QUAL DER WAHL<br />
Welcher Fahrrad-Typ<br />
sind Sie?<br />
83<br />
Früher wirkten Fahrräder irgendwie alle gleich. Heute hat der Kunde die Wahl zwischen einer Vielzahl unterschiedlichster<br />
Typen für fast jeden denkbaren (und undenkbaren) Einsatzzweck. Zudem gibt es viel neue Technik<br />
und große Unterschiede bei Qualität und Preisen. Die Vielfalt macht einerseits Lust, doch wer sich nicht<br />
auskennt, erlebt bei der Fahrradsuche auch Frust. Insofern kann es nicht schaden, sich im Vorfeld Gedanken<br />
darüber zu machen, welcher Fahrradtyp man ist und welches Bike zu einem passt. Hier einige Vorschläge.<br />
FÜR POSER<br />
Statt mit röhrenden Motoren kann man auch mit Fatbike, Chopper<br />
und E-Mofa geräuscharm Aufmerksamkeit erzeugen. Ein<br />
langgestrecktes Cruiser-Bike mit Motorrad-Silhouette bietet im<br />
Alltag keine praktischen Vorteile, hat aber Halsverdreher-Potenzial.<br />
Das gilt auch für manches Fatbike mit extrabreiten Reifen<br />
und Macho-Styling. Beide Bike-Typen machen meist nur mit<br />
E-Antrieb und als Kurzstrecken-Cruiser Sinn, denn ihre Sitzergonomie<br />
ist selten für längere Touren geeignet. Die Spritztour<br />
zum Badesee oder eine Flanier-Fahrt zum Eiscafé lässt sich mit<br />
ihnen aber zelebrieren.<br />
Empfehlungen:<br />
The Ruffian von Ruff Cycles ab 6.200 Euro,<br />
Hercules Prima E5 ab 4.400 Euro,<br />
Rayvolt Beachin ab 2.800 Euro<br />
The Ruffian
84<br />
<strong>2023</strong><br />
Urbane Mobilität<br />
Urwahn Stadtfuchs<br />
Lemmo One<br />
Gazelle Ultimate<br />
FÜR TEKKIES<br />
Wer gerne vor Bildschirmen sitzt und<br />
sich für neue Computertechnik interessiert,<br />
sollte Ausschau nach innovativen<br />
Pedelecs halten. Dank großzügig<br />
dimensionierter Stromspeicher haben<br />
viele E-Bikes Konnektivitätslösungen an<br />
Bord, die Fahrer und/oder E-Bikes mit<br />
der Welt vernetzen, woraus sich zusätzliche<br />
Nutzungsmöglichkeiten ergeben.<br />
Einige neue Modelle sind fast schon<br />
fahrende Computer, die sogar über KI,<br />
Sprachsteuerung und Radar-Warnsysteme<br />
verfügen. In einigen Fällen lässt sich<br />
der Antriebsakku sogar als Powerbank<br />
für den Betrieb von Smartphones oder<br />
Notebooks nutzen. Fahrradtouren und<br />
Bildschirmzeiten müssen sich also nicht<br />
ausschließen.<br />
Empfehlungen:<br />
Acer Ebii ab 2.000 Euro,<br />
Urtopia Carbon 1 ab 2.700 Euro,<br />
Lemmo One ab 2.000 Euro<br />
Urtopia Carbon<br />
Decathlon Elops<br />
FÜR DIE FAMILIE<br />
Was für Autofahrer der Familien-Kombi,<br />
ist für Fahrradfreunde das Lastenrad. Viele<br />
Modelle sind für eine Vielzahl von Transportaufgaben<br />
gut gerüstet. Mit ihnen kann<br />
man die Kinder zur Schule bringen, den<br />
Wocheneinkauf vom Supermarkt einladen<br />
oder mit großem Gepäck in den Urlaub<br />
fahren. Seit einigen Jahren erfreuen sich<br />
Lastenräder wachsender Beliebtheit, weil<br />
sie oftmals mit E-Antrieb angeboten werden,<br />
was den Transport schwerer Lasten<br />
enorm erleichtert. Speziell Familien in Städten<br />
tauschen mittlerweile häufiger das eigene<br />
Auto gegen das günstigere, umweltfreundlichere<br />
und nutzwertige Cargo-Bike.<br />
Empfehlungen:<br />
Ca Go FS200 Life Family ab 8.300 Euro,<br />
Decathlon Elops R500E ab 2.900 Euro,<br />
Car.Los C.1 ab 6.000 Euro<br />
FÜR MODEBEWUSSTE<br />
Wer großen Wert auf ein schickes Äußeres<br />
legt, könnte seinen modischen Auftritt auf<br />
Radausflügen mit einem Design-Bike zusätzlich<br />
betonen. Die Typenvielfalt ist groß.<br />
Einige Design-Räder setzen auf Minimalismus<br />
mit wenigen filigranen und edlen Bauteilen.<br />
Andere bieten extravagant geformte<br />
Rahmen oder exotische Materialien wie<br />
Holz. Statt sie im Fahrradkeller abzustellen,<br />
hängen sich einige ihr Design-Bike sogar<br />
wie ein Gemälde an die Wand.<br />
Empfehlungen:<br />
Schindelhauer Wilhelm XIV ab 3.900 Euro,<br />
Milano Vintage ab 9.200 Euro,<br />
Urwahn Stadtfuchs ab 4.700 Euro<br />
Schindelhauer Wilhelm<br />
FÜR PENDLER UND INTENSIVNUTZER<br />
Wer sein Fahrrad täglich und zudem für<br />
längere Touren nutzt, kann zwischen vielen<br />
Typen wählen. Da wären vom Rennrad<br />
abgeleitete Sport-Tourer mit Schutzblechen<br />
und Licht. Meist bequemer sind<br />
jedoch Touren- und Trekking-Räder, die<br />
eine aufrechtere Sitzposition, voluminösere<br />
Reifen und häufig auch Federelemente<br />
bieten. Wichtiger als die Wahl des Fahrradtyps<br />
sollte hier jedoch die Qualität der<br />
Komponenten sein, die wartungsarm und<br />
haltbar sein müssen. Intensivnutzer sollten<br />
ein Modell mit hochwertiger Nabenschaltung<br />
oder Mittelgetriebe, hydraulischen<br />
Bremsen, integrierter Lichtanlage sowie mit<br />
hochwertigem Sattel und eventuell sogar<br />
mit Riemenantrieb wählen. Mindestens<br />
1.000, besser jedoch 2.000 Euro und deutlich<br />
mehr darf ein intensiv genutztes Fahrrad<br />
kosten. Wer ein Pedelec will, wählt am<br />
besten eines mit einem mindestens 500<br />
Wh großen Akku, das mit guten Bauteilen<br />
bestückt schnell über 4.000 Euro kosten<br />
kann. Wer täglich lange Strecken fahren<br />
muss, könnte auch ein schnelles S-Pedelec<br />
in Erwägung ziehen.<br />
Empfehlungen:<br />
Gazelle Ultimate C5 ab 3.900 Euro, VSF<br />
Fahrradmanufaktur T-900 ab 4.200 Euro,<br />
Stevens Galant Lite ab 1.100 Euro<br />
FÜR REISELUSTIGE<br />
Für Reiseräder sind gute und langlebige<br />
Komponenten sowie ein gewisser Komfort<br />
wichtig. Wer mit einem Rad auf Urlaubstour<br />
will, muss nicht zwingend fit sein, denn<br />
selbst mit Puddingbeinen lassen sich bei E-<br />
Unterstützung auch mal 200 Kilometer am<br />
Tag abspulen. Trekking- und Touren-Räder<br />
sowie die vom Rennrad abgeleiteten Typen<br />
Randonneur und Gravel-Bikes sind bei Reiselustigen<br />
beliebt. Stark im Kommen sind<br />
auch sogenannte E-SUV, die mit Elektroantrieb<br />
und Vollfederung verwöhnen. Letztere
85<br />
Victoria Parcours<br />
Rose Backroad<br />
i:SY Kompakt<br />
sorgt für mehr Komfort und erweitert das<br />
Einsatzspektrum auf Berg- und Waldwege.<br />
Beim Reiserad ist das zulässige Gesamtgewicht<br />
eine entscheidende Größe, welches<br />
neben der fahrenden Person noch größere<br />
Mengen Gepäck tolerieren sollte. Wichtig<br />
sind verschiedene Möglichkeiten zur<br />
Gepäckmontage am Rahmen, belastbare<br />
Gepäckträger und Ständer sowie eine gute<br />
Sitzposition. Diese sollte man vor dem Kauf<br />
ebenso wie einen stabilen Geradeauslauf<br />
mit Gepäck auf einer Probefahrt testen. Es<br />
gibt bereits reisetaugliche Räder für mittlere<br />
dreistellige Summen. Wer ein gewisses<br />
Qualitätsniveau will, sollte um 2.000 Euro<br />
investieren. Ein E-SUV mit zwei Akkus und<br />
Gepäcklösungen kann schnell mehr als<br />
6.000 Euro verschlingen.<br />
Empfehlungen: Rose Backroad AL<br />
GRX600 EQ ab 2.500 Euro,<br />
Scott Axis eRide FS 20 ab 6.000 Euro,<br />
Tout Terrain Tanami II ab 3.500 Euro<br />
FÜR STADTMENSCHEN<br />
Wird das Fahrrad nur gelegentlich und vornehmlich<br />
auf kurzen Strecken im urbanen<br />
Umfeld genutzt, reichen meist einfache<br />
Räder. Ein immer noch beliebter Klassiker<br />
ist das Hollandrad, andere bevorzugen<br />
sportlich-spartanische Stadträder im Fixieoder<br />
Fitness-Bike-Stil. Klapprad, Tiefeinsteiger,<br />
Cruiser oder Kompakträder sind ebenfalls<br />
interessante Optionen für die City.<br />
Empfehlenswerte Details sind Riemenantrieb<br />
und Nabenschaltung, weil sauber und<br />
wartungsarm. Preislich kann man problemlos<br />
im dreistelligen Bereich fündig werden,<br />
mit E-Antrieb wird es vierstellig. Der Kauf<br />
muss übrigens nicht sein, denn mittlerweile<br />
werden in vielen Städten Räder zur Langzeitmiete<br />
angeboten.<br />
Empfehlungen:<br />
Canondale Treadwell EQ DLX ab 1.200<br />
Euro, Centurion Easy R900i ab 4.200<br />
Euro, Tern BYB P8 ab 1.900 Euro<br />
Bulls Sonic<br />
FÜR BERGFEXE UND WILDE HÜPFER<br />
Wie Rennräder stellen auch Mountainbikes<br />
das sportliche Fahrerlebnis in den Vordergrund.<br />
Doch statt möglichst weit und<br />
schnell mit ihnen zu fahren, dienen sie vornehmlich<br />
dazu, auf nahezu jedem Terrain<br />
möglichst hoch und anschließend schnell<br />
wieder talwärts zu kommen. Die Bandbreite<br />
der Qualitäten ist enorm. Neben neuwertigem<br />
Schrott vom Baumarkt finden<br />
sich viele auf Manufakturniveau gefertigte,<br />
vollgefederte Fahrmaschinen, die preislich<br />
locker fünfstelliges Niveau erklimmen.<br />
Wie kaum ein anderes Fahrrad-Genre sind<br />
Mountainbikes für den E-Antrieb prädestiniert.<br />
Zumindest sind Touren Richtung<br />
Gipfel damit auch für weniger fitte Biker<br />
machbar. Die meist mit speziell abgestimmten<br />
und drehmomentstarken Motoren<br />
bestückten E-MTBs ermöglichen<br />
Offroad-Spaß, dem allerdings ein gewisses<br />
Gefahrenpotenzial innewohnt.<br />
Empfehlungen:<br />
Liteville 301CE Mk2 ab 12.000 Euro,<br />
BULLS Sonic EVO AM SX-I ab 10.000 Euro,<br />
Decathlon Rockrider E-EXPL 700S<br />
ab 3.500 Euro<br />
Canondale Treadwell<br />
FÜR ÄLTERE<br />
Zunehmendes Alter geht bei vielen mit<br />
abnehmender Gelenkigkeit einher. Deshalb<br />
sind bei Senioren vor allem Räder mit<br />
Tiefeinsteigerrahmen sowie Kompakträder<br />
beliebt, auf die man leicht rauf- und<br />
wieder runterkommt. Tiefeinsteiger-Fahrräder<br />
werden traditionell von Frauen bevorzugt,<br />
sind mittlerweile aber auch in der<br />
Männerwelt eine feste Größe. Modelle mit<br />
entspannter Sitzergonomie und Federelementen<br />
kommen bei älteren Bikern ebenfalls<br />
an. Hoch im Kurs stehen bei Senioren<br />
zudem elektrisch unterstützte Pedelecs, da<br />
der E-Motor altersbedingte Defizite kompensiert.<br />
Allerdings sind für so manchen alten<br />
Hasen die E-Bikes zu flott, weshalb sich<br />
die Mehrinvestition in ein ABS lohnen kann.<br />
Empfehlungen:<br />
Victoria Parcours 6 mit ABS ab 6.500 Euro,<br />
i:SY Kompakt S8 F ab 3.400 Euro,<br />
Winora N7 Wave ab 700 Euro<br />
FÜR INTERMODAL-REISENDE<br />
Wer regelmäßig mit Zug oder Öffis zur Arbeit<br />
muss, könnte auf Klappräder abfahren.<br />
Viele eignen sich nämlich für die kostenlose<br />
Mitnahme in Zügen, Bussen und Bahnen<br />
sowie den Transport in Wohnmobilen,<br />
Booten oder Sportfliegern. Je kleiner und<br />
leichter, desto praktischer. Falträder sind für<br />
Kurzstreckeneinsätze ausgelegt und deshalb<br />
eher selten mit E-Antrieb anzutreffen.<br />
Empfehlungen:<br />
Brompton ab 1.100 Euro, Decathlon<br />
B’twin Fold Light 1 Second ab 850 Euro,<br />
Vello Rocky ab 1.700 Euro<br />
Brompton
86<br />
<strong>2023</strong><br />
Urbane Mobilität<br />
LASTENRAD – FLUCH ODER SEGEN?<br />
PLATZ DA,<br />
JETZT KOMM' ICH<br />
Schmal und wendig:<br />
Das "Family" von Urban<br />
Arrow ist ein Klassiker<br />
unter den Rädern vom<br />
Typ Long John.<br />
Für die Verkehrswende in den<br />
Metropolen braucht es die Lastenräder.<br />
Gleichzeitig geht der Boom<br />
manchem Stadtbewohner schon<br />
jetzt auf die Nerven. Die Lösung für<br />
das Dilemma rührt an alte Wunden<br />
im Gefecht Autofahrer vs. Fahrradfahrer.<br />
Wenn selbst in einem 2.500-Seelen-Dorf in<br />
der norddeutschen Tiefebene vor dem Supermarkt<br />
ein Lastenfahrrad einparkt, wird klar: Das<br />
Cargobike ist wirklich überall angekommen. 212.000<br />
Lastenräder sind allein 2022 verkauft worden, gut ein<br />
Viertel mehr als im Jahr zuvor. Die vormalige Nische wächst<br />
noch schneller als das ohnehin florierende Fahrradgeschäft –<br />
nach Angaben des Zweirad-Industrieverbandes (ZIV) vor allem aufgrund<br />
der hohen Beliebtheit elektrischer Cargobikes; ihre Verkäufe<br />
sind sogar um mehr als ein Drittel gestiegen.<br />
Und das bei Einstiegspreisen von um die 3.000 Euro; für Modelle der dänischen<br />
Hipster-Marke Butchers & Bicycles oder der deutschen Premium-Marke Riese &<br />
Müller kann man auch locker das Doppelte oder noch mehr ausgeben. Die Angebotsvielfalt<br />
steigt schneller als die Mutter vier Kinder ins Babboe Big bugsiert hat: Von Long<br />
Johns (einspurig, wendig, Ladefläche zwischen Vorderrad und Lenker), über Longtails (einspurig<br />
mit extralangem Gepäckträger) und Bäckerfahrrad (einspurig, mit Ladefläche vorn und<br />
hinten), bis zum Dreirad mit Kiste oder Ladefläche zwischen den beiden Vorderrädern, wahlweise<br />
mit Neigefunktion für mehr Wendigkeit – um hier nur einige Möglichkeiten zu nennen.
87<br />
Lastenräder für jede Lebenslage<br />
(i.Uhrzs.): Riese & Müler,<br />
CaGo, Urban Arrow, Babboe<br />
genau wie bei Autofahrern sorgen unterschiedliches<br />
Tempo und fehlende Überholmöglichkeit<br />
für Unmut. Weichen die<br />
Zwei- oder Dreiradfahrer auf die Straße<br />
aus, ziehen sie sich prompt den Ärger der<br />
Autofahrer zu.<br />
Wobei wir auch schon mitten im Klischee<br />
wären: Vielen gilt das Lastenfahrrad als E-<br />
SUV unter den Fahrrädern: groß, schwer,<br />
teuer und für eine bestimmte Klientel geeignet,<br />
die sich klimapolitisch korrekt geben<br />
will. Ein bisschen ist was dran: Bei<br />
jungen, wohl situierten Mittelschichtsfamilien<br />
gehört ein Lastenrad in bestimmten<br />
urbanen Gegenden zum guten Ton.<br />
Aber es gibt eben auch immer mehr Privatmenschen<br />
ohne Kind oder Hund, die<br />
ihren (Zweit-) Wagen abschaffen, um sich<br />
– zum Beispiel über Dienstradleasing des<br />
Arbeitgebers – eines der neuen, hippen<br />
Elektro-Lastenräder anzuschaffen, mit<br />
denen sie ihren Alltag zwischen Job, Wochenendeinkauf<br />
und Hobby bewältigen.<br />
Mobilitätsexperten und Politik haben für<br />
das Lastenrad eine tragendere Rolle vorgesehen:<br />
Das (Elektro-) Lastenrad soll<br />
auch gewerblich genutzt zur Verkehrswende<br />
in urbanen Regionen beitragen.<br />
Beispielsweise in der Logistik: Mindestens<br />
30 Prozent der Pakete in der Stadt könnten<br />
nach Experteneinschätzung per Lastenrad<br />
ausgeliefert werden. 2022 waren es<br />
rund sechs Millionen – von 4,2 Milliarden<br />
Sendungen insgesamt.<br />
Lebensmittel-Lieferdienste oder kleine<br />
Handwerksbetriebe kommen in der Stadt<br />
mitunter schon per Cargobike. Seit einigen<br />
Jahren wird die Radlogistik in verschiedenen<br />
Projekten durch den Bund gefördert,<br />
so gibt es derzeit bis zu 2.500<br />
Euro von der Bafa. Die Nachfrage nach<br />
gewerblichen Cargobikes und Anhängern<br />
hat angezogen, 2022 um 104 Prozent –<br />
auf ein allerdings noch niedriges Niveau<br />
von 27.300 Stück.<br />
FRIEDLICHE KOEXISTENZ? NUR<br />
THEORETISCH<br />
Die Vorteile liegen auf der Hand: Gespartes<br />
CO 2, weniger Lärm, weniger beanspruchter<br />
Platz auf der Straße und beim<br />
Parken. Außerdem kennen Lastenrad-Fahrer<br />
weder Stau noch Parkplatznot – soweit<br />
die Theorie. Denn in der Praxis ist die<br />
Infrastruktur noch nicht auf den Boom<br />
ausgelegt. Das fängt bei fehlenden Abstellmöglichkeiten<br />
für große Fahrräder auf<br />
Bürgersteigen an und hört bei Fahrradwegen<br />
nicht auf.<br />
So sind auf gepflasterten Bürgersteigen<br />
angelegte Radwege oft zu schmal oder<br />
zu holprig, um sie mit einem Lastenrad zu<br />
befahren. Außerdem teilen sich die voluminösen<br />
Bikes den ohnehin begrenzten<br />
Platz auf den meist engen Wegen mit anderen<br />
Radlern und E-Roller-Fahrern. Und<br />
Der Verteilungskampf zwischen Auto- und<br />
Radfahrer um den Platz auf der Straße ist<br />
nicht neu. Trotzdem scheint sogar eine<br />
Eskalation möglich: Der Plan von Kommunen<br />
und Zukunftsforschern, die Stadt<br />
zugunsten des Fahrrads mit weniger Raum<br />
fürs Auto umzubauen, lässt den Volkszorn<br />
landauf, landab hochkochen.<br />
Für eine Lösung kommen beide Seiten<br />
nicht umhin, einzulenken. Allein zugunsten<br />
der Verkehrssicherheit werden mehr<br />
und bessere Radwege geschaffen werden<br />
müssen. Wird eine Fahrspur umgewidmet<br />
oder eine Tempo-30-Zone eingerichtet,<br />
können Autofahrer perspektivisch<br />
auf mehr Platz auf der Straße hoffen, weil<br />
Menschen auf das Rad umsteigen werden.<br />
Gleichzeitig dürfen (Lasten-) Radfahrer<br />
nicht vergessen, dass auch sie sich an die<br />
Verkehrsregeln halten müssen, was umso<br />
wichtiger ist, je voller es wird.<br />
SO IST DIE RECHTSLAGE<br />
Lastenräder gängiger Größe<br />
und bis 25 km/h gelten nach der<br />
StVO als Fahrräder, dürfen Radwege<br />
benutzen und auf dem<br />
Bürgersteig abgestellt werden.<br />
Für benutzungspflichtige<br />
Radwege gilt: Ist das Befahren<br />
„nach Umständen des Einzelfalles<br />
unzumutbar“ (VwV-StVO §2,<br />
Randnummer 23), dürfen Radler<br />
auf die Straße ausweichen.
88<br />
<strong>2023</strong><br />
Urbane Mobilität<br />
FAHRRADTECHNIK<br />
Innovationsschub<br />
Das Fahrrad ist bereits über 200 Jahre alt und dennoch topaktuell. Nicht nur als Vorreiter einer<br />
ölologischen Verkehrswende, sondern auch technisch geht es mit der Zeit. Vor allem das E-Bike hat in<br />
der Branche einen Innovationsturbo entfesselt, der aus dem guten alten Drahtesel zunehmend smartere,<br />
sicherere und unterhaltsamere Hightech-Bikes macht.<br />
SICHER BREMSEN: NEUE ABS- UND CBS-SYSTEME<br />
Dank elektrischer Antriebstechnik sind viele Biker deutlich häufiger<br />
und zudem flotter als früher unterwegs. Damit wachsen die<br />
Gefahren, wie etwa die weiter im Steigflug befindlichen Zahlen<br />
tödlich verunglückter E-Biker zeigen. Helfen kann mehr Sicherheitstechnik,<br />
wie etwa bessere Bremssysteme. Magura und<br />
Bosch sind hier besonders umtriebig, Techniken aus der Autound<br />
Motorrad- in die Fahrradwelt zu übertragen. Bestes Beispiel:<br />
Ein von beiden Unternehmen entwickeltes E-Bike-ABS. Seit<br />
diesem Jahr sind erste Pedelecs mit dem erfreulich schlanken<br />
System unterwegs. Wichtigstes Element ist eine an einen Vordergabelholm<br />
geschnallte, rohrartige Steuereinheit. Die kompakte<br />
Technik sorgt für spürbar mehr Sicherheit, denn bei Notbremsungen<br />
verhindert sie ein Blockieren des Vorderrads und<br />
damit das kritische Abheben des Hinterrads. Auch abseits befestigter<br />
Straßen sowie talwärts kommt man selbst bei maximalem<br />
Bremsendruck schneller und sicherer zum Stehen. Die Mehrinvestition<br />
von ungefähr 500 Euro könnte sich einmal bezahlt<br />
machen. Wermutstropfen: Das ABS funktioniert nur bei E-Bikes.<br />
Wohl auch deshalb hat Magura zusätzlich ein CBS-Bremssystem<br />
entwickelt, das die Bremsen an Vorder- und Hinterachse
89<br />
zeitgleich aktiviert, auch wenn lediglich ein Bremshebel betätigt<br />
wird. Der Vorteil: Die gleichmäßige Druckverteilung auf alle<br />
Stopper sorgt für mehr Bremsleistung und kürzere Bremswege,<br />
zudem bleibt das Bike bei herzhaften Bremsmanövern stabiler.<br />
Ungeübten Fahrern hilft es, stärker mit der Vorderradbremse zu<br />
bremsen. Offiziell wurde die Technik noch als Studie deklariert,<br />
soll aber 2024 erst für Lastenräder und später für andere Zweiradgattungen<br />
mit E- und Bioantrieb verfügbar sein.<br />
MOTOR UND GETRIEBE WERDEN EINS<br />
Bei E-Bikes waren Motor und Getriebe bislang in der Regel getrennt.<br />
Mittelmotor-Pedelecs haben deshalb im Hinterrad eine<br />
Ketten- oder Nabenschaltung, während es für Heckmotor-Räder<br />
das Mittelgetriebe von Pinion gibt. Pinion hat nun die „Motor<br />
Gear Unit“ (MGU) entwickelt, die zusätzlich zum Mittelgetriebe<br />
mit 9 oder 12 Gängen noch einen 600 bzw. 800 Watt und 160<br />
Newtonmeter starken E-Motor in einer kompakten, rund 4 Kilogramm<br />
wiegenden Einheit integriert. Das System ist verschleißarm.<br />
Alle 10.000 Kilometer ein Ölwechsel – das wars. Die Kraft<br />
zum Hinterrad lässt sich per Kette oder Riemen übertragen. Im<br />
Juni wurden erste MGU-Modelle wie das rund 8.000 Euro teure<br />
Tout Terrain Pamir vorgestellt.<br />
und der Welt verbindet. Die daraus resultierenden Möglichkeiten<br />
werden immer vielseitiger, wie etwa das Beispiel der Flow-App<br />
von Bosch zeigt. Wie mittlerweile bei Autos sind auch bei E-Bikes<br />
Over-the-Air-Updates der Bordsysteme üblich. Viele Bikes sind<br />
dank integrierter IoT-Chips sogar permanent mit dem Netz verbunden.<br />
Fahrradhersteller Riese & Müller bietet etwa optional den<br />
RX-Chip an. Mit diesem aufpreispflichtigen Service und dank der<br />
„RX Connect“-App stehen Funktionen wie Routenaufzeichnung,<br />
Bewegungsalarm und GPS-Ortung zur Verfügung.<br />
Einen ähnlichen Integrationsansatz verfolgt auch ein neuer Antrieb<br />
des belgischen Start-ups ES Drives, das im neuen Decathlon-E-Bike<br />
B'twin LD 920 E zum Einsatz kommt. Decathlon spricht von einem<br />
Dual-Motor-System, da es neben dem 65 Newtonmeter starken<br />
Traktionsmotor noch ein motorisch gesteuertes CVT-Getriebe<br />
integriert. Obwohl das Zweirad auf eine klassische Schaltung<br />
verzichtet, bietet es ein breites Spektrum an Übersetzungsalternativen.<br />
Statt fest definierter Gänge wählt der Fahrer über die Stufenlos-Automatik<br />
unterschiedliche Trittfrequenzen. Dank 702-Wh-<br />
Akku kommt das 3.000-Euro-Bike bis zu 150 Kilometer weit.<br />
Mittlerweile ist Konnektivität auch nachrüstbar, etwa mit dem<br />
GPS-Tracking-System „It’s my bike“ der Firma IoT Venture. Wegfahrsperre,<br />
Alarmfunktion, Dokumentation und Export von Touren<br />
oder eCall-Funktion sind nur einige der damit verbundenen<br />
Möglichkeiten. Der chinesische Fahrradhersteller Urtopia hat<br />
jüngst sogar die erste Bordcomputer-Integration von ChatGTB<br />
als Prototypen-Lösung präsentiert.<br />
ALWAYS ON<br />
Apropos Vernetzung: Bei E-Bikes gehören Konnektivitätslösungen<br />
mittlerweile fast zum Standard, was sich zugleich mit dem Internet
90<br />
<strong>2023</strong><br />
Urbane Mobilität<br />
DIENSTRAD STATT DIENSTWAGEN<br />
Eine attraktive Alternative<br />
Ein Dienstrad privat nutzen? Lange war dies in Deutschland nicht vorgesehen. 2012 erst wurden das<br />
Dienstwagenprivileg und entsprechende Steuervorteile auf Fahrräder übertragen, was es Firmen wie beim<br />
Dienstwagenmodell erlaubt, Mitarbeitern Fahrräder auch für die private Nutzung zur Verfügung zu stellen.<br />
Seither ist die Zahl der Arbeitgeber, die<br />
Diensträder anbieten, deutlich gestiegen.<br />
Besonders beliebt ist das Leasing, da die<br />
Mitarbeiter so an hochpreisige Fahrräder<br />
oder Pedelecs zu relativ günstigen Konditionen<br />
kommen.<br />
In einigen Fällen werden Diensträder von<br />
Arbeitgebern gekauft und als Gehaltsextra<br />
angeboten, was finanziell besonders<br />
attraktiv ist. Stärker verbreitet ist<br />
jedoch die Leasing-Variante über Vermittler<br />
wie Jobrad oder Eurorad. Bei<br />
diesem Modell werden Diensträder vom<br />
Arbeitgeber geleast und per Gehaltsumwandlung<br />
vom Arbeitnehmer finanziert.<br />
Diesem wird monatlich ein Betrag vom<br />
Bruttogehalt abgezogen. Die durch das<br />
reduzierte Bruttoeinkommen geringeren<br />
Abzüge für Lohnsteuer und Sozialversicherungsabgaben<br />
sorgen für einen<br />
kleineren Nettogehaltsabschlag. Laut<br />
Jobrad-Rechner zahlt ein Arbeitnehmer<br />
mit 3.000 Euro Bruttogehalt für ein<br />
3.000 Euro teures Pedelec bei 36 Monaten<br />
Laufzeit eine Umwandlungsrate<br />
von 92 Euro, die im Geldbeutel spürbare<br />
Nettobelastung beträgt aber nur rund<br />
53 Euro.<br />
Wer ein Firmenrad auch in der Freizeit<br />
nutzen will, muss dies als geldwerten Vorteil<br />
versteuern. Zunächst galt die 1-Prozent-Regel,<br />
seit 2020 werden jedoch<br />
wie beim E-Auto nur 0,25 Prozent vom<br />
Dienstrad-Bruttopreis angerechnet. Wer<br />
statt mit dem Auto mit dem Dienstrad zur<br />
Arbeit fährt, kann zudem einiges an Energiekosten<br />
sparen. Bei der Entfernungspauschale<br />
macht der Fiskus keinen Unterschied<br />
zwischen Auto oder Rad. Wer zur<br />
Arbeit radelt, kann also weiterhin 30 Cent<br />
pro Entfernungskilometer steuerlich geltend<br />
machen.<br />
Endet das Leasing, erhalten Mitarbeiter<br />
mitunter die Option, das von ihnen drei<br />
Jahre genutzte Leasing-Bike für eine<br />
überschaubare Restzahlung zu kaufen.<br />
Leasing-Anbieter werben damit, dass sich<br />
mit Leasing und anschließendem Erwerb<br />
bis zu 40 Prozent gegenüber dem Neupreis<br />
sparen lassen. Die wahre Höhe der<br />
Einsparpotenziale hängt allerdings von<br />
einigen in dieser Rechnung nicht berücksichtigten<br />
Faktoren ab. Gewerkschaften<br />
weisen etwa darauf hin, dass die Entgeltumwandlung<br />
die Rentenbezüge leicht<br />
schmälert.
NEUE FAHRRADGADGETS<br />
Clevere Ideen fürs Bike<br />
91<br />
Die Winterpause naht und damit die Frage, ob man sein Bike mit der einen oder anderen Lösung aufrüstet?<br />
Die Fahrrad-Industrie hat jedenfalls viel neues Zubehör auf den Markt gebracht, mit dem<br />
der Alltag angenehmer, schöner oder sicherer werden soll.<br />
LUFTPUMPE IM MINI-FORMAT<br />
Groß wie eine Streichholzschachtel<br />
und 97 Gramm leicht ist die E-Luftpumpe<br />
Cycplus Cube Mini. Das kleine<br />
Tool passt selbst in die kleinste<br />
Tasche. Zwei Reifen mit bis zu 80 Psi<br />
kann das Tool mit einer Akkuladung<br />
füllen. Preis: 110 Euro.<br />
KURVENLICHT FÜR (E-)BIKES<br />
Wie bei Autos und Motorrädern gibt<br />
nun auch für E-Bikes einen Kurvenlicht-Assistenten.<br />
Leval heißt das<br />
System von B&M, das Scheinwerfer<br />
in Kurven automatisch in waagerechte<br />
Position bringt. Ein kleiner<br />
Kasten mit kugelgelagertem Gyroskop<br />
und Servomotor gleicht Lenkbewegungen<br />
und Neigungswinkel aus<br />
und platziert den Scheinwerferkegel<br />
optimiert auf die Fahrbahn. Die Neigungstechnik<br />
braucht Strom, weshalb<br />
das System für E-Bikes empfohlen<br />
wird. Ohne Scheinwerfer kostet<br />
es 100 Euro.<br />
GEFEDERTE KOMFORT-<br />
LENKERGRIFFE<br />
Velospring Art Komfort heißen neue<br />
Fahrradgriffe, die sich durch ergonomische<br />
Formgebung und ein integriertes<br />
Federungssystem auszeichnen.<br />
Letzteres soll Stöße auffangen<br />
und damit vor allem die Handgelenke<br />
entlasten. Die aus TPU gefertigten<br />
Griffe kosten im Set rund 120 Euro<br />
DIGITALER RÜCKSPIEGEL<br />
Sicherheitstechnik lässt sich für Fahrräder auch nachrüsten, wie das Beispiel<br />
Ride Safety System RS 1000 von Alps Alpine zeigt. Es handelt sich um ein Rücklicht<br />
mit Kamerasystem. Im Zusammenspiel mit einem Smartphone kann dieses<br />
Gadget (450 Euro) als digitaler Rückspiegel mit KI-basierter Gefahrenerkennung<br />
und Warnfunktion sowie als Dashcam genutzt werden.<br />
TRETEN MIT KOMFORT<br />
Ergonomie-Spezialist Ergon hat<br />
einen neuen Fahrradpedal-Typ entwickelt,<br />
der vor allem in Kontakt mit<br />
Alltagsschuhen Vorteile bietet. Die<br />
ergonomische Formgebung mit Innenstopp<br />
soll den Radfahrer intuitiv<br />
dazu verleiten, die Füße in optimaler<br />
Position auszurichten. Eine große<br />
Standfläche sorgt für gleichmäßigere<br />
Druckverteilung und ein biomechanisch<br />
besseres Treten. Das PT<br />
genannte und rund 50 Euro teure<br />
Pedal-Modell zielt auf Stadt- und<br />
Touren-Biker.
92<br />
<strong>2023</strong> Urbane Mobilität<br />
DAS COMEBACK DES FUSSGÄNGERS<br />
Die Rückeroberung<br />
der Straße<br />
Bevor das Automobil Massenphänomen wurde, waren Straßen ein Lebensraum für alle. In der Zeit vor der<br />
Motorisierung beschreibt sie der Historiker Kurt Möser in seinem Buch „Geschichte des Autos“ als Freiluftbegegnungsort,<br />
wo Kinder spielten und sich Tiere und Fußgänger weitgehend frei von Regeln in harmloser<br />
Anarchie bewegten. Um 1900 änderte sich das. Zunehmend mehr und schnellere Motorfahrzeuge eroberten<br />
die für Fußgänger zunehmend gefährlicheren Straßen.<br />
Nach Jahren voller Chaos folgten vor dem Zweiten Weltkrieg<br />
zunächst eine Regulierungswut und ab den 1950er-Jahren ein<br />
Umbau der Verkehrssysteme mit Fokus auf eine Privilegierung<br />
des Automobils. Das fast allerorts durchgesetzte Ideal war die<br />
„Autogerechte Stadt“, deren Umsetzung sogar die brutale Erschließung<br />
enger, weil im Mittelalter angelegter Innenstädte für<br />
Autos zur Folge hatte. Fußgänger und Radfahrer wurden marginalisiert<br />
und zur gefährdeten Spezies. Der Blutzoll der neuen,<br />
schnellen Verkehrssysteme war weltweit über viele Jahrzehnte<br />
hinweg enorm. Dass Eltern sich erschreckten, wenn sie Notarztsirenen<br />
hörten, während ihre Kinder draußen spielten, wurde in<br />
Kauf genommen.<br />
Auch aufgrund der vielen Unfallopfer hat in den letzen drei Jahrzehnten<br />
ein Umdenken eingesetzt, um Straßen für Fußgänger<br />
und Radverkehr wieder sicherer, attraktiver und lebenswerter<br />
zu machen. Mit Erfolg, wie zumindest Unfallstatistiken belegen.<br />
Wurden 1980 noch 3.720 im deutschen Straßenverkehr getötete<br />
Fußgänger gezählt, sank ihre Zahl bis 2022 auf 386.<br />
Vor allem jüngere Entwicklungen geben Anlass zur Hoffnung, dass<br />
die Stadt künftig zumindest teilweise wieder von unmotorisierten<br />
Verkehrsteilnehmern auf zwei Beinen zurückerobert werden<br />
könnte. Und das im Einklang mit einem weiterhin hochmotorisierten<br />
Individualverkehr. Stichwörter sind die vieldiskutierte Verkehrswende<br />
sowie das autonome Fahren.<br />
Für Verkehrswende-Projekte finden sich mittlerweile viele Beispiele.<br />
Prominent sind die Umwidmung des rechten Seine-Ufers<br />
in Paris zur autofreien Fußgängerpromenade oder die Superblocks<br />
in Barcelona. Dort kehrt nicht nur reges Leben in autofreie<br />
Straßen zurück, sie werden für Fußgänger gleichzeitig auch
93<br />
sicherer. Auch Deutschland übt sich darin, das Auto mancherorts<br />
zurückzudrängen.<br />
Einst waren es Fahrrad- und Spielstraßen, mittlerweile werden<br />
auch normale Straßen komplett für Autos gesperrt. Doch letztere<br />
Maßnahme löst Kontroversen aus. Wo Autos vollständig verdrängt<br />
werden, formiert sich häufig Widerstand. Um die zur Fußgängerzone<br />
umgestaltete Deutzer Freiheit in Köln gibt es zum Beispiel<br />
derzeit Zoff, und die Sperrung der Friedrichstraße in Berlin für den<br />
Autoverkehr wurde im Juli wieder aufgehoben. Verkehrswendeprojekte<br />
werden von großen Teilen der Bevölkerung prinzipiell<br />
zwar begrüßt, doch wo sie mit harten Einschnitten einhergehen,<br />
geht die Diskussion um Sinn und Umfang erst richtig los. Frei<br />
nach dem Motto: Verkehrswende ja, aber doch nicht hier und<br />
doch nicht so.<br />
Die in den 10er-Jahre entfesselte Verkehrswende-Euphorie<br />
scheint ein wenig an Schwung verloren zu haben, wie auch Pascal<br />
Blum bestätigt, der 2012 in Berlin die E-Rollermarke Unu gründete.<br />
„Mittlerweile blicken wir realistischer darauf. Vor 10 Jahren waren<br />
wir euphorisch. Damals haben wir geglaubt, in den nächsten 10<br />
verändert sich mehr als in den vergangenen 50 Jahren. Das ist<br />
nicht wahr geworden. Das Schöne: Trotz der langsameren Geschwindigkeit<br />
der Verkehrswende ist sie sehr nachhaltig. Das sind<br />
Trends, die sich nicht mehr umkehren lassen. Dementsprechend<br />
sehe ich, dass es längere Zeit braucht.“ Das zeigt sich auch am<br />
Beispiel E-Mobilität. 15 Millionen E-Autos, wie einst von der Bundesregierung<br />
ausgerufen, werden es bis 2030 wohl nicht werden.<br />
Doch die Elektro-Revolution scheint längst unumkehrbar.<br />
Vielversprechend erscheinen auch die Impulse der Vision Zero<br />
der EU, die als fernes Ziel ein Absenken der Verkehrstoten auf nahezu<br />
null vorsieht. Viele Maßnahmen der Verkehrspolitik zahlen<br />
bereits auf dieses für 2050 anvisierte, aber vermutlich erst später<br />
erreichte Ziel ein. Ein ungefährlicheres Miteinander dürften<br />
vor allem jedoch automatisierte Fahrfunktionen beschleunigen.<br />
Besonders erfolgreich sind die mittlerweile üblichen Notbremssysteme,<br />
die Unfälle mit Radfahrern und Fußgängern verhindern<br />
oder deren Folgen mildern. Der Faktor Mensch wird hier als Unfallverursacher<br />
Nummer 1 weiter ausgeschaltet. Und die Assistenzsysteme<br />
sind nur ein Anfang. Künftig werden mehr Fahraufgaben<br />
von Computern kontrolliert, bis wir irgendwann in eine<br />
vollständig autonome und zudem emissionsfreie Welt des Autoverkehrs<br />
vordringen. Für ein gefahrloses Miteinander im dichten<br />
Straßenverkehr der Städte könnte das Auto vom Problem zum<br />
Teil der Lösung werden.
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<strong>2023</strong><br />
Urbane Mobilität<br />
VERKEHRSWENDE<br />
Mit der Seilbahn<br />
in die grüne<br />
Zukunft?<br />
Autobahn-Tempolimit, Deutschland-Ticket und der Ausbau des Schienennetzes<br />
sorgen für hitzige Diskussionen. Aber es gibt noch mehr Ideen<br />
zur Verkehrs- und Mobilitätswende, über die sich zu reden lohnt. Zum<br />
Beispiel die Folgenden:<br />
Das Aufreger-Thema „Tempolimit“ wird<br />
öffentlich fast ausschließlich mit Bezug<br />
auf Autobahnen diskutiert. Geschwindigkeitsbegrenzungen<br />
innerorts hingegen<br />
bleiben unter dem Radar, obwohl<br />
sie starke Fürsprecher haben, vor allem<br />
unter den Kommunen. Die im Juli 2021<br />
von den sieben Städten Aachen, Augsburg,<br />
Freiburg, Hannover, Leipzig, Münster<br />
und Ulm gegründete Initiative „Lebenswerte<br />
Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“<br />
ist inzwischen auf über<br />
900 Mitglieder angewachsen. Die Bürgermeister<br />
fordern rechtliche Rahmenbedingungen<br />
für den großflächigen Einsatz<br />
von Tempo-30-Zonen. Nach Ansicht<br />
der Initiative würde die Leistungsfähigkeit<br />
des Verkehrs durch eine großflächige<br />
Einführung nicht eingeschränkt, die Aufenthaltsqualität<br />
der Bewohner hingegen<br />
spürbar gesteigert. Die Ampelkoalition<br />
hat kürzlich ein Gesetz auf den Weg gebracht,<br />
das die Einrichtung von Tempo-<br />
30-Zonen zumindest erleichtern könnte.<br />
Die Regel sollen diese aber nach Willen<br />
des Verkehrsministeriums nicht werden.
95<br />
Eine Erleichterung könnten ausgebremste<br />
Autos für Radfahrer sein. Das Fahrrad ist<br />
vor allem im urbanen Raum eine taugliche<br />
Alternative zu Auto und ÖPNV, Spaß<br />
macht das Radeln aber in den wenigsten<br />
Citys, allein schon wegen Ängsten um die<br />
eigene Sicherheit. Die Unfallforscher der<br />
Versicherung (UDV) haben vor diesem<br />
Hintergrund mehrere Vorschläge entwickelt,<br />
den Radverkehr weniger gefährlich<br />
zu gestalten. Darunter findet sich auch die<br />
Idee zur besseren Sicherung von Grundstückseinfahrten.<br />
Fast jeder siebte Unfall<br />
mit schwerverletzten oder getöteten Radfahrern<br />
spielt sich an den Zufahrten zu<br />
Firmengeländen, Tankstellen, Supermarkt-<br />
Parkplätzen und Parkhäusern ab. Je nach<br />
Lage könnten die Kommunen für die Zufahrten<br />
freie Sichtachsen, das Anbringen<br />
von Spiegeln oder sogar die Installation<br />
einer Ampel vorschreiben.<br />
Wenn das Fahrrad als Verkehrsmittel zu<br />
den persönlichen Transportaufgaben nicht<br />
passt, muss die Alternative nicht immer<br />
Pkw heißen. In Großstädten wie Rom oder<br />
Paris prägen stattdessen zunehmend elektrische<br />
Kleinstfahrzeuge das Straßenbild.<br />
Leichte und langsame, aber effiziente und<br />
ressourcensparende Stromer wie Opel<br />
Rocks Electric und Renault Twizy passen<br />
zum Pendeln, zum Einkaufen, zum Sightseeing<br />
oder auch zum Warentransport,<br />
können sich in Deutschland bislang aber<br />
nicht durchsetzen. Der Bundesverband<br />
E-Mobilität (BEM) sieht die fehlende Förderung<br />
als einen der Gründe dafür – anders<br />
als bei SUV und Limousinen erhalten<br />
Käufer beispielsweise kein Geld aus<br />
dem Umweltbonus-Topf. Zudem fordert<br />
die Lobby eine Erhöhung der meist auf<br />
45 km/h begrenzten Geschwindigkeit auf<br />
innenstadttauglichere Werte.<br />
Wer trotzdem lieber im „richtigen“ Auto<br />
fährt, muss das nicht alleine tun. „Der Verkehr<br />
leidet in der Hauptsache daran, dass<br />
die Berufspendler zwei Mal am Tag alles<br />
verstopfen“, sagt Günter Schuh. Der E-<br />
Mobilitätspionier und Hochschul-Professor<br />
will das Problem mit seinem Shuttle-<br />
Dienst e.Volution lösen. Der Dienstleister<br />
stellt Unternehmen elektrische Mini-Vans<br />
mit sieben Sitzen zur Verfügung, die<br />
morgens die Belegschaft einsammeln<br />
und ihr während der Fahrt ins Büro mobile<br />
Arbeitsplätze zur Verfügung stellen.<br />
Deswegen zahlt der Weg bereits aufs<br />
Zeitkonto ein, was die Akzeptanz des gemeinschaftlichen<br />
Transports erhöhen soll.<br />
Verhandlungen mit Großunternehmen<br />
laufen derzeit.<br />
Auch beim ÖPNV gibt es Potenzial jenseits<br />
von kostspieligen neuen U- und Straßenbahnen.<br />
In manchen Anwendungsfällen<br />
könnte die Seilbahn eine Alternative sein.<br />
Einer Studie der Beratungsgesellschaft<br />
PwC zufolge schneiden sie bei Bau und<br />
Betrieb besser ab als die schienengebundenen<br />
ÖPNV-Lösungen. Die Kosten für<br />
Seilbahnsysteme pro Kilometer betragen<br />
den Experten zufolge etwa 10 bis 20 Millionen<br />
Euro – und liegen damit auf dem<br />
Niveau einer Straßenbahnstrecke. Da kein<br />
Betriebshof und keine Signal- und Verkehrsleittechnik<br />
erforderlich sind, sind die<br />
gesamten Investitionskosten im Verkehrsmittelvergleich<br />
gering. Zudem ist die Bauzeit<br />
von Seilbahnen kurz.
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<strong>2023</strong><br />
Urbane Mobilität<br />
GLOSSAR – NEUE MOBILITÄT<br />
VON AKKUKAPAZITÄT BIS WALLBOX<br />
Mit der Mobilitätswende sickern einige neue Begriffe in den Wortschatz<br />
der Verkehrsteilnehmer ein. Eine kleine Übersicht.<br />
6 km/h<br />
AKKUKAPAZITÄT<br />
Weist den maximalen Energieinhalt eines<br />
Akkus aus, wird in kWh (vgl. -> Kilowattstunde)<br />
angegeben.<br />
BRENNSTOFFZELLE<br />
In einer Brennstoffzelle reagiert Wasserstoff<br />
mit Sauerstoff aus der Umgebungsluft.<br />
Bei dieser chemischen Reaktion entstehen<br />
neben Wasser auch Strom und Wärme.<br />
E-BIKE<br />
Fahrrad mit integriertem Elektromotor, der<br />
auf Knopfdruck zugeschaltet werden kann<br />
und das Fahrrad auch ohne Pedalunterstützung<br />
antreibt (bis max. 6 km/h).<br />
AKKUMULATOR (AKKU)<br />
Wiederaufladbare Batterie zur<br />
Speicherung elektrischer Energie.<br />
Für den Antrieb von Elektro- und Hybrid-<br />
Fahrzeugen kommen heute überwiegend<br />
Lithium-Ionen-Akkus zum Einsatz, die eine<br />
hohe Energiedichte und Lebensdauer<br />
versprechen.<br />
Die Akkukapazität aktueller E-Modelle<br />
reicht von etwa 30 kWh bis 110 kWh.<br />
DEGRADATION<br />
Bezeichnet den Alterungsprozess eines<br />
Akkus mit fortwährender Nutzungsdauer<br />
und Verlust der ursprünglichen<br />
Akkukapazität.<br />
Die Degradation ist abhängig von<br />
zahlreichen Faktoren, u.a. vom<br />
tatsächlichen Alter, der Umgebungstemperatur<br />
oder Art der Ladung<br />
(Gleich- oder Wechselstromladung).<br />
E-FUEL<br />
Mit Hilfe von (regenerativem) Strom<br />
synthetisch hergestellter Kraftstoff für den<br />
Einsatz in Benzin- oder Dieselmotoren.<br />
E-KENNZEICHEN<br />
Sonderkennzeichen für Elektroautos, bei<br />
dem am Ende der Buchstaben-Nummern-<br />
Kombination ein E steht und das E-Auto als<br />
solches erkennbar macht.<br />
BIDIREKTIONALES LADEN<br />
Die Fähigkeit von Elektroautos, elektrische<br />
Energie nicht nur zu speichern, sondern<br />
auch ins Stromnetz zurückspeisen.<br />
E-AUTOS<br />
Zu den Elektroautos im engeren Sinne<br />
zählen reine batterieelektrische Fahrzeuge,<br />
mittels Stecker aufladbare Hybrid-Fahrzeuge<br />
(Plug-in-Hybrid) und Brennstoffzellen-<br />
Fahrzeuge (FCEV).<br />
GLEICHSTROM-LADEN<br />
(AUCH DC-LADEN)<br />
Ladetechnik, mit der Elektroautos direkt<br />
mit Gleichstrom und höherer Leistung<br />
geladen werden können.
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HPC<br />
Abk. für High-Performance-Charging:<br />
umfasst Gleichstromladen an Ladestationen<br />
mit einer Ladeleistung von<br />
150 bis 350 kW, auch Ultraschnellladen<br />
genannt.<br />
HYBRID-FAHRZEUG<br />
Fahrzeug mit zwei verschiedenen<br />
Antriebstechniken und Energiespeichern<br />
an Bord, die einzeln oder kombiniert für<br />
den Antrieb sorgen. Je nach Aufbau und<br />
Leistung lässt sich zwischen Mikro-, Mildund<br />
Vollhybrid sowie Seriell-, Paralleloder<br />
leistungsverzweigtem Hybrid unterscheiden.<br />
Verfügt das Hybrid-Fahrzeug<br />
über einen von außen aufladbaren Akku,<br />
spricht man von einem Plug-in-Hybrid.<br />
LADEKURVE<br />
Die Ladeleistung beim Schnellladen von<br />
E-Autos ist nicht konstant, sondern<br />
beschreibt über die Ladedauer und den<br />
-stand eine Ladekurve.<br />
Das Leistungsmaximum wird bei<br />
niedrigen Ladeständen erreicht, mit<br />
zunehmendem Batteriestand fällt sie<br />
immer weiter ab. Schwankende Leistungen<br />
sind technisch bedingt und schonen<br />
die Akku-Technik.<br />
LADELEISTUNG<br />
Wichtigstes Kriterium dafür, wie<br />
lang das E-Auto zum Vollladen ans<br />
Stromnetz muss. Eine Haushaltssteckdose<br />
stellt eine Ladeleistung von rund 2,3 kW<br />
zur Verfügung, eine öffentliche Ladesäule<br />
oder Wallbox zwischen 10 und 22 kW, eine<br />
Schnellladesäule meist 50 kW bis 100 kW.<br />
Sogenannte Ultraschnellladesäulen<br />
kommen auf bis zu 350 kW.<br />
ONE-PEDAL-DRIVING<br />
Das Fahren von E-Fahrzeuge allein mit<br />
dem Gaspedal. Wird es getreten, fährt das<br />
Auto, lässt man es los, verzögert es. Und<br />
das deutlich stärker als ein konventionelles<br />
Fahrzeug, bei dem das Gaspedal gelupft<br />
wird. Das E-Auto verzögert dabei mit Hilfe<br />
des bordeigenen Generators, der dadurch<br />
die Bremsenergie rekuperiert und in der<br />
Batterie speichert.<br />
Ein Bremspedal ist zwar noch vorhanden,<br />
wird aber nur noch für besonders starke<br />
Verzögerung oder im Notfall verwendet.<br />
25 km/ h<br />
PEDELEC<br />
Elektrofahrrad mit Motorunterstützung bis<br />
maximal 25 km/h, sobald der<br />
Radler in die Pedale tritt.<br />
KILOWATT (kW)<br />
Maßeinheit zur Angabe von Leistung, bspw.<br />
von Motoren oder auch Ladestationen.<br />
KILOWATTSTUNDE (kWh)<br />
Maßeinheit zur Angabe von elektrischer<br />
Arbeit. Auch die Akkukapazität von E-Autos<br />
wird in kWh ausgewiesen. In der<br />
Elektromobilität ist die kWh die relevante<br />
Einheit, vergleichbar mit dem Liter<br />
Kraftstoff bei Verbrennungsmotoren.<br />
OBC<br />
Abk. für On-Board-Charger (deutsch:<br />
Bordlader): Ein Ladegerät im Fahrzeug,<br />
das Wechselstrom aus dem Stromnetz<br />
in Gleichstrom für den Akku umwandelt.<br />
Derzeit kommen OBC mit einer<br />
Ladeleistung zwischen 3,7 kW und 22 kW<br />
zum Einsatz.<br />
PLUG-IN-HYBRID-FAHRZEUG<br />
Eine Art Teilzeit-Elektroauto,<br />
gemischt mit einem Hybrid-Fahrzeug.<br />
An Bord befindet sich ein vergleichsweise<br />
kleiner Akku, der sich an der Steckdose<br />
aufladen lässt und eine rein elektrische<br />
Reichweite von 50 Kilometern und mehr<br />
ermöglicht. Danach fährt das Auto mit<br />
Hybridantrieb weiter.
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<strong>2023</strong><br />
Urbane Mobilität<br />
RANGE EXTENDER<br />
Ein kleiner Verbrennungsmotor, der mit<br />
seiner Kraft nicht die Räder antreibt, sondern<br />
einen Stromgenerator, der<br />
die Akkus während der Fahrt wieder auflädt.<br />
So soll auch nach dem Ende des an<br />
der Steckdose gezapften Stromvorrats<br />
weiteres Fortkommen möglich sein.<br />
REKUPERATION<br />
Die Rückgewinnung von kinetischer<br />
Energie als elektrischer Strom, die<br />
ansonsten beim Bremsen in Form von<br />
Wärme verloren gehen würde. Beim E-Auto<br />
fließt mit Hilfe des bordeigenen Generators<br />
ein Teil der Bremsenergie als Ladeenergie<br />
in die Batterie zurück.<br />
45 km/ h<br />
S-PEDELEC<br />
Elektrofahrrad mit Motorunterstützung bis<br />
maximal 45 km/h, sobald der Radler in<br />
die Pedale tritt. Im Gegensatz zum Pedelec<br />
besteht für ein S-Pedelec Kennzeichen-,<br />
Versicherungs- und Helmpflicht.<br />
STECKERTYPEN<br />
Behelfsmäßig kann jedes E-Auto an der<br />
Haushaltssteckdose geladen werden.<br />
Darüber hinaus hat sich die EU für den<br />
sogenannten Mennekes-Typ-2-Stecker<br />
als Standard an öffentlichen Ladesäulen<br />
entschieden. Uneinheitlich sind die<br />
Gleichstrom-Stecker für Schnellladesäulen.<br />
Während sich zunehmend das europäische<br />
CCS-System (auch Combo-2-Stecker) als<br />
alleinige Lösung durchsetzt, nutzten einige<br />
Hersteller (überwiegend japanische Marken)<br />
bis vor kurzem noch den Chademo-<br />
Standard. Tesla-Modelle verfügen dagegen<br />
zur Nutzung der marken-eigenen Supercharger<br />
einen modifizierten Typ-2-Stecker.<br />
THG-QUOTE<br />
Bei der Treibhausgasminderungsquote<br />
handelt es sich um ein Klimaschutzinstrument,<br />
das dazu beitragen soll, den Ausstoß<br />
von CO₂ zu senken. Unternehmen wie etwa<br />
Mineralölkonzerne, die fossile Kraftstoffe<br />
wie Benzin und Diesel in Umlauf bringen,<br />
werden dazu verpflichtet, ihre Emissionen<br />
jedes Jahr um einen festgesetzten Prozentsatz<br />
zu mindern. E-Auto-Halter können von<br />
der Quote profitieren, indem sie die eingesparten<br />
CO₂-Emissionen ihres Fahrzeugs<br />
an Mineralölkonzerne verkaufen.<br />
TIEFENTLADUNG<br />
Stromentnahme bis zur vollständigen Erschöpfung<br />
der Kapazität bzw. unter eine<br />
bestimmte Spannung. Kann Schäden am<br />
Akku verursachen und sollte vermieden<br />
werden. In der Regel schützt eine interne<br />
Sicherung in E-Autos vor einer Tiefentladung<br />
und schaltet den Akku rechtzeitig ab.<br />
V2X<br />
Abk. für Vehicle-to-everything. Damit ist<br />
die Vernetzung des Fahrzeugs in unterschiedlicher<br />
Ausprägung gemeint, um<br />
Informationen mit anderen Objekten auszutauschen.<br />
Beispiele sind Fahrzeug-zu-<br />
Fahrzeug (V2V), Fahrzeug-zu-Infrastruktur<br />
(V2I) oder Fahrzeug-zu-Netzwerk (V2N).<br />
Bei E-Fahrzeugen wird darüber hinaus<br />
auch das Einspeisen elektrischer Energie in<br />
andere Stromnetze bezeichnet, z.B. Fahrzeug-zu-Hause<br />
(V2H) oder Fahrzeug-zu-<br />
Stromnetz (V2G).<br />
WALLBOX<br />
Eine fest installierte Ladestation für E-Mobile,<br />
in der Regel für die heimische Garage<br />
oder den Stellplatz gedacht. Wallboxen gibt<br />
es in unterschiedlichen Leistungsstufen<br />
zwischen 3,7 und 22 kW. Sie sind meist ausreichend<br />
schnell und bedürfen bis<br />
11 kW keiner Genehmigung durch den<br />
Netzbetreiber.
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Abbildung zeigt Sonderausstattung.