26.09.2023 Aufrufe

Katharina Greschat: Kirchengeschichte I: Von der Alten Kirche bis zum Hochmittelalter (Leseprobe)

Der Band bringt in elf Kapiteln das Grundwissen im Fach Kirchengeschichte bis zum Hochmittelalter in einem Umfang näher, wie es Inhalt eines Studiums der Evangelischen Theologie sein sollte. Dabei wird ein großer Bogen vom 2. bis zum 13. Jahrhundert, also von den Anfängen der nachapostolischen Zeit bis zu den einflussreichen Lehrsystemen der Scholastik, gespannt. Auch wenn das schon lange her ist, so bleibt dies für das europäische Christentum nach wie vor – und zum Teil auch in überraschender Weise – dennoch prägend. Dabei steht in diesem Lehrbuch nicht die Vermittlung einer Überfülle an Namen, Daten und Fakten im Vordergrund. Es kommt hier vielmehr darauf an, Zusammenhänge zu verstehen, und zu entdecken, dass auch die Beschäftigung mit der Kirchengeschichte einen Beitrag zur konstruktiven Auseinandersetzung mit der Vielfalt des Christlichen in einer globalisierten Welt leisten kann.

Der Band bringt in elf Kapiteln das Grundwissen im Fach Kirchengeschichte bis zum Hochmittelalter in einem Umfang näher, wie es Inhalt eines Studiums der Evangelischen Theologie sein sollte. Dabei wird ein großer Bogen vom 2. bis zum 13. Jahrhundert, also von den Anfängen der nachapostolischen Zeit bis zu den einflussreichen Lehrsystemen der Scholastik, gespannt. Auch wenn das schon lange her ist, so bleibt dies für das europäische Christentum nach wie vor – und zum Teil auch in überraschender Weise – dennoch prägend. Dabei steht in diesem Lehrbuch nicht die Vermittlung einer Überfülle an Namen, Daten und Fakten im Vordergrund. Es kommt hier vielmehr darauf an, Zusammenhänge zu verstehen, und zu entdecken, dass auch die Beschäftigung mit der Kirchengeschichte einen Beitrag zur konstruktiven Auseinandersetzung mit der Vielfalt des Christlichen in einer globalisierten Welt leisten kann.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Lehrwerk<br />

Evangelische<br />

Theologie<br />

3<br />

<strong>Katharina</strong> <strong>Greschat</strong><br />

<strong><strong>Kirche</strong>ngeschichte</strong> I:<br />

<strong>Von</strong> <strong>der</strong> <strong>Alten</strong> <strong>Kirche</strong><br />

<strong>bis</strong> <strong>zum</strong><br />

<strong>Hochmittelalter</strong>


ZUM LEHRWERK<br />

Das Lehrwerk Evangelische Theologie (LETh) bietet einen Überblick<br />

über alle Fächer <strong>der</strong> Evangelischen Theologie nebst einer Einführung<br />

für Theologinnen und Theologen in die Religionswissenschaft. Auf dem<br />

aktuellen Stand <strong>der</strong> Forschung vermittelt es das Grundwissen für Studium<br />

und Examen. Zielgruppe sind Studierende <strong>der</strong> Evangelischen<br />

Theologie im Hauptfach sowie im Diplom- o<strong>der</strong> Magisterstudium<br />

Evangelische Theologie. In beson<strong>der</strong>er Weise dürfen sich Studierende<br />

mit dem Berufsziel Pfarramt und Lehramt – hier vor allem, aber nicht<br />

ausschließlich am Gymnasium – angesprochen fühlen. Das Lehrwerk<br />

lässt sich aber auch unabhängig von modularisierten Studiengängen<br />

benutzen. Das Bemühen um einen klaren Aufbau <strong>der</strong> Bände und eine<br />

griffige Sprache, bei <strong>der</strong> Fachterminologie und gutes Deutsch zu sam -<br />

menfinden, zielt auf eine Leserschaft, die Freude an theo logischer Bildung<br />

hat.<br />

Die Bände des Lehrwerks wollen keine historisierende Darstellung<br />

<strong>der</strong> einzelnen theologischen Fächer und Teildisziplinen geben, son<strong>der</strong>n<br />

gegenwartsbezogenes theologisches Grundwissen vermitteln. Dabei<br />

bemühen sich die Autoren, den Gesichtspunkt <strong>der</strong> fachwissenschaftlichen<br />

Relevanz von Theologie mit <strong>der</strong> praxisorientierten Ausrichtung<br />

auf das künftige Berufsfeld <strong>der</strong> Studierenden zu verbinden. Die Leitfrage<br />

bei <strong>der</strong> Stoffauswahl lautet: Welches Grundwissen ist für den Erwerb <strong>der</strong><br />

im Pfarramt o<strong>der</strong> im Lehramt gefor<strong>der</strong>ten theologischen Kompetenz<br />

entscheidend?<br />

Für jeden Band ist selbstverständlich sein Autor o<strong>der</strong> seine Autorin<br />

verantwortlich. Zugleich aber wurde je<strong>der</strong> Einzelband vor dem Erscheinen<br />

im Herausgeberkreis im Hinblick auf inhaltliche Grundentscheidungen<br />

und Aufbau gründlich diskutiert. Auf diese Weise werden Querverbindungen<br />

hergestellt und Überschneidungen vermieden, um dem<br />

Ge samtwerk bei aller theologischen Pluralität die nötige Geschlossenheit<br />

zu verleihen. Den Leserinnen und Lesern sollen auf diese Weise die<br />

innere Einheit <strong>der</strong> Theologie und die bestehenden Zusam menhänge


VI<br />

ZUM LEHRWERK<br />

zwischen ihren Einzeldisziplinen, ihren Fragestellungen und Methoden<br />

deutlich werden (enzyklopädischer Aspekt).<br />

Der Umfang <strong>der</strong> Bände und ihr Aufbau richten sich nach den Erfor<strong>der</strong>nissen<br />

des für Studierende im Rahmen von Prüfungsvorbereitungen<br />

rezipierbaren Stoffes. Die Bücher erscheinen zuerst in einer strapazierfähigen<br />

Hardcoverausgabe und als E-Book, später als broschierte Studienausgabe.<br />

Das Lehrwerk Evangelische Theologie umfasst zehn Bände:<br />

2018: Band 5: Dogmatik (Ulrich H. J. Körtner)<br />

Band 9: Ökumenische <strong>Kirche</strong>nkunde (Ulrich H. J. Körtner)<br />

2019: Band 6: Ethik (Rochus Leonhardt)<br />

Band 8: Religionspädagogik (Michael Domsgen)<br />

2020: Band 7: Praktische Theologie (Isolde Karle)<br />

Band 10: Religionswissenschaft und Interkulturelle Theologie<br />

(Henning Wrogemann)<br />

2021: Band 4: <strong><strong>Kirche</strong>ngeschichte</strong> II: Vom Spätmittelalter <strong>bis</strong> zur<br />

Gegenwart (Wolf-Friedrich Schäufele)<br />

2023: Band 3: <strong><strong>Kirche</strong>ngeschichte</strong> I: <strong>Von</strong> <strong>der</strong> <strong>Alten</strong> <strong>Kirche</strong> <strong>bis</strong> <strong>zum</strong><br />

<strong>Hochmittelalter</strong> (<strong>Katharina</strong> <strong>Greschat</strong>)<br />

2024: Band 1: Altes Testament (Beate Ego)<br />

2026 Band 2: Neues Testament (Christfried Böttrich)<br />

Allen Bänden sind ein Literaturverzeichnis sowie Register – je nach Notwendigkeit<br />

zu Personen, Sachen und Bibelstellen – beigegeben. Die<br />

verwendeten Literaturabkürzungen richten sich nach <strong>der</strong> jeweils ak -<br />

tuellsten Ausgabe des Internationalen Abkürzungsverzeichnisses für<br />

Theologie und Grenzgebiete (IATG), die Abkürzungen <strong>der</strong> Bibelstellen<br />

nach den Loccumer Richtlinien.<br />

Leipzig, im Februar 2021<br />

Verlag und Autoren


INHALT<br />

Vorwort .........................................................................................................<br />

XV<br />

1. „APOSTOLISCHE VÄTER“ ODER: PUNKTUELLE EINBLICKE<br />

IN DISKURSE DES FRÜHEN CHRISTENTUMS<br />

1.1 Vorbemerkungen ............................................................................... 1<br />

1.2 Ein kurzer Blick in die überlieferten Texte ............................... 2<br />

1.2.1 Didache ................................................................................... 2<br />

1.2.2 Barnabasbrief ........................................................................ 3<br />

1.2.3 Die beiden Clemensbriefe ................................................... 4<br />

1.2.4 Briefe des Ignatius von Antiochien .................................. 5<br />

1.2.5 Briefe des Polycarp von Smyrna ........................................ 7<br />

1.2.6 Fragmente des Papias von Hierapolis .............................. 7<br />

1.2.7 Diognetbrief .......................................................................... 8<br />

1.2.8 Hirt des Hermas ................................................................... 9<br />

1.3 Fehlende Kontexte und an<strong>der</strong>e Schwierigkeiten ..................... 10<br />

1.3.1 Diskurse ................................................................................. 12<br />

1.3.2 Organisationsstrukturen und Netzwerke ...................... 13<br />

1.3.3 Weltbezug und Weltdistanz .............................................. 14<br />

Weiterführende Literatur ......................................................................... 15<br />

2. VORBEHALTE GEGENÜBER DEN CHRISTEN<br />

UND CHRISTLICHE REAKTIONEN<br />

2.1 Vorbemerkungen ............................................................................... 16<br />

2.2 Vorbehalte gegenüber den Christen und die Rechtslage<br />

des frühen Christentums .............................................................. 17<br />

2.2.1 Spottkruzifix vom Palatin .................................................. 17<br />

2.2.2 Die Zeugnisse bei Tacitus und Sueton ............................. 18<br />

2.2.3 Plinius und sein Briefwechsel mit Kaiser Trajan ........... 19<br />

2.2.4 Celsus, ein intellektueller Gegner <strong>der</strong> Christen ............. 21<br />

2.2.5 Lukian von Samosatas Spott im »Tod des Peregrinus« 23<br />

2.3 Christliche Reaktionen ..................................................................... 24


VIII<br />

INHALT<br />

2.3.1 Apologien ............................................................................... 24<br />

2.3.2 Martyrien ............................................................................... 27<br />

Weiterführende Literatur ......................................................................... 31<br />

3. PROFILBILDUNGEN DES VORKONSTANTINISCHEN CHRISTENTUMS<br />

3.1 Vorbemerkungen ............................................................................... 32<br />

3.2 Modelle, das Christliche <strong>zum</strong> Ausdruck zu bringen ................. 33<br />

3.2.1 Anknüpfungen an die Prophetie und <strong>der</strong> Montanismus 33<br />

3.2.2 Gnostische Modelle ............................................................. 36<br />

3.2.3 Marcion und seine Anhänger ............................................ 41<br />

3.2.4 Monarchianer (Identifikationstheologen)<br />

als Gegner <strong>der</strong> Logosvorstellung ....................................... 44<br />

3.3 Organisationsformen des frühen Christentums ....................... 48<br />

3.4 Abgrenzungen gegenüber dem Judentum –<br />

»parting of the ways«? ..................................................................... 51<br />

3.5 Schriftauslegung, Herrenworte und die fehlende<br />

Notwendigkeit für einen abgeschlossenen Kanon .................... 55<br />

3.6 Parabiblische Literatur: Apostelakten und<br />

Protevangelium Jacobi .................................................................. 60<br />

3.7 Origenes: Schrifttheologe, Apologet und Lehrer ...................... 62<br />

Weiterführende Literatur ......................................................................... 66<br />

4. REICHSWEITE VERFOLGUNGEN UND ENTWICKLUNGEN<br />

BIS ZUR »KONSTANTINISCHEN WENDE«<br />

4.1 Vorbemerkungen ............................................................................... 68<br />

4.2 Kaiser Decius (Sept. 249-Juni 251) und sein<br />

allgemeines Opferedikt .................................................................... 69<br />

4.2.1 Streit um die Wie<strong>der</strong>aufnahme <strong>der</strong> Abgefallenen<br />

(lapsi) in Karthago und Rom .............................................. 71<br />

4.2.2 Konflikt zwischen Karthago und Rom –<br />

Ketzertaufstreit ..................................................................... 72<br />

4.3 Verfolgung unter Kaiser Valerian ................................................ 73<br />

4.4 Diokletianische Verfolgung und Ende <strong>der</strong> Verfolgungen<br />

durch das Galeriusedikt (311) ........................................................ 74<br />

4.5 Konstantin – <strong>der</strong> erste christliche Kaiser? .................................. 77<br />

4.6 Konstantinische Wende ................................................................. 82<br />

Weiterführende Literatur ......................................................................... 83


INHALT<br />

IX<br />

5. NEUORIENTIERUNGEN IN KONSTANTINISCHER UND<br />

NACHKONSTANTINISCHER ZEIT<br />

5.1 Vorbemerkungen ............................................................................... 85<br />

5.2 Donatistischer Streit in Nordafrika ............................................. 86<br />

5.3 Diskussionen und Streit um das trinitarische Dogma ............ 88<br />

5.3.1 Streit um Arius und sein Verständnis des<br />

göttlichen Logos (318–325) .................................................... 88<br />

5.3.2 Fortführung des Streits unter Konstantins Söhnen<br />

und Konflikte um Athanasius ............................................. 90<br />

5.3.3 Konstantius II. und das homöische Reichsbekenntnis<br />

360 .......................................................................... 92<br />

5.3.4 Durchsetzung <strong>der</strong> neunizänischen Theologie unter<br />

Theodosius auf dem II. Konzil von Konstantinopel ..... 94<br />

5.3.5 <strong>Kirche</strong>npolitik und Theologie im Westen –<br />

das Beispiel des Ambrosius ................................................ 98<br />

5.3.6 Der Westen nach dem Tod des Theodosius .................... 102<br />

5.4 Anachoreten und Koinobiten ........................................................ 104<br />

5.4.1 Antonius und das Anachoretentum ................................ 105<br />

5.4.2 Pachomius und das Koinobitentum ................................ 106<br />

5.4.3 Streit um Origenes im monastischen Umfeld ............... 108<br />

5.4.4 Aus <strong>der</strong> Wüste in aristokratisch-städtische Kontexte .. 109<br />

Weiterführende Literatur ......................................................................... 112<br />

6. AUGUSTIN VON HIPPO – DER PRÄGENDE<br />

THEOLOGE FÜR DEN WESTEN<br />

6.1 Vorbemerkungen ............................................................................... 113<br />

6.2 Gebet, Biographie und Schriftauslegung – die Confessiones<br />

(Bekenntnisse) .................................................................................. 114<br />

6.3 Rhetoriker, Manichäer, Neuplatoniker und Bischof .............. 116<br />

6.4 Auseinan<strong>der</strong>setzung mit den Donatisten ................................. 124<br />

6.5 Sünden- und Gnadenlehre – <strong>der</strong> Pelagianische Streit ............... 127<br />

6.5.1 Augustins Paulusauslegung und seine Schrift<br />

ad Simplicianum ................................................................. 128<br />

6.5.2 Pelagius: freier Wille und göttliche Gnade ..................... 130<br />

6.5.3 Streit in Nordafrika um den Pelagiusschüler Caelestius 136<br />

6.5.4 Auseinan<strong>der</strong>setzungen um die Ansichten des Pelagius 138<br />

6.5.5 Im Kampf gegen die »Neuerungen« <strong>der</strong><br />

augustinischen Theologie: Julian von Eclanum ........... 141


X<br />

INHALT<br />

6.5.6 Kontroversen um den »Semipelagianismus« ................. 143<br />

6.6 Trinitätslehre (de trinitate – Die Trinität) .................................. 145<br />

6.7 Geschichtsdeutungstheologie (de civitate Dei –<br />

Über die Gottesstadt) ...................................................................... 148<br />

6.8 Predigt, Hermeneutik und Rhetorik ............................................ 151<br />

6.9 Verhältnis <strong>zum</strong> Judentum ............................................................ 154<br />

Weiterführende Literatur ......................................................................... 157<br />

7. EINHEITSBEMÜHUNGEN UND REGIONALISIERUNGEN<br />

VOM 5. BIS 7. JAHRHUNDERT<br />

7.1 Vorbemerkungen .............................................................................. 158<br />

7.2 Christologische Streitigkeiten ........................................................ 159<br />

7.2.1 Göttlicher Logos und menschliche Seele in<br />

Abgrenzung gegenüber Arius ............................................. 159<br />

7.2.2 Antiochia, Alexandria und Konstantinopel .................... 160<br />

7.2.3 Streit um Nestorius <strong>bis</strong> <strong>zum</strong> gescheiterten<br />

Reichskonzil von Ephesus (431) ......................................... 163<br />

7.2.4 Streit um Eutyches und das Konzil von Chalcedon<br />

(451) .......................................................................................... 165<br />

7.2.5 Folgen des Konzils ............................................................... 167<br />

7.3 Transformationen des Westens und Ende des westlichen<br />

Kaisertums ....................................................................................... 170<br />

7.3.1 Homöische »Mikrochristentümer«:<br />

Ostgoten, Vandalen und Westgoten ................................ 174<br />

7.3.2 Katholisches »Mikrochristentum« <strong>der</strong> Franken ............ 179<br />

7.3.3 Eigenständiges »Mikrochristentum« in Irland ............. 182<br />

7.4 Einheit des Reichs und Einheit des Glaubens im<br />

Zeitalter Justinians ......................................................................... 186<br />

7.5 Der Westen in nachjustinianischer Zeit .................................... 192<br />

7.5.1 Papsttum ................................................................................ 194<br />

7.5.2 Benediktinisches Mönchtum ............................................ 196<br />

7.5.3 »Mikrochristentum« bei den Angelsachsen ................... 199<br />

Weiterführende Literatur ......................................................................... 203<br />

8. KREUZUNGSPUNKTE ZWISCHEN OST UND WEST<br />

IM 7. UND 8. JAHRHUNDERT<br />

8.1 Vorbemerkungen ............................................................................... 204<br />

8.2 Expansion des Islam ......................................................................... 205


INHALT<br />

XI<br />

8.3 Kaiser und Patriarch im Osten ....................................................... 210<br />

8.2.1 Bulgarenmission .................................................................. 210<br />

8.2.2 Bil<strong>der</strong>streit ............................................................................ 211<br />

8.4 Neuorientierung von König und Papst im Westen ................... 215<br />

8.5 <strong>Von</strong> den Omajjaden zu den Abassiden ......................................... 218<br />

Weiterführende Literatur ......................................................................... 222<br />

9. ARCHITEKTUR DES WESTLICHEN CHRISTENTUMS UNTER<br />

DEN KAROLINGERN<br />

9.1 Vorbemerkungen .............................................................................. 223<br />

9.2 Angelsächsisches Mönchtum und Romorientierung ............... 224<br />

9.3 Karl <strong>der</strong> Große – König und Kaiser von Gottes Gnaden ........... 228<br />

9.3.1 »Karolingische Renaissance« – Normierungs- und<br />

Eindeutigkeitsoffensive ..................................................... 233<br />

9.3.2 Bil<strong>der</strong>, Christologie und Bekenntnis als<br />

theologische Identitätsmarker ......................................... 238<br />

9.4 Diskurse, Normierungen und theologische Konflikte in<br />

<strong>der</strong> Zeit nach Karl dem Großen ..................................................... 242<br />

9.5 Konstantinische Schenkung (Constitutum Constantini)<br />

und pseudoisidorische Dekretalen ............................................... 251<br />

9.6 Vereindeutigungen auch im Osten .............................................. 253<br />

9.6.1 Christianisierung <strong>der</strong> Kiewer Rus .................................... 254<br />

9.6.2 Byzantinisches »Commenwealth« ................................... 255<br />

9.6.3 Konflikt mit den Ansprüchen des Papsttums ............... 256<br />

Weiterführende Literatur ......................................................................... 257<br />

10. MITTELALTERLICHE KIRCHENREFORM –<br />

DAS WESTLICHE CHRISTENTUM NIMMT GESTALT AN<br />

10.1 Vorbemerkungen .............................................................................. 259<br />

10.2 Bagdad: griechische Philosophie im Kontext des Islam ........... 260<br />

10.3 Das Reich unter den Ottonen und Saliern .................................. 264<br />

10.3.1 Heinrich I. und sein Sohn Otto I. (translatio imperii) 264<br />

10.3.2 Sakrales Königtum .............................................................. 267<br />

10.3.3 Römisches Imperium im Westen und Entstehung<br />

<strong>der</strong> Romanik .......................................................................... 270<br />

10.4 Monastische Reformen – Cluny und Cîteaux ............................. 276<br />

10.4.1 Das Reformkloster Cluny ................................................... 277


XII<br />

INHALT<br />

10.4.2 Eremitischer Neuaufbruch und <strong>der</strong> Orden<br />

von Cîteaux ............................................................................ 278<br />

10.5 Theologie vor <strong>der</strong> Scholastik ........................................................... 282<br />

10.5.1 Theologie im monastischen Kontext –<br />

Bernhard von Clairvaux, Rupert von Deutz,<br />

Joachim von Fiore und Hildegard von Bingen .............. 283<br />

10.5.2 Neue Kathedralschulen und die Bedeutung<br />

<strong>der</strong> aristotelischen Logik ..................................................... 287<br />

10.5.3 Anselm von Canterbury ...................................................... 291<br />

10.5.4 Abaelard .................................................................................. 297<br />

10.6 Klerusreform ...................................................................................... 300<br />

10.7 Papstreform ........................................................................................ 305<br />

10.7.1 Reform des römischen Stuhls ............................................ 305<br />

10.7.2 <strong>Kirche</strong>nrecht und Kanonistik ............................................ 306<br />

10.8 Konfliktlagen des Reformpapsttums ............................................ 307<br />

10.8.1 Konflikt mit Konstantinopel ............................................. 307<br />

10.8.2 Konflikt mit König bzw. Kaiser im<br />

Investiturstreit ..................................................................... 308<br />

10.8.3 Kreuzzüge .............................................................................. 313<br />

Weiterführende Literatur ......................................................................... 320<br />

11. ZWISCHEN DER ANKNÜPFUNG AN ARISTOTELES<br />

UND NEUEN FORMEN DER CHRISTUSVERGEGENWÄRTIGUNG<br />

11.1 Vorbemerkungen .............................................................................. 321<br />

11.2 Aristotelesrezeption .......................................................................... 323<br />

11.3 Universalgewalten: Friedrich II. und Innozenz III. ................... 325<br />

11.4 Stadtkulturen und Armutsbewegungen ..................................... 328<br />

11.4.1 Waldenser .............................................................................. 332<br />

11.4.2 Katharer ................................................................................. 335<br />

11.5 Bettelorden ......................................................................................... 342<br />

11.5.1 Dominikus und die Dominikaner .................................... 344<br />

11.5.2 Franz von Assisi und die Franziskaner ............................ 345<br />

11.6 Universitäre Theologie <strong>der</strong> Scholastik .......................................... 355<br />

11.6.1 Albertus Magnus .................................................................. 357<br />

11.6.2 Franziskanerschule – Alexan<strong>der</strong> von Hales und<br />

Bonaventura .......................................................................... 359<br />

11.6.3 Dominikanerschule – Thomas von Aquin ...................... 363<br />

11.7 Frauenmystik ..................................................................................... 370


INHALT<br />

XIII<br />

11.7.1 Mechthild von Magdeburg: »Das fließende Licht<br />

<strong>der</strong> Gottheit« .......................................................................... 371<br />

11.7.2 Marguerite Porète ................................................................. 373<br />

Weiterführende Literatur .......................................................................... 375<br />

Epilog ............................................................................................................. 376<br />

ANHANG<br />

Register .......................................................................................................... 381<br />

Personen ............................................................................................. 381<br />

Sachen ................................................................................................. 384<br />

Orte ..................................................................................................... 391


VORWORT<br />

»Die meisten halten es für den kurzen Weg zur Erlangung von Gelehrsamkeit,<br />

wenn sie möglichst viel gehört o<strong>der</strong> gelesen haben. Daher laufen die einen<br />

ganze Tage hin und her, krauchen durch alle Schulen, hören überall Lehrer<br />

und bewun<strong>der</strong>n sie, ohne sie verstanden zu haben, nehmen auf, was ihnen<br />

diktiert wurde, markieren die Register ihrer Notizen mit Unzialbuchstaben<br />

und illuminieren sie mit Zinnober. [...] An<strong>der</strong>e wie<strong>der</strong>um setzen niemals einen<br />

Fuß vor ihr Haus und geben sich den Büchern hin gleichsam einer Tretmühle,<br />

blättern die Seiten hin und her und schätzen sich glücklich, wenn sie täglich<br />

eine große Zahl von Seiten durchlaufen haben. […] Nunmehr kommt es auch<br />

zu einem Mangel an Urteilsfähigkeit, so daß man in <strong>der</strong> Regel das Schlechteste<br />

mit größter Begierde anhört und liest, damit man ja nur vieles durchstreift.<br />

Falls jemand diese Leute gleichsam ins Haus zurückruft, indem er sie fragt,<br />

warum sie dieser Lernmethode folgen, welcher Endzweck, welches Ziel ihrem<br />

Geist vorschwebt, dann wird er erkennen, daß sie nicht an<strong>der</strong>s als Verrückte,<br />

unwissend darüber sind, was sie treiben.« 1<br />

Möglichst viel zu pauken und eine Fülle an Namen, Daten und Fakten<br />

auswendig zu lernen, um sie in einer Prüfung abspulen zu können,<br />

davon war schon <strong>der</strong> Reformator Philipp Melanchthon († 1560) überzeugt,<br />

ergibt wenig Sinn. Vielmehr sollte man sich gerade auch beim<br />

Lernen für das Fach <strong><strong>Kirche</strong>ngeschichte</strong> klarmachen, welches Ziel man<br />

vor Augen hat. <strong><strong>Kirche</strong>ngeschichte</strong> will nicht klären, wie es denn nun<br />

wirklich einmal war, und dient auch nicht einfach <strong>der</strong> Begründung für<br />

kirchliche Traditionspflege o<strong>der</strong> zur Herleitung christlicher Dogmen<br />

und Bekenntnisse. Vielmehr geht es in <strong>der</strong> Beschäftigung mit dem Fach<br />

<strong><strong>Kirche</strong>ngeschichte</strong> um nichts weniger als um das Nachdenken über die<br />

Grundlegung christlicher und theologischer Identität, gerade auch in<br />

einer globalisierten und multireligiösen Gegenwart. 2<br />

1 Philipp Melanchthon, Encomion eloquentiae aus dem Jahr 1523; zitiert nach:<br />

Michael Beyer/Stefan Rhein/Günther Wartenberg (Hg.), Melanchthon deutsch I:<br />

Schule und Universität. Philosophie, Geschichte und Politik, Leipzig 1997, 80 f.<br />

2 Vgl. dazu auch den sehr lesenswerten Aufsatz von Peter Gemeinhardt, History of


XVI<br />

VORWORT<br />

Dass für jede Art von historischer Wissenschaft gegenwärtige Fragen<br />

die entscheidenden sind, hat schon <strong>der</strong> Bochumer Historiker Rudolf<br />

Vierhaus (+2011) vor längerer Zeit deutlich gemacht:<br />

»Geschichte ist die von <strong>der</strong> Gegenwart her unternommene wissenschaftliche<br />

Interpretation überlieferten menschlichen Handelns in seinen temporalen<br />

und sozialen Bezügen und im Zusammenhang einer Kontinuität, die seine<br />

Kenntnis für die Gegenwart relevant macht.« 3<br />

Was Vierhaus für die allgemeine Geschichte formuliert hatte, gilt auch<br />

für die <strong><strong>Kirche</strong>ngeschichte</strong> als ein spezifischer Bereich <strong>der</strong> Geschichtswissenschaft,<br />

<strong>der</strong> zugleich ein eminent theologischer ist, denn hier geht es<br />

um die wissenschaftliche Beschäftigung mit Menschen, die vor uns<br />

Christen gewesen sind, d. h. um das Nachdenken über den Glauben an<br />

Gott, Christus und den Heiligen Geist, jedoch nicht an und für sich, son<strong>der</strong>n<br />

so, wie dieser Gott von den Menschen geglaubt, geliebt, bewun<strong>der</strong>t,<br />

gefürchtet, gedacht o<strong>der</strong> auch erlitten wurde. 4<br />

Ein solcher Glaube hat aber nicht nur den Menschen als Einzelnen<br />

geprägt, son<strong>der</strong>n immer auch soziale Gestalt in Form von Gemeinschaften,<br />

Institutionen, Gruppen, Versammlungen und <strong>Kirche</strong>n angenommen,<br />

sich in Selbstverständnissen und Abgrenzungen manifestiert, die<br />

in unterschiedlichen Ritualen, Bil<strong>der</strong>n und Texten ihren Ausdruck fanden.<br />

Insofern schult das Studium <strong>der</strong> <strong><strong>Kirche</strong>ngeschichte</strong> das Verständnis<br />

für die Komplexität christlicher Lehre, Ethik und Lebensführung.<br />

Zugleich kann sie nicht ausschließlich im Sinne von Theologie- o<strong>der</strong><br />

Ideengeschichte verstanden werden, erschöpft sich auch nicht allein in<br />

<strong><strong>Kirche</strong>ngeschichte</strong> im Sinne von <strong>Kirche</strong> als Körperschaft o<strong>der</strong> Institution,<br />

son<strong>der</strong>n meint die Beschäftigung mit all dem, was sich auf das religiöse<br />

Verstehen und Leben auswirkte. Dementsprechend soll auch in<br />

den Blick kommen, wie letzteres wie<strong>der</strong>um selbst gestaltend gewirkt<br />

o<strong>der</strong> das Umfeld nachhaltig verän<strong>der</strong>t hat. Diese äußerst vielfältigen<br />

Christianity in Antiquity and the Middle Ages. Major Trends in Scholarship of the<br />

Past Fifty Years, Louvain Studies 42 (2019), 453–499.<br />

3 Rudolf Vierhaus, Was ist Geschichte?, in: Geza Alföldi u. a. (Hg.), Probleme <strong>der</strong><br />

Geschichtswissenschaft, Düsseldorf 1979, 19.<br />

4 Andreas Holzem, Die Geschichte des geglaubten Gottes. <strong><strong>Kirche</strong>ngeschichte</strong> zwischen<br />

»Memoria« und »Historie«, in: Andreas Leinhäupl – Wilke/Magnus Striet<br />

(Hsgg.), Katholische Theologie studieren: Themenfel<strong>der</strong> und Disziplinen, Münsteraner<br />

Einführungen, Theologie 1, Münster/Hamburg/London 2000, 73–103.


VORWORT<br />

XVII<br />

Inanspruchnahmen des Christlichen 5 lassen sich aber nicht einfach<br />

summarisch <strong>Kirche</strong> nennen, so dass <strong><strong>Kirche</strong>ngeschichte</strong> besser im Sinne<br />

von Christentumsgeschichte begriffen werden sollte. Das in diesem<br />

Buch verhandelte vorreformatorische Christentum kann nicht statisch<br />

o<strong>der</strong> als feste Größe verstanden werden, die unverän<strong>der</strong>t durch die Zeiten<br />

hindurch wan<strong>der</strong>t, vielmehr unterliegt es im Kontakt mit den Gegebenheiten<br />

menschlicher Gesellschaften in Zeit und Raum ständigen<br />

Verän<strong>der</strong>ungsprozessen und wirkt natürlich auch auf diese zurück.<br />

Gleichzeitig gab – und gibt – es das Christentum immer schon in mehrfachen<br />

Ausformungen, die sich einerseits gegeneinan<strong>der</strong>, an<strong>der</strong>erseits<br />

aber auch in Abgrenzung zu dem als nicht-christlich Wahrgenommenen<br />

profilierten; zunächst und bleibend gegenüber einem ebenfalls in<br />

sich sehr differenzierten Judentum, das sich nicht zuletzt in <strong>der</strong> Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />

mit den frühen Christen <strong>zum</strong> rabbinischen Judentum<br />

fortentwickelte. 6 Allzu einfache Gegensätze zwischen Christen und<br />

Juden, zwischen Christen und Heiden, zwischen Rechtgläubigen und<br />

Häretikern etc. sind demnach grundsätzlich kritisch zu hinterfragen.<br />

Schließlich sollte man immer im Blick behalten, dass jede Quelle<br />

ihren jeweiligen Adressaten ein bestimmtes Bild o<strong>der</strong> eine Position vermitteln<br />

möchte, weil sie in einen spezifischen Kontext hinein spricht.<br />

Diesen Kontext gilt es deshalb möglichst gründlich mit zu bedenken,<br />

um den Wert einer Quellenaussage abwägen und einschätzen zu können.<br />

Wenn etwa <strong>der</strong> nordafrikanische Theologe Tertullian an <strong>der</strong> Wende<br />

<strong>zum</strong> dritten Jahrhun<strong>der</strong>t polemisch fragt, was Athen mit Jerusalem, die<br />

Akademie <strong>der</strong> Philosophen mit <strong>der</strong> <strong>Kirche</strong> und die Häretiker mit den<br />

Christen zu tun hätten (praescr. 7), dann erwartet er von seiner Zuhörerschaft<br />

eine negative Antwort, d. h. er möchte die Christen gemeinsam<br />

mit <strong>der</strong> <strong>Kirche</strong> und Jerusalem möglichst weit von Athen, <strong>der</strong> Akademie<br />

und den in seinen Augen allzu eng mit <strong>der</strong> Akademie verknüpften Häretikern<br />

entfernt wissen. 7 Insofern muss man zunächst einmal wahrnehmen,<br />

dass Tertullian das Christentum, so wie er es versteht, ganz gezielt<br />

5 Albrecht Beutel, Vom Nutzen und Nachteil <strong>der</strong> <strong><strong>Kirche</strong>ngeschichte</strong>. Begriff und<br />

Funktion einer theologischen Kerndisziplin, ZThK 94 (1997), 84–110.<br />

6 Vgl. dazu insbeson<strong>der</strong>e unter 3.4.<br />

7 Winfried Schrö<strong>der</strong>, Athen und Jerusalem. Die philosophische Kritik am Christentum<br />

in Antike und Neuzeit, Stuttgart 2011, will jedoch die Synthese zwischen<br />

Christentum und antiker Philosophie als Signatur <strong>der</strong> westlichen Kultur nicht<br />

gelten lassen.


XVIII<br />

VORWORT<br />

von seiner Umwelt abgrenzen möchte, wo wir als Betrachter des 21. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

möglicherweise doch eher geneigt sind zu betonen, dass genau<br />

das, was Tertullian vehement abgelehnt hatte, <strong>zum</strong> Verständnis des<br />

Christentums in seiner ganzen Breite dazugehört. Geradezu paradigmatisch<br />

macht Tertullian darüber hinaus mit seiner rhetorischen Zuspitzung<br />

sehr einfache Gegensätze auf: hier die griechische Kultur und da<br />

das Juden- bzw. Christentum, hier die Philosophie und da die <strong>Kirche</strong>,<br />

hier die Häretiker und da die Rechtgläubigen. Wer ein <strong>der</strong>art rhetorisch<br />

pointiertes Modell wie das, welches Tertullian hier zeichnet, heutzutage<br />

einfach nur wie<strong>der</strong>holt, steht in Gefahr, sich die Sache allzu einfach zu<br />

machen o<strong>der</strong> nur das wahrzunehmen, was die eigenen Ansichten stützt<br />

und stärkt. Eine solche Beschäftigung mit <strong>der</strong> <strong><strong>Kirche</strong>ngeschichte</strong> kann<br />

zwar die Relevanz des Gelernten für die Gegenwart aufweisen, doch<br />

neigt sie zur Immunisierung gegenüber Kritik und macht es aus diesem<br />

Grund schwer, sich mit Positionen, die einem nicht auf den ersten Blick<br />

sympathisch sind, angemessen und sachgemäß auseinan<strong>der</strong>zusetzen.<br />

Um jedoch ein eigenständiges protestantisches Profil im ökumenischen<br />

und interreligiösen Gespräch vertreten zu können, ist es deshalb unerlässlich,<br />

gerade auch dasjenige Christliche, das einem fremd zu sein<br />

scheint o<strong>der</strong> zunächst gar nicht gefällt, ganz bewusst wahrzunehmen.<br />

Die intensive Beschäftigung mit <strong>der</strong> <strong><strong>Kirche</strong>ngeschichte</strong> <strong>der</strong> Antike und<br />

des Mittelalters ist deshalb nicht weniger wichtig als die mit <strong>der</strong> Reformation,<br />

Neuzeit o<strong>der</strong> auch <strong>der</strong> neuesten Zeit. Sie leistet insgesamt einen<br />

wichtigen Beitrag zur konstruktiven Auseinan<strong>der</strong>setzung mit unterschiedlichen<br />

Formen des Christentums, die die vermeintlichen Sicherheiten<br />

des eigenen Herkommens und seiner impliziten Selbstverständlichkeiten<br />

relativieren können. Wer sich in dieser Weise mit dem eigenen<br />

Herkommen beschäftigt und sich in eine differenzierte Betrachtung <strong>der</strong><br />

Vergangenheit einübt, muss sie we<strong>der</strong> unkritisch fortführen noch in<br />

Bausch und Bogen als unzeitgemäß ablehnen.<br />

An dieser Stelle ist noch kurz auf die Problematik des Begriffs<br />

Mittelalter einzugehen, <strong>der</strong> nicht einfach nur einen bestimmten historischen<br />

Abschnitt <strong>der</strong> europäischen Geschichte zwischen Antike und<br />

Neuzeit meint. Vielmehr wird häufig das, was als rückständig, düster,<br />

fremdartig o<strong>der</strong> auch in seiner Abständigkeit faszinierend erscheint, als<br />

mittelalterlich bezeichnet und somit implizit o<strong>der</strong> explizit in Kontrast<br />

zu einer als normativ verstandenen aufgeklärten bzw. säkularisierten<br />

Mo<strong>der</strong>ne gesetzt. Die mittelalterlichen Menschen müssen dementspre-


VORWORT<br />

XIX<br />

chend entwe<strong>der</strong> beson<strong>der</strong>s unmündig o<strong>der</strong> aber beson<strong>der</strong>s gottesfürchtig<br />

gewesen sein. Auf diese Weise wird noch immer bzw. immer wie<strong>der</strong><br />

ein deutlicher Abstand hergestellt, den die großen europäischen Erzählungen<br />

von <strong>der</strong> Überwindung des päpstlichen und scholastischen<br />

Mittelalters durch Renaissance, Humanismus und Reformation so nachhaltig<br />

betont wissen wollten. Angesichts <strong>der</strong> be schleunigten Globalisierung<br />

im beginnenden 21. Jahrhun<strong>der</strong>t tritt die damit verbundene Be -<br />

schränkung auf ein westliches und lateinisches Mittelalter noch deutlicher<br />

zutage. 8 Die mo<strong>der</strong>ne Mediävistik favorisiert daher alternative<br />

Konzeptionen von einer römischen Spätantike, die unter dem (ost-)römischen<br />

Kaiser, dem fränkischen Reich mit Karl dem Großen als Kaiser<br />

des Westens und dem Kalifat gleichermaßen transformiert und fortgeschrieben<br />

wurde. Sowohl in Konstantinopel als auch in Damaskus bzw.<br />

Bagdad hat man sich ebenso auf römische Traditionen bezogen wie auch<br />

in Rom und im Frankenreich. Doch waren die Gebiete in West- und<br />

Mitteleuropa zunächst eher randständig:<br />

»Vom sechsten <strong>bis</strong> <strong>zum</strong> elften Jahrhun<strong>der</strong>t schreiben West- und Mitteleuropa<br />

nicht Weltgeschichte. Deshalb kann es nur historisch verzerren, wenn man<br />

ausgerechnet die Verhältnisse dieser damals peripheren Region für die gesamte<br />

Welt als normgebend hinstellt.« 9<br />

In <strong>der</strong> Konsequenz müsste also auch die <strong><strong>Kirche</strong>ngeschichte</strong> des Westens<br />

im Zusammenhang mit dem, was in Ostrom 10 und in <strong>der</strong> islamischen<br />

Welt gelebt und gedacht wurde, verhandelt und die vielfältigen Diskurse<br />

und Bezüge zwischen diesen drei Fortschreibungen des Römischen<br />

Reichs beleuchtet werden. 11 Im Rahmen eines Lehrbuchs ist das lei<strong>der</strong><br />

8 Vgl. dazu vor allem Michael Borgolte, Christen, Juden, Muselmanen. Die Erben <strong>der</strong><br />

Antike und <strong>der</strong> Aufstieg des Abendlandes 300-1400 n. Chr., Siedler Geschichte Europas<br />

2, München 2006.<br />

9 Thomas Bauer, Warum es kein islamisches Mittelalter gab. Das Erbe <strong>der</strong> Antike<br />

und <strong>der</strong> Orient, München 2018, 105.<br />

10 Der Begriff Byzanz bzw. Byzantinisches Reich wird in diesem Lehrbuch ganz<br />

bewusst vermieden, weil es sich um eine Nomenklatur des späten 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

handelt, durch die <strong>der</strong> Bezug <strong>zum</strong> Römischen Reich in den Hintergrund tritt, vgl.<br />

jetzt auch Nathanael Aschenbrenner/Jake Ransohoff (Hg.), The Invention of<br />

Byzantium in Early Mo<strong>der</strong>n Europe, Washington D. C. 2021.<br />

11 Zu diesem Modell vgl. auch das kritisch rezipierte Werk von Ernst Pitz, Die griechisch-römische<br />

Ökumene und die drei Kulturen des Mittelalters, Berlin 2001 und<br />

jetzt auch Andreas Speer, 1000 Jahre Philosophie. Ein an<strong>der</strong>er Blick auf die Philosophie<br />

des »Mittelalters«, Pa<strong>der</strong>born 2023.


XX<br />

VORWORT<br />

nicht durchgängig möglich; gleichwohl soll an einigen markanten Stellen<br />

darauf hingewiesen werden, dass sich die europäische 12 Christentumsgeschichte<br />

nicht ohne Bezüge zu Ostrom und zur islamisch ge -<br />

prägten Welt verstehen lässt.<br />

Als »Wasserscheide« hat sich in allen drei großen Kulturräumen die<br />

Zeit um das Jahr 1000 erwiesen, 13 die im Westen vor allem von <strong>der</strong> großen<br />

gregorianischen <strong>Kirche</strong>nreformbewegung bestimmt war. Als Folge<br />

dieser Reform bildete sich dann eine ganz eigenständige christliche Kultur<br />

des Westens mit gotischen Kathedralen, Rittern und höfischer Kultur,<br />

Universitäten und Scholastik etc., die auf den ersten Blick die Signatur<br />

all dessen ausmacht, was wir in positiver Weise mit dem Mittelalter<br />

verbinden. In <strong>der</strong> Konsequenz wird damit aber auch die Epochengrenze<br />

<strong>der</strong> Renaissance, verstanden als Rückgriff auf das antike Erbe, höchst<br />

problematisch.<br />

So soll in diesem Lehrbuch vielmehr deutlich werden, auf welche<br />

Weise das antike und darauf bezugnehmend auch das westliche Christentum<br />

in <strong>der</strong> nachantiken Welt an sehr verschiedene Überlieferungen<br />

und Traditionen – beginnend mit dem zeitgenössischen Judentum in<br />

<strong>der</strong> hellenistisch geprägten Welt – angeknüpft hat, um an ihnen zu partizipieren,<br />

sich auf sie zu beziehen, Passendes zu entleihen und am Ende<br />

bleibend anzueignen. Es blieb also niemals allein bei einer Rezeptivität,<br />

denn diese wurde immer wie<strong>der</strong> dynamisiert und legte den Grund für<br />

die Entstehung von etwas Neuem. Man kann sich diesen Vorgang mit<br />

dem Bild einer Mauer veranschaulichen, in <strong>der</strong> Säulentrommeln und<br />

an<strong>der</strong>e Bauteile aus <strong>der</strong> Antike verbaut worden sind (Spolien 14 ). Aus den<br />

Bestandteilen <strong>der</strong> antiken Welt, die hier in einem ganz an<strong>der</strong>en Kontext<br />

verarbeitet und verwendet werden, entsteht am Ende dann etwas vollkommen<br />

Neues.<br />

12 Zu dem völlig an<strong>der</strong>en Europaverständnis <strong>der</strong> Antike vgl. insbeson<strong>der</strong>e Peter<br />

Gemeinhardt, Europa in patristischer Perspektive. Geographie, Mythologie und<br />

Heilsgeschichte, in: Michael Meyer-Blanck (Hg.), Christentum und Europa. XVI.<br />

Europäischer Kongress für Theologie (10.–13. September in Wien), Veröffentlichungen<br />

<strong>der</strong> Wissenschaftlichen Gesellschaft für Theologie 57, Leipzig 2019, 436–456.<br />

13 Garth Fowden, Before and After Muhammad. The First Millenium Refocused,<br />

Princeton/Oxford 2014, 213.<br />

14 Vgl. dazu Arnold Esch, Wie<strong>der</strong>verwendung von Antike im Mittelalter: Die Sicht des<br />

Archäologen und die Sicht des Historikers, Hans-Lietzmann-Vorlesungen 7, Berlin<br />

2005.


VORWORT<br />

XXI<br />

Mauer mit Spolien<br />

Der Umgang mit <strong>der</strong> Vergangenheit ist ein dem Christentum gleichsam<br />

inhärentes Thema, weil es sich zur historischen Person Jesu Christi und<br />

<strong>der</strong> von ihm gegründeten Gemeinschaft verhalten musste und noch<br />

immer muss. Schon die lukanische Apostelgeschichte zeichnete ein<br />

wirkmächtiges Idealbild von den ersten Christen, die ein Herz und eine<br />

Seele waren und alles gemeinsam hatten (Apg 2,44 und 4,32). Auch wenn<br />

diese Art des christlichen »Urkommunismus« kaum historisch gewesen<br />

sein dürfte, erwies sie sich seither immer wie<strong>der</strong> als erstrebenswertes<br />

Vorbild o<strong>der</strong> als eine höchst wirksame soziale Utopie.<br />

In einem vielbeachteten Werk aus dem Jahre 1983 machte <strong>der</strong> Historiker<br />

Eric J. Hobsbawm († 2012) darauf aufmerksam, dass vieles, was als<br />

alte Tradition wahrgenommen wird, gar nicht unbedingt alt sein muss,<br />

son<strong>der</strong>n eine gezielte Rückprojektion ist, um bestimmten Normen eine<br />

beson<strong>der</strong>e Wertigkeit zuzusprechen. So seien etwa die schottischen Kilts<br />

keineswegs, und wie häufig behauptet, eine uralte keltische Tracht, son<strong>der</strong>n<br />

wurden erst im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t als solche gedeutet. 15 In ähnlicher<br />

Weise dürfte <strong>der</strong> Evangelist Lukas die Situation <strong>der</strong> Urgemeinde nach<br />

dem Muster philosophischer Lebensmodelle gleichsam retrospektiv<br />

15 Eric J. Hobsbawm/Terence Ranger (Hg.), The Invention of Tradition, New York<br />

1983.


XXII<br />

VORWORT<br />

konstruiert haben, und das ganz offenbar, um das Christentum auch<br />

für philosophisch interessierte Menschen attraktiv zu machen.<br />

Christen haben sich also zu allen Zeiten höchst kreativ mit dem<br />

Vergangenen auseinan<strong>der</strong>gesetzt, sich immer wie<strong>der</strong> neu auf Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />

eingelassen, um sich auch Außenstehenden verständlich<br />

zu machen. Gleichzeitig haben sie das Wertesystem ihrer Umwelt aber<br />

auch gehörig auf den Kopf gestellt, indem sie den Gekreuzigten nicht<br />

als einen von Gott Gestraften verstanden und dementsprechend ihren<br />

eigenen Tod nicht als Scheitern, son<strong>der</strong>n als angemessene Nachfolge<br />

Christi begriffen und gedeutet haben.<br />

Warum sich das Christentum ausgebreitet hat und nicht schon<br />

nach kurzer Zeit – wie so viele an<strong>der</strong>e Kulte und Religionen – wie<strong>der</strong> verschwunden<br />

ist, wird sehr intensiv diskutiert. 16 Dass die an<strong>der</strong>en Religionen<br />

in einer Krise steckten und aus diesem Grunde keine attraktiven<br />

Sinnbildungen mehr anbieten konnten, liest man zwar häufiger, 17 doch<br />

dürfte das kaum mehr als eine Verlegenheitserklärung sein. Vermutlich<br />

kam <strong>der</strong> Verbreitung des Christentums zugute, dass mit seinen Lehren<br />

sowohl einfachere Leute als auch Gebildete erreicht wurden. Denn die<br />

Vorstellung, dass die ersten Anhänger Christi <strong>der</strong> Unterschicht entstammten<br />

und erst im Verlauf <strong>der</strong> Jahrhun<strong>der</strong>te Angehörige <strong>der</strong> oberen<br />

Schichten im Reich für sich gewinnen konnten, hat sich als unzutreffend<br />

herausgestellt. <strong>Von</strong> einigen Forschern wird deshalb mit einiger<br />

Vehemenz vorgebracht, dass das Christentum das Potential gehabt<br />

habe, die starren soziale Differenzen innerhalb <strong>der</strong> römischen Gesellschaft<br />

aufzubrechen:<br />

»Christianity also prompted liberating social relations between the sexes and<br />

the family […] Christianity also greatly modulated class differences – more<br />

than rhetoric was involved when slave and noble greeted one another as<br />

brothers in Christ.« 18<br />

16 Adolf von Harnack, Mission und Ausbreitung des Christentums in den ersten drei<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ten, 2 Bde, Leipzig 1906; Christoph Markschies, Warum hat das Christentum<br />

in <strong>der</strong> Antike überlebt? <strong>Kirche</strong>nhistorische und systematisch-theologische<br />

Antworten, Forum Theologische Literaturzeitung 13, Leipzig 2004; vgl. jetzt auch<br />

den wichtigen Aufsatz von Benjamin Schließer, Vom Jordan an den Tiber. Wie die<br />

Jesusbewegung in den Städten des Römischen Reiches ankam, ZThK 116 (2019), 1–45.<br />

17 Eric R. Dodds, Heiden und Christen in einem Zeitalter <strong>der</strong> Angst, Aspekte religiöser<br />

Erfahrung von Marc Aurel <strong>bis</strong> Konstantin, Frankfurt 1985 (engl. 1970).<br />

18 Rodney Stark, The Rise of Christianity. A Sociologist Reconsi<strong>der</strong>s History, Princeton<br />

1996, 214.


VORWORT<br />

XXIII<br />

Für Rodney Stark (*1937), <strong>der</strong> in seinem streitbaren Werk über die<br />

Ausbreitung des frühen Christentums sozialwissenschaftliche Methoden<br />

anwendet, nutzten die Christen die ihnen zur Verfügung stehenden<br />

verwandtschaftlichen und sonstigen Netzwerke auch zur Verbreitung<br />

ihres Glaubens. Interessant ist, dass Stark vor allem die Rolle <strong>der</strong><br />

Frauen in den Blick nimmt und betont, dass ihnen in den christlichen<br />

Gemeinden ein höherer Status zugemessen wurde als in ihrer nichtchristlichen<br />

Umwelt. Nicht zuletzt auch dadurch, dass sich die Christen<br />

um die Opfer <strong>der</strong> nicht nur in <strong>der</strong> Antike allgegenwärtigen Seuchen,<br />

Erdbeben, Feuer und an<strong>der</strong>en Katastrophen gekümmert haben, hätten<br />

sie das häufig harte und entbehrungsreiche Leben in den antiken Städten<br />

erträglicher gestaltet. 19 Starks dezidiert untheologische Argumentation<br />

hat eine Diskussion darüber, aus welchen Gründen sich das Christentum<br />

denn eigentlich ausgebreitet hat, angestoßen und enorm be -<br />

lebt. 20 Gerade <strong>der</strong> sozialdiakonische Impuls <strong>der</strong> frühen Christen wird<br />

auch gegenwärtig als ein wichtiger Grund dafür genannt, dass sich <strong>der</strong><br />

neue Glaube, <strong>der</strong> ja keine gezielte Missionsstrategie verfolgte, dennoch<br />

dauerhaft im Römischen Reich etablieren konnte. 21<br />

Das vorliegende Lehrbuch setzt im ersten Kapitel ganz bewusst und<br />

programmatisch mit <strong>der</strong> Problematik einer angemessenen Bewertung<br />

<strong>der</strong> Quellenlage ein. Da uns lediglich einige wenige Zeugnisse aus <strong>der</strong><br />

Fe<strong>der</strong> <strong>der</strong> ersten Christen überliefert sind, erweist es sich als ausgesprochen<br />

schwierig, daraus allgemeine bzw. weitreichende Schlussfolgerungen<br />

zu ziehen. Über vieles, was wir gerne wissen würden, können wir<br />

nur spekulieren. Das zweite Kapitel blickt dann von außen auf das frühe<br />

Christentum und beschreibt das Unverständnis, den Spott und die Verachtung,<br />

mit dem die Umwelt den Anhängern <strong>der</strong> neuen Religion<br />

begegnete. Das blieb jedoch nicht ohne Wirkung. Einige Christen sahen<br />

sich genötigt, ihre Ansichten vor einem halbwegs gebildeten Publikum<br />

plausibel zu machen, was eben auch heißen konnte, das ihnen zuge-<br />

19 Stark, Rise of Christianity 162.<br />

20 Vgl. dazu die ausführliche Diskussion im Journal of Early Christian Studies 6 (1998).<br />

21 Andreas Müller (Hg.) Wohltätigkeit im antiken und spätantiken Christentum,<br />

Studien <strong>der</strong> Patristischen Arbeitsgemeinschaft 16, Leuven/Paris/Bristol 2021; vgl.<br />

auch <strong>der</strong>s., Caritas im Neuen Testament und in <strong>der</strong> <strong>Alten</strong> <strong>Kirche</strong>, in: Michaela Collinet<br />

(Hg.), Caritas – Barmherzigkeit – Diakonie. Studien zu Begriffen und Konzepten<br />

des Helfens in <strong>der</strong> Geschichte des Christentums vom Neuen Testament <strong>bis</strong><br />

ins späte 20. Jahrhun<strong>der</strong>t, Münster 2014, 17–47.


XXIV<br />

VORWORT<br />

fügte Leid im Sinne eines Martyriums in <strong>der</strong> Nachfolge ihres Herrn zu<br />

interpretieren. In einer Gesellschaft, in <strong>der</strong> ungerechtfertigtes Leiden<br />

bzw. <strong>der</strong> Tod allgegenwärtig waren, vermochte das durchaus zu überzeugen.<br />

Im dritten Kapitel soll es um die innere Dynamik des frühen<br />

Christentums in vorkonstantinischer Zeit gehen, die schließlich zur<br />

Klärung <strong>der</strong> eigenen Identität nach innen und nach außen beitrug. Das<br />

vierte Kapitel än<strong>der</strong>t einmal mehr die Blickrichtung und konzentriert<br />

sich auf die Entwicklung des Christentums im Kontext <strong>der</strong> Religionspolitik<br />

des Römischen Reiches <strong>bis</strong> zu Konstantin. Dabei wird auch aufgezeigt,<br />

welche Rückwirkungen die jeweiligen Verfolgungssituationen auf<br />

die Gemeinden hatten und welche Auseinan<strong>der</strong>setzungen zu führen<br />

waren. Im Rahmen des fünften Kapitels wird das Augenmerk auf die<br />

Transformationen des Christentums im Kontext des Römischen Reiches<br />

nach Kaiser Konstantin gelegt. Zur gleichen Zeit formte sich mit dem<br />

Mönchtum aber auch eine völlig an<strong>der</strong>e christliche Lebens- und Denkform<br />

außerhalb von Gesellschaft und Kultur im Römischen Reich. Das<br />

sechste Kapitel widmet sich mit Augustin von Hippo einem <strong>der</strong> prägenden<br />

Theologen für den Westen. In seiner Person, dem Umfeld und <strong>der</strong><br />

Entwicklung seiner Theologie bündeln sich darüber hinaus auch Themen,<br />

die für die nachkonstantinische Zeit bestimmend waren. Mit<br />

Augustin befinden wir uns bereits an <strong>der</strong> Schwelle zu dem Phänomen,<br />

das man <strong>bis</strong> vor kurzem noch als die große »Völkerwan<strong>der</strong>ung« bezeichnet<br />

hat. Inzwischen spricht man eher von einer komplexen Transformation,<br />

weil es sich we<strong>der</strong> um »Völker« gehandelt hat noch um kontinuierliche<br />

»Wan<strong>der</strong>ungsbewegungen«. <strong>Von</strong> daher beschäftigt sich das siebte<br />

Kapitel intensiv mit <strong>der</strong> zunehmenden Entfremdung zwischen dem<br />

Ost- und dem Westteil des Reichs und <strong>der</strong> Ausgestaltung von sehr<br />

unterschiedlichen »Mikrochristentümern« im Westen. Unter ganz<br />

neuen Vorzeichen wird diese Entwicklung im achten Kapitel fortgeschrieben,<br />

weil die Entstehung und Ausbreitung des Islam gerade im<br />

Osten zu deutlichen Akzentverschiebungen führte. Aber auch im Westen<br />

gab es insofern viel Neues, als sich die Entstehung <strong>der</strong> beiden Universalgewalten<br />

Papst und Kaiser abzuzeichnen begann. Vertieft wird das<br />

im neunten Kapitel, das sich den fränkischen Karolingern im Kontext<br />

dieser neuen Konstellation widmet. Mit dem zehnten Kapitel nimmt<br />

das Buch schließlich die große gregorianische <strong>Kirche</strong>nreformbewegung<br />

samt ihren Konsequenzen in den Blick, die nicht nur die schon erwähnte<br />

Wasserscheide um das Jahr 1000 markiert, son<strong>der</strong>n auch entscheidend


VORWORT<br />

XXV<br />

zur Ausprägung einer eigenständigen christlichen Kultur des Westens<br />

beitrug. Mit dem Aufstieg des Papsttums zu einer eigenständigen Institution<br />

gingen nicht nur die <strong>Kirche</strong>nspaltung zwischen Ost und West,<br />

son<strong>der</strong>n auch <strong>der</strong> Konflikt zwischen den Universalgewalten und die<br />

Kreuzzüge einher. Das letzte, elfte Kapitel behandelt dann die gesellschaftlichen<br />

und religiösen Verän<strong>der</strong>ungen, die <strong>der</strong> Aufschwung <strong>der</strong><br />

Städte mit sich brachte. Dazu zählen die unterschiedlichen Armutsbewegungen,<br />

die sich außer- und dann auch innerhalb <strong>der</strong> <strong>Kirche</strong> etablierten,<br />

eine völlig neue Wissenschaftskultur an den Universitäten und<br />

eine universitäre Theologie, die sich mit <strong>der</strong> Herausfor<strong>der</strong>ung eines<br />

ganz an<strong>der</strong>sartigen, nämlich des aristotelischen Denksystems auseinan<strong>der</strong>setzte,<br />

und verän<strong>der</strong>te Formen religiöser Kultur, die sich abseits<br />

des Lateins <strong>der</strong> theologisch geschulten Kleriker auch in <strong>der</strong> Volkssprache<br />

und hier insbeson<strong>der</strong>e auch durch weibliche Stimmen zu Wort meldete.<br />

Leitlinien<br />

1. Es geht nicht nur um Theologie- o<strong>der</strong> Dogmengeschichte, son<strong>der</strong>n<br />

auch um Geschichte <strong>der</strong> Ethik, <strong>der</strong> Rituale und <strong>der</strong> Lebensformen,<br />

<strong>der</strong> Institutionen, <strong>der</strong> Abgrenzungen und diskursiven Auseinan<strong>der</strong>setzungen.<br />

2. Es wird keine zusammenhängende »große Erzählung« geboten,<br />

die zielstrebig auf eine ganz bestimmte Form des gegenwärtigen Christentums<br />

zuläuft. Stattdessen bestimmt die Vielfalt <strong>der</strong> verschiedenen<br />

Möglichkeiten <strong>der</strong> Inanspruchnahme des Christlichen die Darstellung.<br />

3. An wenigen markanten Stellen gibt es kurze Hinweise auf Forschungsdiskussionen,<br />

um zu verdeutlichen, welche Voraussetzungen<br />

o<strong>der</strong> Zielsetzungen dahinterstehen.<br />

4. Zu einigen Punkten wird etwas ausführlicher auf die Wirkungsgeschichte<br />

Bezug genommen, um zu veranschaulichen, dass auch sie<br />

den Blick auf die Ereignisse bestimmen kann.<br />

5. An einigen Stellen werden auch spezifische Forschungsmethoden<br />

und -ansätze erläutert, um die Vielfalt <strong>der</strong> Methoden und Zugänge zu<br />

zeigen.<br />

6. Es soll nicht ausschließlich auf den Westen und auf die lateinische<br />

Welt geblickt werden, son<strong>der</strong>n exemplarisch auch Verbindungen<br />

mit an<strong>der</strong>en Christentümern und <strong>der</strong> islamischen Welt aufgezeigt werden.


XXVI<br />

VORWORT<br />

7. Bil<strong>der</strong> und einige wenige Tabellen sollen <strong>der</strong> Veranschaulichung<br />

des Dargestellten dienen.<br />

8. An wenigen Stellen wird neben Textquellen auch auf Zeugnisse<br />

<strong>der</strong> materialen Kultur hingewiesen.<br />

9. Diese Darstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit;<br />

vieles kommt schlichtweg nicht vor.<br />

10. Ein eifriges Hin- und Herblättern innerhalb des Bandes ist ausdrücklich<br />

erwünscht, denn dadurch wird das Gelesene gefestigt und<br />

zugleich in an<strong>der</strong>e Zusammenhänge eingeordnet.<br />

11. Die weiterführende Literatur beschränkt sich auf einige wenige,<br />

meist neuere Veröffentlichungen und soll zur eigenen Weiterarbeit<br />

anregen und ermutigen.<br />

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, den vielen Studierenden zu danken,<br />

die meine Vorlesungen und Seminaren besucht und mir dadurch viele<br />

wertvolle Anregungen für das nun vorliegende Lehrbuch gegeben ha -<br />

ben. Dass ich mein Konzept auf verschiedenen Treffen <strong>der</strong> Mitherausgeber<br />

und Mitherausgeberinnen in Leipzig vorstellen und diskutieren<br />

durfte, habe ich immer als ein großes Privileg verstanden. Ein gemeinsam<br />

mit meiner Bochumer Kollegin Ute Gause verantwortetes <strong>Kirche</strong>ngeschichtliches<br />

Oberseminar hat sich ebenfalls mit <strong>der</strong> Konzeption des<br />

Lehrbuchs befasst und mir wichtige Verbesserungsvorschläge gemacht.<br />

<strong>Von</strong> meinen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen haben insbeson<strong>der</strong>e<br />

Claudia Rammelt und Alexan<strong>der</strong> Wehrenbrecht Teile des Buchs gelesen<br />

und wertvolle Tipps beigesteuert, während die studentischen Hilfskräfte<br />

immer eifrig Literatur herbeigeschafft haben. Der intensive Austausch<br />

mit Peter Gemeinhardt (Göttingen) über die Gattung Lehrbuch<br />

hat mir ebenso Auftrieb gegeben wie die Gespräche mit meinen beiden<br />

Schwestern. Ein großer Dank gilt auch meinem Mann Reinhard G. Lehmann,<br />

<strong>der</strong> unbedingt das ganze Buch vor <strong>der</strong> Veröffentlichung lesen<br />

wollte.<br />

Gewidmet sei dieses Lehrbuch den Studentinnen und Studenten<br />

<strong>der</strong> Evangelisch-Theologischen Fakultät <strong>der</strong> Ruhr-Universität Bochum.<br />

Mögen sie es gerne und mit Freude zur Hand nehmen!<br />

Bochum, Ostern 2023<br />

<strong>Katharina</strong> <strong>Greschat</strong>


1.<br />

»APOSTOLISCHE VÄTER« ODER:<br />

PUNKTUELLE EINBLICKE IN DISKURSE<br />

DES FRÜHEN CHRISTENTUMS<br />

1.1 VORBEMERKUNGEN<br />

Der Begriff »Apostolische Väter« bezeichnet eine Zusammenstellung<br />

frühchristlicher Texte vornehmlich aus dem 1. und 2. Jahrhun<strong>der</strong>t,<br />

<strong>der</strong>en Datierung und Lokalisierung aber häufig nicht ganz klar ist. Teilweise<br />

sind sie schon in wichtigen Bibelcodices wie Codex א (Sinaiticus,<br />

4. Jh.) o<strong>der</strong> Codex A (Alexandrinus, 5. Jh.) enthalten, werden aber erst seit<br />

<strong>der</strong> Erstedition von J. B. Cotelier (1672) unter <strong>der</strong> Kategorie <strong>der</strong> »Apostolischen<br />

Väter« gefasst, weil man von <strong>der</strong> Vorstellung ausging, dass ihre<br />

Autoren noch in einer persönlichen Beziehung zu den Aposteln gestanden<br />

haben o<strong>der</strong> <strong>zum</strong>indest theologisch stark von ihnen beeinflusst<br />

gewesen seien. Dahinter ist die Konzeption <strong>der</strong> Bewahrung des Ur -<br />

sprünglichen von Jesus Christus über die Apostel <strong>bis</strong> hin zu den »Apostolischen<br />

Vätern« deutlich zu erkennen (apostolische Sukzession), die<br />

sich noch beim kürzlich verstorbenen Papst Benedikt XVI. (Josef Ratzinger)<br />

findet, <strong>der</strong> von einer zweiten Generation <strong>der</strong> <strong>Kirche</strong> nach den Aposteln<br />

sprach. 22<br />

In diesen Texten sind ganz unterschiedliche Gattungen vertreten:<br />

überwiegend handelt es sich um Briefe, es gibt aber auch eine Predigt,<br />

eine Offenbarungsschrift (Apokalypse), eine Gemeindeordnung, ein<br />

eher exegetisches Werk und an ganz unterschiedlichen Fragestellungen<br />

und Themen orientierte Abhandlungen. Inhaltlich sind die Texte nicht<br />

miteinan<strong>der</strong> verwandt. Insofern stehen sie sinnbildlich für das Zufällige<br />

des Christentums in dieser Zeit, von dem uns lei<strong>der</strong> viel zu wenig – und<br />

22 Benedikt XVI., <strong>Kirche</strong>nväter und Glaubenslehrer. Die Grossen <strong>der</strong> Frühen <strong>Kirche</strong>,<br />

Augsburg 2008, 7: »Nun widmen wir unsere Aufmerksamkeit den Apostolischen<br />

Vätern, das heißt <strong>der</strong> ersten und zweiten Generation <strong>der</strong> <strong>Kirche</strong> nach den Aposteln.<br />

Und so können wir sehen, wie <strong>der</strong> Weg <strong>der</strong> <strong>Kirche</strong> in <strong>der</strong> Geschichte beginnt«.


2<br />

1. »APOSTOLISCHE VÄTER«<br />

das Wenige auch nur ohne erläuternden Kontext, überliefert ist. Schlaglichtartig<br />

geben sie also Auskunft über sehr verschiedene Ansichten<br />

hinsichtlich <strong>der</strong> Formulierung eines christlichen Selbstverständnisses<br />

in sehr unterschiedlichen Regionen des Römischen Reichs, legen differente<br />

Ansichten offen, nennen vielfältige Streitpunkte und lassen etwas<br />

über die Sozialgestalt dieser Gruppen und ihre Verwurzelung<br />

o<strong>der</strong> Abgrenzung im Hinblick auf ihre nichtchristliche Umwelt erkennen.<br />

1.2 EIN KURZER BLICK IN DIE ÜBERLIEFERTEN TEXTE<br />

1.2.1 DIDACHE<br />

Die Lehre <strong>der</strong> zwölf Apostel bietet eine knappe Zusammenfassung des<br />

christlichen Lebens und kannte vermutlich das Matthäusevangelium.<br />

Es geht also nicht so sehr um Lehrinhalte, son<strong>der</strong>n ähnlich wie bei <strong>der</strong><br />

jüdischen Gemein<strong>der</strong>egel aus Qumran (1QS) um ethische Anweisungen<br />

im Rahmen einer Zwei-Wege-Lehre, die den Weg, <strong>der</strong> <strong>zum</strong> Leben führt,<br />

vom Weg, <strong>der</strong> <strong>zum</strong> Tod führt, unterscheidet und die Adressaten mahnt,<br />

keinen an<strong>der</strong>en Lehren – seien es jüdische, seien es an<strong>der</strong>e – zu folgen. So<br />

sollen die Adressaten etwa die jüdischen Speisevorschriften soweit als<br />

möglich einhalten, aber kein Opferfleisch zu sich nehmen (6,1–3). Als<br />

christliche Riten werden Taufe, Fasten, Ge bet, Abendmahl beschrieben<br />

und es wird großer Wert auf eine gastfreundliche Aufnahme von Aposteln,<br />

Lehrern, Propheten und Glaubensgenossen in <strong>der</strong> Gemeinde ge -<br />

legt, die von Bischöfen und Diakonen geleitet wird. Letztere sollen<br />

geehrt werden und gewährleisten die Konti-nuität, während man Aposteln,<br />

Lehrern und Propheten besser mit einem gewissen Misstrauen<br />

begegnen sollte. Gerade die von Gemeinde zu Gemeinde ziehenden<br />

Propheten, die sich nur versorgen lassen wollten, waren offenbar ein<br />

Ärgernis.<br />

Die Christologie dieser Schrift ist geprägt von <strong>der</strong> Vorstellung des<br />

leidenden Gottesknechtes, <strong>der</strong> die Sünden Israels auf sich nimmt, um<br />

Israel wie<strong>der</strong>herzustellen und in die Nachfolge zu rufen. Deshalb<br />

schließt <strong>der</strong> apokalyptisch geprägte Text mit einer eindringlichen Auffor<strong>der</strong>ung<br />

an die Adressaten, <strong>bis</strong> <strong>zum</strong> Ende durchzuhalten.


1.2 EIN KURZER BLICK IN DIE ÜBERLIEFERTEN TEXTE 3<br />

1.2.2 BARNABASBRIEF<br />

Es handelt sich nicht um einen echten Brief, son<strong>der</strong>n um die möglicherweise<br />

in Alexandria verfasste Schrift eines christlichen Lehrers, <strong>der</strong> seine<br />

Leser zur vollkommenen Weisheit/Erkenntnis (gnosis; im Unterschied<br />

<strong>zum</strong> Begriff Gnostiker) führen möchte (1,5). Zu diesem Zweck formuliert<br />

er ebenfalls eine Zwei-Wege-Lehre und versucht seinen Lesern mittels<br />

allegorischer Auslegung <strong>der</strong> Schrift (d. h. <strong>der</strong> Septuaginta) deutlich zu<br />

machen, dass diejenigen Christen, die dem Volk Israel irgendeine Heilsbedeutung<br />

<strong>zum</strong>essen, im Unrecht sind, weil Bund, Erwählung, Gesetz,<br />

Sabbat und Tempel von den Juden vollkommen falsch, weil wörtlich<br />

verstanden worden sind. Hätten sie stattdessen konsequent auf Mose<br />

und die alttestamentliche Prophetie gehört, wäre ihnen dieses folgenschwere<br />

Missverständnis erspart geblieben.<br />

»Aber wir wollen sehen, ob <strong>der</strong> Bund, von dem er den Vätern geschworen, dass<br />

er ihn dem Volke gebe, von ihm wirklich gegeben worden ist. Ja; aber wegen<br />

ihrer Sünden waren sie nicht würdig, ihn zu empfangen. 2. Denn <strong>der</strong> Prophet<br />

sagt: ›Und Moses fastete auf dem Berge Sinai, um zu holen den Bund des Herrn<br />

an sein Volk, vierzig Tage und vierzig Nächte lang›. Und Moses empfing die<br />

zwei Tafeln, die mit dem Finger des Herrn geschrieben waren im Geiste«; und<br />

Moses nahm sie und trug sie herab, um sie dem Volke zu geben. 3. Und <strong>der</strong><br />

Herr sprach zu Moses: ›Moses, Moses, steige eilends hinab; denn das Volk, das<br />

du aus Ägypten herausgeführt hast, hat das Gesetz übertreten.‹ Und Moses<br />

erkannte, dass sie sich wie<strong>der</strong> eherne Bil<strong>der</strong> gegossen hatten, und er schleu<strong>der</strong>te<br />

die Tafeln aus seinen Händen, und die Tafeln des Bundes des Herrn zerbrachen.<br />

4. Moses hatte ihn (den Bund) zwar empfangen, aber sie waren dessen<br />

nicht würdig. Vernehmet, wie wir ihn empfangen haben. Moses empfing ihn<br />

als sein Diener, aber <strong>der</strong> Herr selbst hat ihn uns gegeben, dass wir seien ein<br />

Erbvolk, da er unseretwegen gelitten hat.« 23<br />

Allerdings dient <strong>der</strong> Text wohl nicht in erster Linie zur Abgrenzung<br />

gegenüber Juden, son<strong>der</strong>n zur Profilierung gegenüber an<strong>der</strong>en christlichen<br />

Gruppen und vertritt eine vollkommen an<strong>der</strong>e Konzeption als<br />

etwa die <strong>der</strong> Didache. Für den Verfasser des Barnabasbriefes soll die<br />

Gemeinde von Aposteln und Propheten, aber gerade nicht von Bischöfen<br />

und Presbytern geleitet werden.<br />

23 Barn. 14,1–4.


4<br />

1. »APOSTOLISCHE VÄTER«<br />

1.2.3 DIE BEIDEN CLEMENSBRIEFE<br />

1. Clemens ist ein ausführlicher Brief aus Rom an die Gemeinde in Ko -<br />

rinth, <strong>der</strong> den 1. Korintherbrief des Paulus voraussetzt. Die römische<br />

Gemeinde bezeichnet sich schon im ersten Satz als Parökin, d. h. als eine<br />

freie Gemeinde ohne Bürgerrecht, die aber in <strong>der</strong> Stadt lebt:<br />

»Die Ekklesia Gottes, die Parökin in Rom ist, an die Ekklesia Gottes, die Parökin<br />

in Korinth ist, den berufenen Geheiligten im Willen Gottes durch unseren<br />

Herrn Jesus Christus. Gnade und Friede vom Pantokrator Gott durch Jesus<br />

Christus möge euch in Fülle zuteil werden.« 24<br />

Somit verstehen sich nach Ausweis des 1. Clemensbriefes sowohl die<br />

Gemeinden von Rom als auch die von Korinth als Beisassen <strong>der</strong> genannten<br />

Städte. Allerdings ist mit dem Begriff <strong>der</strong> ekklesia <strong>der</strong> Anspruch auf<br />

das Bürgerrecht bezeichnet, das aber hier von Gott als Pantokrator im<br />

Unterschied <strong>zum</strong> kaiserlichen Autokrator verliehen wird. 25<br />

Anlass für den Brief war die Auflehnung jüngerer Gemeindeglie<strong>der</strong><br />

in Korinth gegen die Presbyter und <strong>der</strong>en Verdrängung aus ihrer Stellung.<br />

In <strong>der</strong> Mahnrede wird entfaltet, dass die Gemeinde Christi als sein<br />

Leib aus vielen Glie<strong>der</strong>n bestehe, die an ihrem zugewiesenen Platz ihren<br />

jeweiligen Dienst verrichten sollen. Dafür bezieht sich <strong>der</strong> Verfasser auf<br />

die Weitergabe des Evangeliums.<br />

»Die Apostel empfingen für uns das Evangelium vom Herrn Jesus Christus.<br />

Jesus, <strong>der</strong> Christus, aber wurde von Gott gesandt. Also: Christus von Gott, die<br />

Apostel von Christus; beides geschah demnach in schöner Ordnung nach Gottes<br />

Willen.« 26<br />

Hiermit ist <strong>der</strong> Grundgedanke <strong>der</strong> apostolischen Sukzession <strong>zum</strong> Ausdruck<br />

gebracht, d. h. <strong>der</strong> von Gott verfügten Weitergabe des Evangeliums<br />

<strong>bis</strong> zu den Aposteln. Auf diese Weise konnte <strong>der</strong> Verfasser eine<br />

direkte Linie von Jesus Christus <strong>bis</strong> zu seinen eigenen Ansichten ziehen.<br />

2. Clemens hat nichts mit dem 1. Clemensbrief zu tun, son<strong>der</strong>n ist die<br />

möglicherweise älteste Predigt, die mit ständigem Bezug auf die Schrift<br />

(d. h. auf die Septuaginta) und die Worte des Herrn zur Buße aufruft.<br />

24 1Clem Präskript.<br />

25 Martin Ebner, Die Stadt als Lebensraum <strong>der</strong> ersten Christen. Das Urchristentum in<br />

seiner Umwelt I, Grundrisse <strong>zum</strong> Neuen Testament I,1, Göttingen 2012, 87 f.<br />

26 1Clem 42,1–2.


1.2 EIN KURZER BLICK IN DIE ÜBERLIEFERTEN TEXTE 5<br />

»Als nämlich <strong>der</strong> Herr von jemandem gefragt wurde, wann sein Reich kommen<br />

werde, sagte er: »›Wenn die zwei eines sein werden und das Äußere wie das In -<br />

nere und das Männliche wie das Weibliche, we<strong>der</strong> männlich noch weiblich.‹« 27<br />

Ein solches Herrenwort ist in den kanonischen Evangelien nicht überliefert.<br />

28 Diese Art von Herrenworten, die sich in keinem <strong>der</strong> später als<br />

kanonisch angesehenen Texten finden, bezeichnet man als Agrapha. Der<br />

Verfasser <strong>der</strong> Predigt schärft abschließend seinen Adressaten noch einmal<br />

mit großem Nachdruck ein, an das künftige Gericht zu denken.<br />

1.2.4 BRIEFE DES IGNATIUS VON ANTIOCHIEN<br />

Nach traditioneller Ansicht (Euseb h.e. III,36,15) war Ignatius <strong>der</strong><br />

dritte Bischof von Antiochien, wurde unter Kaiser Trajan am Anfang<br />

des 2. Jahrhun<strong>der</strong>s verhaftet und schrieb auf dem Weg <strong>zum</strong> Martyrium<br />

in Rom sieben Gefangenschaftsbriefe an die Gemeinden von Ephesus,<br />

Magnesia, Tralles, Rom, Philadelphia und Smyrna sowie einen Brief an<br />

den Bischof Polycarp von Smyrna.<br />

Allerdings gibt es auch erhebliche Zweifel an dieser Darstellung<br />

samt <strong>der</strong> Datierung: Aufgrund <strong>der</strong> Gestaltung des Bischofsamtes (Stärkung<br />

des Monepiskopats) und <strong>der</strong> in den Briefen beschriebenen Christologie<br />

hat man vermutet, dass <strong>der</strong> Verfasser von Noët von Smyrna geprägt<br />

war und sich mit dem Valentinianismus auseinan<strong>der</strong>setzte, weshalb<br />

sein Werk erst im letzten Drittel des 2. Jahrhun<strong>der</strong>ts geschrieben sein<br />

könne. 29 Außerdem formuliert dieser Ignatius eine dezidierte Theologie<br />

des Martyriums, wenn er schreibt, dass ihn in Rom <strong>der</strong> Tod um<br />

seines Glaubens willen als Nachahmer seines Herrn Jesus Christus er -<br />

wartet.<br />

»Ich schreibe an alle <strong>Kirche</strong>n und teile allen mit, dass ich gerne für Gott sterbe,<br />

wenn ihr es nicht verhin<strong>der</strong>t. Ich flehe zu euch, dass euer Wohlwollen mir<br />

keine Schwierigkeit bereite. Lasst mich eine Speise <strong>der</strong> wilden Tiere werden;<br />

durch sie ist es mir möglich, zu Gott zu kommen. Brotkorn Gottes bin ich, und<br />

durch die Zähne <strong>der</strong> Tiere werde ich gemahlen, damit ich als reines Brot Christi<br />

erfunden werde.« 30<br />

27 2Clem 12,2.<br />

28 Ein ganz ähnliches Agraphon überliefert Clemens von Alexandrien strom. III,93,1.<br />

29 Vgl. dazu beson<strong>der</strong>s Reinhard M. Hübner, Thesen zur Echtheit und Datierung <strong>der</strong><br />

sieben Briefe des Ignatius von Antiochien, ZAC 1 (1997), 44–72.<br />

30 Ign. Röm. 4,1.


2.<br />

VORBEHALTE GEGENÜBER DEN CHRIS-<br />

TEN UND CHRISTLICHE REAKTIONEN<br />

2.1 VORBEMERKUNGEN<br />

<strong>Von</strong> <strong>der</strong> Konzeption <strong>der</strong> Bewahrung und Tradierung des Ursprungs von<br />

Jesus Christus über die Apostel <strong>bis</strong> hin zu den »Apostolischen Vätern«<br />

war schon die Rede. Sie lässt sich einerseits auf den zeitlichen Abstand<br />

zwischen Jesus und den Schülern <strong>der</strong> Apostel beziehen, an<strong>der</strong>erseits aber<br />

auch auf den inhaltlichen Abstand und das Hineinwachsen in die hellenistische<br />

Welt, was Adolf von Harnack († 1930) als »Hellenisierung des<br />

Christentums« bezeichnet hatte. Nach dieser Konzeption war das frühe<br />

Christentum eine in sich abgeschlossene Größe, die im 2. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

schließlich in die Krise geriet. <strong>Von</strong> außen durch Anfeindungen und Vorbehalte<br />

bedrängt, von innen durch die Bildung von Häresien erschüttert,<br />

konzentrierten sich die Entwicklung großkirchlicher Normen auf<br />

das Amt (Ausbildung eines Monepiskopats, d. h. jede Gemeinde hat<br />

einen Bischof an <strong>der</strong> Spitze), den Kanon (Zusammenstellung <strong>der</strong> neutestamentlichen<br />

Schriften) und die Formulierung eines Bekenntnisses<br />

(regula fidei) zur Abgrenzung gegenüber Ansichten, die als falsch gewertet<br />

werden.<br />

Diese Konzeption hat jedoch den erheblichen Nachteil, dass sie<br />

lediglich die »große Erzählung« einiger christlicher Autoren spiegelt, die<br />

sich am Ende tatsächlich durchgesetzt haben (Proto-Orthodoxie). 51 Aus<br />

den Schriften <strong>der</strong> »Apostolischen Väter« kann man jedoch auch einen<br />

ganz an<strong>der</strong>en Eindruck gewinnen: hier ist noch gar nichts fertig o<strong>der</strong><br />

51 Zum Begriff vgl. etwa Larry Hurtado, Lord Jesus Christ. Devotion to Jesus in Earliest<br />

Christianity, Grand Rapids/Cambridge 2005, 495: »Proto-orthodox devotion<br />

to Jesus represents a concern to preserve, respect, promote, and develop what were<br />

by then becoming traditional expressions of belief and reverence, and that had<br />

originated in earlier years of the Christian movement.«


2.2 RECHTSLAGE DES FRÜHEN CHRISTENTUMS 17<br />

gar abgeschlossen. Vielmehr herrscht eine bunte Vielfalt an christlichen<br />

Gruppen und Ansichten im Ringen um die eigene Identität und Ab -<br />

grenzung gegenüber an<strong>der</strong>en, die sich auch im Folgenden noch weiter<br />

fortsetzt. Gleichzeitig legt ein Text wie <strong>der</strong> Diognetbrief Wert auf die<br />

Feststellung, dass das Christentum gegenüber dem Judentum und <strong>der</strong><br />

griechisch-römischen Religion und Philosophie eine durchaus eigenständige<br />

Größe sei. Aber was passiert, wenn die Christen auch von außen<br />

als eine eigenständige Gruppe wahrgenommen werden?<br />

2.2 VORBEHALTE GEGENÜBER DEN CHRISTEN UND<br />

RECHTSLAGE DES FRÜHEN CHRISTENTUMS<br />

Bislang sind nur solche Textzeugnisse in den Blick genommen worden,<br />

die aus christlicher Binnenperspektive verfasst worden sind: Christen<br />

schreiben an Christen, sie schreiben über an<strong>der</strong>e Christen und sie<br />

schreiben über christliche Themen. Doch wie werden diese unterschiedlichen<br />

christlichen Gruppierungen bzw. ihre Protagonisten von Nichtchristen<br />

gesehen? Die Überlieferungen dazu sind lei<strong>der</strong> auch in dieser<br />

Hinsicht nicht allzu reichlich vorhanden und bleiben ebenfalls fragmentarisch.<br />

2.2.1 SPOTTKRUZIFIX VOM PALATIN<br />

In den Ruinen eines für das Dienstpersonal bestimmten Gebäudes in<br />

Rom fand man ein um das Jahr 200 herum angefertigtes Graffito, 52<br />

das einen Christen mit Namen Alexamenos verspottete, <strong>der</strong> seinem<br />

gekreuzigten Gott eine Kusshand zuwarf. Möglicherweise war dieser<br />

Alexamenos ein Sklave o<strong>der</strong> Freigelassener in kaiserlichen Diensten,<br />

den seine Mitsklaven bzw. Freigelassenen wegen seines Glaubens verhöhnten.<br />

52 Felicity Harley-McGowan, Alexamenos Graffito, in: Chris Keith (Hg.), The Reception<br />

of Jesus in the First Three Centuries III, London 2019, 105–140.


18<br />

2. VORBEHALTE GEGENÜBER DEN CHRISTEN UND CHRISTLICHE REAKTIONEN<br />

Spottkruzifix vom Palatin<br />

Warum wurde die Figur des Gekreuzigten hier mit einem Eselskopf<br />

gezeichnet? Schon den Juden wurde <strong>der</strong> Vorwurf gemacht, eine Gottheit<br />

mit einem Eselskopf anzubeten (Tac. Hist. V,3). Ebenso wie die Juden<br />

waren also auch die Christen Zielscheibe des Spottes und <strong>der</strong> Verachtung.<br />

Gegenüber den christlichen Glaubensinhalten, Riten o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Ausdrucksformen herrschte ganz offenbar Unverständnis und vollständiges<br />

Desinteresse.<br />

2.2.2 DIE ZEUGNISSE BEI TACITUS UND SUETON<br />

Spott, Verachtung, Unverständnis und Desinteresse gegenüber den<br />

Christen sind auch bei Tacitus bezeugt (Ann. 15,44,1–5). Um nach dem


2.2 RECHTSLAGE DES FRÜHEN CHRISTENTUMS 19<br />

Brand Roms 64 n.Chr. das Gerücht zu entkräften, er selbst habe die Stadt<br />

angezündet, schob Nero die Schuld den Christen zu und bestrafte sie,<br />

weil sie aufgrund ihrer Schandtaten (welcher, wird nicht gesagt) bei den<br />

Leuten sowieso schon verhasst waren. Tacitus nennt das Christentum<br />

einen ver<strong>der</strong>blichen Aberglauben (exitiabilis superstitio); auch Sueton<br />

(Nero 16,2) weiß davon, dass Nero gegen Christen vorgegangen sei, die<br />

einem neuartigen, gemeingefährlichen Aberglauben (superstitio) anhingen.<br />

Für Tacitus waren die Christen aber nicht <strong>der</strong> Brandstiftung schuldig,<br />

son<strong>der</strong>n des allgemeinen Menschenhasses (odium humani generis).<br />

So sind sie zwar schuldig und verdienen schlimmste Strafen, doch habe<br />

Nero es <strong>der</strong>art übertrieben, dass man fast Mitleid mit ihnen bekommen<br />

habe. Ein Grund für die Abneigung gegen die Christen wird in diesen<br />

Quellen nicht genannt; wichtig ist, dass sie offenbar allgemein verhasst<br />

waren und man ihren Glauben gar nicht als das, was man im Römischen<br />

Reich als eine Religion, son<strong>der</strong>n im Gegenteil als superstitio wahrnahm<br />

(ähnlich wie auch das Judentum).<br />

2.2.3 PLINIUS UND SEIN BRIEFWECHSEL MIT KAISER TRAJAN<br />

Zwischen 109 und 113 war Plinius d. Jüngere als kaiserlicher Legat in<br />

<strong>der</strong> Provinz Pontus-Bithynien südlich des Schwarzen Meeres mit dem<br />

»Christenproblem« konfrontiert, d. h. es wurden ihm Menschen als<br />

Christen in <strong>der</strong> Erwartung angezeigt, dass er sie verurteilen möge. Auch<br />

hier ist wie<strong>der</strong>um zu erkennen, dass die Christen offenbar bei ihren<br />

Mitbürgern verhasst waren; doch von sich aus unternahmen die römischen<br />

Institutionen nichts gegen sie!<br />

Die Briefsammlung des Plinius enthält eine Korrespondenz mit<br />

dem Kaiser Trajan zu diesem Thema (epp. X,96 und 97). Plinius ist sich<br />

nicht sicher, ob Christsein an sich (nomen ipsum) schon ein Straftatbestand<br />

sei o<strong>der</strong> ob man einem Christen explizit ein o<strong>der</strong> mehrere Verbrechen<br />

nachweisen müsse. Damit verknüpft ist für ihn auch die Frage,<br />

ob Reue Straffreiheit bewirke, d. h. ob jemand, <strong>der</strong> sich vom Christentum<br />

losgesagt habe, bestraft werden müsse o<strong>der</strong> freizulassen sei.<br />

Zunächst habe Plinius die Beschuldigten einmal sehr eindringlich<br />

befragt und die diejenigen, die bekannt haben, schon aufgrund dieser<br />

Hartnäckigkeit und ihres unbeugsamen Starrsinns zur Hinrichtung<br />

abgeführt. Diejenigen, die leugnen, habe er einem Opfertest unterzogen:


20<br />

2. VORBEHALTE GEGENÜBER DEN CHRISTEN UND CHRISTLICHE REAKTIONEN<br />

»Die leugneten, Christen zu sein o<strong>der</strong> es je gewesen zu sein, habe ich entlassen<br />

zu können geglaubt, sobald sie, nach meinem Vorgang, die Götter anriefen<br />

und deinem Bild, das ich mit den Götterstatuen zu diesem Zweck hatte herbeischaffen<br />

lassen, mit Weihrauch und Wein opferten, außerdem Christus lästerten<br />

– alles Dinge, zu denen sich, wie es heißt, überzeugte Christen niemals<br />

zwingen lassen.« 53<br />

Plinius wollte also mit seinen Maßnahmen abklären, ob die Christen<br />

Verbrechen begehen, was sich allerdings nicht bestätigte. Über den Kult<br />

dieser ihm seltsam fremden Gruppe war Folgendes zu erfahren:<br />

»[…] sie versammeln sich gewöhnlich an einem Tag vor Sonnenaufgang, singen<br />

Christus als ihrem Gott im Wechsel Lob und verpflichten sich per Eid – nicht<br />

etwa zu irgendeinem Verbrechen, son<strong>der</strong>n zur Unterlassung von Diebstahl,<br />

Raub, Ehebruch, Treulosigkeit und Unterschlagung von anvertrautem Besitz.<br />

Danach sei es bei ihnen Brauch gewesen, auseinan<strong>der</strong>zugehen und später wie<strong>der</strong><br />

zusammenzukommen, um ein Mahl einzunehmen, allerdings ein ganz<br />

gewöhnliches und unschuldiges […].« 54<br />

Möglicherweise schwingt hier <strong>der</strong> Verdacht mit, dass Christen Menschenfleisch<br />

essen (Min. Fel. IX,5: die Christen töten ein in Teig gebackenes<br />

Kind und essen sein Fleisch und trinken sein Blut), doch stattdessen<br />

erwies sich ihr Mahl als vollkommen harmloser Ritus. Trotz intensiver<br />

Suche konnte Plinius keine Verbrechen erkennen, nur maßlosen Aberglauben<br />

(superstitio), <strong>der</strong> sich aber schon erschreckend weit ausgebreitet<br />

habe. Doch war Plinius <strong>der</strong> Überzeugung, dass sich dieser Aberglauben<br />

bekämpfen ließe und viele Menschen wie<strong>der</strong> auf den rechten Weg<br />

zurückzubringen seien, wenn man ihrer tätigen Reue stattgäbe, d. h.<br />

denjenigen, die abschwören o<strong>der</strong> leugnen und dieses dann auch im<br />

Angesicht <strong>der</strong> Götter und des Kaisers mit einem Opfer kundtun, mit<br />

Milde begegne. In seiner Antwort (rescript, ep. X,97) legte Trajan fest,<br />

dass man nicht nach den Christen fahnden solle, aber wenn sie angezeigt<br />

werden und gestehen, seien sie zu bestrafen. Wer dann jedoch<br />

abschwört und bereut, sollte nicht bestraft werden. Anonymen Anzeigen<br />

sei jedoch nicht nachzugehen. Nach dieser Maßgabe wurde von Seiten<br />

<strong>der</strong> römischen Behörden mit den Christen verfahren.<br />

53 Plinius ep. X,96,5.<br />

54 Plinius ep. X,96,7.


3.<br />

PROFILBILDUNGEN DES VORKONSTAN-<br />

TINISCHEN CHRISTENTUMS<br />

3.1 VORBEMERKUNGEN<br />

Das vorkonstantinische Christentum besaß keinerlei Zentralinstanz,<br />

die in irgendeiner Weise befugt war o<strong>der</strong> die Autorität besaß, über<br />

Rechtgläubigkeit o<strong>der</strong> Häresie zu entscheiden. Die häufig unterschwellig<br />

vertretene Darstellung von einer ursprünglich einmütigen, vom<br />

Heiligen Geist gestifteten hierarchiefreien Urkirche ist eine schon von<br />

<strong>der</strong> Apostelgeschichte des Lukas gezeichnete Konstruktion (Apg 2,42–<br />

46). Der Apologet Justin knüpfte insofern daran an, als er die Dämonen<br />

für die Entstehung <strong>der</strong> Häresie verantwortlich machte, die sich auf den<br />

Anti-Apostel Simon Magus (Apg 8) zurückführen lasse, <strong>der</strong> sich selbst in<br />

teuflischer Überhebung für Gott gehalten habe und den Heiligen Geist<br />

kaufen wollte (1. Apol. 26). Demnach habe es schon zu Beginn eine auf<br />

die Apostel zurückzuführende wahre, ursprüngliche <strong>Kirche</strong> gegeben,<br />

von <strong>der</strong> sich mit dem falschen Apostel Simon Magus die Häresie abgespalten<br />

habe. Die hier geäußerte Konzeption, wonach die ersten Christen<br />

zunächst einmal eine ideale Gemeinschaft gebildet hätten, die<br />

sekundär durch den Einbruch <strong>der</strong> Häresie verän<strong>der</strong>t und nachhaltig<br />

gestört worden sei, entfaltete ihre suggestive Wirkung immer wie<strong>der</strong><br />

und war <strong>bis</strong> in die Gegenwart hinein normativ auch für viele <strong>Kirche</strong>nreformbestrebungen,<br />

die zu einer angeblich reinen Urkirche zurückkehren<br />

wollten. Dieses überaus wirkmächtige Idealbild stellte Walter<br />

Bauer († 1960) im Jahre 1934 gleichsam vom Kopf auf die Füße, indem er<br />

betonte, dass das frühe Christentum höchst vielfältig gewesen sei und<br />

dass keineswegs von Anfang an allein die Rechtgläubigkeit vorgeherrscht<br />

habe:<br />

»Rechtgläubigkeit und Ketzerei verhalten sich im ältesten Christentum nicht<br />

wie Primäres und Sekundäres zueinan<strong>der</strong>, son<strong>der</strong>n die Häresie ist in zahlreichen<br />

Gebieten die ursprüngliche Repräsentanz des Christentums.« 75


3.2 MODELLE, DAS CHRISTLICHE ZUM AUSDRUCK ZU BRINGEN 33<br />

Mit Vehemenz wies Bauer also auf die frühchristliche Pluralität hin,<br />

doch dürfte seine Behauptung, dass erst <strong>der</strong> Druck <strong>der</strong> dominierenden<br />

römischen <strong>Kirche</strong> sowie <strong>der</strong> im 4. Jahrhun<strong>der</strong>t einsetzende Zentralismus<br />

<strong>der</strong> konstantinischen Zeit einer ganz bestimmten Form des<br />

Christentums <strong>zum</strong> Durchbruch verholfen habe, ebenfalls zu kurz greifen.<br />

Vielmehr ist zu bedenken, dass auch im frühen Christentum neben<br />

einer großen Vielfalt immer auch das Streben nach Einheit und dementsprechend<br />

auch Bemühungen um Vereinheitlichungen von Lebensweisen<br />

und Positionen standen, die als richtig angesehenen wurden.<br />

3.2 MODELLE, DAS CHRISTLICHE ZUM AUSDRUCK<br />

ZU BRINGEN<br />

Wie bereits dargestellt, sind deutliche Unterschiede zwischen christlichen<br />

Gruppen schon seit Anbeginn zu erkennen. Dass die Apostel alles<br />

gemeinsam hatten und in allem übereinstimmten, wie die Apostelgeschichte<br />

des Lukas ihrer Leserschaft glauben macht, hatte sich ja bereits<br />

als Konstruktion erwiesen. Stattdessen dürften die frühen Christen sehr<br />

unterschiedlich organisiert und in ganz verschiedener Weise an die traditionell<br />

jüdischen Vorstellungswelten angeknüpft und diese auf Christus<br />

hin aktualisiert haben. Bislang haben wir uns jedoch vor allem mit<br />

den Texten beschäftigt, die als proto-orthodox angesehen werden können.<br />

3.2.1 ANKNÜPFUNGEN AN DIE PROPHETIE<br />

UND DEN MONTANISMUS<br />

Viele christliche Gruppierungen bezogen sich in ganz unterschiedlicher<br />

Weise auf die (alttestamentliche) Prophetie und vertrauten Propheten<br />

o<strong>der</strong> Prophetinnen, die, vom Heiligen Geist ergriffen und in seinem<br />

Namen ihre Prophezeiungen verkündeten. Exemplarisch für eine ganze<br />

Fülle apokalyptisch geprägter und nicht proto-orthodoxer Texte, die an<br />

die Prophetie anknüpfen und eine Himmelsreise (Entrückung) einer<br />

zentralen Prophetenfigur des <strong>Alten</strong> Testaments <strong>zum</strong> Gegenstand haben,<br />

75 Walter Bauer, Rechtgläubigkeit und Ketzerei im Ältesten Christentum, Beiträge<br />

zur Historischen Theologie 10, Tübingen 1934, V.


34<br />

3. PROFILBILDUNGEN DES VORKONSTANTINISCHEN CHRISTENTUMS<br />

soll an dieser Stelle kurz auf die schwer zu datierende Himmelfahrt des<br />

Jesaja hingewiesen werden. Der ältere, zweite Teil des Textes (6–11)<br />

basiert auf einer jüdischen Vorlage und lässt den Propheten durch die<br />

von Engeln bewohnten himmlischen Welten hindurch aufsteigen, um<br />

die göttliche Herrlichkeit zu schauen. Insofern führte schon dieser jüdische<br />

Text das biblische Jesajabuch eigenständig weiter. Die christliche<br />

Überarbeitung und Fortschreibung des Textes lieferte dann den Weissagungsbeweis,<br />

d. h. aufgrund dieser Himmelsreise wusste <strong>der</strong> Prophet<br />

Jesaja nicht nur über die kosmischen Zusammenhänge, son<strong>der</strong>n auch<br />

schon über das Kommen Jesu Christi Bescheid:<br />

»7. Und ich hörte die Worte des Höchsten, des Vaters meines Herrn, wie er zu<br />

meinem Herrn Christus, <strong>der</strong> Jesus genannt werden soll, sprach: 8. Geh und<br />

steige hinab durch alle Himmel und steige hinab <strong>zum</strong> Firmament und zu dieser<br />

Welt, <strong>bis</strong> <strong>zum</strong> Engel im Totenreich, aber <strong>bis</strong> zur Hölle sollst du nicht<br />

gehen. 9. Und du sollst gleich werden dem Bilde aller, die in den fünf Himmeln<br />

sind, 10. und <strong>der</strong> Gestalt <strong>der</strong> Engel im Firmament wirst du mit Sorgfalt<br />

gleichen und auch den Engeln, die im Totenreich sind. 11. Und keiner von den<br />

Engeln dieser Welt wird erkennen, dass du mit mir zusammen <strong>der</strong> Herr <strong>der</strong><br />

sieben Himmel und ihrer Engel <strong>bis</strong>t. 12. Und sie werden nicht erkennen, dass<br />

du zu mir gehörst, <strong>bis</strong> ich mit <strong>der</strong> Stimme <strong>der</strong> Himmel ihre Engel und ihre<br />

Lichter rufen und die gewaltige Stimme <strong>zum</strong> sechsten Himmel hin erschallen<br />

lassen werde, dass du richten und vernichten sollst den Fürsten und seine<br />

Engel und die Götter dieser Welt, und die Welt, die von ihnen regiert wird,<br />

13. denn sie haben mich verleugnet und gesagt: Wir allein und außer uns niemand.<br />

14. Und dann wirst du von den Engeln des Todes zu deinem Platze aufsteigen<br />

und dich nicht verwandeln in jedem Himmel, son<strong>der</strong>n in Herrlichkeit<br />

wirst du aufsteigen und zu meiner Rechten sitzen.« 76<br />

Das apokalyptische Denken von zwei Weltzeiten wird hier gleichzeitig<br />

auch kosmologisch räumlich ausgestaltet, indem <strong>der</strong> Verfasser die Erde<br />

von sieben Himmeln umgeben sein lässt, die von <strong>zum</strong> Teil auch feindlichen<br />

Engelsmächten beherrscht werden. Der präexistente Christus,<br />

möglicherweise ebenfalls als ein Engelwesen vorgestellt, steigt also<br />

unerkannt durch ihren Bereich hindurch, seine Herrlichkeit bleibt<br />

jedoch während seiner irdischen Existenz verborgen. Dementsprechend<br />

gab es christliche Gruppen, die ihre Initiation als Aufstieg <strong>der</strong> Seele<br />

durch die sieben Sphären, beherrscht von sieben Archonten, verstehen<br />

und literarisch gestalten konnten, wie ja auch Celsus zu erkennen gab<br />

(Orig. Contr. Cels. VI,24–25).<br />

76 Ascensio Jes. 10,7–14.


3.2 MODELLE, DAS CHRISTLICHE ZUM AUSDRUCK ZU BRINGEN 35<br />

Eine an<strong>der</strong>e Anknüpfung an die alttestamentliche Prophetie findet<br />

sich bei den ebenfalls nicht als proto-orthodox gewerteten Montanis -<br />

mus (Polycarpmartyrium), einer Bewegung aus Phrygien und Kleinasien,<br />

die sich selbst »Neue Prophetie« nannte. Nach dem Zeugnis <strong>der</strong><br />

<strong><strong>Kirche</strong>ngeschichte</strong> des Euseb kam sie etwa in den Jahren 171/172 auf und<br />

wurde von einem gewissen Gaius, einem uns ebenfalls unbekannten<br />

Apollonius, von Serapion von Antiochien und von einem anonymen<br />

Presbyter (h. e. V,16 f.) bekämpft; eine anonyme Quelle verarbeitete auch<br />

Epiphanius von Salamis (Panarion 48,1,2–14,2), allerdings wird die Entstehung<br />

dieser Bewegung hier auf 156/157 datiert. Die Montanisten<br />

meinten, <strong>der</strong> Paraklet (Joh 16,12 f.) spreche in <strong>der</strong> Endzeit durch die prophetischen<br />

Orakel <strong>der</strong> Propheten Montanus sowie Maximilla und Priscilla,<br />

die sich in <strong>der</strong> Tradition biblischer Propheten und Prophetinnen<br />

sahen, wie dieser Ausspruch deutlich macht:<br />

»Der Herr hat mich gesandt als Anhänger, Enthüller und Deuter dieser Mühsal,<br />

dieses Bundes und dieser Verheißung, <strong>der</strong>, willens o<strong>der</strong> nicht, gezwungen<br />

ist, die Erkenntnis Gottes wahrzunehmen.« 77<br />

Die Gegner <strong>der</strong> »Neuen Prophetie« waren keine Gegner <strong>der</strong> Prophetie<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Endzeiterwartung, doch kritisierten sie insbeson<strong>der</strong>e die ekstatische<br />

Prophetie mit <strong>der</strong> Behauptung, in dieser Weise hätten sich keine<br />

Propheten und Prophetinnen des <strong>Alten</strong> Testaments je geäußert. Letztere<br />

hätten eben gerade nicht öffentlich – wie die Montanisten – prophezeit<br />

(so Origenes). Die Naherwartung wurde später mit Chiliasmus (Erwartung<br />

des unmittelbar bevorstehenden tausendjährigen Reiches auf<br />

Erden – vgl. Offb 20,2–4) verbunden. In Nordafrika sympathisierte <strong>der</strong> in<br />

Karthago wirkende Theologe Tertullian mit den Montanisten. Er bezog<br />

sich positiv auf ekstatische Offenbarungen, die eine vermutlich montanistische<br />

Prophetin während des Gottesdienstes hatte und einer kleineren<br />

Gruppe erläuterte (De anima 9,4). Nach seinem Zeugnis for<strong>der</strong>e <strong>der</strong><br />

Hl. Geist angesichts <strong>der</strong> Kürze <strong>der</strong> Zeit ein Leben in radikaler Christusnachfolge,<br />

die sich etwa von einem bloß gewöhnlichen Frauenleben <strong>der</strong><br />

Zeit unterscheide:<br />

»Wünscht nicht in euren Bettchen, bei unglücklichen Entbindungen o<strong>der</strong> an<br />

weichlichen Fiebern von hinnen zu scheiden, son<strong>der</strong>n im Martyrium, damit<br />

<strong>der</strong> verherrlicht werde, <strong>der</strong> für euch gelitten hat.« 78<br />

77 Epiph. Pan. 48,13,1 als Spruch <strong>der</strong> Maximilla.<br />

78 Tert. de fug. 9.


36<br />

3. PROFILBILDUNGEN DES VORKONSTANTINISCHEN CHRISTENTUMS<br />

Dass hier <strong>der</strong> wahre Hl. Geist am Werk ist, zeigt sich für Tertullian gerade<br />

auch an <strong>der</strong> Strenge, mit <strong>der</strong> sich <strong>der</strong> Paraklet auch in <strong>der</strong> Frage <strong>der</strong><br />

Buße vom Handeln <strong>der</strong> »<strong>Kirche</strong>« abgrenzt.<br />

»Die <strong>Kirche</strong> kann die Sünde vergeben, aber ich will es nicht tun, damit nicht<br />

auch noch an<strong>der</strong>e sündigen.« 79<br />

Wen Tertullian hier mit <strong>der</strong> »<strong>Kirche</strong>« genau gemeint hat, ist nicht ganz<br />

klar. <strong>Von</strong> <strong>der</strong> karthagischen Gemeinde, die er im Unterschied zur Geistkirche<br />

als Psychikerkirche (Seelenkirche) bezeichnete, hat er sich jedoch<br />

nicht formal getrennt, auch wenn er sich von einigen ihrer Ansichten in<br />

aller Deutlichkeit abgrenzte. Angesichts <strong>der</strong> schwierigen Quellenlage<br />

lässt sich nicht entscheiden, in welchem Verhältnis Tertullian und möglicherweise<br />

seine Anhänger zur Gemeinde von Karthago gestanden<br />

haben.<br />

3.2.2 GNOSTISCHE MODELLE<br />

Analog zu <strong>der</strong> bereits ausführlich dargestellten Konzeption <strong>der</strong> Bewahrung<br />

des Ursprünglichen von Jesus Christus über die Apostel <strong>bis</strong> hin zu<br />

den Apostelschülern wollten einige Vertreter <strong>der</strong> Proto-Orthodoxie<br />

auch eine sich immer stärker zersplitternde Linie wahrnehmen, die von<br />

Simon Magus aus Samaria (Apg 8) als erstem Häretiker über dessen<br />

Nachfolger und Schüler reichte (Justin). Damit stellte Justin neben die<br />

apostolische Sukzession eine Sukzession <strong>der</strong> Pseudo-Apostel und damit<br />

eine Sukzession <strong>der</strong> Häresie. Aus diesem Grunde rechnete Justin und<br />

nach ihm an<strong>der</strong>e Schriftsteller <strong>der</strong> Proto-Orthodoxie die von ihm als<br />

»Häretiker« Ausgeson<strong>der</strong>ten nicht zu den Christen, son<strong>der</strong>n gab ihnen<br />

stattdessen Namen, die auf den Urheber o<strong>der</strong> die Urheberin ihrer Lehre<br />

verwiesen. 80 Daher sind diese Bezeichnungen von Häretikergruppen<br />

mit Vorsicht zu genießen.<br />

Programmatisch entfaltete Irenäus von Lyon (um 180) diese Sichtweise<br />

in seinem Werk Entlarvung und Wi<strong>der</strong>legung <strong>der</strong> fälschlich sogenannten<br />

Gnosis (Adversus Haereses). Für ihn steht die Häresie von Be -<br />

ginn an neben und in Konkurrenz zur Rechtgläubigkeit. In polemischer<br />

Weise beschreibt Irenäus eine Reihe von Denkern und Denksystemen,<br />

79 Tert. de pud. 21.<br />

80 Vgl. dazu auch Clemens Scholten, Die Funktion <strong>der</strong> Häresienabwehr in <strong>der</strong> <strong>Alten</strong><br />

<strong>Kirche</strong>, Vigiliae Christianae 66 (2012), 229–268.


4.<br />

REICHSWEITE VERFOLGUNGEN<br />

UND ENTWICKLUNGEN BIS<br />

ZUR »KONSTANTINISCHEN WENDE«<br />

4.1 VORBEMERKUNGEN<br />

Der Großteil <strong>der</strong> römischen Bevölkerung zeigte – wie bereits dargestellt<br />

– Unverständnis bzw. Desinteresse gegenüber den Christen, die<br />

somit weitgehend unbeachtet agieren und sich organisieren konnten,<br />

da die römischen Behörden von sich aus nicht gegen sie aktiv wurden.<br />

Doch gab es immer wie<strong>der</strong> Pogrome und ein beim Statthalter angezeigter<br />

Christ hatte nach Maßgabe <strong>der</strong> Korrespondenz zwischen Plinius und<br />

Trajan mit dem Tod zu rechnen, wenn er sich ausdrücklich zu seinem<br />

christlichen Glauben bekannte. Das Christsein an sich (nomen ipsum)<br />

war also strafwürdig. Insofern spricht man in diesem Zusammenhang<br />

von lokalen bzw. sporadischen Christenverfolgungen, die sicher nicht<br />

dauernd vorkamen und auch keine Massen an Märtyrern hervorbrachten.<br />

Im dritten und zu Beginn des vierten Jahrhun<strong>der</strong>ts aber ergriffen<br />

einzelne Kaiser auch reichsweite religionspolitische Maßnahmen, die<br />

die Christen trafen und in ihren Gemeinschaften zu erheblichen Verwerfungen<br />

führten. Sie endeten mit dem Edikt des Kaisers Galerius im<br />

Jahre 311. <strong>Von</strong> nun an war auch das Christentum eine im Reich erlaubte<br />

Religion (religio licita).<br />

Die damit einhergehende sogenannte »Konstantinische Wende« (ab<br />

312) sollte man sich dann aber nicht als radikale Umorientierung, entwe<strong>der</strong><br />

im Sinne einer Indienstnahme des Christentums durch das Römische<br />

Imperium, o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>sherum als Überformung des Reiches durch<br />

eine es schließlich zerstörende Religion vorstellen. Beide Modelle gehen<br />

nämlich von einer gänzlich neuzeitlich gedachten Unvereinbarkeit zwischen<br />

christlicher Religion und dem Staatswesen aus. Das erste Modell<br />

spiegelt sich in <strong>der</strong> Rede vom »Konstantinischen Zeitalter«, die – vor<br />

allem nach 1945 und beson<strong>der</strong>s in <strong>der</strong> DDR – zur Chiffre für eine zu enge<br />

Verbindung zwischen Staatsmacht und <strong>Kirche</strong> wurde, weil die <strong>Kirche</strong>


4.2 KAISER DECIUS UND SEIN ALLGEMEINES OPFEREDIKT 69<br />

eine Vielzahl an Privilegien erhielt und dafür eine das System unterstützende<br />

und stabilisierende Weltanschauung bot. Das zweite Modell hatte<br />

schon sehr prominent Edward Gibbon in seiner monumentalen Darstellung<br />

The History of the Decline and Fall of the Roman Empire (1776–<br />

1788) vertreten, in <strong>der</strong> nicht zuletzt das Christentum als Ursache für den<br />

Nie<strong>der</strong>gang des Imperium und den Fall Westroms verantwortlich<br />

gemacht wurde. Statt neuzeitliche Konzepte auf das vierte Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

zu übertragen, sollte man vielmehr versuchen, die »Konstantinische<br />

Wende« als eine schrittweise Integration des auch in sich keineswegs<br />

einheitlichen Christentums in das religiös-kulturelle Gefüge des Römischen<br />

Reiches zu begreifen, die einige gravierende Verän<strong>der</strong>ungen für<br />

beide Seiten nach sich zogen.<br />

4.2 KAISER DECIUS (SEPTEMBER 249–JUNI 251)<br />

UND SEIN ALLGEMEINES OPFEREDIKT<br />

Die erste Maßnahme ging von dem durch Usurpation an die Macht<br />

gelangten Kaiser Decius aus, <strong>der</strong> von sämtlichen Römischen Bürgern<br />

for<strong>der</strong>te, dass sie vor einer lokal zusammengestellten Kommission op -<br />

ferten, sich das bezeugen und schriftlich bescheinigen ließen. Origenes<br />

verstand das als radikalen Wechsel in <strong>der</strong> Religionspolitik:<br />

»<strong>Von</strong> jetzt an liefen die Verfolgungen nicht mehr vereinzelt wie <strong>bis</strong>her, son<strong>der</strong>n<br />

allgemein und überall.« 133<br />

Vom allgemeinen Opferedikt haben sich in Ägypten einige Bescheinigungen<br />

(libelli) auf Papyrus erhalten. Das Edikt schrieb vor, dass sich<br />

die opfernde Person an eine dafür eingerichtete Kommission wenden<br />

und versichern musste, immer geopfert zu haben und dies erneut vor<br />

den Augen <strong>der</strong> Kommission zu tun. Daraufhin wurde ihr <strong>der</strong> Vollzug<br />

des Opfers durch Unterschrift auf einem vorbereiteten Formular bestätigt.<br />

133 Origenes, Comm. Matth. 39.


70<br />

4. VERFOLGUNGEN UND ENTWICKLUNGEN BIS ZUR »KONSTANTINISCHEN WENDE«<br />

Opferbescheinigung im Rahmen des allgemeinen Opferedikts unter Kaiser Decius<br />

Es ging dem Kaiser Decius offenbar nicht speziell um die Christen, und<br />

es ist sehr fraglich, ob er überhaupt etwas von ihnen wusste. Ihm kam<br />

es wohl allein darauf an, dass die Bürger des Imperium ihre Loyalität<br />

zu den das Reich stabilisierenden Göttern und dem Kaiser als dessen<br />

Personifikation <strong>zum</strong> Ausdruck brachten. Die Gründe für die kaiserliche<br />

Maßnahme sind nicht ganz deutlich.<br />

Während in früheren Zeiten auf die Reichskrise des dritten Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

verwiesen wurde, die den Kaiser veranlasste, sich <strong>der</strong> Götter zu<br />

vergewissern, geht man inzwischen eher davon aus, dass Decius das<br />

Edikt als wichtige Möglichkeit sah, den Frieden mit den Göttern zu


4.2 KAISER DECIUS UND SEIN ALLGEMEINES OPFEREDIKT 71<br />

erwirken und sich selbst gleichzeitig allen Bürgern des Reichs als Herrscher<br />

bekannt zu machen.<br />

Was geschah aber mit den Christen, die dieses Opfer verweigerten?<br />

Das war wohl nicht einheitlich geregelt, manche überlebten die<br />

schrecklichen Haftbedingungen in den Gefängnissen nicht, an<strong>der</strong>e<br />

wurden schwer gefoltert und starben wie Origenes an den Folgen dieser<br />

Folterungen, wie<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e wurden verbannt. Diejenigen, die ihren<br />

Glauben bekannt und diese Maßnahmen dennoch überlebt hatten,<br />

standen – wie bereits erwähnt – als Bekenner (confessores) bei ihren<br />

Glaubensgenossen in hohem Ansehen.<br />

4.2.1 STREIT UM DIE WIEDERAUFNAHME DER ABGEFALLENEN<br />

( LAPSI) IN KARTHAGO UND ROM<br />

Nach langläufiger Praxis war das Götteropfer für Christen eine nicht zu<br />

vergebende Todsünde und gleichbedeutend mit Abfall vom Glauben,<br />

weswegen manche sich durch Bestechung einen libellus verschafften,<br />

um das Opfer zu umgehen. Sollte man letztere, die als libellatici be -<br />

zeichnet wurden, o<strong>der</strong> diejenigen, die tatsächlich geopfert hatten, vollständig<br />

aus <strong>der</strong> Gemeinde ausschließen o<strong>der</strong> sie doch noch zu einer<br />

Buße zulassen? Und wer sollte darüber entscheiden: <strong>der</strong> Bischof o<strong>der</strong> die<br />

confessores?<br />

Über diese Fragen kam es in vielen Gemeinden – wie etwa in Rom<br />

und Karthago – zu erbitterten Streitigkeiten und schließlich zu Spaltungen.<br />

Cyprian von Karthago († 258), <strong>der</strong> als Angehöriger <strong>der</strong> lokalen Oberschicht<br />

schnell Bischof seiner Heimatstadt geworden war, hatte sich<br />

dem Opferedikt durch Flucht entzogen und bekam es nach seiner Rückkehr<br />

mit <strong>der</strong> Opposition einiger Presbyter in Verbindung mit Bekennern<br />

zu tun, die einige von den Abgefallenen schon bald wie<strong>der</strong> aufnahm.<br />

Cyprian wi<strong>der</strong>sprach dieser Praxis in seiner Schrift Über die<br />

Gefallenen (de lapsis) mit allem Nachdruck:<br />

»Glaubt aber jemand in überstürzter Eile, so ohne weiteres allen insgesamt<br />

Vergebung ihrer Sünden gewähren zu können, o<strong>der</strong> wagt er es, die Gebote des<br />

Herrn aufzuheben, so bringt er den Gefallenen nicht nur keinen Nutzen, son<strong>der</strong>n<br />

sogar Schaden. Es heißt den Zorn des Herrn herausfor<strong>der</strong>n, wenn man<br />

seine Willensmeinung nicht beachtet, wenn man es nicht für nötig hält,<br />

zuerst seine Barmherzigkeit anzuflehen, son<strong>der</strong>n sich erlaubt, voll Eigenmächtigkeit<br />

sie selbst zu üben, ohne auf den Herrn zu achten. Unter Gottes<br />

Altar rufen die Seelen <strong>der</strong> getöteten Märtyrer mit mächtiger Stimme und


72<br />

4. VERFOLGUNGEN UND ENTWICKLUNGEN BIS ZUR »KONSTANTINISCHEN WENDE«<br />

sagen: ›Wie lange noch, Herr, Du Heiliger und Wahrhaftiger, richtest Du nicht<br />

und rächest unser Blut an denen, die auf Erden wohnen?‹« 134<br />

Rhetorisch geschickt beruft er sich auf Christi Gebote und auf seinen<br />

Zorn und lässt die Seelen <strong>der</strong> Märtyrer zu Wort kommen. Cyprians<br />

Ansicht nach könnten die Gefallenen nur nach einer lebenslangen Bußzeit<br />

erneut in die Gemeinde aufgenommen werden. Allerdings weitete<br />

sich <strong>der</strong> Konflikt zwischen Cyprian und den Presbytern bzw. Bekennern<br />

auch deshalb aus, weil sich beide Seiten um Rückendeckung durch ihre<br />

römischen Kontakte bemühten. Dort bot sich ein ähnliches Bild: auch<br />

hier bekam <strong>der</strong> Bischof ernsthafte Konkurrenz von einem Presbyter mit<br />

Namen Novatian, dessen Anhänger die Wie<strong>der</strong>aufnahme von Gefallenen<br />

insgesamt strikt ablehnten. Insofern stellte <strong>der</strong> Umgang mit den<br />

Abgefallenen die <strong>bis</strong>chöfliche Autorität sowohl in Karthago als auch in<br />

Rom auf eine harte Probe. Aus diesem Grund wollte Cyprian im Jahre 251<br />

mit seiner Schrift über die Einheit <strong>der</strong> <strong>Kirche</strong> (de unitate ecclesiae catholicae)<br />

das <strong>bis</strong>chöfliche Amt gezielt stärken und die Einheit <strong>der</strong> Bischöfe<br />

ins Zentrum rücken.<br />

»Diese Einheit müssen wir unerschütterlich festhalten und verteidigen, vor<br />

allem wir Bischöfe, die wir in <strong>der</strong> <strong>Kirche</strong> den Vorsitz haben, damit wir auch das<br />

Bischofsamt selbst als ein einziges und ungeteiltes erweisen.« 135<br />

Auf einer wichtigen nordafrikanischen Synode, die im gleichen Jahr in<br />

Karthago stattfand, konnte Cyprian seine Position am Ende doch noch<br />

durchsetzen. Auch wenn <strong>der</strong> Konflikt um die Abgefallenen damit noch<br />

lange nicht beigelegt war, bleibt festzuhalten, dass Cyprian maßgeblich<br />

zur Durchsetzung des Monepiskopats und zur Konsolidierung des<br />

<strong>bis</strong>chöflichen Amtes beitragen sollte.<br />

4.2.2 KONFLIKT ZWISCHEN KARTHAGO UND ROM –<br />

KETZERTAUFSTREIT<br />

Die Frage nämlich, ob eine außerhalb dieser <strong>bis</strong>chöflich verfassten <strong>Kirche</strong><br />

gespendete Taufe gültig sei, führte ab 255 zu einem heftigen Streit<br />

zwischen Rom und Karthago. Cyprian lehnte es vehement ab, novatianische<br />

Christen, die sich nunmehr <strong>der</strong> Gemeinde in Karthago anschließen<br />

wollten, ohne eine erneute Taufe aufzunehmen.<br />

134 Cyprian, de laps. 18.<br />

135 Cyprian, eccl. unit. 5.


4.3 VERFOLGUNG UNTER KAISER VALERIAN 73<br />

Für Cyprian könne es nur die eine einzige <strong>Kirche</strong> in apostolischer<br />

Sukzession mit <strong>der</strong> Vollmacht zur Sündenvergebung geben, so dass<br />

je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> – wie eben die Novatianer – außerhalb von ihr stehe, sich<br />

damit auch außerhalb des allein durch sie zu vermittelnden Heils befinde.<br />

136 Folglich müssten diese Novatianer als Nichtgetaufte angesehen<br />

und somit vom Bischof getauft werden. Der römische Bischof Stephan<br />

(† 257) nannte Cyprians Vorgehen eine unzulässige Neuerung, indem er<br />

sich auf seine römische Tradition berief, nach <strong>der</strong> auch eine solche Taufe<br />

gültig und auch solche Bewerber nach Handauflegung in die Gemeinde<br />

aufzunehmen seien. Zudem pochte Stephan auf seine eigene Autorität<br />

als Nachfolger Petri. Dass sich <strong>der</strong> römische Bischof als Nachfolger Petri<br />

verstand und daraus einen Vorrang gegenüber an<strong>der</strong>en Bischöfen ableitete,<br />

sollte nach Stephans Tod von römischen Bischöfen häufiger vorgebracht<br />

werden. Im Konflikt zwischen Stephan und Cyprian solidarisierten<br />

sich jedoch die nordafrikanischen Bischöfe mit Cyprian und befeuerten<br />

damit den Streit. Das drohende Schisma mit <strong>der</strong> römischen Ge -<br />

meinde wurde nur durch die valerianische Verfolgung verhin<strong>der</strong>t, <strong>der</strong><br />

sowohl Cyprian als auch Stephan <strong>zum</strong> Opfer fielen.<br />

Letztlich sollte erst Augustin in seiner Auseinan<strong>der</strong>setzung mit den<br />

Donatisten diesen Konflikt um die Notwendigkeit bzw. Nichtnotwendigkeit<br />

einer erneuten Taufe von Häretikern lösen. In Anlehnung an die<br />

römische Tradition verstand Augustin Christus selbst als den Spen<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Taufe, so dass die Gültigkeit <strong>der</strong> Taufe nicht länger abhängig von <strong>der</strong><br />

Gemeinschaft war, in <strong>der</strong> sie gespendet wurde.<br />

4.3 VERFOLGUNG UNTER KAISER VALERIAN<br />

Im Jahr 253 gelangte Valerian an die Regierung und ernannte seinen<br />

Sohn Gallienus <strong>zum</strong> Mitregenten (caesar). Ab 257 ergriff er gezielte Maßnahmen<br />

gegen die <strong>Kirche</strong> und insbeson<strong>der</strong>e gegen die christliche Oberschicht,<br />

die sich aber nur aus christlichen Quellen rekonstruieren lassen.<br />

Demnach mussten Kleriker unter Androhung <strong>der</strong> Todesstrafe op -<br />

fern, christliche Versammlungen wurden verboten, während christliche<br />

Senatoren und Angehörige des Kaiserpalastes mit Verbannung und<br />

136 Cyprian ep. 73,21 stellt klar, dass es außerhalb <strong>der</strong> <strong>Kirche</strong> kein Heil geben könne:<br />

extra ecclesiam nulla salus.


5.<br />

NEUORIENTIERUNGEN IN<br />

KONSTANTINISCHER UND NACH-<br />

KONSTANTINISCHER ZEIT<br />

5.1 VORBEMERKUNGEN<br />

Die Beteiligung <strong>der</strong> Kaiser machte nun auch eine Reihe von Prozessen<br />

<strong>der</strong> Vereinheitlichung und Normierungen des Christentums als einer<br />

<strong>der</strong> Religionen im Reich notwendig. Das betraf <strong>zum</strong> einen ganz praktische<br />

Probleme, wie etwa die Frage, wann genau das Osterfest gefeiert<br />

werden sollte. Auf dem Konzil von Nicäa im Jahre 325 entschied man<br />

sich gegen die Quartodezimaner, die am 14. Nisan parallel <strong>zum</strong> jüdischen<br />

Pessachfest feierten. Stattdessen legte man, wohl auch in Abgrenzung<br />

zu den Juden, den ersten Sonntag nach dem Frühlingsvollmond<br />

fest. Dieses Beispiel zeigt, dass lokale Gewohnheiten, unterschiedliche<br />

Traditionen, Differenzen und theologische Streitigkeiten, die zuvor in<br />

sehr viel kleinerem Rahmen ausgetragen wurden, nunmehr reichsweit<br />

vereinheitlicht bzw. umfassend geklärt werden mussten, was <strong>bis</strong>weilen<br />

zu nicht unerheblichen Komplikationen o<strong>der</strong> Folgeproblemen führte.<br />

Zudem wurden Bischöfe verstärkt auch als städtische Repräsentanten<br />

wahrgenommen und das Christentum im öffentlichen Raum zunehmend<br />

sichtbarer, nicht zuletzt durch den Bau repräsentativer Basiliken.<br />

Eine Folge <strong>der</strong> stärkeren Sichtbarkeit des Christentums war <strong>der</strong> Diskurs<br />

darüber, ob dezidiert heidnische Symbole wie <strong>der</strong> Viktoriaaltar im römischen<br />

Senat weiterhin gezeigt o<strong>der</strong> vielmehr unterdrückt werden sollten.<br />

Letztlich ging es dabei um die Frage, ob die römische Identität von<br />

nun an allein mit dem christlichen Glauben verbunden zu sein hatte.<br />

Die Religionspolitik <strong>der</strong> Kaiser im 4. Jahrhun<strong>der</strong>t – <strong>der</strong> Konstantinsöhne<br />

ebenso wie <strong>der</strong> des Julian, <strong>der</strong> sich vom Christentum abkehrte, und insbeson<strong>der</strong>e<br />

<strong>der</strong> Religionspolitik des getauften Christen Theodosius – sollte<br />

das Christentum dieser Zeit nachhaltig prägen, auch wenn sich gerade<br />

das Verhältnis zwischen Kaiser und Bischöfen nicht immer spannungsfrei<br />

gestaltete. Die Übernahme des christlichen Glaubens durch


86<br />

5. NEUORIENTIERUNGEN IN KONSTANTINISCHER UND NACHKONSTANTINISCHER ZEIT<br />

die reichsnahen Goten mit ihrem Bischof Wulfila und <strong>der</strong>en Ansied -<br />

lung auf römischem Boden zeigt darüber hinaus an, dass sich in nachkonstantinischer<br />

Zeit sowohl das Reich als auch das Christentum signifikant<br />

verän<strong>der</strong>ten. Gleichzeitig etablierte sich in radikaler Abwendung<br />

von diesem neuen städtischen Christentum im Römischem Reich eine<br />

an<strong>der</strong>e christliche Lebensform, die sich zunächst in <strong>der</strong> ägyptischen<br />

Wüste abseits von <strong>der</strong> Welt und <strong>der</strong> verfassten <strong>Kirche</strong> <strong>der</strong> Askese widmete.<br />

5.2 DONATISTISCHER STREIT IN NORDAFRIKA<br />

Da es um die Rückerstattung von konfiszierten Gütern an die Gemeinde<br />

von Karthago nach <strong>der</strong> diokletianischen Verfolgung ging, konnte <strong>der</strong><br />

ab 312 ausgebrochene Streit um die Wahl des Bischofs Caecilian nicht<br />

den Selbstregulierungskräften <strong>der</strong> Christen in Nordafrika überlassen<br />

werden. Schließlich mussten die kaiserlichen Beamten wissen, welchem<br />

Bischof die Güter zu erstatten waren. Insofern wurde Konstantin schon<br />

bald nach seinem Sieg über Maxentius in diesen gemeindlichen Konflikt<br />

involviert. Eine Gegenpartei zu Caecilian hielt diesen für nicht rechtmäßig<br />

in sein Amt gelangt, weil ein traditor (Verräter, in diesem Fall je -<br />

mand, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Verfolgung die heiligen Schriften ausgeliefert hatte) an<br />

seiner Weihe beteiligt gewesen sein soll. Dieser traditor habe nicht nur<br />

selbst den Heiligen Geist verloren, son<strong>der</strong>n verunreinige durch seine<br />

Teilnahme an <strong>der</strong> Weihe auch den gesamten Geistkörper <strong>der</strong> <strong>Kirche</strong>.<br />

Deshalb dürfe man mit dem Pseudo<strong>bis</strong>chof Caecilian keinerlei <strong>Kirche</strong>ngemeinschaft<br />

haben und könne diese <strong>Kirche</strong> nicht als die wahre<br />

Gemeinschaft <strong>der</strong> Heiligen anerkennen. Wichtigster Vertreter dieser<br />

Gegenpartei war <strong>der</strong> numidische Bischof Donatus, <strong>der</strong> sich vehement<br />

darüber beschwerte, dass Konstantin im Jahre 313 Caecilian im Amt<br />

bestätigt und dementsprechend auch dessen Partei den Besitz zurückerstattet<br />

hatte. Also nahm Konstantin die Angelegenheit noch einmal auf<br />

und setzte ein Schiedsgericht mit drei gallischen Bischöfen unter Vorsitz<br />

des römischen Bischofskollegen Miltiades ein, das im Lateran – von nun<br />

an <strong>der</strong> Sitz des Bischofs von Rom – tagte. Erwartungsgemäß wurden die<br />

Donatisten erneut verurteilt. Als diese abermals Wi<strong>der</strong>spruch gegen<br />

die Verurteilung einlegten, berief <strong>der</strong> Kaiser 314 eine Synode nach Arles<br />

in Südgallien ein, die die Frage erneut verhandelte, aber kein an<strong>der</strong>es


5.2 DONATISTISCHER STREIT IN NORDAFRIKA 87<br />

Ergebnis erzielte. Auch ein kaiserliches Gericht in Mailand bestätigte<br />

noch einmal, dass Caecilian rechtmäßiger Bischof von Karthago und die<br />

Spaltung aus diesem Grunde unverzüglich zu beenden sei. Doch selbst<br />

die ab 317 einsetzenden Zwangsmaßnahmen gegen die Donatisten<br />

brachten keinen Erfolg; im Gegenteil: sie fühlten sich vielmehr darin<br />

bestätigt, die einzig wahre <strong>Kirche</strong> <strong>der</strong> Märtyrer zu sein, denn für sie<br />

hatte sich mit Konstantin rein gar nichts verän<strong>der</strong>t. Als <strong>der</strong> Kaiser<br />

schließlich im Jahre 321 das Ende <strong>der</strong> Verfolgung und die Duldung <strong>der</strong><br />

Donatisten verfügte, war klar, dass sich das Schisma in Nordafrika verfestigt<br />

hatte.<br />

Anhand dieses Konflikts lässt sich exemplarisch zeigen, dass die in<br />

sich zerstrittenen Gemeinden den Umgang mit dem Kaiser erst einüben<br />

mussten. Umgekehrt kostete es auch für den Kaiser einige Mühe, zu vermitteln<br />

und den Frieden zwischen den streitenden Parteien wie<strong>der</strong><br />

herzustellen. Um auf sie einzuwirken und somit die notwendige Einheit<br />

zu erreichen, erprobte Konstantin vom Bischofsgericht über die<br />

Synode und von Zwangsmaßnahmen <strong>bis</strong> hin zur Duldung die unterschiedlichsten<br />

Maßnahmen. Auch wenn das Ziel in diesem Fall nicht<br />

erreicht wurde, erwiesen sich dennoch die vom Kaiser veranstalteten<br />

Synoden als wegweisende Innovation, wie bereits Euseb hervorhob:<br />

»[…] so berief er [ s.c. <strong>der</strong> Kaiser] Versammlungen <strong>der</strong> Diener Gottes, wie wenn<br />

er von Gott <strong>zum</strong> Bischof aller aufgestellt wäre.« 145<br />

Doch die Donatisten ließen sich nicht wie<strong>der</strong> mit den Anhängern des<br />

Bischofs Caecilian versöhnen, son<strong>der</strong>n breiteten sich vielmehr in Nordafrika<br />

aus. Sie beharrten darauf, allein in ihrer Gemeinschaft sei die reine<br />

<strong>Kirche</strong> <strong>der</strong> Auserwählten zu finden, weshalb sie größten Wert darauf<br />

legten, <strong>der</strong>en Geistbesitz sicherzustellen. Dabei beriefen sie sich insbeson<strong>der</strong>e<br />

auf Cyprians Ekklesiologie, wonach es außerhalb <strong>der</strong> wahren,<br />

d. h. hier natürlich ihrer eigenen, <strong>der</strong> donatistischen <strong>Kirche</strong>, kein Heil<br />

geben könne.<br />

In entscheiden<strong>der</strong> Weise sollte sich schließlich Augustin von Hippo<br />

mit den Donatisten auseinan<strong>der</strong>setzen (vgl. dazu 6.4).<br />

145 Euseb, Vita Constantini 44.


88<br />

5. NEUORIENTIERUNGEN IN KONSTANTINISCHER UND NACHKONSTANTINISCHER ZEIT<br />

5.3 DISKUSSIONEN UND STREIT UM<br />

DAS TRINITARISCHE DOGMA<br />

In Alexandria war schon etwas eher ein lang andauern<strong>der</strong> theologischer<br />

Streit um das Wesen <strong>der</strong> Person Jesu Christi ausgebrochen, <strong>der</strong> schnell<br />

größere Dimensionen annahm und zu Spaltungen führte. In einem<br />

noch aus dem Jahre 324 (Sieg über Licinius) stammenden Brief an die<br />

Kontrahenten, den Presbyter Arius und den Bischof Alexan<strong>der</strong> von<br />

Alexandrien, äußerte Konstantin Unverständnis für den Anlass des Konflikts:<br />

»Als ich mir aber Gedanken um den Anlass und das Thema dieser Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />

machte, da zeigte sich doch <strong>der</strong> Grund als sehr geringfügig und<br />

keineswegs ausreichend für einen <strong>der</strong>artigen Streit. Daher sehe ich mich zu<br />

diesem Brief gezwungen und wende mich, nachdem ich die göttliche Vorsehung<br />

als Helfer in dieser Sache angerufen habe, an euren einmütigen Scharfsinn,<br />

und stelle mich zu Recht gleichsam als Friedensrichter mitten in den<br />

Streit, den ihr miteinan<strong>der</strong> ausfechtet.« 146<br />

Hier zeigt sich einmal mehr, dass <strong>der</strong> Kaiser zwar ein großes Interesse an<br />

<strong>der</strong> Einheit, nicht aber an <strong>der</strong> Durchsetzung bestimmter theologischer<br />

Vorstellungen hatte. Worum ging es in diesem Konflikt? Und war <strong>der</strong><br />

Streitanlass für die Christen in Alexandria und darüber hinaus wirklich<br />

so unwichtig, wie Konstantin meinte?<br />

5.3.1 STREIT UM ARIUS UND SEIN VERSTÄNDNIS<br />

DES GÖTTLICHEN LOGOS (318–325)<br />

Der hoch gebildete alexandrinische Presbyter Arius († kurz nach 325),<br />

von dessen Werk nur noch Spuren erhalten sind, betonte einerseits die<br />

Einheit und Einzigartigkeit Gottes und an<strong>der</strong>erseits die Beson<strong>der</strong>heit<br />

des göttlichen Logos, <strong>der</strong> aber im Unterschied zu Gott hypostatisch<br />

eigenständig und damit we<strong>der</strong> anfangs- noch ursprungslos sein müsse.<br />

Diesen von Gott mit seinem Wort ins Dasein gerufenen Logos (Gen. 1)<br />

fand Arius anschaulich in Prov 8 mit dem Bild <strong>der</strong> vor Gott spielenden<br />

Weisheit beschrieben. Somit ging <strong>der</strong> Logos allen Schöpfungswerken<br />

voraus und war die Größe, durch die sie verwirklicht wurden, weswegen<br />

146 Urk. 17; zitiert nach KThQ I, 150.


5.3 DISKUSSIONEN UND STREIT UM DAS TRINITARISCHE DOGMA 89<br />

sie im Unterschied zu Gott eben gerade einen Anfang und Ursprung<br />

hatte. Arius formulierte sehr prägnant: ἦν ποτε ὅτε οὐκ ἦν – es gab eine<br />

Zeit/Moment, in dem es (den Logos noch) nicht gab. Wer hingegen den<br />

Logos aus dem Wesen des Vaters hervorgegangen sein lässt, könne dessen<br />

Eigenständigkeit nicht angemessen <strong>zum</strong> Ausdruck bringen und<br />

müsse darüber hinaus auch bestimmte Verhaltensweisen Jesu Christi,<br />

wie Unwissenheit, Angst, Hunger, Durst etc., <strong>der</strong> anfangs- und ur -<br />

prungslosen Gottheit selbst zuschreiben.<br />

Dieser Lehre wi<strong>der</strong>sprach <strong>der</strong> alexandrinische Bischof Alexan<strong>der</strong><br />

mit Nachdruck. In seinen Augen war gerade die Betonung <strong>der</strong> Einheit<br />

von Gott und göttlichem Logos (Joh 10,30) entscheidend. We<strong>der</strong> ließe<br />

sich ein Vater ohne Sohn noch ein Sohn ohne Vater denken. Als Differenzierung<br />

verwies Alexan<strong>der</strong> auf den Unterschied zwischen Urbild und<br />

Abbild, <strong>der</strong> auch in den neutestamentlichen Briefen häufiger erwähnt<br />

wird. Seine Verurteilung des Arius führte zur Ausweitung des Konflikts,<br />

weil letzterer beim wichtigen Bischof <strong>der</strong> kaiserlichen Residenz in Nikomedien,<br />

Euseb von Nikomedien, und dann auch bei Euseb von Cäsarea<br />

Unterstützung fand. Es handelte sich keineswegs um einen unwichtigen<br />

Streit; schließlich ging es um die Deutung <strong>der</strong> Person Jesu Christi in<br />

ihrem Verhältnis zu Gott, dem Vater, und damit um den Markenkern<br />

des Christentums schlechthin.<br />

Nachdem Konstantins brieflicher Vermittlungsversuch gescheitert<br />

war, berief er im Jahre 325 eine große Synode zur Feier anlässlich seines<br />

20-jährigen Herrschaftsjubiläums (vicennalia) in die Residenz Nicäa ein,<br />

<strong>der</strong> zwar viele Bischöfe aus dem Osten beiwohnten, wohingegen <strong>der</strong><br />

Westen kaum vertreten war. Dort legte Euseb von Cäsarea ein Bekenntnis<br />

vor, mit dem er sich als rechtgläubig auswies. Möglicherweise war<br />

genau dieses Bekenntnis, mit antiarianischen Zuspitzungen versehen,<br />

auch die Grundlage für das Nizänum, das <strong>der</strong> Kaiser dort verabschieden<br />

ließ (<strong>zum</strong>indest war es wohl kein Taufbekenntnis, wie die ältere Forschung<br />

annahm):<br />

»Wir glauben an einen Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer alles<br />

Sichtbaren und Unsichtbaren. Und an den einen Herrn Jesus Christus, den<br />

Sohn Gottes, <strong>der</strong> als Einziggeborener aus dem Vater gezeugt ist, das heißt: aus<br />

dem Wesen des Vaters, Gott aus Gott, Licht aus Licht, wahrer Gott aus wahrem<br />

Gott, gezeugt, nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater; durch den alles<br />

geworden ist, was im Himmel und was auf Erden ist; <strong>der</strong> für uns Menschen<br />

und wegen unseres Heils herabgestiegen und Fleisch geworden ist, Mensch


90<br />

5. NEUORIENTIERUNGEN IN KONSTANTINISCHER UND NACHKONSTANTINISCHER ZEIT<br />

geworden ist, gelitten hat und am dritten Tage auferstanden ist, aufgestiegen<br />

ist <strong>zum</strong> Himmel, kommen wird, um die Lebenden und die Toten zu richten;<br />

und an den Heiligen Geist.« 147<br />

Allerdings stellte sich schon bald heraus, dass viele Bischöfe im Osten<br />

gerade die Formulierung, wonach Gott und <strong>der</strong> Logos ὁμοούσιος –<br />

wesenseins – seien, im Sinne einer Identität bei<strong>der</strong> Größen verstanden<br />

und das Bekenntnis deshalb ablehnten. Offenbar hat es keine Klärung<br />

<strong>der</strong> Begrifflichkeit gegeben, die – nach allem, was wir wissen – von Konstantin<br />

selbst verordnet wurde. Mit <strong>der</strong> Annahme des Bekenntnisses,<br />

<strong>der</strong> expliziten Ablehnung arianischer Formulierungen wie des ἦν ποτε<br />

ὅτε οὐκ ἦν, und <strong>der</strong> Exilierung des Arius, später auch des Euseb von<br />

Nikomedien, schien die Angelegenheit für den Kaiser erledigt und aus<br />

<strong>der</strong> Welt zu sein. Wenige Jahre später rief er neue Synoden zusammen,<br />

die die Verurteilten rehabilitierten. Jedoch stellte sich schon sehr bald<br />

heraus, dass seiner Einheitspolitik aufgrund <strong>der</strong> anhaltenden Rivalität<br />

zwischen Athanasius von Alexandrien († 373), ab 328 Nachfolger des Alexan<strong>der</strong>,<br />

und seinem Wi<strong>der</strong>sacher Euseb von Nikomedien, <strong>der</strong> die Nähe<br />

<strong>zum</strong> Hof hatte, kein dauerhafter Erfolg beschieden war. Letzterem<br />

gelang es, Athanasius, <strong>der</strong> sich <strong>der</strong> kaiserlichen Politik verweigerte und<br />

die von ihm Rehabilitieren nach wie vor als verurteilt ansah, aus disziplinarischen<br />

Gründen anklagen und 335 ins Exil nach Trier schicken zu<br />

lassen. Ironischerweise wurde <strong>der</strong> Streit damit keineswegs aus <strong>der</strong> Welt<br />

geschafft, son<strong>der</strong>n im Gegenteil in den Westen exportiert.<br />

5.3.2 FORTFÜHRUNG DES STREITS UNTER<br />

KONSTANTINS SÖHNEN UND KONFLIKTE UM ATHANASIUS<br />

In seinem »Lob auf Konstantin« hatte Euseb vom »Glanz seiner Caesaren«<br />

gesprochen und damit dessen Söhne Konstantin II., Konstantius II.<br />

und Konstans gemeint, die nach dem Willen ihres im Jahre 337 gestorbenen<br />

Vaters gemeinsam mit Konstantins Neffen Dalmatius eine Art<br />

dynastische Tetrarchie bilden sollten. Doch untergruben <strong>der</strong>en Rivalitäten<br />

diese Herrschaftsform von Anfang an und spalteten das Reich in Ost<br />

und West, was sich auch in <strong>der</strong> Religionspolitik spiegelte. Im Westen, wo<br />

sich Konstans durchsetzen konnte, fand <strong>der</strong> 339 erneut verbannte Atha-<br />

147 Urk. 24; zitiert nach KThQ I, 154.


<strong>Katharina</strong> <strong>Greschat</strong>, Dr. theol., Jahrgang<br />

1965, studierte Evangelische Theologie<br />

und Geschichte in Münster und<br />

Marburg, <strong>Von</strong> 1998 <strong>bis</strong> 2004 war sie<br />

Wiss. Mitarbeiterin in Mainz, von 2008<br />

<strong>bis</strong> 2010 hatte sie die Professur für <strong><strong>Kirche</strong>ngeschichte</strong><br />

in Jena inne, seit 2010<br />

ist sie Professorin für <strong>Kirche</strong>n- und<br />

Christentumsgeschichte (Alte <strong>Kirche</strong><br />

und Mittelalter) in Bochum. Gemeinsam<br />

mit Josef Lössl/Cardiff gibt sie<br />

die Zeitschrift »Vigiliae Christianae«<br />

heraus. Aktuelle Forschungsschwerpunkte<br />

sind: antikes Christentum als<br />

»domestic religion«, Bildungs- und<br />

Gen<strong>der</strong>fragen im vormo<strong>der</strong>nen Christentum,<br />

christliche Diskurse im 2. Jahrhun<strong>der</strong>t.<br />

Bibliographische Information <strong>der</strong> Deutschen Nationalbibliothek<br />

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in <strong>der</strong><br />

Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten<br />

sind im Internet über http://dnb.de abrufbar.<br />

© 2023 by Evangelische Verlagsanstalt GmbH, Leipzig<br />

Printed in Germany<br />

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.<br />

Jede Verwertung außerhalb <strong>der</strong> Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne<br />

Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbeson<strong>der</strong>e für<br />

Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung<br />

und Verarbeitung in elektronischen Systemen.<br />

Das Werk wurde auf alterungsbeständigem Papier gedruckt.<br />

Cover und Layout: Kai-Michael Gustmann, Leipzig<br />

Satz: ARW-Satz, Leipzig<br />

Druck und Binden: BELTZ Grafische Betriebe GmbH, Bad Langensalza<br />

ISBN 978-3-374-05482-4 // eISBN (PDF) 978-3-374-05483-1<br />

www.eva-leipzig.de

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!