Mühlviertel-Magazin Oktober 2023
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MÜHLVIERTEL-MAGAZIN | <strong>Oktober</strong> <strong>2023</strong><br />
5 | INTERVIEW<br />
Landesrat Hattmannsdorfer:<br />
„Unsere Pflegekräfte<br />
sollen Menschen und keine<br />
Akten betreuen“<br />
Personalmangel in der Pflege, neue<br />
Schlepper-Routen und nach wie vor<br />
hohe Energiekosten: Im Interview mit<br />
dem GUUTE <strong>Mühlviertel</strong>-<strong>Magazin</strong> spricht<br />
Sozial- und Integrationslandesrat<br />
Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP)<br />
über aktuelle Herausforderungen –<br />
die Fragen stellte Teresa Haudum.<br />
interview<br />
Foto: Land OÖ/Grilnberger<br />
Herr Landesrat, im Bezirk<br />
Urfahr-Umgebung sind aufgrund des<br />
Personalmangels rund 100 Betten in<br />
Alten- und Pflegeheimen gesperrt.<br />
Was sagen Sie Menschen, die derzeit<br />
auf einen Platz warten?<br />
Hattmannsdorfer: Wir sind hier mit den<br />
Auswirkungen des demografischen<br />
Wandels konfrontiert: Menschen werden<br />
älter und weniger junge kommen am<br />
Arbeitsmarkt nach, das ist kein reines<br />
Phänomen in der Pflege. Dass unsere Eltern-<br />
und Großeltern im Alter ordentlich<br />
versorgt werden, ist eines meiner wichtigsten<br />
Ziele. Wir haben 50 konkrete<br />
Maßnahmen definiert, von denen seit<br />
Jahresbeginn rund ein Drittel umgesetzt<br />
wurde – mit der Wirkung, dass wir den<br />
rapiden Anstieg leerstehender Betten<br />
erstmals bremsen konnten.<br />
Sie haben vor Kurzem eine bundesweite<br />
Strategie zur Anwerbung von<br />
ausländischen Pflegekräften<br />
gefordert. Woran scheitert eine<br />
koordinierte Vorgehensweise bisher?<br />
Wir wollen junge Menschen und Umsteiger<br />
für die Pflege begeistern. Darum<br />
haben wir ein 600-Euro-Pflegestipendium<br />
eingeführt, das jeder in der Ausbildung<br />
erhält – monatlich und einkommensunabhängig.<br />
Wir brauchen aber<br />
auch Fachkräfte aus dem Ausland und<br />
konnten bereits 81 qualifizierte philippinische<br />
Pflegekräfte gewinnen. Im internationalen<br />
Wettbewerb ist Oberösterreich<br />
aber der David unter den Goliaths:<br />
Deshalb müssen wir als Repu blik selbstbewusst<br />
um Fachkräfte werben – mit<br />
einer gemeinsamen Strategie und einer<br />
Agentur zur Koordination. Leider bin<br />
ich beim zuständigen Gesundheitsminister<br />
bislang auf taube Ohren gestoßen.<br />
Pflegekräfte nach Österreich zu holen<br />
ist das eine, die Sicherung der Qualität<br />
und Arbeitsbedingungen das andere.<br />
Wie gewährleisten Sie eine gute Pflege<br />
in Oberösterreich?<br />
Die Pflegekräfte genießen eine hervorragende<br />
Ausbildung, gleichzeitig wirkt der<br />
Mindestpflegepersonalschlüssel einer<br />
Überlastung entgegen. Wir haben zudem<br />
die Dokumentationsvorschriften<br />
reduziert – unsere Pflegekräfte sollen<br />
Menschen und keine Akten betreuen. Im<br />
nächsten Jahr gibt es erstmals einen eigenen<br />
Förderfonds in Höhe von zwei<br />
Millionen Euro, um die Chancen digitaler<br />
Technologien zu nutzen.<br />
Kommen wir zur Migrationspolitik:<br />
Zahlreiche illegale Schlepper-Transporte<br />
haben jüngst für Aufregung<br />
gesorgt. Warum ist das <strong>Mühlviertel</strong><br />
plötzlich im Fokus?<br />
Schlepper-Routen verändern sich ständig.<br />
Wichtig ist eine konsequente Vorgehensweise,<br />
um neue Durchzugsrouten<br />
sofort zu unterbinden. Die Polizei hat<br />
schnell reagiert, ihr gilt mein Dank. Die<br />
Aufgriffe sind aber ein Warnsignal, dass<br />
das europäische Asylsystem eine Reform<br />
braucht: Wir müssen die EU-Außengrenzen<br />
stärker schützen und an ihnen<br />
Asylzentren errichten. Zudem<br />
brauchen wir mit anderen Ländern Abkommen<br />
zur Rückführung.<br />
Die hohen Energiekosten belasten viele<br />
Haushalte, zudem geht die Heizsaison<br />
gerade erst los. Was ist seitens des<br />
Sozial-Ressorts in dieser Hinsicht<br />
geplant?<br />
Nach den finanziellen Unterstützungen<br />
im Frühjahr und zu Schulbeginn haben<br />
wir mit dem Oö. Energiekostenzuschuss<br />
eine weitere treffsichere Maßnahme gestartet.<br />
Einkommensschwachen Familien<br />
wird mit einer einmaligen Zahlung<br />
von 200 Euro geholfen. Damit haben wir<br />
beispielsweise einer Familie mit zwei<br />
Kindern in diesem Jahr bereits mit 1.200<br />
Euro unter die Arme gegriffen.<br />
Sie sind nun seit rund zwei Jahren im<br />
Amt: Wie ist Ihre Zwischenbilanz?<br />
Wir haben einen neuen Stil in der Sozialpolitik<br />
etabliert: Probleme werden<br />
nicht schöngeredet, sondern angesprochen.<br />
Wir haben einen klaren Professionalisierungs-<br />
und Gestaltungsanspruch.<br />
Dort, wo es notwendig ist, verändern wir<br />
und gehen neue Wege. ♦