Kulturfenster Nr. 05|2023 - Oktober 2023
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nachgedacht<br />
„Gedanken zur Chorarbeit<br />
südlich der Alpen“<br />
Chorarbeit und Chorwerke, entstanden an der<br />
Schnittstelle zwischen der deutschen und italienischen Musikkultur<br />
Das Umfeld prägt<br />
Wenn die Kultur von der Muttersprache<br />
stammt, sind meine Wurzeln bei J.<br />
S. Bach, Mozart, Schubert, Brahms und<br />
Distler zu finden. Da ich jedoch in Italien<br />
(Südtirol) aufgewachsen bin und lebe, haben<br />
mich Palestrina, Monteverdi, Rossini,<br />
Verdi und Berio ebenso geprägt, wie<br />
die großen Komponisten des deutschen<br />
Sprachraumes.<br />
Südlich vom Brenner in Südtirol, da wo<br />
die deutsche und die italienische (Musik-)<br />
Kultur aufeinandertreffen, wird die deutsche<br />
Sprache, die das öffentliche Leben<br />
dominiert, durch eine zweite, die italienische,<br />
bereichert.<br />
Meine akademische Musikausbildung<br />
habe ich am „Conservatorio di musica<br />
Claudio Monteverdi“ in Bozen genossen.<br />
Mein Leben als Komponist und Chorleiter<br />
an der Schnittstelle zwischen der deutschen<br />
und italienischen Sprache ist von<br />
beiden Kulturn geprägt und bereichert.<br />
Die Schnittstellen<br />
in meinen Werken<br />
Einige Beispiele der Stilkombinationen im Werk „Sgelo“:<br />
T. 14-24, choralartige Struktur im Wechsel mit melismatischen Madrigalismen;<br />
T. 31-36, ruhig schreitende geradtaktige Abschnitten im Wechsel<br />
mit tanzenden Dreiersektionen;<br />
T. 66-85, abstrakte Sektion mündet in melismatischen Kontrapunkt;<br />
Kaum ein Werk zeigt die Verschmelzung<br />
der beiden Kulturen wie „Sgelo” (da<br />
Canti, Ilisso Edizioni Nuoro): die A-capella-Komposition<br />
war 2008 das Pflichtwerk<br />
im Chorwettbewerb von Spittal an<br />
der Drau.<br />
Franca Floris, Chorleiter des Complesso<br />
vocale di Nuoro, hat die Komposition<br />
2009 in der Produktion „La voce del poeta"<br />
(Die Stimme des Dichters), eingebaut.<br />
Der Text von Sebastiano Satta erzählt<br />
vom Erwachen der Natur im Frühling<br />
in der „barbagia” auf Sardinien. „Sgelo“<br />
bedeutet auftauen.<br />
Durch Stilelemente und der Technik des<br />
italienischen Madrigals gekennzeichnet,<br />
verpflichtet sich „Sgelo” indes der Ästhetik<br />
einer zeitgemäßen Tonsprache.<br />
Kombination von<br />
Stilelementen<br />
Für mich liegt die Faszination des Komponierens<br />
in der Kombination der Stilelemente<br />
verschiedener Epochen. Ich verwende historisch<br />
bekannte Sektionen und Techniken und<br />
mische sie mit den radikalen harmonischund<br />
melodischen Erweiterungen der zeitgenössischen<br />
Musik. Ich mag die Brüche und<br />
spiele in der Programmgestaltung häufig mit<br />
der Verflechtung verschiedener Kunstgattungen<br />
und Eindrücke. So bekommt zum<br />
Beispiel eine Performance in ungewohnter<br />
Logistik, außerhalb des gewohnten Konzertsaals,<br />
eine neue Dimension und Dynamik.<br />
5<br />
KulturFenster 05/<strong>Oktober</strong> <strong>2023</strong>