akzent Magazin November '23 GB
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20 SEELEUTE<br />
SPIEL(ER)<br />
DES JAHRES<br />
Eine Studentenstadt ohne Spiel- und Comicladen? „Das geht nicht“, sagte<br />
Michael Palm und gründete kurzerhand mit drei Freunden den „Seetroll“.<br />
Drei Jahrzehnte später ist der „Troll“ eine feste Größe am See und Michael<br />
Palm selbst als Spieleautor erfolgreich. 2023 feierte er gemeinsam mit<br />
Co-Autor Lukas Zach einen Höhepunkt seiner Karriere: „Dorfromantik“<br />
ist „Spiel des Jahres 2023“.<br />
VON ANNE MITTMANN<br />
<strong>akzent</strong>: Herzlichen Glückwunsch zum „Spiel des Jahres<br />
2023“! Könnt ihr es schon fassen?<br />
Michael Palm: Ganz langsam kommt es bei mir an,<br />
dass wir wirklich gewonnen haben. Das ist schon der<br />
Wahnsinn.<br />
<strong>akzent</strong>: Der rote Pöppel gilt als Oscar der Spielebranche.<br />
Hat sich mit der Auszeichnung „Spiel des Jahres“<br />
ein Traum erfüllt?<br />
Michael Palm: Eher ein Herzenswunsch, von dem ich<br />
nicht wusste, dass ich ihn habe. Der Preis ist die größte<br />
Anerkennung, die man weltweit als Spieleautor bekommen<br />
kann. Dafür bin ich sehr dankbar.<br />
<strong>akzent</strong>: Seit deiner Studienzeit entwickelst du Spiele.<br />
Wie bist du dazu gekommen?<br />
Michael Palm: Ich habe schon als kleiner Junge Spiele<br />
modifiziert, wenn es nötig war (lacht). Doch der „echte“<br />
Einstieg in die Branche kam mit Eröffnung des Seetrolls.<br />
Darüber haben wir Spieleentwickler kennengelernt, die<br />
schwarz-weißen Prototypen gesehen und schnell gemerkt:<br />
Die kochen auch alle nur mit Wasser.<br />
<strong>akzent</strong>: Kam darüber auch der Kontakt zu Dorfromantik-Co-Autor<br />
Lukas Zach?<br />
Michael Palm: Lukas und ich arbeiten seit 20 Jahren zusammen.<br />
Dass wir uns kennengelernt haben, war reiner<br />
Zufall. Lukas hat den Einstieg in die Branche gesucht,<br />
mit geschlossenen Augen das erstbeste Spiel aus seinem<br />
Regal gezogen und den Autor kontaktiert. Der Autor<br />
war ich.<br />
<strong>akzent</strong>: Was ist das Geheimnis eures Erfolgs?<br />
Michael Palm: Wir teilen dieselbe Spielphilosophie.<br />
Unsere Spiele sind größtenteils kooperativ, so wie<br />
Dorfromantik auch. Uns geht es vor allem um die At-<br />
mosphäre, weniger um die Mechanik. Vor Dorfromantik<br />
haben wir an einem Legeplättchenspiel<br />
gearbeitet, das in der Südsee spielen sollte: Die<br />
Farben, das Flair … das fanden wir gut. Doch irgendetwas<br />
hat uns in der Südsee gefehlt. Mit der<br />
Brettspiellizenz für „Dorfromantik“ hat sich alles<br />
perfekt gefügt.<br />
<strong>akzent</strong>: „Dorfromantik“ ist ursprünglich ein<br />
Computerspiel, das während der Pandemie<br />
sehr erfolgreich war und den „Deutschen<br />
Computerspielpreis 2021“ in den Kategorien<br />
„Bestes Gamedesign“ und „Bestes<br />
Debüt“ gewann. War der Brettspielerfolg<br />
eine Überraschung?<br />
Michael Palm: Brettspiele liegen voll<br />
im Trend. Klar, es gibt Computerspiele,<br />
die sind super … aber das Medium<br />
Brettspiel ist doch nochmal etwas anderes.<br />
Am Computer ist der Angriff auf<br />
meinen Gegenspieler nur ein Klick, am<br />
Spieltisch schaue ich meinem Gegenspieler<br />
fest in die Augen und sage: „Dich greife<br />
ich jetzt an!“<br />
<strong>akzent</strong>: „Dorfromantik“ entstand während der Corona-<br />
Pandemie. Wer waren die ersten Tester?<br />
Michael Palm: Meine Familie. In den Lockdowns sind<br />
neue Hobbys entstanden. Die anderen haben Brot gebacken<br />
oder die Wohnung mit der Zahnbürste geputzt,<br />
wir haben Dorfromantik getestet. Meine Söhne Silas<br />
(10) und Nathan (7) haben bestimmt 40 Partien gespielt<br />
und sogar eigene Plättchen entworfen. Irgendwann<br />
wollten sie auch mal etwas anderes<br />
spielen, aber sie haben gut durchgehalten.