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Rheinkind 04/2023

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Interview<br />

Simon Gosejohann<br />

Der mehrfach preisgekrönte Comedian ist bereits seit den 1990er-Jahren im Film- und<br />

Fernsehbusiness aktiv. 2019 wurde er selbst Vater. Seit Beginn des Jahres <strong>2023</strong> unterhält<br />

er sich in seinem Podcast »How to dad« mit Kindern über deren Leben – nicht zuletzt<br />

um selbst Kenntnisse fürs Eltern-Sein zu sammeln.<br />

Du bist vor vier Jahren Vater geworden und<br />

sagst, das Kind wurde ohne Bedienungsanleitung<br />

geliefert. Also hast du dein eigenes<br />

Trainingslager gestartet: einen Podcast<br />

namens »How to dad«.<br />

Ich versuche ein cooler Dad zu sein, ein guter<br />

Vater zu werden. Noch ist mein Kleiner 4 und<br />

sieht mich als Vorbild. Irgendwann wird ihm auffallen,<br />

dass das vielleicht gar nicht stimmt. Da<br />

will ich vorbereitet sein. Wie macht man das?<br />

Man spricht mit Betroffenen. Also unterhalte ich<br />

mich mit Kindern zwischen 7 und vielleicht 15<br />

Jahren. Was sind gute Tipps? Was kommt gut<br />

an? Wie seht ihr die Welt? Was macht ihr überhaupt?<br />

Wer seid ihr eigentlich? Damit alle was<br />

davon haben, machen wir einen Podcast daraus.<br />

Noch denkt er: Alles was Papa macht ist cool?<br />

Er fängt an Grenzen auszutesten. Da hilft nichts,<br />

man muss als Vater einfach permanent an sich<br />

selbst arbeiten und die eigenen Grenzen finden:<br />

Wie weit lasse ich was zu, ab wann geht’s nicht<br />

mehr? Vieles ist schlicht »learning by doing«.<br />

Man weiß ja schlicht nichts. Meine Freundin und<br />

ich sind beide Freiberufler und haben uns zum<br />

Beispiel vorher völlig naiv gefragt, ob wir mit Kind<br />

morgens früher aufstehen müssten – und ob wir<br />

das vielleicht schon ohne Kind trainieren sollten.<br />

Mein Bruder – selbst Papa – hat uns nur ausgelacht:<br />

Alles Quatsch, das Kind gibt vor, wann ihr<br />

aufsteht – ganz egal was ihr euch ausdenkt. Mit<br />

Podcast werde ich vielleicht trotzdem besser vorbereitet<br />

in die Zukunft gehen.<br />

Der Boss im Haus ist das Kind?<br />

Irgendwie schon. Noch dazu ist es ein Einzelkind.<br />

Also wollen wir schauen, dass es sich nicht zu<br />

einem kleinen König entwickelt. Aber man hat<br />

halt nur das eine Kind und wenn sich ein Bedürfnis<br />

zeigt, ist man schnell da, um es zu erfüllen.<br />

Das ist natürlich bei der Entwicklung zur Selbstständigkeit<br />

wenig förderlich – na ja.<br />

Merkt man jetzt, dass die eigenen Eltern gar<br />

nicht so uncool waren, wie man immer dachte?<br />

Ja, man reflektiert das alles. Irgendwie schließt<br />

sich ein Kreis. Man schaut zurück, wie man<br />

selbst groß geworden ist.<br />

»Eine typische Familie<br />

gibt es nicht.<br />

Es gibt alles, auch viel<br />

Patchwork.«<br />

»How to dad« ist ein Podcast, in dem die Kinder<br />

zu Wort kommen. Was sind deren Themen?<br />

Die sehr präsenten Themen sind Gaming, Social<br />

Media, Sport. Davon gibt es viel. Dann auch Geschwister<br />

und Familiäres, Schule, Hobbys,<br />

Reisen. Auch das Thema Ernährung ist groß. Wir<br />

hatten Sarah, die sich wirklich wahnsinnig gut<br />

mit kulinarischen Dingen auskennt. Die Folge mit<br />

Liam hat viral Wellen geschlagen. Ihm ging es darum,<br />

wie man ein besserer Mensch sein kann. Es<br />

gab auch schon die Themen Gendern, Diabetes<br />

und Haustiere. Es ist sehr facettenreich.<br />

Themen, die häufig ernst sind, mit denen Kinder<br />

aber irgendwie unaufgeregt umgehen.<br />

Ja, es hat sich viel getan bei jungen Menschen.<br />

Sie sind häufig sehr reflektiert und zeigen manchmal<br />

eine Tiefgründigkeit, die ich so nicht erwartet<br />

habe. Sie argumentieren – und zwar gut. Man erlebt<br />

eine Kultur weg vom Hierarchisch-Autoritären<br />

hin zum Miteinander. Bei den Eltern gibt es offenbar<br />

keine Basta-Erziehung mehr.<br />

Im Podcast begegnet man sich auf Augenhöhe.<br />

Das ist unser Prinzip. Es fällt mir sehr leicht,<br />

Kinder ernst zu nehmen. Ich selbst bin ja mit und<br />

in dieser Entwicklung groß geworden. Ein bisschen<br />

liegt es an der Demographie. Es gibt einfach<br />

weniger Kinder und so ist die Wertschätzung für<br />

jedes einzelne gestiegen. Ich habe auf jeden Fall<br />

ein sehr gutes Bild von den Kindern in unserer Zeit.<br />

Gibt es Unterschiede zwischen Jungen und<br />

Mädchen?<br />

Die Frage polarisiert wie verrückt und bestimmt<br />

gibt es Unterschiede. Aber diese ganzen geprägten<br />

»Das-war-schon-immer-so-Argumente«<br />

lösen sich gerade zurecht in Luft auf.<br />

Man hat eine Vorstellung, wie man als Vater sein<br />

will. Wie oft scheitert man an sich selbst?<br />

Ich scheitere regelmäßig in allen Belangen. Jedes<br />

Mal, wenn ich laut werde, bin ich im Prinzip gescheitert.<br />

Ich habe meinem Kind zum Beispiel<br />

recht früh gezeigt, wie man einen Trecker und<br />

wie man ein Haus malt. Irgendwann habe ich in<br />

einem Artikel gelesen: Mach’ das nicht. Das Kind<br />

malt dann nur so, um dir als Vater zu gefallen.<br />

Ich hatte ihn längst dafür kritisiert, dass er das<br />

Haus auf den Trecker gesetzt hat und noch ein<br />

Bett darüber. Was sollte das sein? Aber um Himmels<br />

Willen, soll er malen wie er will, Hauptsache<br />

er malt. Es ist doch egal, ob das so auch in meiner<br />

Welt stattfindet. Auf solche Weise scheitere<br />

ich auch, aber das ist insgesamt natürlich nicht<br />

wirklich schlimm. Ich mache viel aus dem Bauch<br />

heraus. Ich setze allerdings auch Grenzen, denn<br />

immerhin werde ich mindestens 18 Jahre mit<br />

dem Menschen eng zusammenleben. Sorry, das<br />

ist voll egoistisch, aber diese 18 Jahre mögen<br />

bitte erträglich sein.

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