46 STANDALS Willkommen im Club der verlorenen Eitelkeiten und Seelen Die STANDALS haben im Sommer mit „Voodoo Folk“ ein beachtliches Album zwischen Memphis Rock & Roll, Swamp-Blues und Folk veröffentlicht. Begonnen haben sie als Duo, seit einiger Zeit wird ihre Messe zu dritt gelesen. Walter Sianos traf die Voodoo-Priester Steffen Zug, Alexander Möckl und Max Messer zum Interview.
HEIMATKLÄNGE 47 uer Bandname ist ein Akronym, das sich aus euren beiden Vornamen zusammen- E setzt. Jetzt ist seit einiger Zeit auch Max Messer fest an Bord. Müsst ihr jetzt als Standalandmax auf die Bühne? Steffen: Das mit dem Akronym stimmt, aber das klingt so gut, es gibt also keinen Grund, etwas zu ändern. Ihr seid musikalisch alle sehr aktiv und spielt parallel in Bands wie Steve Train’s Bad Habits, Voodoophonics oder habt diverse Soloprojekte am Laufen. Max: Die Lust an der Musik ist sehr groß und es steckt auch eine gewisse Männerfreundschaft dahinter. Wir verstehen uns einfach richtig gut. Alexander: Und wir kennen uns alle schon ziemlich lange, wenn Steffen mit einem Song auf mich zukommt, dann weiß ich genau, wohin die Reise gehen soll. Dasselbe gilt auch für Max bei den Voodoophonics. Alex, du warst bereits in den 80er Jahren ein fester Bestandteil der <strong>Augsburg</strong>er Musikszene. Es gab aber auch eine längere Phase, in der man dich gar nicht mehr auf der Bühne gesehen hat. Alexander: Das stimmt, als meine Kinder auf die Welt kamen, hatten Familie und Job Priorität. Trotzdem war aber die Musik immer ein Teil von mir und seit meine Sprösslinge ihre eigenen Wege gehen, hat sich das mittlerweile wieder verlagert. Das erste Lebenszeichen der Standals kam bereits 2016 in Form einer 7“. Steffen: Als wir angefangen haben, die ersten Tracks zu schreiben, war das Ziel nicht wirklich klar definiert. Aber wir wussten, dass wir Songs machen wollen, die ein bestimmtes Qualitätslevel haben müssen. Es folgte eine Tour mit dem „Klub der Idealisten“ und als Covid alles lahmlegte, begannen wir mit unseren Freitag-Sessions. Wir haben lange jeden Freitag zusammen mit Marc Frank ein bis zwei Songs aufgenommen. Da fand ein regelrechter Reifeprozess statt. Als ich eure Platte zum ersten Mal in den Händen hielt, dachte ich, da musizieren zwei alte Haudegen ganz entspannt, machen Lagerfeuermusik und trinken dabei guten, alten Whiskey. Euer Sound klingt aber eher nach selbstgebranntem Feuerwasser. Ich bin vor allem positiv über diese Bandbreite überrascht. Alexander: Wir erleben es immer wieder, dass die Leute unseren Sound gar nicht richtig einordnen können. Ich würde die Musik der Standals als eine besondere Form von Folk definieren. Max: Und zudem ist es ein schöner und ganz bewusster Seelenstrip von Steffen. Seelenstrip? Wie meint er das, Steffen? Steffen: Keine Ahnung … (lacht). 11 von 14 Songs auf dieser Platte sind Eigenkompositionen, da steckt tatsächlich einiges von mir drin, auch wenn vieles textlich nicht unbedingt der Wahrheit entspricht. Obwohl doch gerade in eurer <strong>Szene</strong> sehr leidenschaftlich gecovert wird … Alexander: Schon richtig, aber die Motivation eigene Stücke zu schreiben, war groß und die wenigen Songs, die wir covern, haben mit den Originalen kaum noch etwas gemeinsam. Wer „How I Go To Memphis“ von Tom T. Hall kennt, wird über so eine schöne Version erfreut sein. Steffen: „You Deserve Each Other“ von Robert Mitchum ist ursprünglich eine klassische Solonummer, unsere Idee ist eine Frage-Antwort-Duettversion. So bekommt der Song eine ganz andere Richtung. Unser Hauptaugenmerk liegt immer darauf, alles so geschmackvoll wie möglich zu halten. Max: Und dezent und zurückhaltend. Das Schöne ist, dass wir uns nicht orientieren müssen, was gerade so angesagt ist, wir ziehen ganz einfach straight unser Ding durch. Die Voodoophonics stehen für Vollgas, die Bad Habits für Spaß und Entertainment. Die Standals sind also das sophisticated Baby? Max: Natürlich ist die Herangehensweise bei den Standals eine ganz andere. Aber trotz allem schöpfen wir schon auch hier am Ende aus derselben Quelle. Steffen: Vor allem die Instrumentierung ist hier eine andere, bei den Standals ist alles akustisch. Alexander: Meine Mutter ist in der haitianischen Hauptstadt Port-au-Prince geboren. Sie kam zwar mit zehn Jahren nach Deutschland, Themen wie Voodoo oder Aberglaube waren bei uns aber irgendwie immer präsent. Die kreolische Kultur ist also ein Teil meiner Familiengeschichte. „Voodoo Folk“ ist auf Johnny Hankes „Off Label Records“ erschienen. Ist eine Plattenfirma heute überhaupt noch wichtig? Max: In unseren Kreisen spielt Vinyl eine tragende Rolle. Wir haben mit den Bad Habits auch schon Platten bei Johnny veröffentlicht, man kennt und schätzt sich. Auch wenn allgemein die Verkaufszahlen rückläufig sind, fühlt es sich gut an und für uns ist es angenehm, dass wir uns auf unsere Musik konzentrieren können, weil Johnny uns die Labelarbeit abnimmt. Alexander: Es ist inzwischen schwer, sich mit einem Produkt in diesem Meer aus Abermillionen Veröffentlichungen durchzusetzen. Aber die Resonanz ist bisher durchwegs gut und die Reviews wie beispielsweise in dem Folkmagazin folk.de sind alle sehr positiv. Trotzdem setzen wir unseren Fokus auf Live-Konzerte, das ist die Ansage der heutigen Zeit. Ihr habt mit „Hoo Doo“ ein Video veröffentlich, das ziemlich exotisch und Swamp-mäßig rüberkommt. Das habt ihr wohl kaum in der Wolfzahnau gedreht? Steffen: Nein, das war während eines Urlaubs in der Dominikanischen Republik. Wir haben dort zufällig ein verlassenes Filmset entdeckt, das sich förmlich für diese Aufnahmen aufgedrängt hat. Wir haben mit dem Handy ein paar Runden gedreht und dabei ist dann dieser Clip im Kinomodus herausgekommen. Was bringt das neue Jahr? Max: Erst einmal ein neues Video und hoffentlich viele Konzerte. Aber dabei müssen dann schon die Venues und das Ambiente passen, denn uns bringt es nichts, auf Teufel komm raus überall zu spielen. (ws) www.standals.de Das Thema Voodoo geistert gerade in eurer <strong>Szene</strong> ziemlich herum. Was fasziniert euch so daran?