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IMMOBILIENPOLITIK<br />
MIETWOHNUNGSMARKT<br />
KNAPPES<br />
ANGEBOT WIRD<br />
ZUM POLITIKUM<br />
In einigen Kantonen der Schweiz ist<br />
das Angebot am Mietwohnungsmarkt<br />
nach Massgabe der Online-Inserate<br />
regelrecht eingebrochen. Dies ruft die<br />
Politik auf den Plan. TEXT — IVO CATHOMEN*<br />
VOLUMEN DER MIETWOHNUNGSINSERATE IM JAHRESVERGLEICH<br />
Veränderung der Periode 10/2022 – 09/2023 gegenüber dem Vorjahr, Quelle: Online-Wohnungsindex, <strong>SVIT</strong>/HEV/SwissREI<br />
BILD: IMAGO<br />
Der Rückgang des Inseratevolumens ist in der Deutschschweiz deutlich ausgeprägter als in der<br />
lateinischen Schweiz.<br />
gross. Tendenziell dürfte der Angebotsmangel<br />
auch zu einem Preisauftrieb und<br />
damit zu einer sich weiter öffnenden Schere<br />
zwischen Angebots- und Bestandsmieten<br />
führen, was wiederum den «Lock-in-<br />
Effekt» verstärkt.<br />
Die Gründe für den Angebotsrückgang<br />
sind vielfältig. Am augenfälligsten ist,<br />
dass deutlich weniger neue Mietwohnungen<br />
gebaut werden. Das liegt an den Anlagealternativen<br />
für institutionelle Investoren,<br />
an den Unwägbarkeiten, die mit dem<br />
Wohnungsbau verbunden sind, und an<br />
den Baukosten. Bauträger müssen sich gut<br />
überlegen, ob die Risiken angemessen entschädigt<br />
werden.<br />
ANGEBOTSRÜCKGANG<br />
BREMST UMZUGSMOBILITÄT<br />
Die Zahl der auf den wichtigsten<br />
Schweizer Immobilienportalen ausgeschriebenen<br />
Mietwohnungen hat im Jahresvergleich<br />
um 19% abgenommen. Zwischen<br />
Oktober 2022 und September 2023<br />
wurden schweizweit 360 000 Objekte inseriert.<br />
Das sind 82 000 weniger als in der<br />
Vorjahresperiode. Zu diesem Ergebnis<br />
kommt der Online-Wohnungsindex von<br />
<strong>SVIT</strong> Schweiz, HEV Schweiz und Swiss<br />
Real Estate Institute *. Aufgrund dieser<br />
Angebotsverknappung müssen die Vermieter<br />
ihre Wohnungen im Durchschnitt<br />
nur noch 28 Tage inserieren. Das sind<br />
2 Tage weniger als in der Vergleichsperiode<br />
des Vorjahrs. Der nur geringfügige<br />
Rückgang der Insertionszeit im Vergleich<br />
zum Insertionsvolumen lässt sich als Abschwächung<br />
der Nachfrage interpretieren.<br />
Die Zahl der Umzüge ist gemäss Bundesamt<br />
für Statistik entsprechend von rund<br />
750 000 im Jahr 2021 auf 700 000 Personen<br />
im Jahr 2022 zurückgegangen. Bei<br />
einer durchschnittlichen Wohnungsbelegung<br />
von 2,2 Personen entspricht dies rund<br />
320 000 Haushaltsumzügen – Eigentümerhaushalte<br />
inklusive.<br />
Der Rückgang verstärkt den «Lockin-Effekt»<br />
am Mietwohnungsmarkt. Üblicherweise<br />
wird damit die Folge der<br />
Differenz zwischen Angebots- und Bestandsmieten<br />
bezeichnet: Mieter bleiben<br />
in ihrer Wohnung, weil sie auf dem Markt<br />
für mehr Mietzins weniger Wohnraum<br />
erhalten würden. Der gleiche Effekt tritt<br />
nun auch vermehrt ein, wenn die Suche<br />
nach einer neuen, auch preislich adäquaten<br />
Wohnung aufgrund der zunehmenden<br />
Knappheit erfolglos bleibt.<br />
WIRTSCHAFTLICHE EFFEKTE<br />
Der Rückgang der Umzugsmobilität ist<br />
volkswirtschaftlich von Relevanz. Mieter<br />
wohnen damit häufiger in einer Wohnung,<br />
die ihren Bedürfnissen hinsichtlich<br />
Lage und Grösse nicht mehr entspricht.<br />
Das kann bei einem Stellenwechsel längere<br />
Pendlerstrecken zur Folge haben. Bei<br />
Veränderung der familiären Verhältnisse<br />
ist die aktuelle Wohnung zu klein oder zu<br />
POLITISCHER HANDLUNGS<br />
BEDARF?<br />
Soll sich die Politik in den Mietwohnungsmarkt<br />
einschalten? – Schnelle Eingriffe<br />
in die Preisbildung werden sich als<br />
toxisch für den Mietwohnungsmarkt erweisen,<br />
weil sie negative Signale an Investoren<br />
und Bauträger aussenden. Die<br />
einseitige Förderung des gemeinnützigen<br />
Wohnungsbaus ist nicht mehr als ein<br />
Tropfen auf den heissen Stein und verschlechtert<br />
zudem den Marktzugang für<br />
institutionelle und private Vermieter. Ansätze<br />
für nachhaltige Lösungen sind darum<br />
ausschliesslich in der Schaffung attraktiver<br />
Rahmenbedingungen und der Risikoverringerung<br />
für alle Anbietergruppen zu<br />
suchen. <br />
* ONLINE-WOHNUNGSINDEX 10/2022 – 09/2023, ABRUFBAR UNTER<br />
WWW.<strong>SVIT</strong>.CH/OWI<br />
*IVO CATHOMEN<br />
Dr. oec. HSG, ist Verleger der<br />
Zeitschrift Immobilia und stellvertretender<br />
Geschäftsführer<br />
des <strong>SVIT</strong> Schweiz.<br />
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IMMOBILIA / Januar <strong>2024</strong>