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immobilia 2024/01 - SVIT

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IMMOBILIENPOLITIK<br />

MIETWOHNUNGSMARKT<br />

KNAPPES<br />

ANGEBOT WIRD<br />

ZUM POLITIKUM<br />

In einigen Kantonen der Schweiz ist<br />

das Angebot am Mietwohnungsmarkt<br />

nach Massgabe der Online-Inserate<br />

regelrecht eingebrochen. Dies ruft die<br />

Politik auf den Plan. TEXT — IVO CATHOMEN*<br />

VOLUMEN DER MIETWOHNUNGSINSERATE IM JAHRESVERGLEICH<br />

Veränderung der Periode 10/2022 – 09/2023 gegenüber dem Vorjahr, Quelle: Online-Wohnungsindex, <strong>SVIT</strong>/HEV/SwissREI<br />

BILD: IMAGO<br />

Der Rückgang des Inseratevolumens ist in der Deutschschweiz deutlich ausgeprägter als in der<br />

lateinischen Schweiz.<br />

gross. Tendenziell dürfte der Angebotsmangel<br />

auch zu einem Preisauftrieb und<br />

damit zu einer sich weiter öffnenden Schere<br />

zwischen Angebots- und Bestandsmieten<br />

führen, was wiederum den «Lock-in-<br />

Effekt» verstärkt.<br />

Die Gründe für den Angebotsrückgang<br />

sind vielfältig. Am augenfälligsten ist,<br />

dass deutlich weniger neue Mietwohnungen<br />

gebaut werden. Das liegt an den Anlagealternativen<br />

für institutionelle Investoren,<br />

an den Unwägbarkeiten, die mit dem<br />

Wohnungsbau verbunden sind, und an<br />

den Baukosten. Bauträger müssen sich gut<br />

überlegen, ob die Risiken angemessen entschädigt<br />

werden.<br />

ANGEBOTSRÜCKGANG<br />

BREMST UMZUGSMOBILITÄT<br />

Die Zahl der auf den wichtigsten<br />

Schweizer Immobilienportalen ausgeschriebenen<br />

Mietwohnungen hat im Jahresvergleich<br />

um 19% abgenommen. Zwischen<br />

Oktober 2022 und September 2023<br />

wurden schweizweit 360 000 Objekte inseriert.<br />

Das sind 82 000 weniger als in der<br />

Vorjahresperiode. Zu diesem Ergebnis<br />

kommt der Online-Wohnungsindex von<br />

<strong>SVIT</strong> Schweiz, HEV Schweiz und Swiss<br />

Real Estate Institute *. Aufgrund dieser<br />

Angebotsverknappung müssen die Vermieter<br />

ihre Wohnungen im Durchschnitt<br />

nur noch 28 Tage inserieren. Das sind<br />

2 Tage weniger als in der Vergleichsperiode<br />

des Vorjahrs. Der nur geringfügige<br />

Rückgang der Insertionszeit im Vergleich<br />

zum Insertionsvolumen lässt sich als Abschwächung<br />

der Nachfrage interpretieren.<br />

Die Zahl der Umzüge ist gemäss Bundesamt<br />

für Statistik entsprechend von rund<br />

750 000 im Jahr 2021 auf 700 000 Personen<br />

im Jahr 2022 zurückgegangen. Bei<br />

einer durchschnittlichen Wohnungsbelegung<br />

von 2,2 Personen entspricht dies rund<br />

320 000 Haushaltsumzügen – Eigentümerhaushalte<br />

inklusive.<br />

Der Rückgang verstärkt den «Lockin-Effekt»<br />

am Mietwohnungsmarkt. Üblicherweise<br />

wird damit die Folge der<br />

Differenz zwischen Angebots- und Bestandsmieten<br />

bezeichnet: Mieter bleiben<br />

in ihrer Wohnung, weil sie auf dem Markt<br />

für mehr Mietzins weniger Wohnraum<br />

erhalten würden. Der gleiche Effekt tritt<br />

nun auch vermehrt ein, wenn die Suche<br />

nach einer neuen, auch preislich adäquaten<br />

Wohnung aufgrund der zunehmenden<br />

Knappheit erfolglos bleibt.<br />

WIRTSCHAFTLICHE EFFEKTE<br />

Der Rückgang der Umzugsmobilität ist<br />

volkswirtschaftlich von Relevanz. Mieter<br />

wohnen damit häufiger in einer Wohnung,<br />

die ihren Bedürfnissen hinsichtlich<br />

Lage und Grösse nicht mehr entspricht.<br />

Das kann bei einem Stellenwechsel längere<br />

Pendlerstrecken zur Folge haben. Bei<br />

Veränderung der familiären Verhältnisse<br />

ist die aktuelle Wohnung zu klein oder zu<br />

POLITISCHER HANDLUNGS­<br />

BEDARF?<br />

Soll sich die Politik in den Mietwohnungsmarkt<br />

einschalten? – Schnelle Eingriffe<br />

in die Preisbildung werden sich als<br />

toxisch für den Mietwohnungsmarkt erweisen,<br />

weil sie negative Signale an Investoren<br />

und Bauträger aussenden. Die<br />

einseitige Förderung des gemeinnützigen<br />

Wohnungsbaus ist nicht mehr als ein<br />

Tropfen auf den heissen Stein und verschlechtert<br />

zudem den Marktzugang für<br />

institutionelle und private Vermieter. Ansätze<br />

für nachhaltige Lösungen sind darum<br />

ausschliesslich in der Schaffung attraktiver<br />

Rahmenbedingungen und der Risikoverringerung<br />

für alle Anbietergruppen zu<br />

suchen. <br />

* ONLINE-WOHNUNGSINDEX 10/2022 – 09/2023, ABRUFBAR UNTER<br />

WWW.<strong>SVIT</strong>.CH/OWI<br />

*IVO CATHOMEN<br />

Dr. oec. HSG, ist Verleger der<br />

Zeitschrift Immobilia und stellvertretender<br />

Geschäftsführer<br />

des <strong>SVIT</strong> Schweiz.<br />

10<br />

IMMOBILIA / Januar <strong>2024</strong>

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