11.01.2024 Aufrufe

immobilia 2024/01 - SVIT

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

BAU & HAUS<br />

ENERGIE<br />

ZWEI «BI»<br />

FÜR MEHR<br />

ENERGIEEFFIZIENZ<br />

Die Vorsilbe «bi», zweimal, bezeichnet<br />

Mehrfach-Eigenschaften eines Gegenstands.<br />

Auch im Bereich Photovoltaik<br />

und Stromspeicherung gibt es<br />

zwei «bi»: die Bifazialität bei den Photovoltaikmodulen<br />

und die Bidirektionalität<br />

beim Laden und Speichern von Strom.<br />

TEXT — MANUEL PESTALOZZI*<br />

WEITERGEDACHTE TECHNIKEN<br />

Bifaziale Photovoltaikmodule (PV-Module) und<br />

das bidirektionale Laden sind Errungenschaften, die<br />

in den Diskussionen rund um die Weiterentwicklung<br />

der Energieeffizienz regelmässig auftauchen. Sie stehen<br />

im Zusammenhang mit der Erzeugung von Strom<br />

aus erneuerbaren Quellen. Relativ etablierte Techniken<br />

werden in beiden Fällen weitergedacht und neu<br />

interpretiert, mit dem Ziel einer Effizienzsteigerung.<br />

Die beiden «Bi» haben das Potenzial, einen wichtigen<br />

Beitrag an eine ausgeglichene Kohlendioxid-Bilanz zu<br />

leisten, an den von Gesetzes wegen anzustrebenden<br />

Zustand «Netto-Null». Parallel dazu sorgen sie durch<br />

die Multifunktionalität von Elementen auch für räumliche<br />

Effizienz. Die beiden «Bi» hängen nicht direkt<br />

voneinander ab, ergänzen sich aber vorzüglich. Der gemeinsame<br />

Nenner ist die Photovoltaik, also die Gewinnung<br />

von elektrischem Strom aus dem Sonnenlicht.<br />

STROM VON DER KEHRSEITE: BIFAZIALE<br />

PHOTOVOLTAIKMODULE<br />

Bifazial heisst so viel wie zweigesichtig und bezeichnet<br />

Vor- und Rückseiten, die entweder unterschiedlich<br />

oder gleichwertig sind. Bei den bifazialen PV-Modulen<br />

geht es um die Gleichwertigkeit: Beide Seiten sollen<br />

Strom produzieren. Die Idee geistert bereits seit<br />

den 1960er-Jahren durch Fachforen. Seit Mitte der<br />

1970er-Jahre werden bifaziale Solarzellen in der Weltraumforschung<br />

eingesetzt – zur Energieversorgung<br />

Über das Ladekabel<br />

kann das Elektroauto –<br />

hier unter einem bifazialen<br />

Photovoltaikdach<br />

geparkt – den<br />

elektrischen Strom<br />

unter Umständen<br />

nicht nur beziehen,<br />

sondern auch abgeben.<br />

BIDIREKTIONA-<br />

LES LADEN<br />

KANN DIE<br />

STROMSYS-<br />

TEMKOSTEN<br />

UM BIS ZU 14%<br />

REDUZIEREN.<br />

DAVID STICKELBERGER,<br />

LEITER MARKT UND<br />

POLITIK SWISSOLAR<br />

BILD: GREENAKKU<br />

internationaler Weltraumstationen. Die Idee fix montierter<br />

bifazialer PV-Module ist hingegen relativ jung:<br />

Anfang der 2000er-Jahre begannen vor allem japanische<br />

Hersteller mit der Massenfertigung. Aufgrund<br />

der Photoaktivität beider Seiten werden bifaziale Solarmodule<br />

gemäss dem Schweizer Fachunternehmen<br />

Solarwatt vorrangig als Glas-Glas-Module ausgeführt,<br />

um beide Seiten gleich gut zu schützen. Das wirke sich<br />

positiv auf Langlebigkeit und Beständigkeit gegenüber<br />

Witterungseinflüssen aus, meint Solarwatt.<br />

Der Mehrertrag durch die rückseitigen Zellen der<br />

Module wird als «bifacial gain» bezeichnet. In Prozenten<br />

informiert er über den Mehrertrag im Verhältnis<br />

zur direkt exponierten Vorderseite. Gemäss Solarwatt<br />

kann der «bifacial gain» bis zu 25% betragen. Technische<br />

Vorteile der bifazialen PV-Module zeigen sich bei<br />

schlechtem Wetter; sie können auch bei geringer Lichtstärke<br />

oder Streulicht effektiv Solarstrom erzeugen.<br />

Wird die für die Stromausbeute ideale Temperatur von<br />

24 bis 25° Celsius über- oder unterschritten, fallen Leistungseinbussen<br />

geringer aus als bei Standardmodulen.<br />

AUF DIE REFLEKTION KOMMT ES AN<br />

Mit der Bifazialität spart man unter Umständen<br />

Raum; man beansprucht im Vergleich zu einseitig<br />

wirksamen Modulen weniger Fläche für dieselbe<br />

Leistung. Allerdings müssen bifaziale Module aus<br />

verschiedenen Richtungen besonnt werden. Oft geschieht<br />

dies durch einen möglichst hellen «Hintergrund»,<br />

welcher das Sonnenlicht auf die Rückseite<br />

reflektiert. In den bifazialen Modulen sind die Solarzellen<br />

deshalb durch Zwischenräume getrennt.<br />

Dadurch soll möglichst viel Sonnenlicht die Reflektionsfläche<br />

erreichen.<br />

Die Doppelseitigkeit hat Folgen für die Installation.<br />

Eine Integration direkt ins Dach oder in die Fassade<br />

ist bei bifazialen PV-Modulen nicht möglich. Für<br />

eine zweiseitige Besonnung werden die Module oft in<br />

der Vertikalen, etwa auf Flachdächern, verbaut. Ein<br />

empfohlenes Einsatzgebiet sind auch Balkonbrüstungen,<br />

wobei sichergestellt werden muss, dass das reflektierte<br />

Sonnenlicht die Brüstungsrückseite auch<br />

wirklich erreicht und nicht an Möbeln oder Blumentöpfen<br />

«hängenbleibt». Beliebte und gestalterisch relevante<br />

Einsatzgebiete sind gedeckte Parkplätze. Es<br />

gibt Firmen, die sich auf Überdachungen mit bifazialen<br />

PV-Modulen spezialisiert haben.<br />

David Stickelberger, Leiter Markt und Politik bei<br />

Swissolar, dem Schweizerischen Fachverband für<br />

Sonnenenergie, vermutet, dass der wichtigste Einsatzbereich<br />

von bifazialen PV-Modulen bei den<br />

alpinen Solarkraftwerken liegen wird. «Alle Einsatzgebiete<br />

zusammengerechnet werden sie zukünftig<br />

jährlich rund 10 bis 15% unseres Strombedarfs liefern»,<br />

prophezeit er. Bifaziale Module werden über<br />

die Einmalvergütung gefördert. Ihre zusätzliche Leistung<br />

wird dabei berücksichtigt.<br />

42<br />

IMMOBILIA / Januar <strong>2024</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!