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FOKUS INTERVIEW<br />
STROMVERSORGUNG<br />
THERMISCHE<br />
RESERVEKRAFT-<br />
WERKE SIND<br />
WEGEN DER<br />
GROSSEN UN-<br />
SICHERHEITEN<br />
EINE NOTWEN-<br />
DIGE VERSICHE-<br />
RUNGSLÖSUNG.<br />
Dadurch ist der Anreiz umso grösser, generell Energie<br />
zu sparen. Weiterhin aber lohnt es sich auch,<br />
fossile Energie durch Elektrizität zu ersetzen, weil<br />
damit ein Effizienzgewinn einhergeht.<br />
Stromversorger können am Markt frei agieren,<br />
während Endkunden auf Gedeih und<br />
Verderben an ihren Stromversorger gebunden<br />
sind. Wie passen diese beiden Modelle<br />
in ein System?<br />
Die meisten Versorger kaufen einen Grossteil ihres<br />
Stroms am Markt ein, sodass der Endkunde<br />
letztlich der Beschaffungsstrategie des Versorgers<br />
«ausgeliefert» ist. Man kann darum argumentieren,<br />
dass der Markt konsequenterweise<br />
auch für die Konsumenten geöffnet werden sollte.<br />
Bisher überwog das Argument, die Grundversorgung<br />
stelle eine Sicherheit für den Endverbraucher<br />
gegen Marktpreisschwankungen dar. Eine<br />
solche Sicherheit gibt es zwar innerhalb eines Tarifjahres,<br />
nicht aber bei der Festlegung des Preises<br />
für das jeweils bevorstehende Jahr – dann werden<br />
Marktpreisveränderungen eingerechnet. Die Teilmarktöffnung<br />
suggeriert den Verbrauchern eine<br />
Sicherheit, die es so nicht gibt.<br />
Die Marktliberalisierung scheint aktuell kein<br />
Thema mehr zu sein …<br />
Die Politik hat diese im Mantelerlass nicht aufgenommen.<br />
Dennoch werden Konsumenten immer<br />
stärker am Markt partizipieren, etwa in ihrer Rolle<br />
BIOGRAPHIE<br />
URS MEISTER<br />
Dr. oec. publ., ist seit<br />
November 2021 Geschäftsführer<br />
der<br />
Eidgenössischen Elektrizitätskommission<br />
ElCom, der schweizerischen<br />
Strommarktregulierungsbehörde.<br />
Davor<br />
war er Leiter des Bereichs<br />
Markets & Regulations<br />
beim Berner<br />
Energie- und Infrastrukturunternehmen<br />
BKW<br />
und Projektleiter und<br />
Mitglied des Kaders<br />
beim Think-Tank Avenir<br />
Suisse. Urs Meister ist<br />
Lehrbeauftragter am<br />
Lehrstuhl für Unternehmensführung<br />
und<br />
-politik der Universität<br />
Zürich und Dozent an<br />
der Fachhochschule<br />
Graubünden im Rahmen<br />
des Master of Advanced<br />
Studies in Energiewirtschaft.<br />
als dezentrale Produzenten, also als «Prosumer»,<br />
oder über dynamische Tarifstrukturen und das Angebot<br />
nachfrageseitiger Flexibilität.<br />
In Deutschland hat die öffentliche Hand in<br />
den Markt eingegriffen und mit der Gasund<br />
Strompreisbremse die Tarife gedeckelt.<br />
Bestünde diese Möglichkeit auch in der<br />
Schweiz?<br />
Solche Diskussionen gab es auch in der Schweiz.<br />
Daneben wurde auch die Möglichkeit für Grosskunden<br />
diskutiert, aus dem Markt in die Grundversorgung<br />
zurückkehren zu dürfen. Letztlich hätte dies<br />
aber dazu geführt, dass die Belastung bestehender<br />
Verbraucher in der Grundversorgung noch stärker<br />
gestiegen wäre, weshalb dies verworfen wurde. Inzwischen<br />
können sich Grossverbraucher am Markt<br />
wieder günstiger als in der Grundversorgung eindecken.<br />
Die Schweiz zählt über 600 Stromnetzbetreiber.<br />
Setzt die aktuelle Preisentwicklung<br />
eine Strukturveränderung in Gang?<br />
Ich gehe nicht davon aus, dass allein die aktuellen<br />
Preisverwerfungen eine Konsolidierung in Gang<br />
setzen. Für die Netzbetreiber bleibt das wirtschaftliche<br />
Risiko und damit der ökonomische Druck zur<br />
Skalierung weiterhin gering. In der bestehenden<br />
Regulierung können sie ihre Kosten an die Netznutzer<br />
und die gebundenen Endverbraucher weiterreichen.<br />
Viel eher dürfte die technologische und<br />
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IMMOBILIA / Januar <strong>2024</strong>