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Ärzt*in für Wien 2024/02

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NEWS INTERN<br />

Tumore können heute viel schonender und genauer behandelt werden als früher.<br />

Foto: Mark Kostich/stock.adobe.com<br />

Betten haben nur mehr die größeren<br />

radioonkologischen Abteilungen, denn<br />

die meisten Patientinnen und Patienten<br />

kann ich aufgrund der gesteigerten Verträglichkeit<br />

ohne Probleme nichtstationär<br />

behandeln.<br />

Wir finden bei der Strahlentherapie die<br />

Absurdität vor, dass sie in Österreich<br />

reines Spitalsfach ist. International sieht<br />

das anders aus, in vielen Ländern ist das<br />

Fach auch im niedergelassenen Bereich<br />

vorzufinden. Hierzulande wird immer<br />

wieder das Kostenargument ins Feld geführt,<br />

aber die Strahlentherapie ist nur<br />

vordergründig teuer. Ja, die Anschaffung<br />

und Wartung der Linearbeschleuniger<br />

kostet, aber die Maschinen laufen da<strong>für</strong><br />

auch über viele Jahre problemlos.<br />

Heruntergebrochen auf den einzelnen<br />

Patienten beziehungsweise auf die einzelne<br />

Patientin ist die Behandlung effizient<br />

und kostenschonend, vor allem im<br />

Vergleich zu den Kosten neuer und moderner<br />

Medikamente. Der Kostenfaktor<br />

ist <strong>für</strong> mich kein Argument gegen die<br />

Niederlassung.<br />

<strong>Ärzt*in</strong> <strong>für</strong> <strong>Wien</strong>: Ein Fokus auf die<br />

Niederlassung würde also einhergehen<br />

mit der Entlastung unserer Spitäler?<br />

Konrad: Prinzipiell ist die Onkologie<br />

Zentrumsmedizin. Durch die Digitalisierung<br />

und fortschreitende Interdisziplinarisierung,<br />

beispielsweise in den<br />

Tumorboards, wo eine Verzahnung<br />

von intra- und extramural leicht zu<br />

bewerkstelligen wäre, steht aber eine<br />

Tür offen. Wir dürfen nicht vergessen,<br />

dass die Strahlentherapie in der onkologischen<br />

Versorgung eine besondere<br />

Bedeutung hat. Zwischen 50 und 60<br />

Prozent aller Krebspatientinnen und<br />

-patienten brauchen irgendwann eine<br />

radioonkologische Behandlung. Da<strong>für</strong><br />

ist natürlich eine entsprechende flächenwirksame<br />

Versorgung nötig. Dass<br />

sich das alles im Spital abspielt, ist in<br />

Österreich historisch so gewachsen,<br />

auch was die Finanzierung betrifft.<br />

Ich verstehe daher, dass sich die Sozialversicherung<br />

dagegen sträubt, denke<br />

aber, man könnte Strahlentherapie im<br />

niedergelassenen Bereich sehr effizient<br />

und kostenschonend einsetzen.<br />

<strong>Ärzt*in</strong> <strong>für</strong> <strong>Wien</strong>: Droht die heimische<br />

Radioonkologie im internationalen Wettbewerb<br />

zurückzufallen, wenn sie sich diesen<br />

Entwicklungen nicht anpasst?<br />

Konrad: Von der Qualität her nicht,<br />

aber von der Attraktivität des Faches her<br />

ist das Festhalten an alten Strukturen<br />

keine gute Idee. Bei der ausschließlich<br />

spitalsansässigen Strahlentherapie habe<br />

ich im Vergleich zur diagnostischen Radiologie,<br />

bei der man vom Kassenvertrag<br />

bis hin zum Freelancing viele Optionen<br />

hat, eher weniger Spielraum. Im „Kampf<br />

um die guten Köpfe“ tut sich die Radioonkologie<br />

deshalb sehr schwer. So ist sie<br />

„Zwischen<br />

50 und 60<br />

Prozent aller<br />

Krebspatientinnen<br />

und<br />

-patienten<br />

brauchen<br />

irgendwann<br />

eine radioonkologische<br />

Behandlung.“<br />

mittlerweile ein gesetzlich deklariertes<br />

Mangelfach. Abwanderungstendenzen<br />

nehmen zu, in Deutschland kann man<br />

beispielswiese leicht in eine Gruppenpraxis<br />

einsteigen. Ich persönlich kenne<br />

mehrere Kolleginnen und Kollegen, die<br />

diesen Schritt vollzogen haben. Im Westen<br />

Österreichs, insbesondere in Tirol<br />

und Salzburg, ist das ein noch größeres<br />

Thema, aber auch bei uns in Ostösterreich<br />

ist der Trend zur Abwanderung<br />

klar sichtbar. Die Gehaltslücke ist einfach<br />

zu groß, diese kann auch durch die<br />

in <strong>Wien</strong> erfolgreich geführten Sonderklasse-Verhandlungen<br />

nicht geschlossen<br />

werden. Der Trend weg von stationären<br />

hin zu tagesklinischen Behandlungen<br />

verschärft das Problem hinsichtlich der<br />

Sonderklasse natürlich auch noch. Hier<br />

würde ich mir seitens des Spitalserhalters<br />

und der Politik zeitnahe gesetzliche<br />

Anpassungen wünschen, um diesen Attraktivitätsfaktor<br />

nicht zu verlieren und<br />

die Abwanderung nicht noch mehr voranzutreiben.<br />

<br />

Zur Person: Stefan Konrad (40) ist seit<br />

2019 Oberarzt an der Universitätsklinik<br />

<strong>für</strong> Radioonkologie des AKH <strong>Wien</strong>. Seine<br />

Schwerpunkte liegen in den Bereichen der<br />

Strahlentherapie bei Brustkrebs und der<br />

Behandlung von Metastasen. In der Ärztekammer<br />

<strong>für</strong> <strong>Wien</strong> übt er seit 2<strong>02</strong>2 die<br />

Funktion des 3. Vizepräsidenten, unter<br />

anderem <strong>für</strong> Digitalisierung, aus.<br />

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