CDUintern Rottweil Ausgabe 1/2024
Mitteilungsmagazin des CDU-Kreisverbandes Rottweil
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<strong>CDUintern</strong> | KREISVERBAND ROTTWEIL | <strong>Ausgabe</strong> Nr. 1/<strong>2024</strong><br />
Der CDU-Kreisverband <strong>Rottweil</strong> trauert um Wolfgang Schäuble.<br />
Kreisvorsitzender Stefan Teufel würdigt seine einzigartige Lebensleistung:<br />
Wolfgang Schäuble, ein großer Christdemokrat,<br />
ein großer Deutscher, ein großer europäer, ein Vorbild<br />
Im Alter von 81 Jahren ist er gestorben<br />
Abschied 15<br />
51 Jahre lang gehörte der in Freiburg<br />
geborene und in Hornberg aufgewachsene<br />
Wolfgang Schäuble dem Deutschen<br />
Bundestag an. So lange wie sonst<br />
niemand.<br />
Bis zuletzt sah man ihm im Plenum,<br />
auch wenn er seit der Bundestagswahl<br />
2021 kein Staatsamt mehr innehatte. Er,<br />
ein überzeugter Parlamentarier, ein<br />
Ausnahmemensch, wie Julia Klöckner<br />
ihn treffend charakterisierte.<br />
Jeder Einzelne hat ein Bild, hat sein<br />
Bild des gelernten Juristen vor Augen.<br />
Das Bild eines Politikers und vor allem<br />
eines Menschen, der getrost als Jahrhundertpersönlichkeit<br />
gelten kann.<br />
Eine Persönlichkeit, scharf an Verstand<br />
und Intelligenz, vielleicht manchmal<br />
auch ungeduldig, immer scharfzüngig<br />
und mit einem Wissen ausgestattet,<br />
wie nur wenigen vergönnt ist.<br />
Und in kaum einer Rede fehlte eine<br />
Prise Humor, mal mit leichter Ironie –<br />
bis hin zu einem Hauch von Sarkasmus.<br />
Stets unterlegt oder auch abgemildert<br />
durch seinen so feinen alemannischen<br />
Dialekt. Den behielt er ein Leben lang<br />
bei: bei internationalen Auftritten, im<br />
Deutschen Bundestag oder auch bei einem<br />
seiner zahlreichen Auftritte im<br />
Kreis <strong>Rottweil</strong>. Immer faszinierte er.<br />
Durch seine klaren Ansagen, durch seine<br />
hoch intellektuelle, aber stets verständliche<br />
Botschaft.<br />
So wie er bei der legendären Bundesdebatte<br />
in Bonn mit seiner Rede bewirkte,<br />
dass die Entscheidung für Berlin<br />
als Sitz des Bundestags so ausfiel.<br />
Als überzeugter Südbadener, der als<br />
damaliger Vorsitzender der Jungen<br />
Union Südbaden die Kommission für<br />
die deutsch-französische Zusammenarbeit<br />
leitete. Um damit der deutschfranzösischen<br />
Verständigung einen<br />
wichtigen Impuls verlieh.<br />
Schmunzelnd berichtete er Jahre danach,<br />
wie er seiner Frau Ingeborg nahebrachte,<br />
dass er im Wahlkreis Offenburg<br />
für den Bundestag kandieren würde.<br />
Anstatt eine eher betuliche Karriere<br />
als Jurist einzuschlagen.<br />
Womit ein einzigartiges Leben sich<br />
nunmehr vollendet hat. Das Leben eines<br />
Christlichen Demokraten, das mit<br />
dem Attentat eines Geistesgestörten in<br />
seiner Heimat am Rande eines Wahlkampfauftritts<br />
einen tiefgehenden Einschnitt<br />
in sein Leben gebracht hat. Der<br />
ihn aber nicht verzweifeln oder verzagen<br />
ließ. Wolfgang Schäuble, bis dahin<br />
Wolfgang Schäuble, hier bei einer der<br />
zahlreichen Veranstaltungen im Wahlkreis:<br />
eine der größten christdemokratischen<br />
Persönlichkeiten überhaupt.<br />
körperlich fit wie nur wenige und begeisterter<br />
Tennisspieler, sprach später<br />
stets von einem Unfall. Jahre nach jenem<br />
12. Oktober 1990 (nachdem er<br />
kurz zuvor den Vertrag zur deutschen<br />
Einheit ausgehandelt hatte) bekleidete<br />
er hohe und (fast) höchste Staatsämter.<br />
Was wohl alles nur möglich war, weil er<br />
sich in seinem Glauben geborgen wusste.<br />
Ohne diesen jemals wie eine Monstranz<br />
vor sich herzutragen.<br />
Wir verneigen uns in Demut und in<br />
Dankbarkeit vor einer großen Persönlichkeit.<br />
«<br />
Schäuble, die CDu, rottweil und die hauptstadtfrage<br />
Bei seinem letzten offiziellen Besuch in<br />
<strong>Rottweil</strong> im Jahr 2021 zeigte sich Wolfgang<br />
Schäuble, damals noch im Amt des<br />
Bundestagspräsidenten, als tiefgründiger<br />
Erklärer des politischen Geschehens.<br />
Der Tod Wolfgang Schäubles war Anlass,<br />
dass die CDU-Stadtverbandsvorsitzende<br />
Miriam Kammerer exemplarisch<br />
an zwei seiner Termine in <strong>Rottweil</strong><br />
erinnert.<br />
Der letzte offizielle Besuch Schäubles<br />
in der Stadt sei im Juli 2021 gewesen,<br />
als er bei einer Wahlveranstaltung im<br />
Kapuziner die damalige Wahlkreiskandidatin<br />
und heutige Bundestagsabgeordnete<br />
Maria-Lena Weiss unterstützt<br />
habe. Dabei sei der Redner nicht als polternder<br />
Wahlkämpfer sondern eher als<br />
tiefgründiger Erklärer des politischen<br />
Geschehens in Deutschland und weit<br />
darüber hinaus aufgetreten.<br />
Auf eine zweite Begebenheit macht<br />
Miriam Kammerer aufmerksam. Vielen<br />
sei noch geläufig, dass Schäuble sich in<br />
der Bundestagsdebatte um die Verlagerung<br />
des Regierungssitzes von Bonn<br />
nach Berlin vehement für Berlin eingesetzt<br />
habe, was allgemein als entscheidend<br />
für die Abstimmung angesehen<br />
werde. Weniger bekannt sei allerdings,<br />
dass dieser Umschwung in <strong>Rottweil</strong> eingeleitet<br />
worden sei.<br />
Schäuble selbst hat in Interviews diese<br />
Begebenheit geschildert. Beim Landesparteitag<br />
der CDU Baden-Württemberg<br />
im April 1991 habe ein von der Jungen<br />
Union und anderen eingebrachter und<br />
allgemein als chancenlos betrachteter<br />
Antrag zugunsten Berlins vorgelegen.<br />
Er selbst habe als Letzter vor der Abstimmung<br />
geredet, weshalb dann ein<br />
positives Votum zustande gekommen<br />
sei. Die Ursache beschreibt Schäuble<br />
zugespitzt so, dass Berlin Hauptstadt<br />
„wegen des Rollstuhls“ geworden sei. In<br />
einem Interview mit der Wochenzeitung<br />
„DIE ZEIT“ (05.12.2019) begründet<br />
er dies folgendermaßen: „Ich saß zum<br />
ersten Mal nach der Verletzung im Rollstuhl<br />
auf dem Podium. Wenn Sie sich<br />
meine Rede ansehen würden und sich<br />
meine Verletzung wegdenken würden,<br />
hätte die Rede nicht die Wirkung gehabt.<br />
Übrigens auch nicht die später im<br />
Bundestag. Ich habe ja damals gotterbärmlich<br />
ausgesehen, aber gerade deshalb<br />
waren in <strong>Rottweil</strong> alle ganz gerührt,<br />
dass der Wolfgang wieder da ist.<br />
Die Entscheidung war eine Sensation<br />
und eine wirkliche Wende in der Debatte.“<br />
Leider ist es bisher nicht gelungen,<br />
Zeitzeugen für dieses Ereignis namhaft<br />
zu machen. «