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Kristin Merle | Manuel Stetter | Katharina Krause (Hrsg.): Prekäres Wissen (Leseprobe)

Welche kritischen Analysen christlich-religiöser Symbole und kirchlicher Praxis sind nötig, um kulturelle Stereotype und hegemoniale Vorstellungen freizulegen? Inwiefern lassen sich postkoloniale und dekolonialisierende, aber auch rekolonialisierende Praktiken im Kontext des Religiösen und der Kirchen identifizieren? Mit diesen Fragen befassen sich die in diesem Band vorliegenden Beiträge. Versammelt sind theoretische Überlegungen wie empirische und historische Fallstudien im Zusammenhang von Problemstellungen und Konzepten postkolonialer Theorien. Es zeigt sich: Wissen ist prekär. In den vielschichtigen Zusammenhängen seines Erwerbs wie seiner Organisation geht es immer um Praktiken der Legitimierung, Sanktionierung und Priorisierung und damit um die Gestaltung von Machtverhältnissen.

Welche kritischen Analysen christlich-religiöser Symbole und kirchlicher Praxis sind nötig, um kulturelle Stereotype und hegemoniale Vorstellungen freizulegen? Inwiefern lassen sich postkoloniale und dekolonialisierende, aber auch rekolonialisierende Praktiken im Kontext des Religiösen und der Kirchen identifizieren?
Mit diesen Fragen befassen sich die in diesem Band vorliegenden Beiträge. Versammelt sind theoretische Überlegungen wie empirische und historische Fallstudien im Zusammenhang von Problemstellungen und Konzepten postkolonialer Theorien. Es zeigt sich: Wissen ist prekär. In den vielschichtigen Zusammenhängen seines Erwerbs wie seiner Organisation geht es immer um Praktiken der Legitimierung, Sanktionierung und Priorisierung und damit um die Gestaltung von Machtverhältnissen.

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Jazz, Identität und Postcolonialism<br />

Eine Spurensuche<br />

Hans-Martin Gutmann<br />

In welche Verflechtungsgeschichte trete ich ein, wenn ich als weiße Person Jazz<br />

spiele?Sollte Jazz nichteher der Kultur der people of colour vorbehaltenbleiben?<br />

Mich persönlich haben diese Fragen immer wieder verunsichert und angegriffen.<br />

Ich bin mittlerweile siebzig Jahre alt, bin ein weißer alter Mann und spiele als<br />

Pianist seit fünfzig Jahren in verschiedenen Bands Jazzmusik. Was ich hier<br />

diskutiere, betrifft eine zentrale Spur meiner eigenen Lebensgeschichte.<br />

1Jazz<br />

Ob Jazz der Kultur der people of colour vorbehalten bleiben sollte, ist nicht nur<br />

eine Frage, die meine Person betrifft. Viele berühmte Schwarze Jazz-Musiker<br />

waren und sind dezidiert dieser Ansicht, teilweise sehr kämpferisch. Der Jazzkritiker<br />

Leroi Jones und der verehrungswürdige Saxophonist Archie Shepp, der<br />

begnadete Bassist und Bigband-Leader Charles Mingus (»Beneath the Underdog«)<br />

und viele weitere Schwarze Jazz-Musiker:innen vertreten diese Forderung vehement.<br />

1 Im Hintergrund der Abgrenzungsbewegung stehen vor allem Erfahrungen<br />

sozialer Unterdrückung und Ausgrenzungund ökonomischer Verarmung<br />

der Schwarzen Jazzmusiker:innen. Imganzen zwanzigsten Jahrhundert entwickeln<br />

Schwarze Musiker verschiedene Spielarten des Jazz als künstlerische Form<br />

und populärkulturelle Events – und weiße Musiker machen ihr Geld damit. So<br />

musste in den Dreißigern der Schwarze Bigband-Leader Fletcher Hendersen<br />

wegen finanzieller Knappheit seine Band auflösen, während der weiße Bigband-<br />

Leader Benny Goodman mit Hendersens Arrangements Millionen verdiente.<br />

Klar, es gibt Schwarze Jazzmusiker:innen, die international und auch in den<br />

USA berühmt und manchmal sogar reich wurden und werden: Herbie Hancock,<br />

1<br />

Beispielhaft für diese Position ist die Autobiographie des begnadeten Jazzbassisten<br />

Charles Mingus: Beneath the Underdog. His World as Composed by Mingus, published by<br />

Alfred A. Knopf, 1971.

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