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PuK - Prozesstechnik & Komponenten 2024

Eine seit mehr als 60 Jahren bestehende Fachzeitschrift mit Themen rund um Einsatz von Pumpen, Kompressoren und Komponenten.

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Vakuumtechnik<br />

Vakuum-Anlagensystem<br />

Auf den Spuren des Urknalls<br />

Vakuum-Anlagensystem für die Technologieentwicklung in der<br />

Gravitationswellendetektion<br />

Prof. Dr. Oliver Gerberding, Jens Grundmann, Dr. René Wutzler, Dr. Artem Basalaev<br />

Wie entstand unser Universum? Woraus<br />

besteht unser Universum? Und<br />

welche Ereignisse traten während<br />

des Entstehungsprozesses auf? Diese<br />

und weitere Fragen beschäftigen<br />

Astronomen und Physiker heute auf<br />

der ganzen Welt. Um diese Fragen<br />

beantworten zu können, benötigen<br />

wir Informationen über die dunklen<br />

Objekte in unserem Universum und<br />

über die Zeit nahe dem Urknall, vor<br />

rund 13,8 Milliarden Jahren. Aber<br />

wie kommt man an Informationen<br />

über Objekte, die man nicht sehen<br />

und somit nicht mit elektromagnetischer<br />

Strahlung beobachten kann?<br />

Wie soll man nahe am Urknall, in einer<br />

Zeit, in der das Universum undurchsichtig<br />

war, Objekte und Ereignisse<br />

beobachten können? Ein<br />

Informationsträger solch „alter“ Informationen<br />

sind die so genannten<br />

Gravitationswellen.<br />

Bereits 1915 beschrieb Albert<br />

Einstein in seiner allgemeinen Relativitätstheorie<br />

[1] den Einfluss von<br />

Masse auf Raum und Zeit, kurz die<br />

Raumzeit. Massen krümmen die<br />

Raumzeit, was wiederum die Bewegung<br />

von Massen beeinflusst, wodurch<br />

das Phänomen der Gravitation,<br />

also die der Schwerkraft, beschrieben<br />

wird. Die Ausbreitung von Raumzeitstörungen,<br />

erzeugt durch beschleunigte<br />

Massen, bezeichnet man heute<br />

als Gravitationswellen und sie erzeugen<br />

winzige Abstandsänderungen in<br />

großer Entfernung von ihrer Quelle.<br />

Einstein entwickelte zwar die Theorie<br />

der Existenz dieser Gravitationswellen<br />

bereits 1915, vermutete aber<br />

zu dieser Zeit, dass wir davon auf<br />

der Erde nichts mitbekommen werden.<br />

2015 gelang es Wissenschaftlern<br />

dann, genau diese Gravitationswellen<br />

zu detektieren [2]. Mit Hilfe des LIGO<br />

(Laser-Interferometer Gravitationswellen-Observatorium)<br />

in den USA<br />

konnte die Kollision zweier Schwarzer<br />

Löcher detektiert werden, welche beide<br />

ein Vielfaches der Masse unserer<br />

Sonne aufwiesen. Diese Kollision ereignete<br />

sich in einem Abstand von 1,3<br />

Milliarden Lichtjahren von der Erde,<br />

womit ein kosmisches Ereignis beobachtet<br />

werden konnte, welches bereits<br />

vor 1,3 Milliarden Jahren stattfand.<br />

Seitdem konnten mehr als 100<br />

solcher Ereignisse aufgezeichnet werden<br />

[3].<br />

Was kann man sich unter Gravitationswellen<br />

vorstellen? Als einfachen<br />

Vergleich kann man einen<br />

großen, stillen See nutzen, in welchen<br />

ein Stein geworfen wird. An dem Ort,<br />

an dem der Stein die Wasseroberfläche<br />

durchstößt, entstehen Wellen.<br />

Diese Wellen verlieren mit der Entfernung<br />

vom Einschlagort langsam<br />

ihre Stärke, so dass am Ufer des Sees<br />

die Wellen kaum noch spürbar sind.<br />

Überträgt man diese Beobachtung<br />

auf den Weltraum, so wäre der See<br />

unser Universum und der Stein würde<br />

eine Störung der Raumzeit durch<br />

eine beschleunigte Masse, z. B. ein<br />

sich bewegender Stern oder ein kollabierendes<br />

Schwarzes Loch, symbolisieren.<br />

Die Auswirkung im Sinne<br />

der Gravitationswellen würden wir<br />

an unserer Messposition, der Erde<br />

als Analogie zum Ufer des Sees, fast<br />

nicht bemerken. Denn zusätzlich zum<br />

Abstand zu den Ereignissen ist die<br />

Raumzeit sehr steif und lässt sich viel<br />

weniger in Schwingung versetzen als<br />

Wasser. Somit können nur extreme<br />

Ereignisse, wie die Verschmelzung<br />

Schwarzer Löcher, überhaupt messbare<br />

Gravitationswellen erzeugen.<br />

Die durch Gravitationswellen hervorgerufenen<br />

Abstandsänderungen<br />

sind extrem klein. So verändert eine<br />

Gravitationswelle, welche durch die<br />

Verschmelzung von Schwarzen Löchern<br />

innerhalb der Milchstraße erzeugt<br />

wird, den Abstand zwischen<br />

Sonne und Erde lediglich um den<br />

Durchmesser eines Wasserstoffatoms.<br />

Zusätzlich bleibt diese Abstandsänderung<br />

für viele derzeit<br />

beob achtete Objekte nur für Tausendstel<br />

einer Sekunde bestehen.<br />

Aus diesen winzigen Messgrößen ergeben<br />

sich auch besondere Anforderungen<br />

an die zu verwendende Messtechnik.<br />

Die zentrale Eigenschaft der Speziellen<br />

Relativitätstheorie, in der die<br />

Lichtgeschwindigkeit für jeden Beobachter<br />

konstant ist, wurde mit<br />

einem Michelson-Interferometer von<br />

Michelson und Morley nachgewiesen.<br />

Das Prinzip, das dieser Messapparatur<br />

zugrunde liegt, ist die Laser-Interferometrie<br />

[4]. Eben solche Laser-<br />

Interferometer werden auch für die<br />

Detektion von Gravitationswellen<br />

verwendet, da sie winzige Abstandänderungen<br />

extrem gut vermessen<br />

können. Die besondere Herausforderung<br />

bei dieser Methode liegt in der<br />

L-förmigen Anordnung und möglichst<br />

langen, optischen Laufstrecken (so<br />

genannten Armen) von infrarotem<br />

Laserlicht. Lange Arme vergrößern<br />

den Effekt der Gravitationswelle so,<br />

dass die Abstandsänderungen noch<br />

nachgewiesen werden können. Das<br />

Laserlicht wird mittels halbdurchlässiger<br />

Spiegel in besagte Arme eingeleitet<br />

und an deren Ende durch weitere<br />

Spiegel reflektiert, um an ihren<br />

Ursprungsort zurückgeleitet zu werden.<br />

Dort findet nun eine Überlagerung<br />

der Lichtwellen (Interferenz)<br />

statt. Interferierende, also sich überlagernde<br />

Wellen können sich verstärken,<br />

wenn bei gleicher Wellenlänge<br />

„Wellenberg auf Wellenberg“ trifft<br />

(konstruktive Interferenz). Oder es<br />

kommt beim Zusammentreffen von<br />

„Wellenberg und Wellental“ zur Auslöschung<br />

(destruktive Interferenz). Im<br />

Experiment wird das System so eingestellt,<br />

dass kein Licht am Ausgang<br />

42 PROZESSTECHNIK & KOMPONENTEN <strong>2024</strong>

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