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100_Jahre_Südtirol

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sagt, weshalb „Der Tiroler“ in „Landsmann“ umbenannt werden

musste, bevor er ganz verboten wurde. Der Tyrolia-Verlag wurde

zunächst zum „Vogelweider-Verlag“, bis auch allzu deutsch klingende

Namen nicht mehr erlaubt waren und die Wahl auf den

unverfänglicheren Namen „Athesia“ fiel. Auch inhaltlich waren

die Auflagen streng, aber Kanonikus Michael Gamper und seine

„Athesia“ wurden durch die Ausnahme vom allgemeinen Erscheinungsverbot

zur einzig überlebenden Pressestimme Südtirols.

Gampers Position wurde indirekt auch durch die faschistische

Zerstörung der letzten demokratischen Überbleibsel gestärkt.

Schon die ersten Wahlen nach Mussolinis Machtübernahme von

1924 waren eine Farce. Mit einem neuen Wahlgesetz sicherte Mussolini

seiner Einheitsliste („listone“) bei mindestens 25 Prozent der

Stimmen zwei Drittel der Parlamentssitze. Der Deutsche Verband

konnte nicht mehr alleine antreten, sondern musste sich zu einer

Listenverbindung mit den Kroaten und Slowenen der Venezia Giulia

zusammenschließen. Von den Südtiroler Parlamentariern der

ersten Nachkriegswahl trat nur noch Karl Tinzl an, der Südtirol

nun zusammen mit dem Pusterer Baron Paul von Sternbach im Parlament

vertrat. Von Sternbach war ebenfalls wie seine Vorgänger

schon im alten Österreich politisch tätig gewesen, als Vertreter der

Tiroler Landesregierung hatte er an den Friedensverhandlungen

von Saint Germain teilgenommen. Am Vorabend der Parlamentswahl

wurde er in seinem Ansitz in Uttenheim von faschistischen

Schlägern frühmorgens überfallen und schwer misshandelt, lediglich

durch das Eingreifen von Dorfbewohnern konnte seine Verschleppung

und möglicherweise Ermordung verhindert werden.

In Bruneck kam es zu massiven Einschüchterungen der Bevölkerung

durch Schlägertrupps. Überfallen und verprügelt wurde auch

der damalige Vizebürgermeister Josef Neuhauser in seiner Eigenschaft

als Wahlkontrolleur. In Bozen wurden der abgesetzte Bürgermeister

Julius Perathoner und der nicht mehr kandidierende

Eduard Reut-Nicolussi überfallen. Gemessen am Wahlergebnis

wirkten die Einschüchterungsversuche zumindest nicht landesweit.

Der Deutsche Verband kam auf 83 Prozent der Stimmen

und konnte Tinzl und von Sternbach durchbringen, die faschistische

Einheitspartei kam in Südtirol auf 17 Prozent. Da und dort

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