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100_Jahre_Südtirol

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Innsbruck, die zwei Südtiroler Parlamentarier waren weitgehend

isoliert und konnten in Südtirol keine Parteiarbeit mehr leisten.

1929 lief ihr Mandat aus, die nächsten zwei Wahlgänge sahen nur

mehr eine einzige Liste vor, die vom faschistischen Großrat (Gran

Consiglio del Fascismo) bestellt wurde. Die Wahl bestand lediglich

darin, die Liste anzunehmen oder abzulehnen, wobei auffällig und

unterschiedlich gefärbte Stimmzettel sowie erneute Einschüchterungsaktionen

dafür sorgten, dass auch in Südtirol 80 Prozent

für den „listone“ stimmten, und dies, obwohl sich 1929 auf dieser

Liste kein deutschsprachiger Kandidat befand.

Der Widerstand gegen den Faschismus war verhalten, Lähmung

und Resignation ergriffen weite Kreise der Bevölkerung. Dazu

kam wohl auch, dass aus Österreich kaum Rückendeckung erhofft

werden konnte. Die vom großen Kaiserreich übriggebliebene

Schrumpfrepublik war wirtschaftlich schwer angeschlagen und auf

gute Beziehungen zu Italien angewiesen. Schon 1920 anerkannte

Österreich in einem Abkommen die alleinige Zuständigkeit Italiens

für die Minderheiten auf italienischem Territorium. Im Freundschaftsvertrag

Österreich-Italien von 1930 wurde Südtirol nicht erwähnt.

Der austrofaschistische Ständestaat ab 1933 orientierte sich

in seiner Außenpolitik an Mussolini, in der Hoffnung, damit Hitlers

Anspruch auf Österreich in Schach zu halten. Kurt Schuschnigg, der

Nachfolger des 1934 ermordeten Bundeskanzlers Engelbert Dollfuß,

kam zwar aus Tirol, verkniff sich aber bei den 125-Jahr-Feiern

im Gedenken an 1809 in Innsbruck jede Erwähnung Südtirols.

Eher kam – vor Hitlers Machtergreifung – Unterstützung aus

Deutschland. Die deutsche Außenpolitik strebte nämlich schon

vor Hitler ein möglichst alle deutsch besiedelten Gebiete umfassendes

Deutsches Reich an, weshalb das „Deutschtum im Ausland“

tatkräftig und auch finanziell unterstützt wurde. So vermied es

der deutsche Außenminister Gustav Stresemann 1925, auf Mussolinis

Forderung nach Anerkennung der Brennergrenze einzugehen.

Besonders am Herzen lag Südtirol der bayrischen Landespolitik.

Ministerpräsident Heinrich Held drückte 1926 „unseren

Südtiroler Brüdern“ die Solidarität gegen die „brutale Vergewaltigung

des Deutschtums“ aus. Mussolini protestierte heftig gegen

solche Interventionen, gab aber dem ersten Präfekten der 1926

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