ERF Medien Magazin Mai 2024
Weisheit
Weisheit
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THEMA <strong>ERF</strong> MEDIEN MAGAZIN ı 05.<strong>2024</strong> ı 13<br />
25 JAHRE «PROPHETISCHES BULLETIN»<br />
Vierteljährlich erscheint das «Prophetische Bulletin», das mit aktuellen<br />
Botschaften aus der Stiftung Schleife und ihrem Umfeld Christen<br />
aus verschiedenen Denominationen ermutigen und inspirieren möchte.<br />
Aus Anlass des 25-Jahre-Jubiläums der Zeitschrift können Sie ein Gratisexemplar<br />
der Ausgabe 2/<strong>2024</strong> bestellen: Schreiben Sie eine E-<strong>Mai</strong>l an<br />
verlag@schleife.ch und vergessen Sie nicht, Ihre Adresse anzugeben.<br />
Mehr als gute Anweisungen<br />
Im Sprüchebuch ist der sogenannte «Tun-Ergehen-Zusammenhang»<br />
von Bedeutung. Die Weisheit versucht,<br />
dem Leben Gesetzmässigkeiten abzuringen: Was muss ich<br />
tun, um erfolgreich leben zu können? Es gibt tatsächlich<br />
gute Anweisungen zum Leben. Aber auch dem Sprüchebuch<br />
geht es um mehr als nur um das Befolgen von Gottes<br />
Anweisungen, der Tora. Die Weisheit wird in Sprüche 8<br />
sogar als Person identifiziert. Die Kirchenväter haben, aus<br />
neutestamentlicher Sicht betrachtet, in dieser personifizierten<br />
Weisheit Jesus Christus gesehen.<br />
Der Zusammenhang von Tun und Ergehen zerbricht oft im<br />
Leben. Darüber zerbricht sich Salomo, der Vater der Weisheit,<br />
der nicht nur Sprichwörter verfasste, im Predigerbuch<br />
(oder Kohelet) den Kopf: Oft geht es den Gottesfürchtigen<br />
nicht besser als den Menschen, die Gott nicht beachten.<br />
Kann das sein? Es ist der Blick «unter der Sonne», dieses<br />
Motto erscheint immer wieder in diesem Buch, das sich wie<br />
ein modernes Werk eines Existenzphilosophen liest. Am<br />
Ende kommt der Prediger aber angesichts des Sterbens auf<br />
die Gottesfurcht zu sprechen. Wir müssen tiefer schauen<br />
als nur auf das Vordergründige.<br />
Der rote Faden<br />
Auch das Hohelied, diese Sammlung von Liebesliedern<br />
zwischen König Salomo und seiner Geliebten Sulamit, wird<br />
als weisheitliches Buch eingeschätzt. Man sah darin neben<br />
profanen Liebesliedern auch eine allegorische Beschreibung<br />
der Beziehung zwischen Gott und Israel, zwischen<br />
Gott und uns Menschen. Die Weisheit in der Bibel zielt<br />
letztlich auf Beziehung, auf Liebe. Der Prediger sucht eine<br />
Frau, findet sie aber nicht. Im Sprüchebuch wird die Frau<br />
gefunden und im letzten Kapitel beschrieben. Im Hohelied<br />
wird sie geliebt.<br />
Die drei salomonischen Schriften wurden mit der Stiftshütte,<br />
dem Zelt und Heiligtum, verglichen: Wie im Vorhof<br />
der Stiftshütte die Sonne leuchtet, so beschreibt der Prediger<br />
die Sicht unter der Sonne. Unsere natürliche Weisheit<br />
hat ihre Grenzen. Angesichts des Sterbens merken wir,<br />
dass es um mehr als nur dieses Leben gehen muss. Dazu<br />
müssen wir im Bild gesprochen ins Innere, ins Heiligtum<br />
eintreten, wo der siebenarmige Leuchter scheint. Das<br />
Sprüchebuch führt uns tiefer hinein: Wo wir Gott mit einbeziehen,<br />
erschliessen sich Geheimnisse im Leben. Aber<br />
die tiefste Form der Weisheit ist nicht Erkenntnis, sondern<br />
Liebe. Wie der innerste Raum der Stiftshütte «Heiliges der<br />
Heiligen» genannt wird, so heisst das Hohelied im Hebräischen<br />
das «Lied der Lieder». Das Hohelied bringt zum<br />
Ausdruck, dass die höchste Form von Weisheit darin besteht,<br />
Gott kennen und lieben zu lernen. Von Hiob bis zum<br />
Hohenlied sehen wir diesen roten Faden.<br />
Es lohnt sich, einen Blick in diese spannenden Bücher<br />
zu werfen, denn die Weisheit im Alten Testament ist durch<br />
ihre Themen wie der Umgang mit dem Leiden oder das Bestehen<br />
in den alltäglichen Herausforderungen sehr praxisrelevant.<br />
USER ZUR PERSON<br />
Thomas Bänziger, Pfr. Dr. theol., ist im<br />
Leitungsteam der Stiftung Schleife, wo<br />
er mit seiner Frau Katharina für die<br />
theologisch-pastoralen Bereiche zuständig<br />
ist. Zusammen gestalten sie u. a. den<br />
BibelTalk und die Bibelwerkstatt. Sie<br />
haben vier Kinder. Thomas ist verantwortlicher<br />
Redaktor für das Prophetische<br />
Bulletin (siehe oben). Als Gastdozent<br />
unterrichte er Altes Testament am<br />
IGW Zürich und an der STH Basel.