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Finnen! - Deutsch-Finnische Gesellschaft Bayern e.V.

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BEZIRKSVEREIN MÜNCHEN<br />

Abschied von Lea Koch-Auvo<br />

Spieleklassiker<br />

„Malefiz“:<br />

Gestaltet von Lea<br />

Koch-Auvo<br />

22<br />

Langjährige Mitglieder der DFG<br />

<strong>Bayern</strong> werden sich wohl noch erinnern<br />

an jene pfiffigen Karikaturen,<br />

die ab 1979 für rund 10 Jahre<br />

immer wieder die „Notizen“ bereicherten.<br />

Da wurden mehrdeutige finnische<br />

Begriffe zeichnerisch originell interpretiert,<br />

über die Titelseite der Frühjahrsnummer<br />

1982 ritt eine finnische<br />

Osterhexe auf ihrem Besen, und<br />

wenn Weihnachten bevorstand, konnten<br />

Münchner Metzger mit einem lustigen<br />

Schweinderl für ihren Schinken<br />

werben.Vor allem aber durften<br />

sich Kinder – und Erwachsene ebenso<br />

– über die „Kinderseite“ in jeder<br />

Nummer freuen: liebevoll gestaltete<br />

Bildgeschichten mit einem (zweisprachigen!)<br />

Hund als Helden<br />

und seinen jahreszeitlich<br />

wechselnden Abenteuern.<br />

Und sicher kannten und<br />

schätzten zumindest die<br />

Münchner DFG’ler die<br />

Künstlerin, die auf diese<br />

Weise ihre Kreativität in<br />

den Dienst an der<br />

deutsch-finnischen Sache<br />

stellte: die Grafikerin Lea<br />

Koch-Auvo. Umso mehr getroffen haben<br />

wird alle die traurige Meldung,<br />

dass Lea am 30. Dezember des vergangenen<br />

Jahres mit 77 Jahren verstorben<br />

ist.<br />

Lea Auvo gehörte sozusagen zum<br />

„Urgestein“ aus der Gründungsphase<br />

der bayerischen DFG, war sie doch<br />

schon 1954 aus Finnland in das München<br />

des beginnenden Wirtschafts-<br />

wunders gekommen, um hier zu arbeiten.<br />

Angestiftet dazu hatte sie ihr<br />

zukünftiger Mann, der aus München<br />

stammende Architekt Heinz Koch;<br />

man hatte sich ein Jahr zuvor in<br />

Stockholm kennengelernt, als Heinz<br />

seinerseits nach Skandinavien strebte,<br />

in jenen Jahren die gelobte Region<br />

für alle Gestalter. Als Grafikerin<br />

arbeitete Lea in München zunächst<br />

in der Werbung für so namhafte Kunden<br />

wie beispielsweise die Allianz-<br />

Versicherungen.<br />

<strong>Deutsch</strong>-finnische Gestalterin –<br />

auch im Dienst der „Notizen“<br />

Es kamen Illustrationsaufträge verschiedener<br />

Verlage für die unterschiedlichsten<br />

Themen, für Lehr- und<br />

Schul- wie auch für Kinderbücher.<br />

Vielleicht hat schon manche Notizen-<br />

LeserIn in jungen Jahren das Buch<br />

„Vom Lama das nicht mehr spucken<br />

wollte“ mit seinen wunderbaren<br />

Zeichnungen in den Händen gehabt –<br />

oder sich an der in Finnland erschienenen<br />

Witzesammlung „Hepuli“ wie<br />

auch dem Kochbuch mit kindertauglichen<br />

finnischen Rezepten erfreut.<br />

Auch Spiele grafisch zu gestalten,<br />

gehörte zu Leas Repertoire: „Mix<br />

Max“ beispielsweise und das nach<br />

wie vor beliebte „Malefiz Spiel“ von<br />

1959. Sogar mit dem Zeichnen von<br />

Comics war sie befasst, als der Münchner<br />

Verleger Rolf Kauka mit seinen<br />

„Fix und Foxi“-Heften eine Art deutsche<br />

„Micky Maus“ auf den Markt<br />

brachte – eine Erfahrung, die sie später<br />

in die „Notizen“-Kinderseite ein-<br />

bringen konnte.<br />

Leas liebevoll-witzigen Zeichnungen<br />

verraten, was alle, die sie kannten,<br />

bestimmt als ihre markanteste Eigenschaft<br />

kennengelernt haben: ihr Humor.<br />

Nicht die laut dröhnende Variante<br />

von Humor war das freilich,<br />

sondern eher die – typisch finnisch –<br />

trockene und verschmitzte Art, voll<br />

Wortwitz und mit einem Hang zum<br />

Skurrilen. Und dieser Humor beruhte<br />

auf einer scharfen Beobachtungsgabe,<br />

mit der Lea das menschliche<br />

Treiben im Großen wie im Kleinen<br />

wahrnahm und entsprechend zu<br />

kommentieren wusste, gutmütig ironisch<br />

zumeist, zuweilen auch bissig,<br />

wo es denn angebracht war. Dabei<br />

lag ihr nichts weniger als großes Auftrumpfen<br />

oder aufgeregte Betriebsamkeit,<br />

vielmehr war es ein sympathischer<br />

Hang zum Understatement,<br />

was sie auszeichnete, auch in ihrer<br />

Kunst. Doch neben der Künstlerin<br />

keinesfalls vergessen werden darf<br />

Lea als Familienmensch, als Mutter<br />

dreier Kinder und sechs geliebter Enkelkinder,<br />

als zuverlässige Hausfrau<br />

sowie als großzügige Gastgeberin.<br />

Echte Helsinkierin von Herkunft<br />

blieb Lea Finnland ihr Leben lang<br />

eng verbunden, las gerne Helsingin<br />

Sanomat und nahm Anteil an dem,<br />

was sich kulturell in ihrer alten Heimat<br />

tat. Für Sportereignisse, bei denen<br />

die <strong>Finnen</strong> punkten konnten, auf<br />

den Sprungschanzen oder in den Formel-Eins-Arenen,<br />

setzte sie sich gerne<br />

vor den Fernseher.<br />

Vor allem aber ging es in den Som-<br />

merurlauben immer wieder zurück in<br />

den Norden, nach Helsinki und in<br />

die Seenlandschaft von Savo, wo die<br />

Koch-Familie seit 1977 am Saimaa<br />

ihr eigenes, traditionell-finnisches<br />

Mökki hatte. Das naturnahe Leben in<br />

diesem einfachen Quartier, umgeben<br />

von Wald und Wasser, konnte sie genießen,<br />

später auch ausgiebig und<br />

ganze Sommer lang, als sie nicht<br />

mehr an den bayerischen Schulferienkalender<br />

gebunden war. Traurigerweise<br />

zwangen die Folgen eines<br />

Schlaganfalls Lea in ihren letzten<br />

acht Lebensjahren in den Rollstuhl,<br />

was für sie den Verzicht auf die gewohnten<br />

finnischen Urlaubsfreuden<br />

bedeutete – ein Schicksal, das sie auf<br />

stoische Weise hinnahm und das<br />

Heinz, mit dem sie noch wenige Tage<br />

vor Weihnachten Goldene Hochzeit<br />

hatte feiern können, mit ihr teilte.<br />

So muss es für Lea wenigstens eine<br />

Genugtuung gewesen sein, dass ihre<br />

selbstverständlich zweisprachig aufgewachsenen<br />

Kinder die Liebe zu<br />

Finnland von ihr übernahmen und<br />

fortführten und dass das „mökki“<br />

dort für sie stets ein Angelpunkt der<br />

Familie geblieben ist. Und zwei der<br />

Kinder sind ja mittlerweile selbst zu<br />

Helsinkiern geworden und haben<br />

dort wiederum Familien gegründet.<br />

Allen, die mit Lea befreundet waren<br />

oder sie kannten, wird bewusst sein,<br />

dass sie nicht nur einen liebenswerten<br />

Menschen verloren haben, sondern<br />

mit ihr auch ein Stück Finnland<br />

in München zu Ende gegangen ist.<br />

Tuula und Elmar Frische<br />

BEZIRKSVEREIN MÜNCHEN<br />

23

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