Braunlage 2011 - Zahnärztekammer Niedersachsen
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GESUNDHEITSPOLITIK<br />
Angriff auf Apotheken<br />
Wie auch Röslers »Reformen« die gute Apothekenstruktur zerstören<br />
Die Vergangenheit, die wir überblicken können, ist einige Jahrhunderte alt. Die Gegenwart schafft<br />
es gerade einmal auf ein paar Jahre. Demnach muss es viel mehr gute alte als gute neue Dinge geben<br />
Ob man staunend vor den<br />
Sandsteingebirgen des<br />
Kölner Doms steht oder<br />
andächtig durch die Säle<br />
von Sanssouci schreitet,<br />
ob man die prächtigen Schlösser der<br />
bayrischen Könige bewundert oder auf<br />
der Wartburg hoch über Eisenach der<br />
Geschichte nachspürt – immer wieder<br />
beeindrucken uns die großartigen Leistungen<br />
unserer Väter. Und manchmal<br />
setzen wir alles daran, Verlorenes wiederzugewinnen<br />
– die Frauenkirche in<br />
Dresden ist ein wunderbares Beispiel<br />
für Bürgermut und Opfersinn.<br />
Dinge, die Jahrhunderte lang allen<br />
Wirrungen der Zeiten getrotzt haben,<br />
müssen etwas Besonderes an sich haben.<br />
Fasziniert betrachten wir die Bil-<br />
Wem die Deutschen nicht<br />
vertrauen<br />
Ein Kommentar<br />
Es passt ins Bild. Aber so schlimm<br />
hatte man sich das Misstrauen<br />
der Bevölkerung denn doch nicht<br />
vorgestellt. Der BertelsmannStiftung<br />
gebührt das Verdienst, herausgefunden<br />
zu haben, wem die Deutschen<br />
vertrauen, und der Rheinischen<br />
Post, es vorab veröffentlicht zu haben:<br />
Sagenhafte 94 Prozent vertrauen ihrem<br />
Hausarzt. Immerhin noch 77 Prozent<br />
schenken ihrem Apotheker ihr<br />
Vertrauen. Altersheime kommen nur<br />
auf 23 Prozent. Am Ende der Vertrauensskala<br />
rangiert das Gesundheitsministerium:<br />
mehr als 80 Prozent der<br />
Bürger vertrauen ihm nicht.<br />
Kein Wunder bei diesen »Reformen«.<br />
l<br />
78 · ZKN mitteiluNgeN · 2 | <strong>2011</strong><br />
der der alten Meister in den Museen,<br />
streichen über das wunderbar warme<br />
Holz antiker Möbel, schlagen ehrfürchtig<br />
alte Bücher auf. Niemand käme auf<br />
den Einfall, diese Dinge zu zerstören, es<br />
sei denn, man ist Psychopath. Im Gegenteil<br />
– man hegt und pflegt sie.<br />
Doch alle diese Beispiele sind gegenständlich,<br />
wir können sie sehen und berühren.<br />
Es gibt aber auch althergebrachte<br />
Dinge, die wir nicht anfassen, deren<br />
Existenz wir aber fühlen können, weil<br />
sie in unser Dasein eingreifen, weil wir<br />
täglich mit ihnen leben.<br />
Die Rede ist von abstrakten Ordnungen<br />
und Strukturen, die Jahrhunderte<br />
und Generationen überdauert haben.<br />
Bis auf den heutigen Tag erfüllen sie<br />
höchst erfolgreich ihren Zweck. An sie<br />
haben sich die Menschen gewöhnt. Sie<br />
spüren, diese Strukturen tun ihnen<br />
gut. Sie erleichtern das Leben, sie geben<br />
Sicherheit und strahlen Verlässlichkeit<br />
aus.<br />
Die Gesetzliche Krankenversicherung<br />
(GKV) ist so eine Struktur. Weit<br />
über hundert Jahre alt, hat sie bewiesen,<br />
dass Millionen und Abermillionen<br />
kranker Menschen sich zu jeder Zeit<br />
auf sie verlassen konnten. Sie ist gerecht<br />
und solidarisch. Die Welt sah und<br />
sieht mit großen Augen auf dieses Versicherungssystem.<br />
Manch ein Land<br />
hätte es gerne, manch ein Staat hat es<br />
nachgeahmt.<br />
Was sich bewährt hat und jeden Tag<br />
neu bewährt, zerstört man nicht.<br />
Das deutsche Apothekenwesen ist<br />
einige Jahrhunderte älter. Wer weiß<br />
schon, dass Kaiser Friedrich II. bereits<br />
im Jahre 1241 in einer »Medizinalordnung«<br />
dafür sorgte, dass Arzt und<br />
Apotheker getrennte berufliche Wege<br />
gingen? Und dass er gleich auch noch<br />
die Preise für Arzneimittel gesetzlich<br />
festschrieb? Weitblickend wollte er damit<br />
verhindern, dass während Epidemien<br />
und Notzeiten die Preise explodierten.<br />
Das war die Geburtsstunde<br />
des heutigen Apothekenwesens:<br />
Nur ein Apotheker durfte eine Apotheke<br />
besitzen und führen.<br />
Natürlich hat sich die Tätigkeit des<br />
Apothekers im Laufe der Jahrhunderte<br />
immer wieder verändert. Neue naturwissenschaftliche<br />
und medizinische<br />
Erkenntnisse forderten Wandlungen<br />
und Anpassungen. Aus dem Kenner<br />
und Händler von Heilpflanzen wurde<br />
der Hersteller von Arzneimitteln in der<br />
Apotheke. Insbesondere als vor mehr<br />
als hundert Jahren die Chemie als Wissenschaft<br />
explodierte, waren es Apotheker,<br />
die in ihren Apotheken forschten<br />
und neue, hochwirksame Medikamente<br />
entwickelten. Das war die Geburtsstunde<br />
vieler bedeutender<br />
Arzneimittelfirmen. In dieser Zeit wurde<br />
Deutschland zur »Apotheke der<br />
Welt«.<br />
Und wieder wandelte sich das Tätigkeitsbild<br />
des Apothekers. Die Welt ist<br />
komplizierter geworden. Zahllose innovative<br />
Arzneimittel erfordern hohe<br />
Aufmerksamkeit für Wirkungen und<br />
Nebenwirkungen. Neue Krankheitsbilder,<br />
aufgeklärte Patienten und der medizinische<br />
Fortschritt selbst erzwingen<br />
ein Höchstmaß an Beratungsaktivitäten<br />
seitens der Apotheke. Dazu bedarf<br />
es solider pharmazeutischer Kenntnisse<br />
und ständiger Weiterbildung der<br />
Apothekerinnen und Apotheker sowie<br />
des Apothekenpersonals.<br />
Es gibt kaum einen Berufszweig, der<br />
diese Notwendigkeit so verinnerlicht<br />
hat. Fortbildung wird in jeder Apotheke<br />
großgeschrieben. Die Bevölkerung<br />
weiß das. Warum würde sie sonst die<br />
Kompetenz der Apotheker und das Vertrauen<br />
in die Apotheke bei zahllosen