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aufklärerisch-literarischen Wertesystem<br />

war die wesentliche Ursache dafür, daß<br />

seinem poetischen Werk keine lange Wirkung<br />

beschieden war.<br />

Verdienstvoll und besonders von seinen<br />

Landsleuten geschätzt war dagegen H.s<br />

„Geschichte des Herzogthums Oldenburg"<br />

(1794-96), nach dem Modell und der<br />

Intention der „Osnabrückischen Geschichte"<br />

von Justus Möser entworfen. Es<br />

war ein Stück Historiographie, das H. in<br />

pragmatischer, „patriotischer" Absicht vorlegte.<br />

Die Kenntnis der Vergangenheit<br />

sollte zur bewußten Teilhabe an der eigenen,<br />

gegenwärtigen Geschichte anregen.<br />

Vorstudien und Teile seiner oldenburgi-<br />

schen Geschichte hatte H. bereits in den<br />

„Blättern vermischten Inhalts" veröffentlicht,<br />

einer Zeitschrift, die er von 1787 bis<br />

1797 mit Freunden aus der Literarischen<br />

Gesellschaft herausgab und deren Zweck<br />

es war, zur Vermittlung zeitgemäßer praktischer<br />

und theoretischer Kenntnisse in<br />

vielen Lebens- und Arbeitsbereichen beizutragen.<br />

Das Programm der „Blätter",<br />

das nicht immer frei war von einer Attitüde<br />

der Untertanenbeglückung durch den Landesherrn<br />

und seine Beamten, wurde von<br />

H. und seinen Freunden von 1804 bis 1807<br />

mit der „Oldenburgischen Zeitschrift" fortgesetzt.<br />

Neben weiteren historischen Abhandlungen<br />

verfaßte H. zwei umfangreiche Biographien<br />

zur russischen Geschichte, zunächst<br />

die „Lebensbeschreibung des Grafen<br />

Münnich" (1803) und dann eine dreibändige<br />

Beschreibung des „Lebens Peters des<br />

Großen" (1803/04). Beide biographische<br />

Darstellungen, die des hohen Staatsdieners<br />

und die des Regenten, waren von der<br />

Absicht getragen, vorbildliche Lebensläufe<br />

zu zeigen. Zu ihren Grundzügen gehörten<br />

charakterliche Integrität, ein leistungsbetontes<br />

Ethos und Reformfreudigkeit.<br />

Mit diesen durchaus idealisierten Bildern<br />

warb H. zugleich für das politische<br />

Modell des konstitutionellen Absolutismus.<br />

H.s Vorstellung von der Herausbildung<br />

eines modernen gesellschaftlichen<br />

und politischen Ordnungssystems war von<br />

der Forderung einer Bindung aller staatlichen<br />

Herrschaft und öffentlichen Gewalt<br />

an Recht und Gesetz, also im wesentlichen<br />

von rechtsstaatlichen Prinzipien bestimmt.<br />

Politische Entwicklungen wurden als Lehr-<br />

und Lernprozesse der Regierenden und<br />

Regierten verstanden. Darin drückte sich<br />

Halem 271<br />

der Anspruch eines höheren Beamten wie<br />

H. aus, zumindest durch die Formulierung<br />

von Ideen und die Mitwirkung an ihrer<br />

Entfaltung auch ein gewisses Maß an politischem<br />

Einfluß zu nehmen.<br />

1791 gab H. seinen zweibändigen Bericht<br />

„Blicke auf einen Theil Deutschlands, der<br />

Schweiz und Frankreich bei einer Reise<br />

vom Jahre 1790" heraus. Mit zwei Freunden<br />

hatte er an der schweizerisch-französischen<br />

Grenze sein Vorhaben einer Italienreise<br />

geändert und stattdessen das revolutionäre<br />

Paris besucht. H. ließ sich in den<br />

Jakobinerclub aufnehmen, schwärmte für<br />

die Gironde, Siéyès und Mirabeau, mißbilligte<br />

Volksbewegungen ebenso wie royali-<br />

stische Umtriebe und erfreute sich ausgiebig<br />

des Umganges mit dem gebildeten Paris.<br />

Neue Freundschaften wurden geknüpft<br />

mit Barthélémy und Jacques-Louis<br />

David, mit Konrad Engelbert Oelsner und<br />

Henri Meister. Für H. gehörten auch die<br />

Veränderungen in Frankreich zu einem<br />

umfassenden Wandel in der Geschichte<br />

der Bildung der Menschheit. Er begriff<br />

diesen Prozeß allgemein, also auch über<br />

Frankreich ausgreifend, mit dem politischen<br />

Ziel der Konstituierung rationalisierter<br />

Bedingungen für die jeweiligen Herrschafts-<br />

und Gesellschaftsformen. Es galt,<br />

weitgreifende Legalität und univeralisti-<br />

sche Bildungsideale zur Geltung zu bringen<br />

und zusammenzuführen. Das Denken,<br />

Verhalten und Handeln der Regierenden<br />

und Regierten sollte an generell gültige<br />

Normen und Gesetze gebunden werden.<br />

So konnte sich der gebildete Beamte H.<br />

für viele französische Neuerungen, vor<br />

allem für die Schaffung einer Verfassung<br />

begeistern; seine Sichtweise erlaubte ihm<br />

zugleich, an seinen Idealen und seinem<br />

optimistischen Glauben an deren Realisierungsmöglichkeiten<br />

auch unter deutschen<br />

Verhältnissen bis an sein Lebensende festzuhalten.<br />

Die Frankreich-Reise war für das politische<br />

Bewußtsein H.s sehr bedeutsam. Er<br />

wahrte seit dieser Zeit seinen Platz im<br />

Spektrum der liberal gesinnten deutschen<br />

Öffentlichkeit, und das selbst nach der Terreur<br />

in Frankreich und der erstarkenden<br />

Reaktion in Deutschland. Das zeigt etwa<br />

seine Korrespondenz mit Voß und August<br />

Hennings, mit Knigge und -*• Friedrich<br />

Herbart (1776-1841). Auch literarisch,<br />

wenngleich nun anonym oder pseudonym,<br />

plädierte H. für Fortschritte in liberaler Ab­

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