Jochen Howind - Deutsche Geodätische Kommission
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90% der gesamten troposphärischen Laufzeitverzögerung aus, wird primär vom Luftdruck und von der Temperatur<br />
bestimmt und ist relativ leicht modellierbar. Der Einfluss auf GPS-Beobachtungen beträgt 2.3m in Zenitrichtung und ist<br />
mit einer Variation von 2cm in 12 Stunden vergleichsweise konstant. In niedrigen Elevationen wächst die Laufzeitverzögerung<br />
bis auf 25m in Horizontnähe an. Die feuchte Komponente mit einem Anteil von 10% des Gesamteffekts ist<br />
dagegen primär vom Wasserdampfgehalt abhängig und aufgrund schneller zeitlicher und örtlicher Variationen schwer<br />
erfassbar. Ihr Einfluss auf GPS-Beobachtungen in Zenitrichtung beträgt ca. 40cm und variiert drei- bis viermal so stark<br />
wie der trockene Anteil. Betrachtet man die idealisierte Vorstellung einer horizontal geschichteten Atmosphäre, so<br />
erhält man unter Vernachlässigung der Erdkrümmung die Abbildungsfunktion<br />
1 = 1<br />
(3.3)<br />
cos<br />
( z) sin(<br />
e)<br />
mit der Zenitdistanz z bzw. der Elevation e des betrachteten Satelliten, mit der der zenitale Troposphäreneinfluss in<br />
Richtung des Signalweges projiziert wird. Die Troposphäre ist für GPS-Signale nicht dispersiv, weshalb ihr Einfluss im<br />
Gegensatz zu dem der Ionosphäre nicht durch Zweifrequenzmessungen eliminiert werden kann. Daher stellen Troposphärenmodelle<br />
(Saastamoinen, Hopfield, ...) einen Zusammenhang zwischen der troposphärischen Laufzeitverzögerung<br />
in unterschiedlichen Satellitenelevationen und den physikalischen Einflussgrößen (Temperatur, Luftdruck, Wasserdampfgehalt,<br />
...) her. Sie beruhen i.A. auf der Modellvorstellung einer sphärisch geschichteten Atmosphäre und<br />
werden aus meteorologischen Messungen in unterschiedlicher Dichte bzw. unterschiedlicher zeitlicher und geographischer<br />
Verteilung ermittelt (Spilker, 1996). Zudem können Mapping-Funktionen (Niell, Davis,...) eingeführt werden, die<br />
die Zenitkorrektur in Abhängigkeit von der Elevation der Satelliten und den meteorologischen Einflüssen faktorisieren<br />
(vgl. Mendes und Langley, 1994 bzw. Santerre et al., 1995). Die einfachste und damit grundlegende Form für solche<br />
Mapping-Funktionen beschreibt die Funktion (3.3) in Anlehnung an das Modell von Black und Eisner (1984). Im Allgemeinen<br />
ergibt sich damit die troposphärische Laufzeitkorrektur als Produkt der Korrektur in Zenitrichtung und einem<br />
mit Hilfe der gewählten Mapping-Funktion bestimmten elevationsabhängigen Faktor. Beide Komponenten werden<br />
i.d.R. in einen trockenen und einen feuchten Anteil aufgespaltet. Zur Berücksichtigung der räumlichen bzw. zeitlichen<br />
Variation der Troposphäre können zudem stationsspezifische Troposphärenparameter bzw. Parameter für bestimmte<br />
Zeitintervalle eingeführt werden (Mayer et al., 2000a). Anzumerken ist, dass sich die Troposphäre primär auf die Höhenkomponente<br />
der Stationskoordinaten auswirkt, was u.a. bei großen Höhenunterschieden zwischen den Stationen zu<br />
Problemen führen kann (vgl. Mayer, 2004) und bei der Interpretation der Ergebnisse berücksichtigt werden muss.<br />
Gelangt das GPS-Signal nicht auf direktem Weg vom Satelliten zum Empfänger, sondern durch Reflexion oder Beugung<br />
auf indirektem Weg, so spricht man von Mehrwegeausbreitung bzw. Multipath (Braasch, 1996). Die Überlagerung<br />
des direkten und des indirekten Signals ist besonders kritisch bei Trägerphasenbeobachtungen in niedrigen Elevationen<br />
und bei kurzen Beobachtungszeiträumen. Der Einfluss auf die Trägerphasenbeobachtungen beträgt bis zu 5cm<br />
mit typischen Periodenlängen von bis zu 30 Minuten (vgl. u.a. Heister et al., 1997). Mehrwegeeffekte können jedoch<br />
nur schwer erfasst bzw. modelliert werden. Sie können primär bei der Vorbereitung der Messung durch Verwendung<br />
geeigneter Antennen (Grundplatte, Choke-Ring,...), eine geeignete Stationsauswahl sowie ausreichend lange Beobachtungszeiträume<br />
vermindert werden. Aufgrund der nach einem Sterntag wiederkehrenden Satellitenkonstellation wiederholen<br />
sich auch die Mehrwegeeffekte, falls die GPS-Antenne bzw. deren Umgebung nicht verändert wurde. Diese können<br />
dann u.U. durch Differenzbildung der Beobachtungen von mehreren Tagen unter Berücksichtigung der Länge eines<br />
Sterntages identifiziert werden. Einen ersten Ansatz zur Identifikation und Berücksichtigung von Mehrwegeeffekten im<br />
Rahmen eines Analyseverfahrens präsentieren Wanninger und May (2000).<br />
Ein weiterer Einflussfaktor bei GPS-Beobachtungen ist die Empfängerhardware und dabei insbesondere die GPS-<br />
Antenne. Durch die elektromagnetischen Eigenschaften der GPS-Antennen unterscheidet sich das elektrische vom mechanischen<br />
Phasenzentrum um einen konstanten Wert (Offset) und variiert in Abhängigkeit von der Elevation und dem<br />
Azimut der einfallenden Signale. Zudem unterscheiden sich die Phasenzentren verschiedener Antennentypen und sogar<br />
von Antennen gleichen Typs aufgrund unterschiedlicher Bauweise bzw. ungleicher Fertigung der GPS-Antennen teilweise<br />
erheblich. Der Einfluss dieser Fehler kann im Rahmen präziser GPS-Messungen nicht vernachlässigt werden,<br />
sondern muss durch eine geeignete Antennenauswahl bzw. -ausrichtung reduziert werden. Zudem kann durch eine Kalibrierung<br />
der GPS-Antennen die Position des Antennenphasenzentrums durch Offsets zum mittleren Phasenzentrum<br />
und zusätzlichen elevations- und/oder azimutabhängigen Phasenzentrumsvariationen (PCV) angegeben werden (vgl.<br />
u.a. Böder, 2002 und Menge, 2003). Relative Kalibrierungen zu einer Referenzantenne (Dorne Margolin T) sind ausreichend<br />
für kurze Basislinien bzw. kleinräumige Netze und werden im Regelfall heute schon verwendet. Im Gegensatz<br />
dazu sollten auf langen Basislinien absolut kalibrierte Antennen verwendet werden (Mader, 1999). Aufgrund unmodellierter<br />
systematischer Effekte in den GPS-Auswerteergebnissen auf langen Basislinien bei Verwendung absolut kalibrierter<br />
Antennen, die der Nichtberücksichtigung der Antennenphasenzentren der GPS-Satelliten zugeschrieben werden