capra ibex - Nationalpark Berchtesgaden
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mögliche Konkurrenzsituation zwischen den 3 genannten Arten<br />
und dem Steinwild in den österreichischen Wintereinständen<br />
der Untersuchungspopulation (Blühnbach) ist mir<br />
nichts bekannt. Eine Klärung der dortigen Gegebenheiten<br />
wäre wünschenswert.<br />
Beeinträchtigungen des Bergwaids durch Verbiß- oder<br />
Schlagschäden durch die Steinböcke treten im <strong>Nationalpark</strong>gebiet<br />
nicht auf. Aus anderen Regionen sind jedoch z. T. erhebliche<br />
Schädigungen des Waldes durch ansässige Steinwildpopulationen<br />
beschrieben. BRÜLLHARDT & LÜPS (1984)<br />
und LÜPS et al. (1986) schildern Waldschäden im Berner<br />
Oberland speziell an Aufforstungen zum Schutz gegen Lawinen<br />
und in natürlichen Verjüngungen des Waldes. Den gleichen<br />
Sachverhalt beschreibt RADI (1981) aus dem Kanton<br />
Graubünden. Beide Fälle sind auf überhöhte Wildbestände<br />
zurückzuführen. Durch eine sorgfältige Bejagung des Steinwildes<br />
wird versucht, die auftretenden Schäden zu reduzieren.<br />
Empfehlungen zur jagdlichen Planung in überhöhten<br />
Steinwildbeständen gibt SCHRÖDER (1982):<br />
Das Angebot an nutzbarem Raum während der Sommer- und<br />
Herbstmonate ist im <strong>Nationalpark</strong> vergleichsweise riesig.<br />
Allein die ausgewiesenen Flächen potentiell hoher und mittlerer<br />
Nutzung (Potentialkarte Sommer) entsprechen 33,2 km 2 •<br />
Die Flächenstatistik der' potentiellen Verbreitung entspricht<br />
nicht ganz der Realität. Etwas isoliert liegende, kleine potentiell<br />
nutzbare Areale müßten hier abgezogen werden, da sie<br />
für das Steinwild aufgrund ihrer gringen Größe nicht attraktiv<br />
sind. Trotzdem können die vorhandenen Sommer- bzw.<br />
Herbsteinstände ein Ansteigen des Steinwildbestandes leicht<br />
auffangen, was ein Vergleich zu anderen Steinwildpopulationen<br />
verdeutlicht. Das italienische Revier Leviona beherbergte<br />
mit 8 km 2 Fläche und einem Bestand von ca. 160 Stück<br />
Steinwild, also auf einer 4mal kleineren Fläche, ca. 3mal soviel<br />
Steinböcke (STEINBORN, 1971), was auf das Vorhandensein<br />
geeigneter Wintereinstände zurückzuführen ist und<br />
die Bedeutung des Winters nochmals unterstreicht. Die Population<br />
am Brünnstein (Oberaudorf am Kaisergebirge) steht,<br />
abgesehen von gelegentlichen Ausflügen in die nähere Umgebung,<br />
mit ca. 60 Tieren auf nur 120 ha Fläche (BÜLOW v.,<br />
1978). Das Areal der großen Kolonie am Piz Albris (ca. 600<br />
Tiere) mißt laut NIEVERGELT (1966) ca. 150 km 2 •<br />
Die Frage, warum das Steinwild im <strong>Nationalpark</strong>gebiet nicht<br />
ein größeres Areal nutzt, stellt sich zwingend, denn die Potentialkarte<br />
Sommer scheint genügend Möglichkeiten zu eröffnen.<br />
Bis auf eine Ausnahme, eine Einzelbeobachtung eines<br />
Bockes im Watzmannbereich (d'OLEIRE-OLTMANNS, 1988),<br />
blieben das Watzmann- und Hochkaltermassiv sowie der Südwestabfall<br />
der Reiteralpe bis heute vom Steinwild ungenutzt.<br />
Eine mögliche Antwort ist die geringe Populationsgröße und<br />
darum fehlende Notwendigkeit einer weiteren Ausdehnung<br />
des Areals. Warum wandern jedoch Tiere vom Grieskogel<br />
zum Kahlersberg, wenn der Weg in Bereiche potentiell hoher<br />
Nutzung im Watzmannmassiv kürzer ist? Nach RADI (1984)<br />
und NIEVERGELT (1966) sind Gletscher sowie unter der oberen<br />
Waldgrenze liegende Talsohlen die wirksamsten Verbreitungsgrenzen<br />
des Alpensteinbocks, wobei es natürlich auch<br />
hier Ausnahmen gibt. Ein solcher, überwiegend bewaldeter,<br />
Einschnitt zieht sich von der Schrainbach-Alm über die Sigeretplatte<br />
ins Wimbachgries und trennt die südlichen Ausläufer<br />
des Watzmannmassivs vom Areal der Steinböcke im<br />
<strong>Nationalpark</strong>. Auf die gleiche Weise isoliert das Hirschbichltal<br />
104<br />
die Reiteralpe samt Stadelhorn vom Steinbockareal. Die<br />
Hochlagen um den Hochkalter mit großflächigen Gebieten<br />
potentiell hoher Nutzung wären aber für die Tiere problemlos<br />
zu erreichen. Hier könnte jedoch die große räumliche Entfernung<br />
zu den Wintereinständen ein Hemmfaktor sein.<br />
In der Literatur wird das Steinwild, bis auf den Wechsel vom<br />
Sommer- ins Winterquartier, als sehr standorttreu beschrieben<br />
(u. a. ONDERSCHEKA & HARTL, 1989; DÄNZER,<br />
1979). Diese Verschiebung fällt zeitlich mit der Schneeschmelze<br />
im Frühjahr und dem Wintereinbruch zusammen<br />
(HOFMANN & NIEVERGELT, 1972). NIEVERGELT (1966)<br />
beschreibt größere saisonale Wanderungen in der Vertikalen<br />
und begründet diese mit dem je nach Jahreszeit unterschiedlichen<br />
Nahrungsangebot in verschiedenen Höhenstufen.<br />
Tageszeitliche Wanderungen in den Sommermonaten<br />
wurden u. a. von STEINBORN (1973) beschrieben. Danach<br />
ziehen die Tiere zwischen der Morgendämmerung und Mittag<br />
hangauf und ab ca. 16:30 Uhr bis zum Einbruch der<br />
Nacht hangabwärts. Der Höhenunterschied betrug mehrere<br />
hundert Meter. Die Ergebnisse meiner Untersuchungen<br />
decken sich damit nicht; tageszeitabhängige Vertikalverschiebungen<br />
habe ich nicht beobachtet. Über die Nachtaktivität<br />
des Steinwilds ist fast nichts bekannt. GEORGII (1978)<br />
bezeichnet den Steinbock als fast rein tagaktiv, stützt sich dabei<br />
jedoch auf Zoobeobachtungen. Radiotelemetrische Untersuchungen<br />
würden einen guten Einblick in das nächtliche<br />
Aktivitäts- und Raumnutzungssmuster des Steinwilds im Freiland<br />
ermöglichen.<br />
Über Wanderentfernungen liegen mir nur die Angaben von<br />
AESCHBACHER (1978) vor. Er beschreibt für die Population<br />
im Val Trupchun (Oberengadin/Schweiz) je nach Wanderroute<br />
eine Distanz von 6 bis 9 Kilometern zwischen Sommerund<br />
Wintereinstand. Durch das jeweilige Geländerelief ist eine<br />
genaue Streckenbestimmung sehr problematisch. Eine Methode,<br />
die mögliche Lage und genaue Länge solcher Wanderstrecken<br />
des Steinwilds im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Berchtesgaden</strong><br />
zu bestimmen, könnte die Anwendung des GIS ARC/INFO<br />
Computerprogramms "NETWORK" sein. Durch die Vorgabe<br />
bevorzugt genutzter Landschaftstypen während der Wanderungen<br />
und den im GIS gespeicherten Informationen kann<br />
das Programm die Lage der potentiell günstigsten Wanderrouten<br />
aufzeichnen sowie exakte Streckenangaben liefern.<br />
Die Einarbeitung in das System ist jedoch sehr zeitaufwendig,<br />
weshalb auf seine Anwendung verzichtet werden mußte.<br />
Die von mir angegebenen Entfernungen sind Verbindungen<br />
der Beobachtungspunkte bekannter Individuen in der Luftlinie.<br />
Demnach trifft die häufig beschriebene Standorttreue des<br />
Steinwilds (u. a. ONDERSCHEKA & HARTL, 1989) für die Untersuchungspopulation<br />
sicherlich nicht zu, da die tatsächlich<br />
zurückgelegten Strecken noch wesentlich größer sein müssen.<br />
Der Aktionsraum des Bocks "Prinz" (Alter 8 Jahre) umfaßt<br />
nach der MAM-Methode berechnet 6,2 km 2 . Die Aktionsräume<br />
einiger Geißen sind noch erheblich größer. Eine genaue<br />
Flächenberechnung dieser Aktionsräume durch die<br />
MAM-Methode würde jedoch ein falsches Ergebnis bringen,<br />
da eine Verbindung der äußeren Verbindungspunkte Flächen<br />
umfaßt, die vom Steinwild sicher nicht genutzt werden (Waidgürtel,<br />
Seen, Höhenstufen unter 1000 Meter ü. NN). Das relativ<br />
kleine Datenmaterial läßt die Anwendung alternativer<br />
Aktionsraumberechnungen, z. B. GRID- und BUFFER-Methode,<br />
nicht zu. Der Einsatz von Radiotelemetrie hätte hier