capra ibex - Nationalpark Berchtesgaden

der anderen führenden Geiß, die ebenfalls in Richtung des
jüngeren Tieres sicherte. Näherte sich dieses weiter der Kitz­
Geißen-Gruppe, zog die eine Geiß zielstrebig auf den "Eindringling"
zu, um diesen anschließend anzugreifen und ca. 20
Meter laufend zu verfolgen. Dieser Vorgang wiederholte sich
insgesamt 4mal. Das Verhalten wurde während der frühen Beobachtungsphase
(bis Juli) häufiger registriert, u. a. am 19.7.
an derselben Gruppe. Ab August konnte dies nicht mehr beobachtet
werden, und die Kitz-Geißen-Gruppen schlossen
sich mit jüngeren Geißen und Böcken zu gemeinsamen Verbänden
zusammen. So konnte am 13.8. ein 31 er-Rudel, bestehend
aus 3 jungen Böcken, 11 Geißen mit Kitz und 6 nicht
führenden Geißen, im Eisgraben beobachtet werden.
Während die Kitze in früher Jugend dicht bei ihren Müttern
standen bzw.lagen und diesen ständig folgten, begannen sie
nun selbständige Ausflüge zu starten und "Kindergärten" zu
bilden, die sich aber stets im Rudel befanden. In diesen Kindergärten
erkletterten die Kitze nahe gelegene Felsen, verfolgten
sich spielerisch oder führten Kampfspiele durch. Eine
oder mehrere der führenden Geißen standen während dieser
Phasen in unmittelbarer Nähe der Kitze. Die anderen Geißen
ruhten dann in lockeren Verbänden, fraßen oder käuten wieder.
Die Nahrungsaufnahme erfolgt stehend, liegend oder
"kniend", wobei sich die Tiere auf die Handgelenke der Vorderläufe
niederlassen. Während der Nahrungsaufnahme in
stehender Haltung befinden sich die Vorderläufe entweder
direkt nebeneinander oder in SchrittsteIlung versetzt. Sämtliche
Verhaltensweisen dieser Geißen wurden durch häufiges
Sichern unterbrochen. Die Kitze wurden unregelmäßig gesäugt
und folgten häufig zu mehreren einer Geiß, die sich im
Rudel bewegte. Auch bei Standortwechseln der gesamten
Abb.57: Steingeiß mit Kitz (4 Monate alt).
Rudel zogen die Kitze oft zu dritt oder viert hinter einer Geiß
her. Auseinandersetzungen zwischen führenden Geißen wurden
von mir nur dreimal beobachtet. Die Tiere prallen dabei
mit den Gehörnen aufeinander oder rammen sich in die Seite
oder Flanke und versuchen ihre Wiedersacherin mit gesenktem
Haupt wegzuschieben. Verletzungen wurden nicht
registriert.
Die Ruhephasen, oft gekoppelt mit Wiederkäuphasen, lagen
überwiegend in den Mittagsstunden. An Tagen großer Hitze
suchten die Tiere unter überstehenden Felsen oder in
höhlenähnlichen Felsnischen Schutz vor der Sonne. Dieses
Verhalten wurde auch bei den Böcken und nicht führenden
Geißen beobachtet.
3.6.2 Nicht führende Geißen
Die weiblichen Tiere ohne Kitz standen während der Beobachtungen
in der Nähe der Kitz-Geißen-Gruppen oder später
innerhalb der Rudel selbst (s.o.) und zogen dann mit diesen
umher. Verbände nicht führender Geißen wurden nicht registriert.
Eine Ausnahme der geschilderten Verhaltensweisen
bildeten zwei nicht führende Geißen der Altersklasse 5 (10
Jahre und älter). Diese beiden Tiere, als "Geitgeiß I und 11" benannt,
wurden 4- bzw. 5mal beobachtet. Am 18.8.1988 fand
ich beide um 9:00 Uhr allein ca. 150 Meter westlich des Hochsäulgipfels.
Die Tiere waren völlig vertraut und sehr ruhig. Am
8.9. beobachtete ich beide erneut auf dem Hochsäul - wiederum
allein. Am 11.9. standen beide mit drei anderen Geißen
und 3 Kitzen im Rudel auf dem Südwestabfall des Kahlersbergs
und am 20.9. mit 8 Geißen, 6 Kitzen und 2 einjährigen
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