capra ibex - Nationalpark Berchtesgaden
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pischen Meer, von Mittelskandinavien bis Griechenland. Dazu<br />
mußten Anpassungsmechanismen an das Leben von der Küsten-<br />
bis in die Alpenregion entwickelt werden (EISFELD,<br />
1979). Darüber hinaus sind adaptive Verhaltensweisen entstanden,<br />
die ein Überleben selbst in immer stärker vom Menschen<br />
veränderten Gebieten ermöglichen. Diese enorme Anpassungsfähigkeit<br />
ist auch bei den 7 beobachteten Rehen<br />
in unterschiedlicher Weise zu erkennen.<br />
Betrachtet man beispielsweise die beiden Gruppen 1 (Reh Nr.<br />
1, 4, 7) und 2 (Reh Nr. 6, 9, 10), so ist für Gruppe 2, mit<br />
geringen Siedlungsanteilen in den Streifgebieten eine Bevorzugung<br />
der Waldränder und eine starke Nutzung der Wiesen<br />
auch am Tag zu erkennen. Eine tageszeitlich differenzierte<br />
Nutzungsweise läßt sich für diese Gruppe nicht feststellen.<br />
Gruppe 1 zeigt als Anpassung an die tageszeitlich unterschiedlich<br />
intensive Nutzung des Gebietes durch den Menschen<br />
ein von Gruppe 2 abweichendes Verhalten. Diese<br />
Rehe wechseln in den Dämmerungsphasen vom Tag- zum<br />
Nachteinstand bzw. umgekehrt und nutzen nur nachts die<br />
Freiflächen zur Nahrungsaufnahme. Tagsüber wählen sie<br />
Fichtenforste und Bergmischwälder als Deckungs- und Rückzugsmöglichkeiten.<br />
GEIGER (1981) beschreibt für ein Mischwaldgebiet in der<br />
Schweiz aufgrund von Losungsprotokollen Präferenzen für<br />
himbeer- und brombeerreiche Fichten- und Föhrenforste und<br />
Lichtungen. Dickungen und Jungwuchs werden "leicht" bevorzugt.<br />
Im Nürnberger Reichswald erfaßt KÖNIG (1987) durchschnittlich<br />
35 % der radiotelemetrisch erhobenen Tagesbeobachtungen<br />
in Jungbestands- und Jungdurchforstungsflächen,<br />
wobei die Unterschiede dieser Kategorien in zwei<br />
Vergleichsrevieren etwa 20 % betragen. Die Ergebnisse der<br />
Bayerischen Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt<br />
weisen in 2 von 3 untersuchten Revieren des Nürnberger<br />
Reichwaldes die Altdurchforstungen als am stärksten genutzt<br />
aus. Im 3. Revier werden die Jungbestandspflegezonen am<br />
häufigsten frequentiert (BAYERISCHE FORSTLICHE VER<br />
SUCHS- UND FORSCHUNGSANSTALT, 1989).<br />
Neben Wiesen und Dickungen präferieren die von THOR<br />
(1988) beobachteten 10 Rehe im Bayerischen Wald Fichten<br />
Tannen-Bestände; Windwurfflächen werden ebenfalls stark<br />
genutzt. Darüber hinaus wird eine Bevorzugung von Grenzlinienbereichen<br />
und Gebieten mit heterogener Strukturverteilung<br />
festgestellt.<br />
ONDERSCHEKA & JORDAN (1976) untersuchten in zwei<br />
verschiedenen Gebieten der Voralpen den Einfluß des Biotops<br />
auf die Äsung bei 4 Wildwiederkäuerarten. ließen sich<br />
für ein Gebiet artspezifische Unterschiede der Äsung durch<br />
die Untersuchungen der pflanzlichen Zusammensetzung des<br />
Panseninhalts feststellen, so gingen diese Grenzen bei sehr<br />
starkem Konkurrenzdruck durch Rot-, Muffel- und Gamswild<br />
im zweiten Gebiet verloren. Diese Arbeit zeigt, daß die Habitatnutzung,<br />
wie oben erwähnt, nicht nur unter dem Einfluß der<br />
Ressourcenverteilung steht, sondern durch weitere Faktoren<br />
wie z. B. das Vorkommen von Nahrungskonkurrenten geprägt<br />
ist.<br />
Beim Vergleich der verschiedenen Arbeiten läßt sich eine für<br />
die "Konzentratselektierer" (HOFMANN & GEIGER, 1979 in<br />
EISFELD, 1979) typische Bevorzugung von nahrungsreichen<br />
Verjüngungsflächen wie Windwurfgebieten und Gehölzsukzessionen<br />
aber auch von landwirtschaftlichen Freiflächen erkennen.<br />
Bei dem ausgeprägten Charakter dieserTierart (BAYERN v.,<br />
1975) ist es durchaus möglich, daß sich individuelle Unterschiede<br />
in der Habitatnuztung, etwa durch tageszeitlich unterschiedliche<br />
Verhaltensweisen, bei einer Gesamtbetrachtung<br />
aller Rehe aufheben.<br />
Die mit Hilfe eines Geographischen Informationssystems erstellte<br />
potentielle Rehverbreitungskarte des Biosphärenreservats<br />
wurde aus den Ergebnissen der Raumnutzung von<br />
7 Rehen abgeleitet. Bei einer Übertragung dieser Informationen<br />
auf nicht untersuchte Flächen ist innerhalb des Vorfeldes<br />
von einem sehr einheitlichen Landschaftscharakter auszugehen.<br />
Vielfältiger dagegen gestaltet sich der <strong>Nationalpark</strong>,<br />
was sich in einem größeren Fehler der hochgerechneten Nutzung<br />
niederschlagen dürfte. Berücksichtigt werden muß die<br />
Tatsache, daß im <strong>Nationalpark</strong> keine Rehwild-Fütterungen<br />
angelegt sind, was die Attraktivität dieses Gebietes für Rehe<br />
herabsetzen dürfte und einen Teil der Tiere dazu veranlassen<br />
wird, diesen im Winter zu verlassen. Darin ist u. a. auch ein<br />
Grund zu suchen, daß Gebiete südlich des Königsees, die<br />
potentiell für das Rehwild nutzbar sind (z. B. Röth), tatsächlich<br />
nicht genutzt werden (SCHELLMOSER, münd!. Mit.). Die<br />
potentielle Verbreitungs- und Nutzungskarte sollte besonders<br />
im Bereich des <strong>Nationalpark</strong>s durch eine Auswertung der<br />
Abschußdaten mit Hilfe des GIS verifiziert werden.<br />
Die Habitatanalyse läßt erkennen, daß Rehe nicht gleichmäßig<br />
in ihrem Streifgebiet vorkommen, sondern sich u. a.<br />
bestimmt durch Landschaftsstrukturen oder Nahrungskonkurrenz<br />
in ihrem Aktionsraum verteilen. Die erfaßten Nutzungsmuster<br />
unterstreichen dieses Ergebnis. Es zeigt sich,<br />
daß die beobachteten Rehe im Sommer einen sehr kleinen<br />
Bereich ihres Homeranges schwerpunktmäßig nutzen und<br />
der überwiegende Flächenanteil selten durchstreift wird. Der<br />
gleiche umgekehrt proportionale Zusammenhang besteht für<br />
die Verteilung der Verbißschäden im Reh- und Rotwildhomerange.<br />
DWORSCHAK (1990) stellt aufgrund von Antreffhäufigkeiten<br />
pro Rasterzelle ebenfalls eine intensive Nutzung in Zentren<br />
für den Sommer fest. Im Winter ist seiner Meinung nach die<br />
zu dieser Jahreszeit verstreuter liegende Nahrung der Grund<br />
dafür, daß die Rehe zu einer Extensivierung der Nutzung pro<br />
Flächeneinheit übergehen. THOR (1988) beschreibt für 9 der<br />
10 untersuchten Rehe, sowohl im Winter als auch im Sommer,<br />
Nutzungsschwerpunkte innerhalb der Homeranges, wobei<br />
die Zentren im Winter durch Fütterungen bedingt sind.<br />
Die Nutzungszentren der Rehe Nr. 1, 4 und 7 zeigen keine<br />
Überlappung zu den jeweils anderen markierten Rehe. Die<br />
Betrachtung der Homeranges von Reh Nr. 6, 9 und 10, deren<br />
Nutzungsschwerpunkte sich teilweise überlappen, deuten<br />
darauf hin, daß die Zahl der tatsächlichen Überlappungen der<br />
Streifgebiete um ein Vielfaches höher liegt, wenn man bedenkt,<br />
daß nur ein sehr geringer Anteil der Population im Untersuchungsgebiet<br />
mit Sendern markiert wurde.<br />
Für Reh Nr. 6 und 9 bzw. 6 und 10 zeigen zahlreiche Sichtbeobachtungen,<br />
daß eine gegenseitige "Duldung" (auch der<br />
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