31.12.2012 Aufrufe

capra ibex - Nationalpark Berchtesgaden

capra ibex - Nationalpark Berchtesgaden

capra ibex - Nationalpark Berchtesgaden

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

achtet gelassen. Direkte Angriffe habe ich nicht beobachtet.<br />

Wahrscheinlich sind Angriffe eines Adlers in der Untersuchungspopulation<br />

die Ausnahme, da auch die Berufsjäger bisher<br />

keine geschlagenen Kitze im <strong>Nationalpark</strong> fanden. Daß<br />

der Fuchs als Raubfeind für das Steinwild in Frage kommt,<br />

halte ich in Anbetracht des Lebensraums und der Wehrhaftigkeit<br />

der Tiere (auch der Geißen) für äußerst unwahrscheinlich.<br />

Meine Untersuchungen betrafen auch das Ausmaß und den<br />

Einfluß von Störungen durch Touristen und Tierfotografen.<br />

Menschen veranlassen die Tiere u. a. zu Standortwechseln<br />

(d'OLEIRE-OLTMANNS, 1988). Nachhaltige Störungen durch<br />

Menschen kommen aber im Untersuchungsgebiet nach meinen<br />

Beobachtungen seltener vor als bisher angenommen.<br />

Zum einen liegen viele Einstände in verhältnismäßig unzugänglichen<br />

Gebieten (EisgrabenlWildpalfen/Grieskogel), zum<br />

anderen zeigen die Tiere Beobachtern gegenüber wenig<br />

Scheu. Nach meinen Beobachtungen und denen von KRÄ­<br />

MER & AESCHBACHER (1971) sind freilaufende Hunde als<br />

Störfaktor von wesentlich größerer Bedeutung. Ebenfalls gravierende<br />

Störungen sind Hubschrauber, die panikartige Flucht<br />

auslösen können. Ein Überfliegen der Tiere in den Wintereinständen<br />

kann zu Abstürzen führen. Dieser Sachverhalt gilt<br />

auch für das Gamswild. Hubschrauberflüge über die Kerngebiete<br />

der beiden Arten sollten deshalb nur in Ausnahmefällen<br />

genehmigt werden. BAUER (1982) beschreibt Störungen<br />

durch den Auf- und Abtrieb von Weidevieh. Dieser Faktor<br />

scheidet für die Untersuchungspopulation aus, da alle im<br />

Areal liegenden Almen nicht mehr bestoßen werden.<br />

Die Fluchtdistanz des Steinwilds in den <strong>Berchtesgaden</strong>er Alpen<br />

ist im Vergleich zu der anderer Schalenwildarten außerordentlich<br />

gering. KRÄMER & AESCHBACHER (1971) beschreiben<br />

für das Steinwild im Oberengadin Fluchtdistanzen<br />

zwischen 5 Meter und 500 Meter. Bei meinen Versuchen zur<br />

Fluchtdistanz lagen die Werte teilweise unter 3 Metern. Möglicherweise<br />

ist dies auf individuelle Bekanntheit meiner Person<br />

und besonders ruhiges, unauffälliges Verhalten zurückzuführen.<br />

Andererseits nähern sich Tiere manchmal auch anderen<br />

Personen bis auf einige Meter (HUGO, 1988 mündl.<br />

Mit.). D'OLEIRE-OLTMANNS (1988) sieht eine Begründung<br />

für die Vertrautheit der Tiere in vielen Populationen darin, daß<br />

viele Steinwildkolonien mit an den Menschen gewöhnten Zoobzw.<br />

Gehegetieren begründet wurden. BAUER (1982) beschreibt<br />

die Tiere der Pitztal-Population gegenüber Fotografen<br />

und Bergwanderern als fast zahm.<br />

Die beobachteten Gruppengrößen entsprechen weitgehend<br />

denen in anderen Populationen. So fand NIEVERGELT (1971)<br />

im Safiental (Schweiz) ebenfalls Gruppengrößen bis zu 30 Individuen.<br />

Ausnahmsweise kommen größere Ansammlungen<br />

vor, die, wenn sie mehr als 50 Tiere umfassen, nach NIE­<br />

VERGELT & ZINGG (1986) reine Bockverbände sind. Die Zusammensetzung<br />

der einzelnen Rudel änderte sich während<br />

meiner Freilanduntersuchung sehr häufig. Nach der Auflösung<br />

der Mutterrudel und der Bildung gemischter Verbände trennten<br />

sich die Tiere oft, das Bockrudel ausgenommen. Nach<br />

GRZIMEK & NIEVERGELT (1979) ist dagegen ein Steinbockverband<br />

zwar keine starre Einheit, dennoch sind die<br />

Gruppen, in denen sich die Tiere gegenseitig kennen, oft über<br />

längere Zeit recht festgefügt. Ob und in welchem Maße sich<br />

die Tiere untereinander kennen, ist sicherlich von der Populationsgröße<br />

und dem ihr zur Verfügung stehenden Raum ab­<br />

hängig. Langzeitbeobachtungen individuell bekannter Tiere<br />

könnten zur Klärung der Mechanismen beitragen, die an der<br />

Rudelbildung beteiligt sind.<br />

Die Bildung von Kindergärten innerhalb der Gruppen ist für<br />

viele Hornträger beschrieben, u. a. für das Dickhornschaf<br />

(Ovis canadensis) (WALTHER, 1988) und die Gemse (MEI­<br />

LE, 1983). Die Steinbockkitze gehören zu den Folgern. Bereits<br />

im Alter von ca. 35 Tagen überwinden sie die gleichen<br />

Höhenunterschiede und Hindernisse wie die erwachsenen<br />

Tiere (PLETICHA, 1973). Ebenfalls zu den Folgern innerhalb<br />

der Hornträger gehören u. a. die Jungen der Schneeziege<br />

(Oreamnos americanus) und allen Wildziegen und -schafen.<br />

Die beobachteten Spielformen, Lauf-, Kletter-, Sprung- und<br />

Kampfspiele sind für Hornträger typisch (WALTHER 1988).<br />

Die Ergebnisse betreffs der genutzten Landschaftstypen entsprechen<br />

den Erwartungen (COUTOURIER, 1982; NIEVER­<br />

GELT, 1966; DÄNZER, 1979). Der Landschaftstyp Wald wird<br />

auch von anderen Steinwildpopulationen nicht oder kaum genutzt.<br />

Einen Sonderfall stellt die Population am Hochlantsch<br />

(Österreich) dar, deren Areal kaum über die Waldgrenze reicht<br />

(KOFLER, 1981, 1982a; SCHRÖDER, 1982). Von den vorhandenen<br />

Höhenstufen oberhalb der Waldgrenze im Untersuchungsgebiet<br />

werden die Bereiche oberhalb von 2100 Meter<br />

Ü. NN bevorzugt genutzt. Für diese Höhenlagen ist der<br />

Präferenzindex jeweils>1. Sofern möglich, werden auch in<br />

anderen Gebieten die Höhenstufen oberhalb der 2000-Meter-Höhenlinie<br />

genutzt, wobei teilweise auch Einstände oberhalb<br />

von 3000 Meter Ü. NN aufgesucht werden (u. a. NIE­<br />

VERGELT, 1966; ZINGG, 1988). Die höchstgelegene Beobachtung<br />

von Steinwild in den Alpen lag am Matterhorn auf<br />

4300 Meter Ü. NN (STEINBORN, 1973). Die Nutzung dieser<br />

Höhenstufen charakterisiert den Alpensteinbock als ausgesprochenes<br />

Hochgebirgstier. Der Sibirische Steinbock (Capra<br />

<strong>ibex</strong> sibirica), in Aussehen und Lebensraumanspruch dem AIpensteinbock<br />

sehr ähnlich, besiedelt im Norden Pakistans regelmäßig<br />

Regionen in 5000 Meter Höhe. Die höchste Beobachtung<br />

dieser Steinbockunterart lag auf 6710 Meter Ü. NN<br />

(HESS, 1988). Außer Steinböcken nutzen nur wenige<br />

Großsäugerarten diese Höhenstufen. Der Himalajathar (Hemitragus<br />

jemiahicus) besiedelt in Nepal Berghänge bis in<br />

Höhen von 4400 Meter (RICE, 1988). FRANKLIN (1983) schildert<br />

für das Vicunja (Lama vicugna) in den Anden Lebensräume<br />

zwischen 3700 Meter und 5500 Meter Ü. NN.<br />

Über die Präferenz hinsichtlich der vom Steinwild bevorzugten<br />

Hangexposition während der Wintermonate (Süd) ist man<br />

sich in der Literatur einig (s.o.). Nach ONDERSCHEKA &<br />

HARTL (1989) werden sonnenexponierte Plätze im Sommer<br />

gemieden. BUBENIK (1984) bezeichnet beim Steinwild Wärme<br />

als Stressor. Dagegen werden nach den Ergebnissen von<br />

NIEVERGELT (1966) südexponierte Hänge während des<br />

ganzen Jahres bevorzugt besiedelt, was ich durch meine Ergebnisse<br />

bestätigen kann. Dabei ist zu bedenken, daß die<br />

Temperatur mit zunehmender Höhe abnimmt. Daraus können<br />

sich Unterschiede in der Nutzung verschiedener Expositionen<br />

in unterschiedlichen Höhenstufen ergeben, was auf die<br />

Untersuchungspopulation jedoch nicht zutrifft.<br />

Eine Abhängigkeit der Steinwildeinstände von bestimmten<br />

geologischen Verhältnissen konnte bisher nicht ermittelt werden<br />

(ONDERSCHEKA & HARTL, 1989). Allerdings nimmt der<br />

geologische Untergrund indirekten Einfluß auf die Qualität ei­<br />

107

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!