Theaterpädagogisches Begleitmaterial - Theater Marburg
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Auszüge aus Melissa Müller: Die kleinen Könige der Warenwelt. Kinder im Visier der<br />
Werbung. Campus Verlag, 1997.<br />
Zielgruppe Kinder: zum Zähneausbeißen<br />
„Kaum eine Branche, die sich nicht für Kinder und Jugendliche interessiert. Immerhin sind sie die<br />
Kunden von morgen“, berichtet die Leiterin des Jugendforschungsinstituts in München, Brigitte Melzer-<br />
Lena, die sich seit 25 Jahren mit Kindern als Konsumenten beschäftigt. Kaum eine Zielgruppe, die<br />
Werber und Produktentwickler so ins Schwitzen bringt wie die Kinder.<br />
Kinder? In der Werbewelt ist der Begriff tabu. Die Altersgruppen zwischen fünf und fünfzehn heißen<br />
Girls, Boys, Kids, Youngsters, Minis, Subteens. Durch die Brille der Werbewelt gesehen sind sie keine<br />
unmündigen Dreikäsehochs, sondern hyperkritische, „total abgedrehte“, „ur-anspruchsvolle“<br />
Trendsetter. Naturgemäß bilden sie die Zielgruppe, die sich am rasantesten verändert. Anders als<br />
die der Erwachsenen wird sie von der Werbewelt in der Regel aber nur nach dem Alter unterteilt<br />
und nicht etwa in A-, B- und C-Schichten, die vom Einkommen oder der Aus- und Berufsbildung<br />
abhängen.<br />
Kindergarten- und Vorschulkinder<br />
Ihre Umwelt ist keine Dingwelt, sondern eine Markenwelt. Kinder im Alter von etwa fünf fahren<br />
verfügen über eine erstaunliche, oft geradezu beängstigende Markenkenntnis. Täglich lernen sie<br />
neue Begriffe kennen. Im Kindergarten, auf dem Spielplatz und im Ballettunterricht erfahren sie,<br />
was andere Kinder besitzen. Wenn Julia ihren Freundinnen ihre „Hot Skatin' Barbie“ im neuesten<br />
Rollerskate-Outfit vorführt, dann wird die Puppe plötzlich zum Maß aller Dinge. Wenn Christoph mit<br />
seinem neuen Mountainbike angeradelt kommt, dann sieht Clemens auf dem Klapprad, das er von<br />
seinem älteren Bruder „geerbt“ hat, ziemlich alt aus.<br />
Vorschulkinder tragen erstmals massiv Konsum- und Markenwünsche an die Eltern heran. Diese<br />
lassen sich von der scheinbaren Unersättlichkeit ihrer Kleinen ziemlich beunruhigen - eine<br />
Unersättlichkeit, deren Ursache jedoch leicht zu erklären ist: Sie ist oft nichts anderes als der<br />
Ausdruck des zermürbenden alltäglichen Kampfes um Anerkennung in ihrem Freundeskreis,<br />
der für die Kinder nun vordergründig wichtiger ist als die Beziehung zu den Eltern. Besitz schafft<br />
diese Anerkennung. Besitz schafft Sympathie und Respekt.<br />
Nur eine Minderheit zeigt in diesem Alter schon Verständnis für die ökonomische Funktion von<br />
Geld, für Wirtschaft oder Werbung. Jene Kinder, die den Anschein vermitteln, mit Geld bereits<br />
umgehen zu können, sind uns wahrscheinlich ohnehin suspekt. Wir empfinden sie als altklug und<br />
wünschen uns, sie mögen doch „noch Kinder bleiben“.<br />
Die kognitive Fähigkeit von Fünfjährigen, Informationen aufgrund bereits erworbener Erfahrungen<br />
zu verarbeiten, ist in der Regel schon recht weit ausgebildet. Allein - es fehlt ihnen an Erfahrung. Die<br />
scheinbaren Wirklichkeiten, die ihnen etwa das Fernsehen vorsetzt, nehmen sie deshalb als<br />
Realität hin. Eine Puppe, die auf dem Bildschirm mit einem strahlenden Lächeln durch das<br />
Kinderzimmer fliegt, kann fliegen. Phantasie und Realität auseinanderzuhalten, fällt den Kindern<br />
schwer. Die ihnen präsentierten Wirklichkeiten auf ihre „Echtheit“ hin einzuschätzen, das können<br />
die meisten Kindergartenkinder schon aufgrund der Flut von neuen Reizen und Eindrücken, die<br />
ohne Pause auf sie einströmen, kaum leisten. Deshalb sind sie durch irreführende Werbung<br />
besonders gefährdet.<br />
Schulkinder<br />
Sie bauen intensiven Kontakt zu älteren Kindern auf, sehen, welche Kleider die „Großen“ tragen<br />
oder welche „Statussymbole“ sie für „unbedingt notwendig“ erachten. Sie führen begeisterte<br />
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