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Theaterpädagogisches Begleitmaterial - Theater Marburg

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Frage“ zu sein. Die Antwort ist unerheblich. Worauf es ankommt, ist schließlich die Reaktion der<br />

Kids. Und die scheinen zu dem Stoff, aus dem die Werbe- und Konsumwelt ist, immer dann zu<br />

greifen, wenn die wirkliche Befriedigung fehlt.<br />

Konsumopoliten der Welt, vereinigt Euch<br />

Konsum ist wertfrei und nicht a priori negativ. Konsumieren ist nicht prinzipiell eine Ersatzhandlung.<br />

Konsumieren will – das vergessen wie heute manchmal – zuallererst ganz normale<br />

Bedürfnisse befriedigen: den Hunger stillen, den Durst löschen und Schutz gegen die Kälte bieten.<br />

Zu konsumieren bedeutet zu kommunizieren, zu interagieren, die Sinne zu schärfen, die Kreativität<br />

zu wecken. Auch daran ist – a priori – nichts Negatives zu finden. Konsumieren generell als<br />

Fetischhandlung unmündiger Verbraucher diskriminiren zu wollen, würde die Problematik der<br />

Konsumgesellschaft deshalb ins falsche Licht rücken.<br />

Und doch hat sich der Konsum als solcher einen negativen Beigeschmack eingehandelt; denn<br />

unsere Umwelt, die Gesellschaft, in der wir uns bewegen, in der unsere Kinder aufwachsen, weckt<br />

Wünsche, Erwartungen, Ansprüche, Hoffnungen, stellt Forderungen, die durch immer neue,<br />

üppigere, ausuferndere Konsumerlebnisse befriedigt werden sollen. „Alle Probleme, die die<br />

Lebensqualität bestimmen – Gesundheit, Vorsorge, Glück, Arbeit etc.“, schreiben die<br />

Wissenschaftler Norbert Bolz und David Bossart, „hängen von Konsumakten ab.“ Die Warenwelt<br />

hat in vielen Fällen eine überdimensionale Bedeutung bekommen, menschliche Werte geraten<br />

dagegen häufig ins Hintertreffen.<br />

Von Konsumerismus, Konsumterror, Konsumsucht und Konsumgier ist deshalb die Rede,<br />

konsumgeile Menschen setzen habgierige Konsumkids bzw. willige Konsumenten in die Welt. Für<br />

einen erschreckend großen Teil der Kinder spielt im menschlichen Miteinander das „Haben“ heute<br />

eine größere Rolle als das „Sein“, denn erst das Haben bedingt das Sein. Hast du was, dann bist<br />

du was. Eine Katastrophe würde sich anbahnen, wäre das plötzlich nicht mehr so: Würden wir<br />

unser Konsuminteresse tatsächlich wieder auf unsere Grundbedürfnisse beschränken, die<br />

Marktwirtschaft stünde vor ihrem Zusammenbruch – und mit ihr die Zukunft unserer Kinder. Also<br />

machen wir brav mit. Mehr noch: Obwohl die meisten von uns das Spiel sehr wohl durchschauen,<br />

haben wir den Konsum zu einer Form von Selbstausdruck stilisiert, der sich in einem hohen Stil-<br />

und Markenbewusstsein manifestiert.<br />

Unsere Kinder haben es nie anders kennengelernt. Sie bekommen mit, welch hohen<br />

Stellenwert die Erwachsenen ihren materiellen Wünschen einräumen, wieviel Energie und<br />

Zeitaufwand sie investieren, um Wünsche Wirklichkeit werden zu lassen. Endlich die neue<br />

Wohnzimmergarnitur, die man den Nachbarn vorführen, endlich das neue Auto, mit dem<br />

man bei der Verwandtschaft vorfahren kann. So wachsen Kinder mit künstlich erzeugten,<br />

von der Werbung zusätzlich angeheizten Wünschen und Bedürfnissen auf, sei es „nur“<br />

nach Süßwaren, sei es nach Spielzeug oder nach sehr viel kostspieligeren Dingen wie<br />

modischer Kleidung und elektronischen Gebrauchsgegenständen. Immer jüngere Kinder –<br />

kaum des Sprechens mächtig – nimmt die Werbewirtschaft ins Visier. Werbespots versuchen,<br />

schon in Zweijährigen konkrete Wünsche zu wecken. Im Alter von fünf bis sechs Jahren haben sie<br />

meist schon weit mehr Wünsche, als die Eltern und andere edle Spender zu erfüllen in der Lage<br />

sind. Bei einem einzigen Kaufhausbesuch äußert das Durchschnittskind fünfzehn Kaufwünsche.<br />

Zusätzlich dreht sich zu Hause, auf Autofahrten, im Kino, beim Essen, in den Ferien und<br />

besonders stark vor dem Fernsehgerät – geballt natürlich in den mit Werbung gefüllten<br />

Programmpausen – alles um die unerfüllten Kinderwünsche.<br />

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