Ausgabe 1/2009 - Burgenländische Krankenanstalten GesmbH
Ausgabe 1/2009 - Burgenländische Krankenanstalten GesmbH
Ausgabe 1/2009 - Burgenländische Krankenanstalten GesmbH
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Sachwalterschaft<br />
Wenn eine volljährige Person an einer psychischen Krankheit leidet<br />
oder geistig behindert ist und sie aus diesem Grund alle oder einzelne<br />
ihrer Angelegenheiten nicht ohne Gefahr eines Nachteils für sich selbst<br />
besorgen kann, ist für sie durch Beschluss des Gerichts ein Sachwalter<br />
zu bestellen.<br />
Es ist aber nicht ausreichend,<br />
dass die Person an einer psychischen<br />
Krankheit oder geistigen Behinderung<br />
leidet. Es muss noch hinzukommen,<br />
dass die betreffende Person<br />
ihre Angelegenheiten nicht<br />
mehr ohne Gefahr eines Nachteils<br />
für sich selbst besorgen kann.<br />
Ein Sachwalter ist allerdings<br />
nicht zu bestellen, wenn die Angelegenheiten<br />
der Person durch einen<br />
anderen gesetzlichen Vertreter,<br />
durch Familienmitglieder oder<br />
durch soziale Einrichtungen besorgt<br />
werden können. Wenn die betreffende<br />
Person eine Vorsorgevollmacht<br />
oder eine verbindliche Patientenverfügung<br />
für die Besorgung<br />
ihrer Angelegenheiten errichtet hat,<br />
ist ebenfalls von der Bestellung eines<br />
Sachwalters Abstand zu nehmen.<br />
In einer neuen Entscheidung<br />
hat der OGH die Voraussetzungen<br />
für die Bestellung eines Sachwalters<br />
ausführlich dargestellt (3 Ob<br />
286/08t). Demnach darf die Bestellung<br />
eines Sachwalters nur dann erfolgen,<br />
wenn der Betroffene nicht<br />
anders [Möglichkeit der Hilfe in der<br />
Familie oder die Möglichkeit der<br />
Erteilung einer Vollmacht,insbesondere<br />
einer Vorsorgevollmacht] in die<br />
Lage versetzt werden kann, seine<br />
Angelegenheiten im erforderlichen<br />
Ausmaß zu besorgen. Die Anhaltspunkte<br />
für die Notwendigkeit einer<br />
Bestellung eines Sachwalters für eine<br />
behinderte Person müssen konkret<br />
und begründet sein. Sie müssen sich<br />
sowohl auf die psychische Krankheit<br />
oder geistige Behinderung als<br />
auch auf die Schutzbedürftigkeit<br />
beziehen.“<br />
Unterschiedliche Befugnisse<br />
Der Sachwalter kann je nach Ausmaß<br />
der Behinderung und der Art<br />
der zu besorgenden Angelegenheiten<br />
unterschiedliche Befugnisse haben.Er<br />
kann für die Besorgung einzelner<br />
Angelegenheiten (z.B. Abschluss<br />
eines bestimmten Rechtsgeschäftes),<br />
eines bestimmten Kreises<br />
von Angelegenheiten (z.B.Verwaltung<br />
des Vermögens) oder mit<br />
der Besorgung aller Angelegenheiten<br />
betraut sein.<br />
Der Sachwalter hat die behinderte<br />
Person von beabsichtigten<br />
wichtigen Maßnahmen, welche die<br />
Person bzw.das Vermögen betreffen,<br />
zu verständigen und die behinderte<br />
Person hat das Recht, sich zu diesem<br />
Maßnahmen zu äußern.Wenn<br />
der von der betreffenden Person<br />
geäußerte Wunsch nicht ihrem<br />
Wohl entgegensteht, hat der Sachwalter<br />
diese Äußerung zu berücksichtigen.<br />
Pflege persönlichen Kontaktes<br />
Es besteht die Pflicht des Sachwalters,<br />
mit der behinderten Person<br />
den persönlichen Kontakt zu pflegen<br />
und er hat sich darum zu kümmern,<br />
dass der behinderten Person<br />
die erforderliche ärztliche und soziale<br />
Betreuung gewährt wird.<br />
Kann eine behinderte Person<br />
aufgrund fehlender Einsichts- und<br />
Urteilsfähigkeit in eine medizinische<br />
Behandlung nicht einwilligen,<br />
ist die Zustimmung des Sachwalters<br />
erforderlich, soweit sein Wirkungsbereich<br />
die Besorgung dieser Angelegenheiten<br />
umfasst.Der Sachwalter<br />
kann in eine medizinische Behand-<br />
Mag. Elisabeth Jagsch<br />
lung, die gewöhnlich mit einer<br />
schweren oder nachhaltigen Beeinträchtigung<br />
der körperlichen Unversehrtheit<br />
oder Persönlichkeit<br />
verbunden ist, nur zustimmen,<br />
wenn ein vom behandelnden Arzt<br />
unabhängiger Arzt bestätigt,dass die<br />
behinderte Person nicht über die<br />
erforderliche Einsichts- und Urteilsfähigkeit<br />
verfügt und die Vornahme<br />
der Behandlung zur Wahrung<br />
ihres Wohls erforderlich ist.<br />
Gibt es diese Bestätigung nicht<br />
oder gibt die behinderte Person zu<br />
erkennen, dass sie die Behandlung<br />
ablehnt, ist für die Zustimmung des<br />
Sachwalters die Genehmigung des<br />
Gerichts erforderlich.<br />
Das Gericht kann auch dann die<br />
Zustimmung des Sachwalters ersetzen<br />
oder die Sachwalterschaft einer<br />
anderen Person übertragen, wenn<br />
der Sachwalter die Zustimmung zu<br />
einer medizinischen Behandlung<br />
nicht erteilt und dadurch das Wohl<br />
der betreffenden Person gefährdet<br />
wird.<br />
Wenn allerdings die Behandlung<br />
so dringend notwendig ist, dass<br />
durch den Aufschub für die Einholung<br />
der Zustimmung oder der gerichtlichen<br />
Entscheidung das Leben<br />
der behinderten Person gefährdet<br />
oder mit der Gefahr einer schweren<br />
Schädigung der Gesundheit verbunden<br />
wäre, sind die Zustimmung<br />
des Sachwalters und die Entscheidung<br />
des Gerichts nicht erforderlich.<br />
■<br />
Mag. Elisabeth Jagsch<br />
Direktion<br />
Recht<br />
11