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fis, die um soziale Zusammenhänge und Wirkweisen<br />
der Interaktion von Menschen ebenso Bescheid<br />
wissen, wie um konnotative Effekte und<br />
den Einsatz von Sprache, Bild und Ton. Doch von<br />
allen Managern, die derzeit verfügbar sind, entspricht<br />
so gut wie niemand diesem Bild. Dabei haben<br />
gut ausgebildete KommunikationsmanagerInnen<br />
die vielleicht beste Ausgangsposition, sich<br />
in neue, unendlich bedeutsamere Positionen als<br />
heute zu entwickeln. Vielleicht sogar zum wichtigsten<br />
operativen Manager im Unternehmen.<br />
Als die Arthur W. Pages Society, deren Mitglied<br />
ich seit vielen Jahren bin, 2007 die Ergebnisse und<br />
Schlussfolgerungen einer Umfrage unter dem<br />
Titel „The Authentic Enterprise“ veröffentlichte,<br />
war das ein Grundsatzpapier zu einer Neudefinition<br />
der Rolle des Chief Communications Officers<br />
(CCO). Es war auch an andere Top-Manager wie<br />
den HR-Chef oder den Chief Marketing Officer<br />
adressiert und hatte eine Kernaussage: Der CCO<br />
und die mit ihm im Unternehmen verbundenen<br />
Funktionen haben, wenn sie eine Daseinsberechtigung<br />
haben wollen, ihre Arbeit auf die sich aus<br />
vielerlei Gründen dramatisch verändernde Umwelt<br />
des 21. Jahrhunderts einzustellen. 2007 war<br />
allerdings etwas spät, um über eine veränderte<br />
Umwelt zu sprechen, wenn ich mich daran erinnere,<br />
dass ich bei meinem damaligen Arbeitgeber die<br />
erste Company-Homepage schon 1992 hochgezogen,<br />
den ersten Suchindex 1995 online geschaltet<br />
und ein Jahr später mit Marktforschung im Netz<br />
begonnen hatte.<br />
Die Arbeit der Society war und ist frei zugänglich,<br />
wurde aber erstaunlicherweise vor allem von<br />
US-amerikanischen Unternehmen gelesen und<br />
vielfach umgesetzt. Von den großen Multinationalen<br />
in Deutschland hat vielleicht ein gutes Dutzend<br />
den Trend hin zu Authentizität schon früh erkannt.<br />
Authentizität bedeutet ja Echtheit, die den<br />
Gegensatz von Schein und Sein als Möglichkeit zu<br />
Täuschung und Fälschung voraussetzt. Authentizität<br />
ist nachhaltig und ein eigenständiger Wert.<br />
Unbestritten hat sich auch in Deutschland seit<br />
2007 etwas getan, aber bei weitem nicht genug,<br />
denn immer noch glauben viele Organisationen<br />
und Unternehmen, dass man auch ohne Authentizität<br />
nachhaltig erfolgreich sein kann. Auch wenn<br />
der Glaube daran noch stark und weit verbreitet<br />
ist, es hat noch nie funktioniert. In meinen 20 Jahren<br />
im Marketing- und Kommunikationsmanagement<br />
habe ich noch kein Unternehmen, keine<br />
Marke und keinen Menschen erlebt, die mit<br />
Schein nachhaltig erfolgreich gewesen wären.<br />
Und da drängt sich sofort die nächste Frage auf:<br />
Wer pflanzt solche Ideen immer noch in die Köpfe<br />
von Entscheidungsträgern? Er kürzlich gab ein<br />
deutscher Spitzenmanager auf einer Podiumsdis-<br />
PR Report Compendium 2013<br />
Kommunikation 2013 – Hill+Knowlton Strategies<br />
kussion in Düsseldorf dem Publikum den gut gemeinten<br />
Rat: „Sie können den Menschen nichts<br />
mehr verkaufen, das nicht hält, was man versprochen<br />
hat. Das Netz ist da unerbittlich!“ Eine fundamentale<br />
Erkenntnis, an die sich gleich die Frage<br />
anschließt: Was war<br />
denn vor dem Netz?<br />
Schein? Ein Marketingmann<br />
merkte auf<br />
einem anderen Treffen<br />
mit verblüffender Ehrlichkeit<br />
an: „Naja, vor<br />
dem Netz hatten wir eine Art Versuchslabor für<br />
Ratten. Irgendwas hat ihnen am Ende immer geschmeckt.“<br />
Das ist vorbei. Und zwar für immer.<br />
Wer heute ein Markenversprechen abgibt und es<br />
nicht hält, ist schneller tot, als er oder sie sich in<br />
Facebook einloggen kann.<br />
Das Netz ist der Prüfstein, der so genannte<br />
Brand Proof, für fast jede Marke geworden. Das<br />
Netz ist der Marktplatz, an dem die Erfahrungen<br />
mit einer Marke ausgetauscht werden. Und jede<br />
Marke hat heute leicht 100 verschiedene kommunikative<br />
Kontaktpunkte, von denen nur ein<br />
Fünftel für 80 Prozent der Wirkung verantwortlich<br />
zeichnen. Vielfach wird dieser eigentlich sehr<br />
einfachen Mechanismus noch nicht verstanden.<br />
Vielleicht will man einfach nicht wahrhaben, dass<br />
die eigenen, lieb gewonnenen Instrumente und<br />
Methoden an Wirkung verlieren, während diejenigen<br />
derer, die Dialoge führen, die tatsächlich<br />
eine emotionale Markenbindung aufbauen können,<br />
die aus Kunden Fans machen (sprich: der<br />
KommunikationsmanagerInnen), an Bedeutung<br />
gewinnen. Viele dachten zu lange, es genüge einfach,<br />
nur den „Käse“ auszutauschen oder den<br />
medialen Druck zu erhöhen. Jeder PR-Mann erinnert<br />
sich an die Zeit, als man im Marketing eines<br />
bekannten Markenartiklers lieber zwei Spots<br />
mehr schaltete, als sich mit einer guten PR-Kampagne<br />
auseinandersetzen zu müssen. Das ist ein<br />
für allemal vorbei.<br />
Und genau das ist die große Chance der KommunikatorInnen,<br />
die ja einen echten Dialog auf<br />
mannigfaltigen Kanälen führen können. Die um<br />
die kommunikativen Mechanismen und die um<br />
den partizipativen Kunden wissen, einen Kunden,<br />
der nicht nur nimmt, sondern auch bereit ist, etwas<br />
von seiner Begeisterung und seinen Ideen zu geben,<br />
wenn er eine Marke mag. Es wäre die Stunde<br />
der Kommunikatoren, die Chance für sie, in einen<br />
Bereich authentisch einzutreten, den der klassische<br />
Marketer (noch) nicht abdecken kann und es<br />
wäre vor allem eine qualitative und berechtigte<br />
Aufwertung des Kommunikators.<br />
Genau diese Chance zeigt der neuste Bericht<br />
der Society, der den Titel „Corporate Character ▷<br />
Das Netz ist der Prüfstein, der<br />
sogenannte Brand Proof, für fast<br />
jede Marke geworden.<br />
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