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möbel, pendulen, bronzen, spiegel, tapisserien ... - Koller Auktionen

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46<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES<br />

1092<br />

TAPISSERIE „LE PERE DE PSYCHE FAIT UNE OFFRANDE A<br />

APOLLON“, Barock, aus der „Histoire de Psyché“, Atelier des R. DE<br />

LA PLANCHE (Raphaël de la Planche, 1627-1661 Leiter des Ateliers),<br />

nach italienischen Vorlagen der Renaissance, Paris, dat. 1661.<br />

Darstellung einer Tempelanlage mit Figurenstaffage; Psyche und<br />

ihr Vater am Opferstock mit Statue des Apollo, links weitere Personen<br />

und Tiere. Ausserordentlich feine Maskaronen- und Blumenbordüre.<br />

H 280 cm, B 352 cm.<br />

Provenienz: Zürcher Privatsammlung.<br />

1092 (Detail)<br />

Sehr bedeutende Tapisserie von perfekter Qualität.<br />

Unsere Tapisserie besitzt keine Marke, kann aber mit jener im Mobilier<br />

National in Paris (Nr. 48) verglichen werden, die aus dem Atelier des R. de la<br />

Planche stammt. Sie besitzt die identische Bordüre und weist aufgrund der<br />

verwendeten Farben auf das 17. Jahrhundert hin. Da jene aus dem Mobilier<br />

National höher ist (390 cm), muss davon ausgegangen werden, dass unsere<br />

eine verkleinerte Version darstellt.<br />

Als Vorlage diente die berühmte Serie von 32 Stichen aus dem Umkreis des<br />

Raffael von A. Veneziano. Eines der Sujets stellt die Opfergabe des Vaters der<br />

Psyché an Apollo dar, jedoch in anderer Zusammenstellung. Unsere Tapisserie<br />

entspricht mehr dieser Ausführung. Der Priester mit Mitra und die Säulen des<br />

Tempels finden sich beinahe identisch bei „Opfergabe von Jesus im Tempel“,<br />

einer Folge von Tapisserien aus dem Leben von Christus, bekannt als „Scuola<br />

Nuova“, hergestellt in Brüssel zwischen 1523 und 1531. Die Vorlagen hierzu<br />

sind Tommaso Vincidor da Bologna zugeschrieben, Schüler von Raphaël, der<br />

zwischen 1521 und 1535 in den Niederlanden wohnhaft war und die<br />

Verarbeitung italienischer Vorlagen zu Tapisserien im berühmten Atelier des<br />

Pierre van Aelst beaufsichtigte.<br />

Psyche war die jüngste und schönste von drei Königstöchtern. Ihre Schönheit war<br />

so aussergewöhnlich, dass die Menschen sie als irdische Venus anbeteten, was den<br />

Zorn der „echten“ Liebesgöttin erweckte. Venus befahl ihrem Sohn Amor, Psyche<br />

mit der Liebe zum lächerlichsten und niedrigsten aller Menschen zu bestrafen. Als<br />

Amor aber die überirdisch schöne Psyche erblickte, verliebte er sich in sie, vergass<br />

den Befehl seiner Mutter und fasste einen Plan. In der Zwischenzeit hatten Psyches<br />

Schwestern geheiratet, nur sie selbst fand, obwohl sie so schön war, keinen<br />

Ehemann. In Apuleius’ Märchen von Amor und Psyche heisst es:<br />

„Allein in ihres Vaters Hause zurückgeblieben, (...) weint die unglückliche Psyche<br />

ihre leeren Tage hin. Sie dünkt sich in einer öden Wüste verlassen, wird krank an<br />

Körper, krank an Seele (...). Ihr Vater betrübt sich darüber nicht weniger als sie<br />

selbst. Er glaubt endlich, irgendeine zürnende Gottheit müsse ihren Hass auf seine<br />

Tochter geworfen haben. Daher befragt er das uralte Orakel des milesischen<br />

Gottes. Er denkt, vielleicht durch Flehen und Opfer von dieser mächtigen Gottheit<br />

für seine verschmähte Tochter einen Gemahl zu erhalten. Allein Apoll gab (...)<br />

folgende Antwort dem Vater: ‘Stelle die Tochter, zur unheilbringenden Hochzeit<br />

geschmücket, auf des erhabensten Bergs felsigen Gipfel dahin. Ihr ist von sterblichem<br />

Stamm kein Ehegenosse bestimmet, sondern ein Untier, verrucht, grausam<br />

wie Otterngezücht (...). Jupiter scheuet es selbst, den alle Götter doch fürchten.“<br />

Psyches Vater vernahm den Orakelspruch mit Schrecken, wagte jedoch nicht, sich<br />

dem Willen des Apollo zu widersetzen, kehrte heim und tat, wie ihm geheissen.<br />

Unter Tränen brachte er seine jüngste Tochter auf eine einsame Bergspitze; doch<br />

statt eines Dämons erschien Zephyrus, Gott des Westwindes, der Psyche auf<br />

Geheiss Amors in ein wunderschönes Schloss brachte. In diesem Schloss suchte<br />

Amor sie jede Nacht auf, doch tagsüber verschwand er. Da sich Psyche mit der Zeit<br />

einsam fühlte und sich langweilte, gewährte Amor ihr den Besuch von ihren<br />

Schwestern. Amor warnte sie aber, sie dürfe sich nicht von ihnen verleiten lassen<br />

herauszufinden, wer er sei. Die Schwestern wurden von Zephyrus ins Schloss gebracht<br />

und waren zunächst froh, Psyche wohlbehalten vorzufinden. Doch schon<br />

bald erfüllten sie die prächtigen Geschenke, die ihre Schwester von Amor bekommen<br />

hatte, mit zerfressendem Neid. Es gelang ihnen, Psyche davon zu überzeugen,<br />

dass sie ein Ungeheuer geheiratet hätte und sie, inzwischen schwanger geworden,<br />

bald einmal verschlingen würde. Aus Angst um ihr ungeborenes Kind und um sich<br />

selbst befolgte Psyche den Rat ihrer Schwestern und legte in der nächsten Nacht<br />

ein Messer und eine Öllampe neben ihrem Bett bereit. Als Amor eingeschlafen war,<br />

beleuchtete Psyche ihn mit der Lampe, erblickte allerdings kein Ungeheuer, sondern<br />

den wunderschönen Körper des geflügelten Gottes. Von Schönheit und Liebe<br />

überwältigt bemerkte Psyche nicht, wie ein Tropfen heisses Öl auf Amors Haut fiel<br />

und ihn weckte. Der Gott fühlte sich betrogen, flog davon und liess Psyche zurück.<br />

Die junge Frau begab sich auf die Suche nach ihrem Geliebten und wandte sich<br />

dabei auch an die Götter, die ihr jedoch aus Furcht vor Venus’ Zorn die Hilfe verweigerten.<br />

Verzweifelt und ratlos wandte sich Psyche schliesslich an Venus, die ihr,<br />

voller Wut darüber, dass ihr Sohn ihre Befehle missachtet und stattdessen mit<br />

Psyche ein Kind gezeugt hatte, verschiedene lebensgefährliche Aufgaben auftrug.<br />

Dank der Hilfe von Ameisen und sprechenden Schilfrohren gelang es ihr, die<br />

Aufgaben zu lösen. Die letzte Aufgabe führte Psyche in die Unterwelt, wo sie bei<br />

Proserpina eine „Schönheitssalbe“ holen sollte. Auch diesen Auftrag erledigte<br />

Psyche, doch als sie wohlbehalten auf die Erde zurückgekehrt war, liess sie sich von<br />

ihrer Neugier verleiten, öffnete die Dose und trug ein wenig von der Salbe auf, die<br />

eigentlich für Venus bestimmt war. Sofort fiel Psyche in einen todesähnlichen<br />

Schlaf. Amor, der sich in der Zwischenzeit von seiner Verbrennung und<br />

Enttäuschung erholt hatte und die schöne Psyche noch immer liebte, eilte herbei<br />

und verscheuchte mit seinen Flügeln den Todesschlaf. Während Psyche die Dose<br />

zur Liebesgöttin brachte, sprach Amor mit dem Göttervater Jupiter und bat ihn um<br />

die Erlaubnis, Psyche zu heiraten. Jupiter war froh, den flatterhaften Amor, dessen<br />

Pfeile ihn selbst des öfteren getroffen hatten, nun endlich gezähmt zu sehen, und<br />

gewährte Amor die Bitte. Der Götterbote Merkur führte Psyche auf den Olymp, wo<br />

ein rauschendes Hochzeitsfest gefeiert wurde.<br />

Ein generelles Verlangen nach Tapisserien führte in der 1. Hälfte des 17.<br />

Jahrhunderts zu Neugründungen von Manufakturen in ganz Europa. Die drei<br />

niederländischen Meister Frans van den Plancken, Marc de Comans und<br />

Hieronymus de Comans erhielten 1607 ein königliches Patent. Es umfasste<br />

zahlreiche Privilegien wie Bürgerrechte, Baurechte, Steuererleichterung, finanzielle<br />

Unterstützung, freie Unterkunft, Pensionen und die Zusicherung der<br />

Marktregulierung durch strikte Einfuhrverbote für bestimmte niederländische<br />

Wandteppiche.<br />

Die Manufaktur war in einzelne Werkstätte unterteilt, die von verschiedenen<br />

flämischen Meistern geleitet wurden. Bedeutende Serien aus der frühen<br />

Produktionszeit sind auch die „Geschichte des Coriolan“ und die Artemisiafolge,<br />

wie auch die Dianafolge von Toussaint Dubreuil und die Astäaserie.<br />

Nach dem Tod von François de la Planche 1627 übergab Marc de Comans das<br />

Atelier den Söhnen Raphaël de la Planche und Charles de Comans; die<br />

Zusammenarbeit zerbrach jedoch wegen Streitigkeiten, was 1634 zur Teilung der<br />

Werkstätte führte. Das Atelier de la Planche umfasste danach 13 grosse, 9 mittlere<br />

und 38 kleine Gezeuge mit insgesamt über 200 Mitarbeitern. 1661 übergab<br />

R. de la Planche die Führung der Werkstatt seinem Sohn Sébastien-François.<br />

1667 musste das Atelier de la Planche liquidiert werden.<br />

Lit.: H. Göbel, Die Wandteppiche und ihre Manufakturen in Frankreich, Italien,<br />

Spanien und Portugal, Leipzig 1928; I, S. 91ff. Ausstellungskatalog „Chef<br />

d’oeuvres de la tapisserie française, XVIe siècle. Des ateliers des bords de Loire<br />

aux ateliers de Paris, Château de Culan, 1 juin - 15 septembre 1968, Nr. 15<br />

(Zephyr führt Psyche zu ihren Schwestern, mit Abb.). N. Dacos „Tommaso<br />

Vincidor, un élève de Rapha’l aux Pays-Bas, in: Relations artistiques entre les<br />

Pay-Bas et l’Italie à la Renaissance. Etudes dédiées à Suzanne Sulzberger<br />

(Bruxelles-Rome, Academie Belgica, 1980); S. 61-99.<br />

CHF 50 000.- / 90 000.-<br />

(€ 30 900.- / 55 600.-)<br />

Siehe Abb.

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