Download - Berglandmilch
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REPORTAGE<br />
In Amerikas<br />
Milchkammer<br />
UNTERWEGS IM US-BUNDESSTAAT WISCONSIN<br />
„Käseköpfe“ nennen die Amerikaner etwas spöttisch die Einwohner<br />
von Wisconsin. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Nirgendwo<br />
sonst in den USA wird so viel Käse produziert wie in diesem<br />
Bundesstaat. Bernhard Weber war vor Ort.<br />
Wer von Chicago gen Norden fährt und nach<br />
gut einer Autostunde die Grenze von Illinois<br />
nach Wisconsin überquert, der sieht alsbald<br />
nur noch weite Weideflächen und die typischen<br />
roten Farmhäuser mit ihren charakteristischen<br />
Kornsilos und Wassertürmen. Der<br />
Landstrich ähnelt der nordischen Landschaft<br />
in Südschweden, es gibt hier sage und<br />
schreibe 15.000 Seen und dazu ausgedehnte<br />
Waldgebiete. Nach Kanada ist es nicht mehr<br />
weit. Auf den Wiesen um die kleineren Höfe<br />
tummeln sich schwarzweiße Holstein-Kühe.<br />
Dazwischen immer wieder Mastbetriebe für<br />
schwarze Angus-Stiere. Die einen liefern<br />
beste Milch, die anderen saftige Steaks.<br />
Vor allem für die Bewohner der nahegelegenen<br />
Millionenmetropole Chicago am Lake<br />
Michigan ist Wisconsin ein Naherholungsgebiet.<br />
Im übrigen mittleren Westen dominieren<br />
ebene Mais- und Sojafelder, so weit das<br />
Auge reicht, die eher eintönige Szenerie einer<br />
Agrarsteppe. Dagegen bietet das hügelige<br />
Wisconsin typische „Countryside“, pures<br />
Leben auf dem Lande.<br />
Außerhalb der USA bekannt ist der Bundesstaat<br />
für seine röhrenden Kult-Öfen auf zwei<br />
Rädern. Harley-Davidson-Motorräder kommen<br />
aus Milwaukee. In den Vereinigten Staaten<br />
selbst weiß nahezu jedes Kind: Aus Wis-<br />
10 Mit Schärdinger lässt sich's leben.<br />
consin kommen Butter und Käse. Nur Kaliforniens<br />
Kühe liefern mehr Milch als die aus<br />
Wisconsin. Von hier stammen 25 Prozent<br />
aller in den USA erzeugten Käse, jedes vierte<br />
Kilogramm Butter, und Wisconsin ist Nr. 3<br />
bei der Erzeugung von Milchpulver (nach<br />
Idaho und Vermont). Kein Wunder also,<br />
dass die „Quarter-Dollar“-Münze dieses<br />
Agrar-Bundesstaates auch eine Holstein-<br />
Kuh, Maispflanzen sowie ein Käselaib zieren<br />
– die Grundnahrungsmittel seit Gründung<br />
des Staates 1848 durch europäische Einwanderer,<br />
vorwiegend Deutsche, Polen und<br />
Dänen. Danish Cheese(cake) ist übrigens bis<br />
heute Synonym für Topfengebäck in ganz<br />
Amerika. Auch die großen US-Lebensmittelkonzerne<br />
haben hier teils ihre Wurzeln oder<br />
haben sich hier niedergelassen, die Dichte an<br />
Molkereien und „Cheese Factorys“ ist hoch.<br />
Fotos: Weber (6)<br />
Beliefert werden diese von Betrieben wie<br />
„Larson Acres“. Jamie Larson bewirtschaftet<br />
mit seiner Großfamilie, bestehend aus Eltern,<br />
Geschwistern, dem Onkel und Cousins eine<br />
Milchviehfarm mit 2.500 Holstein-Kühen<br />
und umgerechnet mehr als 2.000 Hektar Futterflächen<br />
mit Mais und „Alfalfa“, also Luzerne.<br />
Man beschäftigt 65 Mitarbeiter, die<br />
Hälfte davon sind Melker aus Mexiko.<br />
Knapp 41 Liter Milch gibt jede Kuh pro Tag,<br />
der Stalldurchschnitt liegt um die 12.500 kg<br />
je Tier, etwa 30 Millionen Liter Milch liefert<br />
man übers Jahr mit drei eigenen Tank wägen<br />
an die Molkerei. Das Geschäft läuft gut, auch<br />
dank derzeit wieder besserer Preise von über<br />
30 Cent/Liter. Zugute kommt den Larsons,<br />
dass ihr Verarbeiter gerade mal 15 Meilen<br />
entfernt und damit „um die Ecke“ produziert<br />
– denn US-Farmer tragen die Kosten für<br />
den Transport ihrer Rohmilch zum Verarbeiter<br />
selbst.<br />
Der Betrieb, vor genau 55 Jahren vom Großvater<br />
gekauft und anfangs mit 180 Kühen betrieben,<br />
ist imposant: nebeneinander moderne<br />
Offenställe im erweiterbaren Baukasten sys -<br />
tem, 400 Meter lang, mit breiten, befahrbaren<br />
Futtertischen, Vorhängen und Ventilatoren<br />
gegen die Sommerhitze. Der Einstreu-Sand<br />
wird teuer separiert und wie derverwendet,<br />
die anfallende Gülle in badeteichgroßen Becken<br />
gesammelt. Später wird sie als Dünger<br />
flüssig via Rohrleitungen auf die umliegenden<br />
Felder gepumpt oder getrocknet mittels<br />
Düngerstreuer verteilt. 2007 wurde der Betrieb<br />
massiv erweitert, die Kuhzahl von 1.200<br />
auf 2.500 Tiere mehr als verdoppelt. Seither