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Konferenzbericht (PDF-Dokument, 3 MB) - SID

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Wissen wandert<br />

Wie „arbeitsuntaugliche“ Migrantinnen<br />

und Migranten auch Potenziale besit-<br />

zen. Die Geschichte der WELTKÜCHE<br />

von Pablo Fernández, DIE WELTKÜCHE<br />

DIE WELTKÜCHE, ein gastronomischer Betrieb in Ber-<br />

lin, wurde mit ihrem Catering-Service damit beauftragt,<br />

die Konferenz „Wissen Wandert“ kulinarisch zu bewirten.<br />

Das besondere Merkmal konnten die Konferenzteilneh-<br />

mer leicht erkennen: die Speisen waren international<br />

und wurden auf landestraditionelle Art zubereitet. Hinter<br />

diesem Angebot steht eine Besonderheit, das eigentli-<br />

che Ziel der WELTKÜCHE ist: die persönliche Situation<br />

der aus unterschiedlichen Ländern stammenden Mitar-<br />

beiterinnen und Mitarbeitern soll durch die Beschäfti-<br />

gung in der WELTKÜCHE stabilisiert und verbessert<br />

werden.<br />

Vor acht Jahren formulierten die Initiatoren der<br />

WELTKÜCHE dieses Ziel. Sie waren zum großen Teil<br />

eine Gruppe von Menschen, die mit mindestens zwei<br />

Ungewissheiten in ihrem Leben hierzulande zurech-<br />

tkommen mussten: zum einen ihre ungeklärte auf-<br />

enthaltsrechtliche Situation, zum anderen ihre HIV-<br />

Infektion. Zumindest für HIV-Infizierte aus armen Regio-<br />

nen gab es die Möglichkeit einer vorläufigen Auf-<br />

enthaltserlaubnis aus humanitären Gründen und des<br />

Zugangs zu antiretroviralen Medikamenten, die in den<br />

Heimatländern nicht verfügbar waren. Ihre regelmäßige<br />

Einnahme verlängert die Lebenserwartung der Behan-<br />

delten erheblich. Damit haben sich Zukunftserwartungen<br />

eröffnet, die sich auf Dauer nicht alleine nur mit medizi-<br />

nischer Versorgung und Betreuung durch lokale AIDS-<br />

Hilfe befriedigen ließen. Ein fast einstimmiger Wunsch<br />

der Gruppenmitglieder war, eine Arbeitsanstellung zu<br />

finden. Die geltenden gesetzlichen Bestimmungen hin-<br />

derten sie aber daran.<br />

knowledge migrates<br />

Die Selbstbeschaffung von Arbeitstellen war ein müh-<br />

samer, aber denkbarer Ausweg aus der Lage. Vorhan-<br />

dene Fähigkeiten unter den Gruppenmitgliedern ließ die<br />

Entscheidung für die Gründung eines gemeinnützigen<br />

Betriebes und zwar eines Catering-Service fallen. Viel<br />

ehrenamtliche Arbeit wurde dafür geleistet. Finanzielle<br />

Förderung kam von der Deutschen Aids-Stiftung. Es gab<br />

es so gut wie keine staatliche Unterstützung. Es war vor<br />

allem die wohlschmeckende Küche, die immer mehr für<br />

Catering-Aufträge sorgte und damit zum Wachstum des<br />

Betriebes beitrug. Organisationen und Einrichtungen wie<br />

die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ),<br />

die Evangelische Akademie zu Berlin oder die Berliner<br />

Senatsverwaltung zählen seit Jahren zu den regelmäßi-<br />

gen Kunden der Weltküche.<br />

Heute betreibt DIE WELTKÜCHE zusätzlich ein Restau-<br />

rant in Kreuzberg. Es werden dort für die Nachbarschaft<br />

internationale Gerichte zu Spendenpreisen angeboten.<br />

In der Küche, Verwaltung, Koordination und im Service<br />

sind 20 Personen in verschiedenen Einstellungsmodel-<br />

len beschäftigt. Durch dauerhafte Arbeitsverträge konn-<br />

ten einzelne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem<br />

Kreis der Sozialhilfe entkommen und eine unbefristete<br />

Aufenthaltserlaubnis erlangen.<br />

Realistisch betrachtet waren auf dem umkämpften Berli-<br />

ner Arbeitsmarkt die Chancen für die Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter der WELTKÜCHE auch ohne gesetzli-<br />

che Hindernisse äußerst gering. Die Arbeitsagenturen<br />

halten heute noch weitgehend HIV-positive Menschen<br />

für arbeitsuntauglich. Unsere Erfahrung dagegen ist,<br />

dass jeder Mensch mit Migrationshintergrund, wie sozial<br />

benachteiligt er auch sein mag, Potenziale in sich birgt.<br />

Diese ist eine wichtige Erkenntnis in gegenwärtigen<br />

Zeiten, in der die europäische Migrationspolitik nur auf<br />

die Zulassung von hoch qualifizierten Fachkräften zum<br />

Arbeitsmarkt setzt.<br />

Das Angebot der WELTKÜCHE ist unter www.die-<br />

weltkueche.de zu finden<br />

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