Konferenzbericht (PDF-Dokument, 3 MB) - SID
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Wissen wandert<br />
noch in relativ schmalen Fachgebieten verhaftet sind.<br />
Das hat an der TU Berlin dazu geführt, dass nach einer<br />
Phase der Kooperation zwischen den Disziplinen nun-<br />
mehr wieder eine Phase der Vernachlässigung der So-<br />
zial- und Geisteswissenschaften eingesetzt hat, anstatt<br />
die Disziplinen weiter zu vernetzen. So stellt man leider<br />
fest, dass hinter den Beschwörungen zur Interdisziplina-<br />
rität, Multi- und Transdisziplinarität in der Realität wenig<br />
Substantielles zu finden ist.<br />
Mit ihren Zielstellungen und Inhalten sind zahlreiche<br />
Disziplinen noch weit von der Notwendigkeit entfernt,<br />
das Leitbild der nachhaltig zukunftsfähigen Entwicklung<br />
wissenschaftlich und wissenschaftsorganisatorisch auf-<br />
zunehmen. Das sieht in einigen zukunftsorientierten<br />
außeruniversitären Forschungs- und Entwicklungsein-<br />
richtungen zum Glück besser aus, die hier eine Vorrei-<br />
ter- und Führungsrolle eingenommen haben.<br />
Nicht nur Politik und Wirtschaft, auch zahlreiche relevan-<br />
te Wissenschaftseinrichtungen – an vorderster Stelle die<br />
wirtschaftswissenschaftlichen Institute – hängen noch<br />
immer dem Ziel „Wachstum, Wachstum, Wachstum“ an<br />
und versprechen, dann alle weiteren sozialen, ökologi-<br />
schen und kulturellen Probleme zu lösen.<br />
Prof. Dr. Rolf Kreibich<br />
Der Mainstream in den Wirtschaftswissenschaften<br />
glaubt immer noch, dass allein über wissenschaftlich-<br />
technologische Grundlagen die ökonomischen Weichen<br />
in die richtige Richtung, das heißt in Richtung wirtschaft-<br />
liches Wachstum, gestellt werden können, woraus dann<br />
mehr oder weniger automatisch eine Verbesserung der<br />
knowledge migrates<br />
Lebensqualität resultiert. Wie sehr diese Vorstellung in<br />
die Irre weist, beweisen die Entwicklungen der Lebens-<br />
qualitäts-Indizes von UNO und Weltbank. Bei mehr als<br />
145 bzw. 132 Indikatoren kommen beide Indizes zu dem<br />
Ergebnis, dass die Lebensqualität in den meisten Län-<br />
dern, insbesondere den Industrieländern, seit etwa Mitte<br />
der siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts abnimmt –<br />
trotz permanenten Wirtschaftswachstums, das wir im<br />
Durchschnitt in allen Ländern hatten. Was ist das für<br />
eine Entwicklungslogik, wenn trotz anhaltenden Wirt-<br />
schaftswachstums die Lebensqualität für die Menschen<br />
abnimmt?<br />
Und weil das so ist müssen unsere wissenschaftlichen<br />
Einrichtungen mit ihren Arbeiten und Ergebnissen viel<br />
stärker auf die heute dringendsten Fragen der Weltent-<br />
wicklung hinzielen, und zwar auf Fragen und Lösungen,<br />
die die Zerstörung der Biosphäre und der natürlichen<br />
Lebensgrundlagen verhindern. Da geht es um die Ursa-<br />
chen und Folgen des Klimawandels, um die Verbesse-<br />
rung der Ressourceneffizienz und die Erhaltung der<br />
biologischen Vielfalt – wir haben im Mai die große Kon-<br />
ferenz zur Biodiversität in Bonn. Wenn wir jeden Tag<br />
100 bis 200 Tier- und Pflanzenarten vernichten, dann<br />
müssen wir uns unverzüglich und nachhaltig dieser<br />
katastrophalen Entwicklung stellen. Wenn wir jeden Tag<br />
63.000 Fußballfelder tropischen Regenwald abholzen,<br />
dann ist das ein ganz entscheidendes Problem dieser<br />
Welt und der Wissenschaft. Wir vernichten damit ja nicht<br />
nur unsere Sauerstoffproduktionsquelle, sondern auch<br />
unsere wichtigste CO2-Rückbildungsmaschine. Wir sind<br />
dabei, die Ressourcen unserer Erde in einer scham-<br />
losen Weise auszubeuten und dadurch unsere Lebens-<br />
und Produktionsgrundlagen zu vernichten. Deshalb<br />
müssen sich - und das wollte ich nur andeuten - unsere<br />
wissenschaftlichen Einrichtungen sehr viel stärker die-<br />
sen Themen stellen, d.h. den Problemen Ressourcenef-<br />
fizienz, Ressourceneinsparung, Kreislaufwirtschaft und<br />
neue Material- und Produktentwicklung im Sinne biologi-<br />
scher und ökologischer Verträglichkeit. Das findet nach<br />
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