Konferenzbericht (PDF-Dokument, 3 MB) - SID
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Wissen wandert<br />
Jahr dazugekommen sind. Diese Inländer fremder<br />
Staatsangehörigkeit kommen aus fast allen Ländern der<br />
Erde. Die größte Gruppe von Ihnen mit rund 114.000<br />
Menschen sind die Türken. In der weiteren Rangliste<br />
folgen dann die Polen mit rund 44.400, die Serben mit<br />
23.400, die Russen mit 14.600, die Italiener, die US<br />
Amerikaner, die Franzosen, die Vietnamesen, die Kroa-<br />
ten, die Bosnier und Herzegowinaer, die Briten und die<br />
Griechen mit 9.700 Einwohnern.<br />
Hartmut Mertens<br />
Im Folgenden will ich solche Minderheiten hervorheben,<br />
die bereits längerfristig ansässig geworden und meist im<br />
Besitz verlängerter Aufenthaltsgenehmigungen sind.<br />
Ihre Anwesenheit geht wesentlich auf ausdrückliche<br />
deutsche Politik zurück, durch die Anwerbung von Ar-<br />
beitskräften oder durch die Schutzzusage für Verfolgte.<br />
Nimmt man diese Kriterien, so muss man insbesondere<br />
die Türken, die Angehörigen des ehemaligen Jugosla-<br />
wien, die Angehörigen der ehemaligen Ostblockstaaten,<br />
vor allem Polen, dann Italiener und schließlich die Viet-<br />
namesen betrachten.<br />
Für die Beurteilung ihrer Lage ist aber vor allem auf-<br />
schlussreich, wie ihre allgemeine Lebenslage beschaf-<br />
fen ist, vor allem ihre Erwerbsverhältnisse. Obwohl alle<br />
Gruppen die rechtlichen Möglichkeiten zur Pflege der<br />
eigenen Herkunftskultur haben, fehlt es vielen doch an<br />
den dafür erforderlichen Mitteln.<br />
Die Türken, als der weitaus größten Gruppe der Immig-<br />
ranten Berlins, unterscheiden sich von den anderen hier<br />
knowledge migrates<br />
lebenden ausländischen Minderheiten nicht so sehr<br />
durch ihren sozialen Status, wohl aber durch die Größe<br />
und durch die auf bestimmte Stadtquartiere konzentrier-<br />
te Siedlungsweise. Hinzu kommen Schwierigkeiten auf<br />
dem Arbeits- und Wohnungsmarkt und Probleme ihrer<br />
Kinder beim Erwerb von Schulabschlüssen.<br />
Einen Zuzug von türkischen "Gastarbeitern" gibt es seit<br />
1957. Die meisten Türken jedoch kamen ab 1961 auf-<br />
grund des Anwerbeabkommens der Bundesrepublik mit<br />
dem türkischen Staat als Arbeitskräfte nach Berlin. Die<br />
ersten Gastarbeiter waren einfache junge Türken vom<br />
Lande, heute ist die ganze ethnische und kulturelle<br />
Vielfalt der Türkei in Berlin vertreten. Großstädter und<br />
Bauern, Aleviten, Kurden, Aserbeidschaner, Lasen,<br />
Bulgarien-Türken, Albanien-Türken, Armenier u.a..<br />
Die schulische und berufliche Qualifikation der ersten<br />
Generation der türkischen Wanderarbeiter war äußerst<br />
gering. Daher wurden sie fast ausschließlich als unge-<br />
lernte oder angelernte Arbeiter für unattraktive und ge-<br />
fährliche Arbeiten eingesetzt. Heute zeigt sich unter den<br />
Berliner Türken dagegen eine breite soziale Streuung. In<br />
nahezu allen gesellschaftlichen Schichten und Kreisen<br />
Berlins finden sich heute Türken: vom Abgeordneten<br />
zum Gemüsehändler, vom Profiboxer über die Lyrikerin<br />
bis zum Textilgroßhändler. Der türkische Mittelstand hat<br />
sich heute in Berlin etabliert. So finden wir neben den<br />
selbständigen Unternehmern von Klein- und Mittelbet-<br />
rieben zum Beispiel Ärzte, Lehrer an allgemein- und<br />
berufsbildenden Schulen und Sozialarbeiter.<br />
Gegenüber der ersten Generation, die vorwiegend Im-<br />
bissbuden, Friseur-, Gemüse- und Lebensmittelläden<br />
sowie Änderungsschneidereien betrieb, besteht die<br />
heutige Infrastruktur darüber hinaus aus Banken, Hand-<br />
werksbetrieben, Moscheen, Arztpraxen und Kommuni-<br />
kationseinrichtungen wie Werbeagenturen, Zeitungen,<br />
Fernseh- oder Radiosendern.<br />
Schätzungen zufolge gibt es in Berlin rund 6.000 Betrie-<br />
be mit rund 20.000 Arbeitnehmern, die von türkisch-<br />
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