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Titel 6 Das kooperative Jahr zehnt!? von Dr. Bernd Gaiser Daimler und Renault tun es; der RWE- Konzern tut es; und auch die Deutsche Bahn schickt sich an, es zu tun – die Rede ist von: Kooperation. Wird also Kooperationsfähigkeit zum alles bestimmenden Erfolgsfaktor in der Wirtschaft des neuen Jahrzehnts? Gemach, gemach. Bei näherem Hinschauen relativiert sich manches, vieles erscheint gar nicht mehr so neu. Doch was bleibt, ist die Erkenntnis: Kooperationsfähigkeit wird für den Erfolg von Unternehmen immer wichtiger werden – gerade um dem wachsenden Wettbewerbsdruck innerhalb der globalisierten Wirtschaft mit dem Erzielen von Kostenvorteilen und Effizienzgewinnen sowie der gezielten Innovation von Geschäftsmodellen begegnen zu können. Und nicht zuletzt, weil Megathemen anstehen, die im Alleingang nicht mehr zu stemmen sind: die Elektromobilität etwa – oder die Erschließung der Märkte in den BRIC-Staaten. Titel 7
Titel 8 Neue Käufertrends und neue Technologien treiben Unternehmen immer häufiger dazu, auch Kooperationen mit Wettbewerbern in Erwägung zu ziehen Auch wer vermeintlichen „Mega-Trends“ eher skeptisch gegenübersteht, kommt an der Tatsache kaum vorbei, dass Kooperation angesagt ist – von Forschung und Entwicklung über den Einkauf bis zum Vertrieb; in Form von strategischen Allianzen, Verbünden oder Netzwerken. Verschiedene aktuelle Studien ziehen denn auch das Fazit, aus den „weichen Organisationskompetenzen“ erwüchsen nachhaltige Wettbewerbsvorteile – und nennen in diesem Zusammenhang unter anderem „das Kooperieren und Schmieden von Allianzen“. Unternehmen auf dem Kooperationspfad Hervorstechendes Beispiel für diesen Trend: die Autobranche. Zwar haben sich die Pläne von Daimler und BMW, im Bereich der Entwicklung eng zusammenzuarbeiten, nicht realisiert. Doch die im April diesen Jahres zwischen Daimler, Renault und Nissan vereinbarte strategische Kooperation setzt Maßstäbe, die auch für andere Hersteller die Richtung vorgeben könnten: Das Spektrum reicht von der Zusammenarbeit im Kompaktwagen-Segment über die gemeinsame Entwicklung von Motoren bis zur Kooperation bei leichten Nutzfahrzeugen und beim Teile-Einkauf. Doch die Autoindustrie steht keineswegs allein: Bei der Deutschen Bahn geht die Konzerntochter DB Regio auf die kleineren Wettbewerber im Nahverkehr zu. Und in der Chemieindustrie prüfen selbst direkte Wettbewerber die Vorteile einer Zusam- menarbeit beim Bau und bei der Nutzung teurer großchemischer Anlagen. Die Liste der Beispiele ließe sich nahezu beliebig verlängern. Konvergenz treibt Zusammenarbeit Ein besonders interessantes Feld für Kooperationen tut sich in der Energiewirtschaft auf. Denn der Energiemarkt wird aktuell durch ökologische, wirtschaftliche und technische Treiber grundlegend verändert: Erderwärmung und Erschöpfung der fossilen Brennstoffe, weltweit steigender Energiebedarf sowie ordnungspolitische Maßnahmen zur Öffnung des Energiemarktes sind hier nur einige Stichwörter. Eine der Antworten auf diese Herausforderungen: der Ausbau der Elektromobilität (eMobility) über Innovationen in der Fahrzeug- und Speichertechnik, den Aufbau einer entsprechenden Infrastruktur sowie die Entwicklung innovativer Abrechnungssysteme für die Nutzer von Elektroautos. Die traditionellen Grenzen zwischen Energieversorgern, Telekommunikationsanbietern und Automobilherstellern lösen sich dabei zunehmend auf – ein Konvergenzprozess, in dessen Rahmen neue Formen der Zusammenarbeit über Branchengrenzen hinweg entstehen. Kooperation auf der CEO-Agenda Trotz mancher innovativer Ansätze ist die Botschaft vom Nutzen der Kooperation nicht wirklich neu. Strategen haben längst erkannt, welches Potenzial sie birgt. Nicht umsonst steht eines der sieben „K“ des von Horváth & Partners ent- wickelten „7-K-Prinzips“ der Geschäftsmodellinnovation für Kooperation (siehe dazu Beitrag auf Seite 10). Dennoch stellt sich für jedes Unternehmen die Frage, ob die vorhandenen Potenziale schon ausreichend genutzt werden – gerade auch beim Aufbau flexibler Kostenstrukturen, die nach der Krise wichtiger sind denn je. Ob die Wertschöpfungstiefe angepasst werden soll, indem man Non-core-Prozesse auf kostengünstigere Partner auslagert, oder ob es schlicht darum geht, sich Kosten zu teilen – wie etwa beim schon erwähnten „Co-Producing“ in der chemischen Industrie: Wer Kosten senken oder flexibilisieren will, tut gut daran zu überlegen, wo man noch kooperieren kann. Ansatzpunkte für nutzbringende Kooperationen – nicht nur zur Kostenflexibilisierung – bieten sich in allen wesentlichen Unternehmensbereichen: n Beispiel Einkauf Hier hat eine Form der kooperativen Preisfindung ihren Ausgang in der Automobilbranche genommen: das Open Book Accounting (OBA). Bei diesem legen Zulieferer dem Abnehmer ihre Kosten offen; gemeinsam sucht man nach Möglichkeiten, sie zu senken. Beim japanischen Autohersteller Nissan etwa legen 80 Prozent der Zulieferer Kosteninformationen offen. Gemeinschaftlich wird das Ziel verfolgt, Preistreiber aufzuspüren; wichtige Zulieferer schult Nissan sogar, um niedrigere Kosten entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu erreichen. n Beispiel Vertrieb Auch im Vertrieb finden sich zahlreiche Anknüpfungspunkte für Kooperationen – sowohl horizontaler als auch vertikaler Art. So unterhalten beispielsweise die Unternehmen Mars und Fressnapf gemeinsame Läger bzw. Zwischenläger; im Handel sind Vertriebskooperationen in Form eines Verbundes selbstständiger Einzelhändler oder sogar Großhändler bereits weit verbreitet. n Beispiel Supply Chain Management Hier ist insbesondere die zunehmende Bedeutung der komplex organisierten Kooperationsnetzwerke (Supply Chain Networks) zu nennen, die sich auf die gesamte Lieferkette – also auf interne und externe Organisationseinheiten – erstrecken können (mehr dazu in der Rubrik „Fokus“). FuE –nie war Zusammenarbeit nötiger Neue Käufertrends und neue Technologien treiben Unternehmen immer häufiger dazu, auch Kooperationen mit Wettbewerbern in Erwägung zu ziehen – gerade im Bereich FuE. Ein Beispiel ist die geplante „Wholesale Applications Community“: Führende Telekommunikationsanbieter und Hersteller von Mobiltelefonen wie Samsung und Sony Ericsson, Vodafone und Deutsche Telekom wollen eine „Open Global Alliance“ bilden, um gemeinsam gegen Apples Marktführerschaft bei mobiler Software anzugehen. Ein weiterer Trend besteht darin, die eigenen Kunden als „Prosumenten“ in die Wertschöpfungskette einzubeziehen. Der Vorteil liegt auf der Hand: Über Kooperationen mit Kunden werden deren Bedürfnisse frühzeitig erkannt, es lassen sich maßgeschneiderte Produkte entwickeln. So wird schon im Innovationsprozess der spätere Markterfolg gesichert. Auch bei Internationalisierungsbestrebungen können regionale Spezifika und Bedürfnisse durch Einbeziehen internationaler Partner in Innovationskooperationen besser erkannt werden. Und schließlich wird der Verbund mit Zulieferunternehmen oder die Beteiligung an Innovationsnetzwerken immer wichtiger, wenn es darum geht, innovative Produkte schnell und zielgerichtet zur Marktreife zu bringen – ein wichtiger Hebel, um gegen die Konkurrenz aus asiatischen Niedriglohnländern zu bestehen. Doch für das professionelle Management solcher Netzwerke bedarf es nicht zuletzt der notwendigen Steuerungskompetenz (siehe dazu auch die Rubrik „Wissenschaftsforum“). „Wer zu spät kommt ...“ Wie weit der Trend zur Zusammenarbeit auch gehen mag: Unternehmenslenker und Strategen tun gut daran, dieses Thema im Blick zu behalten. Zu vielfältig und attraktiv sind schon jetzt die Beispiele für den Nutzen von Kooperationen, als dass ein Unternehmen sich leisten könnte, hier „zu spät zu kommen“. Kooperation ist bestimmt kein Allheilmittel; doch beim Bestreben, die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten oder gar auszubauen, wird – das lässt sich schon heute sagen – die Fähigkeit, Kooperationen einzugehen, Netzwerke zu nutzen und kooperative Formen des Wirtschaftens professionell zu steuern, immer wichtiger werden. Titel 9
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