Heinz Klippert weist Wege aus der Krise - GEW
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Schulen<br />
Übergänge zur Berufs<strong>aus</strong>bildung unter <strong>der</strong> Lupe<br />
Tagung über Bildungssituation von SchülerInnen mit Migrationshintergrund<br />
„Die Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Schulen steigen. Die Zahl <strong>der</strong> Ausbildungsplätze<br />
sinkt. Wer verliert da?“ Mehmet Kilics Frage<br />
wird angesichts <strong>der</strong> aktuellen Schulsituation in Berlin und<br />
an<strong>der</strong>swo immer dringlicher. Kilic leitete die Tagung „Bildungssituation<br />
<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> und Jugendlichen <strong>aus</strong> Familien mit<br />
Migrationshintergrund“ im Pädagogischen Zentrum in Bad<br />
Kreuznach.<br />
Schülerinnen<br />
und Schüler mit<br />
Migrationshintergrund<br />
als Experten<br />
Fotos S. 12 - 14:<br />
Gerlinde Schwarz<br />
12<br />
Die Tagung war Teil einer Veranstaltungsreihe im Rahmen<br />
des BORIS GTSM-Projekts (Berufliche Orientierung<br />
mit Regionalen Initiativen zur Schulentwicklung<br />
Ganztagsschule Migranten). Ziel <strong>der</strong> Kreuznacher Veranstaltung<br />
war es, die konkrete Situation <strong>der</strong> Übergänge<br />
zwischen Schule und Berufs<strong>aus</strong>bildung unter die Lupe<br />
zu nehmen, Hürden zu erkennen und Hilfen bzw. Strategien<br />
aufzuzeigen, um die Bildungssituation <strong>der</strong> Migrantenkin<strong>der</strong><br />
zu verbessern. Gerade mit Blick auf die Vorkommnisse<br />
an <strong>der</strong> Rütli-Hauptschule in Berlin-Neukölln<br />
wird deutlich, wie wichtig diese Tagung war und<br />
von welch großer Bedeutung das BORIS GTSM-Projekt<br />
ist.<br />
In drei <strong>der</strong> vier Arbeitsgruppen diskutierten neben Lehrerinnen,<br />
Lehrern und Ausbil<strong>der</strong>n auch Schülerinnen und<br />
Schüler <strong>aus</strong> Migrantenfamilien als Experten mit. Die<br />
Jugendlichen berichteten über ihre Erfahrungen, Probleme<br />
und Ziele. Sie sprachen über Hürden, die <strong>aus</strong> ihrer<br />
Sicht einen erfolgreichen Einstieg in die Berufs<strong>aus</strong>bildung<br />
behin<strong>der</strong>ten, und machten sich Gedanken über<br />
Möglichkeiten, diese Hin<strong>der</strong>nisse zu überwinden. Als<br />
Hürden nannten sie mangelndes Selbstwertgefühl, Zukunftsangst,<br />
unzureichende Unterstützung durch das<br />
Elternh<strong>aus</strong>, sprachliche Defizite, mangelnde Information<br />
über Berufe, fehlende Praktikumsmöglichkeiten. Im<br />
Blick auf die Schule sahen sie die Hürden in Vorurteilen<br />
und fehlen<strong>der</strong> Unterstützung <strong>der</strong> Lehrkräfte sowie in <strong>der</strong><br />
mangelhaften För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> deutschen Sprache.<br />
Zur Überwindung dieser Mängel for<strong>der</strong>ten sie von den<br />
Migrantenkin<strong>der</strong>n selbst mehr Interesse, Fleiß, die Entwicklung<br />
von Eigeninitiative und Durchsetzungsvermögen.<br />
Verbesserte Sprachkenntnisse <strong>der</strong> Eltern und mehr<br />
häusliche Unterstützung hielten sie ebenfalls für notwendig.<br />
Von den Lehrerinnen und Lehrern wünschten sie<br />
sich mehr Interesse, mehr Zeit, mehr För<strong>der</strong>ung von<br />
Lese- und Sprachkompetenz. Sie for<strong>der</strong>ten eine frühzeitige,<br />
detaillierte Berufsberatung, vielfältige schulische und<br />
freiwillige Berufspraktika und die Durchführung des<br />
berufsvorbereitenden Programms „Jobfux“.<br />
Zu wenig engagiert und lustlos?<br />
Die Lehrerinnen und Lehrer <strong>der</strong> Sekundarstufe 1 und<br />
<strong>der</strong> Berufsbildenden Schulen sahen die Hürden für einen<br />
erfolgreichen Einstieg <strong>der</strong> Migrantenkin<strong>der</strong> in die<br />
Berufs<strong>aus</strong>bildung hauptsächlich in zwei Bereichen: zum<br />
einen bei den SchülerInnen und ihren Familien, zum<br />
an<strong>der</strong>en bei den Schulen. Die Lehrkräfte bemängelten<br />
das geringe Engagement und eine gewisse Lustlosigkeit<br />
<strong>der</strong> jungen Leute, die ihre Freizeit nicht selten abgekapselt<br />
in ihren vier Wänden o<strong>der</strong> in Cliquen unter ihresgleichen<br />
verbrächten. Sie betonten, dass die Eltern oft<br />
nicht in <strong>der</strong> Lage seien, ihren Kin<strong>der</strong>n zu helfen, und<br />
wiesen auf die Sprachbarriere zwischen LehrerInnen und<br />
Eltern hin. In Bezug auf die Schulen nannten sie als Hin<strong>der</strong>nisse:<br />
„Lehrern fehlt Zeit für detaillierte Berufsorientierung,<br />
fehlende Lernwerkstatt Berufsorientierung,<br />
mangelnde Koordination <strong>der</strong> Berufsfindung, fehlende<br />
Institutionalisierung des ‚Jobfux‘“.<br />
Als Hilfe zur Überwindung <strong>der</strong> Hürden schlugen die<br />
anwesenden LehrerInnen eine verbesserte Information<br />
<strong>der</strong> Eltern vor. Wenn nötig, sollten die Lehrkräfte für<br />
muttersprachlichen Unterricht in die Informationsveranstaltungen<br />
einbezogen werden. Sie empfahlen, schulintern<br />
die Eigeninitiative <strong>der</strong> Jugendlichen zu för<strong>der</strong>n,<br />
Projekte zur Stärkung des Selbstwertgefühls durchzuführen<br />
und zum Absolvieren freiwilliger Betriebspraktika zu<br />
motivieren. Sie rieten zur Einrichtung von Lernwerkstätten,<br />
zum Aufbau eines Info-Netzes, zur Kooperation<br />
von abgebenden Hauptschulen und aufnehmenden<br />
BBSen und zu Patenschaften.<br />
Sprache, Sprache, Sprache<br />
Die Ausbil<strong>der</strong> in den Betrieben, die tagtäglich mit Azubis<br />
umgehen und jährlich <strong>aus</strong> einer großen Anzahl von<br />
Bewerberinnen und Bewerbern ihre Azubis <strong>aus</strong>wählen,<br />
sind Spezialisten für Hürden, die entwe<strong>der</strong> eine Einstellung<br />
vereiteln o<strong>der</strong> einem aufgenommenen Azubi<br />
Schwierigkeiten machen. Als wesentliche Hürde bezeich-<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 5 / 2006