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EDITORIAL<br />

The Da Vinci Co<strong>de</strong> – Sakrileg © Cinetext<br />

Wenn Robinson Crusoe einen Hang zur Gotteslästerung<br />

gehabt hätte, müsste sich keiner aufregen; er wäre mit Gott alleine<br />

gewesen, wie phasenweise Hiob, <strong>de</strong>r mit Gott ha<strong>de</strong>rt und haarscharf an<br />

<strong>de</strong>r Blasphemie vorbeischrammt. Blasphemie ist nur im Dreiecksverhältnis<br />

möglich. Wer sich am Heiligen vergreift, von <strong>de</strong>m er vielleicht<br />

sogar behauptet, dass es gar nicht existiert, kann nieman<strong>de</strong>n wirklich beleidigen,<br />

und für <strong>de</strong>n Gläubigen kann die Größe Gottes durch Menschen<br />

ohnehin nicht geschmälert wer<strong>de</strong>n. Blasphemie spielt über die Ban<strong>de</strong>.<br />

Die Aggression, die sich das Heilige und <strong>de</strong>n Glauben zum Ziel setzt,<br />

richtet sich in Wahrheit gegen die Gläubigen.<br />

Mich ärgert das folgen<strong>de</strong> Dilemma: Wenn ich mich aufrege, mich<br />

entrüste, beschwere o<strong>de</strong>r Klage erhebe, funktioniere ich unter Umstän<strong>de</strong>n<br />

genau so, wie sich <strong>de</strong>r Beleidiger es ausgerechnet hat. Wahrscheinlich<br />

verspricht er sich einen PR-Effekt davon. Skandal ist immer<br />

gut für die Theaterkasse. Verhalte ich mich aber still und passiv, wird die<br />

Reizschwelle flach und flacher. Eine psychische Aggression, die direkt<br />

auf mich zielt, konfrontiert mich als Christ zu<strong>de</strong>m mit <strong>de</strong>r Bergpredigt,<br />

die mich anweist, das Reiz-Reaktions-Schema zu überspringen und die<br />

an<strong>de</strong>re Wange hinzuhalten. Wenn es aber nicht um mich und das Austesten<br />

meiner Beleidigungstoleranz,<br />

son<strong>de</strong>rn um Gott geht, darf ich da im<br />

stillen Beobachterwinkel sitzen bleiben?<br />

Das Thema Blasphemie eignet sich als<br />

Gegenstand <strong>de</strong>s Religionsunterrichts<br />

beson<strong>de</strong>rs gut. Was ist eigentlich das<br />

Heilige? Was geschieht, wenn Mose seine<br />

Schuhe auszieht, Salomo <strong>de</strong>n Tempel<br />

baut? Was hat es zu be<strong>de</strong>uten, wenn „das<br />

Heilige <strong>de</strong>n Hun<strong>de</strong>n vorgeworfen wird“?<br />

Was ist mit <strong>de</strong>n kleinen Blasphemien im<br />

Alltag <strong>de</strong>r Jugendkultur, <strong>de</strong>n umgedrehten<br />

Okkultistenkreuzen und <strong>de</strong>m Kruzifix als<br />

Accessoire am Ohrläppchen, am Bauchnabel<br />

und am Busen? Neben diesem<br />

attraktiven Themenkomplex, <strong>de</strong>r einer Ästhetik <strong>de</strong>s subversiven Tabubruchs<br />

folgt, gibt es aber auch so etwas wie eine rechte Blasphemie.<br />

Es ist die Blasphemie <strong>de</strong>r Frommen. Ich meine die Strategien, mit <strong>de</strong>nen<br />

die Freiheit Gottes, <strong>de</strong>r sich nicht in <strong>de</strong>r gewünschten Weise offenbart,<br />

durch Erschleichungen vernichtet wird. Da keine Stimme vom Himmel<br />

tönt und keine kinoartige Vision mir die Welt erklärt, kann ich mich<br />

behelfen: Die Na<strong>de</strong>l sticht in die Bibel, spießt einen Vers auf und zaubert<br />

sich die göttliche Offenbarung durch ein Orakel herbei. Auch bei so<br />

manchen charismatischen Ekstasetechniken muss ich mich fragen, ob da<br />

nicht das Medium die Message ist. Alle Offenbarungsgeschichten <strong>de</strong>r<br />

Bibel haben einen In<strong>de</strong>x <strong>de</strong>r Vorenthaltung – Gott offenbart sich als <strong>de</strong>r<br />

sich Entziehen<strong>de</strong>. Wenn wir ihn entbehren müssen, hat das auch mit<br />

unserer eigenen Freiheit etwas zu tun.<br />

Eckhard Nordhofen<br />

– Dezernent –

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