Kleinod auf halber Höhe - Rheinkiesel
Kleinod auf halber Höhe - Rheinkiesel
Kleinod auf halber Höhe - Rheinkiesel
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Schloß Drachenburg<br />
<strong>Kleinod</strong><br />
<strong>auf</strong> <strong>halber</strong><br />
<strong>Höhe</strong><br />
Natur<br />
Wenn der Kuckuck ruft<br />
Königswinter<br />
Die Mühlen im Heisterbacher Tal<br />
03<br />
März 2008<br />
12. Jahrgang<br />
16 Seiten Veranstaltungstips<br />
• Bonn • Königswinter • Oberpleis • Bad Honnef<br />
• Rheinbreitbach • Unkel • Erpel • Linz<br />
Kieselchen-<br />
Malwettbewerb<br />
Die schönsten Fledermäuse
Liebe Leserin,<br />
lieber Leser,<br />
wann führte Sie Ihr Weg eigentlich<br />
das letzte Mal <strong>auf</strong> den<br />
Drachenfels? Das ist schon länger<br />
her? Dann machen Sie sich doch<br />
heute mit Annegret Schaal und<br />
Paulus Hinz <strong>auf</strong>, und besuchen Sie<br />
ein <strong>Kleinod</strong> <strong>auf</strong> <strong>halber</strong> <strong>Höhe</strong> –<br />
gemeint ist natürlich Schloß<br />
Drachenburg. Schlendern Sie gemeinsam<br />
mit unserem Autorenteam<br />
durch die prachtvoll ausgestatteten<br />
Räume – soweit sie schon<br />
den Besuchern zugänglich sind –<br />
und staunen Sie darüber, was<br />
Handwerker und Künstler in jahrelanger,<br />
mühevoller Arbeit in neuem<br />
Glanz erstehen ließen. Versäumen<br />
Sie dabei <strong>auf</strong> keinen Fall die Besteigung<br />
des Nordturms, der<br />
Ihnen einen zauberhaften Blick<br />
<strong>auf</strong> das Rheintal gewährt (Seite 4<br />
bis 7).<br />
Wenn Sie ein wenig Glück haben,<br />
weil nur wenige Besucher mit<br />
Ihnen den Aufstieg gewagt haben,<br />
können Sie schon in nächster Zeit<br />
aus den umliegenden Parks und<br />
Wäldern den Ruf des Kuckucks<br />
vernehmen, der selbst in unseren<br />
Sprachgebrauch vielfältig Eingang<br />
gefunden hat. Zum Kuckuck!<br />
schimpft Ulrich Sander <strong>auf</strong> den<br />
Seiten 8 bis 10 – und meint damit<br />
die Tatsache, daß dieser „Vogel des<br />
Jahres“ in seinen Beständen stark<br />
gefährdet ist. Neben der Tatsache,<br />
daß der Vogel seine Eier in fremde<br />
Nester legt, gilt es, eine Menge<br />
weiterer Einzelheiten zu erfahren.<br />
Auch im Einzugsgebiet der<br />
Mühlen im Heisterbacher Tal<br />
wird man ihn bald wieder vernehmen<br />
können, den typischen Ruf<br />
des Kuckucks, der abergläubische<br />
Mitmenschen dazu veranlaßt, <strong>auf</strong><br />
den Geldbeutel zu schlagen. Karl<br />
Schumacher stellt Ihnen <strong>auf</strong> den<br />
Seiten 12 bis 16 ein Kapitel seines<br />
neuen Buches vor. Exemplarisch<br />
geht es hier um Mühlen im sogenannten<br />
Keltersiefen.<br />
Um Bücher geht es auch im nächsten<br />
Beitrag <strong>auf</strong> den Seiten 18/19,<br />
wo unser Kieselchen Lesespaß<br />
zum Osterfest empfiehlt. Wer<br />
weiß, liebe Kinder, vielleicht legt<br />
ja der Osterhase in diesem Jahr<br />
seltsame viereckige Eier in die für<br />
Euch bestimmten Nester?<br />
„Draußen“ können Kinder zur<br />
„richtigen Jahreszeit“ nicht nur die<br />
Gaben des Osterhasen entdecken<br />
Wie kommt das Ei in den Apfel?<br />
fragt Melanie Vraux und führt uns<br />
<strong>auf</strong> eine Entdeckungsreise in den<br />
Wald (Seite 20/21), die besonders<br />
Editorial<br />
Kindern viel Freude machen wird.<br />
Auch danach bleibt es spannend,<br />
denn <strong>auf</strong> den Seiten 22/23 nennen<br />
wir in Wenn Oma zum<br />
Malstift greift nicht nur die Gewinner<br />
unseres großen Malwettbewerbs<br />
aus der diesjährigen<br />
Februar-Ausgabe. Hier erfahrt Ihr,<br />
liebe Kinder, auch, wer einen<br />
unserer zahlreichen Buchpreise gewonnen<br />
hat. Außerdem könnt Ihr<br />
hier einige der schönen Werke anschauen,<br />
die die kleinen Künstler<br />
geschaffen haben: Einfach bewundernswert!<br />
Einen schwunghaften Start in den<br />
Frühling und schöne Osterfeiertage<br />
wünscht Ihnen<br />
Impressum<br />
Titelbild:<br />
Schloß Drachenburg gGmbH,<br />
Königswinter<br />
Erscheinungsweise:<br />
monatlich, jeweils zum Monatsende<br />
Redaktions- und<br />
Anzeigenschlusstermin:<br />
15. des Vormonats<br />
Verteilte Auflage:<br />
15.000 Exemplare<br />
Druckunterlagen:<br />
nach Absprache (auch als pdf-,<br />
eps-, tif- oder jpg-Datei)<br />
Herausgeber: Verlag, Vertrieb und Anzeigenverwaltung<br />
Quartett-Verlag Erwin Bidder,<br />
Im Sand 56, 53619 Rheinbreitbach,<br />
Tel. 0 22 24 / 7 64 82, Fax 0 22 24 / 90 02 92,<br />
E-Mail info@rheinkiesel.de<br />
Redaktion: RA Christof Ankele, Erwin Bidder (verantwortlich),<br />
Julia Bidder, Paulus Hinz, Ulrich G. Sander,<br />
Annegret Schaal, Karl Schumacher, Melanie Vraux<br />
Gestaltung: DesignBüro Blümling, Köln, mail@bluemlingdesign.de<br />
Illustrationen: Archiv Schloß Drachenburg, Beethoven Orchester Bonn/<br />
Ramon Mangold, Erwin Bidder, Haus Schlesien,<br />
Museum Koenig/Heike Wägele, NABU e. V.,<br />
Pixelio/Erich Kasten, Ulrich Sander, Melanie Vraux<br />
Anzeigen: Erwin Bidder (Verlag), Tel.: (0 22 24) 7 64 82<br />
Abonnements: Jahresbezugspreis € 20,- (Zustellung per Post),<br />
Bestellungen sind an den Verlag zu richten<br />
Druck: Krahe-Druck GmbH, Unkel,<br />
Tel.: (0 22 24) 7 58 44, krahe@krahe-druck.de<br />
Internet: www.rheinkiesel.de, erstellt von Rhein@Net Ansgar Federhen<br />
Beilagen- Holzhandel Kinge + Co. GmbH,<br />
hinweis: Königswinter-Niederdollendorf (Teil);<br />
S2 Autotechnik, Bad Honnef (Teilbeilage)<br />
Töpferei Peter Seekircher,<br />
Königswinter-Niederdollendorf (Teil)<br />
März 2008 3
Königswinter<br />
<strong>Kleinod</strong> <strong>auf</strong><br />
<strong>halber</strong> <strong>Höhe</strong><br />
Seit mehr als 10 Jahren hämmern, sägen, spachteln, bohren<br />
die Handwerker und Restaurierungsfachleute <strong>auf</strong> Schloß<br />
Drachenburg schon. Nach einem raffiniert ausgeklügelten<br />
Plan wird der inzwischen nunmehr 126 Jahre alte und im<br />
2. Weltkrieg schwer in Mitleidenschaft gezogene Gebäudekomplex<br />
sukzessive wieder instandgesetzt. Endlich kann<br />
das Schloß der Öffentlichkeit wieder in größerem Umfang<br />
zugänglich gemacht werden.<br />
Nachdem Stephan von Sarter<br />
(siehe rheinkiesel Märzausgabe<br />
2002) aus Bad Godesberg im<br />
Jahre 1881 in den Adelsstand erhoben<br />
worden war, ließ er sich<br />
Schloß Drachenburg als seinen<br />
privaten Wohnsitz errichten. Eine<br />
fortschrittliche Bauweise sorgte für<br />
die erstaunlich kurze Bauzeit von<br />
knapp drei Jahren. Obwohl das repräsentative<br />
Schloß äußerst prachtvoll<br />
ausgestattet war, zog Sarter nie<br />
ein – er lebte bis zu seinem Tod in<br />
Paris.<br />
Ab 1903 machte Sarters Neffe Dr.<br />
Jakob Hubert Biesenbach das<br />
Schloß für die Öffentlichkeit zugänglich.<br />
Die Innenräume waren<br />
gegen Entgelt zu besichtigen. Für<br />
die Unterbringung der Gäste entstanden<br />
im Schloßpark sukzessive<br />
sogenannte „Nordische Häuser“.<br />
1910 verk<strong>auf</strong>te Biesenbach das<br />
Ensemble an den Rittmeister a. D.<br />
Egbert von Simon, dieser wiederum<br />
veräußerte es an den Kölner<br />
4 März 2008<br />
Fahrstuhlfabrikanten Hermann<br />
Flohr. Trotz Besitzerwechsel veränderte<br />
sich die Nutzung der<br />
Schloßanlage kaum.<br />
In den Jahren 1931 bis 1938 dienten<br />
Schloß, Park, Blockhäuser und<br />
Vorburg dem Orden der „Brüder<br />
der Christlichen Schulen“ als Katholische<br />
Heimschule St. Michael.<br />
Mit der veränderten Nutzung waren<br />
auch Umbauten verbunden.<br />
Neben neuen Gebäuden im Park<br />
avancierte zum Beispiel die Kunsthalle<br />
zur Kapelle, das Kneipzimmer<br />
zur Sakristei, das heutige<br />
Trauzimmer im Nordturm fungierte<br />
fortan als Turnzimmer und<br />
die touristischen Blockhäuser dienten<br />
als Aufenthalts- und Schlafräume<br />
der Jungen.<br />
1938 mußten die Schulbrüder<br />
dem Druck der Nationalsozialisten<br />
nachgeben und die Schule<br />
schließen. Das Schloßensemble<br />
wurde zur Nutzung als „Adolf<br />
Hitler-Schule“ umgebaut, natio-<br />
Auf Schloß Drachenburg sind weitere Räume fertiggestellt,<br />
die seit April 2007 wieder besichtigt werden können.<br />
nalsozialistische Kaderschule als<br />
Filiale der Sonthofener Adolf<br />
Hitler Schule zur Ausbildung<br />
nationalsozialistischer Führungskräfte.<br />
Unterhalb des Schloßes<br />
entstanden im Kriegsverl<strong>auf</strong> Flakund<br />
Gefechtsstellungen. In den<br />
letzten Kriegstagen erlitt das<br />
Schloß schwere Beschädigungen<br />
<strong>auf</strong> Grund von Artilleriebeschuß.<br />
Die Kuppel der Kunsthalle wie<br />
auch die hochwertige Buntverglasung<br />
wurden nahezu gänzlich<br />
zerstört. Noch heute zeugen Ein-<br />
schußlöcher an der rheinseitigen<br />
Westfassade von den damaligen<br />
Ereignissen.<br />
Vorübergehend fand anschließend<br />
ein Oberkommando der Amerikaner<br />
hier Unterkunft. Später<br />
nahm das Schloß Flüchtlinge <strong>auf</strong>.<br />
1947 mietete die Reichsbahndirektion<br />
Wuppertal die Schloßanlage<br />
und nutzte die Räume nach<br />
notdürftiger Instandsetzung als<br />
Seminarräume.<br />
1953 übernahm das Land NRW<br />
die Eigentümerschaft des En-
sembles, nachdem die oben genannten<br />
Schulbrüder <strong>auf</strong> Rückstattungsansprüche<br />
verzichtet hatten.<br />
Im Jahr 1960 verlegte die<br />
Deutsche Bundesbahn die Schule.<br />
Mangels Interesse und Wertschätzung<br />
stand Schloß Drachenburg<br />
in den Folgejahren leer,<br />
wurde letztlich sogar zum Abriß<br />
freigegeben. Eindringliche Proteste<br />
seitens der Denkmalpflege, Bevölkerung,<br />
einiger Politiker und des<br />
Heimatforschers Theo Hardenberg<br />
konnten dies verhindern.<br />
Nach jahrelangem Leerstand erwarb<br />
Paul Spinat 1971 das Anwesen<br />
und rettete damit das Ensemble.<br />
Nach eigenen Angaben<br />
investierte er mehrere Millionen<br />
Mark in die Wiederherstellung<br />
von Architektur und Innenausstattung.<br />
Ihm ist der Erhalt der<br />
Schloßanlage zu verdanken. Im<br />
Jahr 1973 machte er das Schloß<br />
schließlich wieder für die Öffentlichkeit<br />
zugänglich.<br />
1986 wurde das Schloßensemble<br />
unter Denkmalschutz gestellt. Im<br />
Jahr 1989 folgte der Startschuß für<br />
die denkmalgerechte Restaurierung.<br />
Das Land NRW erwarb<br />
Schloß und Park und übertrug das<br />
Ensemble der NRW-Stiftung<br />
Naturschutz, Heimat- und Kulturpflege.<br />
In enger Kooperation<br />
mit dem Land NRW und der<br />
Stadt Königswinter läßt die Stiftung<br />
die Schloßanlage <strong>auf</strong>wendig<br />
restaurieren. Zur Freude der zahl-<br />
Teilansicht des Jagd- und Billardzimmers<br />
reichen Besucher der Drachenfelsstadt<br />
und seiner Region können<br />
nunmehr zumindest Teile des<br />
Schlosses besichtigt werden (Einzelheiten<br />
siehe Kasten <strong>auf</strong> Seite 7).<br />
Königswinter<br />
Trinkstube für feuchtfröhliche Gesellschaften: Das sogenannte<br />
Kneipzimmer<br />
Wegen Renovierung<br />
geöffnet – Einblicke<br />
in die Baustelle<br />
Schloß Drachenburg<br />
Unter diesem Titel ermöglicht die<br />
Ausstellung einen Blick hinter die<br />
Kulissen der „Denkmalbaustelle“<br />
Schloß Drachenburg. Spannend<br />
und unterhaltsam wird erklärt,<br />
wie das Schloß seinen alten Glanz<br />
zurückerhält, altes Mauerwerk<br />
gesichert wird, zerstörte Gewölbe<br />
neu <strong>auf</strong>gemauert, schadhafte<br />
Dächer neu gedeckt werden u. v. m.<br />
– eine Entdeckungsreise für jung<br />
und alt. Die Ausstellung wird<br />
für das Jahr 2008 den neuesten<br />
Fortschritten nach aktualisiert.<br />
Der Besucher kann so mit den<br />
fortschreitenden Restaurierungsarbeiten<br />
Schritt halten und die<br />
praktische Denkmalpflege vor Ort<br />
mitverfolgen. Von der B<strong>auf</strong>orschung<br />
über die Planung bis hin<br />
zur Ausführung durch die Handwerker<br />
erfährt der Besucher an-<br />
März 2008 5
Königswinter<br />
Blick vom Nibelungenzimmer in die Kunsthalle. Schloßführungen<br />
in historischen Kostümen haben ihren eigenen Reiz.<br />
schaulich, wie Denkmalpflege<br />
praktiziert wird. Die neun Ausstellungsstationen<br />
befinden sich im<br />
Park, im Nordturm und in der<br />
Wagenhalle:<br />
Der Park Schloß Drachenburg<br />
lädt mit seinen Baum-Exoten,<br />
seinem englischen Landschafts-<br />
6 März 2008<br />
park und seinem Renaissancebrunnen<br />
zum Lustwandeln ein.<br />
Ein angelegter Weg führt an den<br />
Mammutbäumen am Schloß vorbei.<br />
Die Kuppel der Kunsthalle,<br />
die im 2. Weltkrieg zerstört worden<br />
war, konnte 2002 nach umfangreichen<br />
Voruntersuchungen<br />
rekonstruiert werden. Größter Abschnitt<br />
der Restaurierungsarbeiten<br />
ist der Südtrakt. Hier begannen<br />
die Arbeiten zu Beginn 2004.<br />
Vom imposanten Gerüst über<br />
Kriegsschäden bis zur Erforschung<br />
historischer Tapeten veranschaulichen<br />
die Tafeln die komplexen<br />
Schritte zur Renovierung eines<br />
Wohntraktes aus dem 19. Jahrhundert.<br />
Ein Videofilm bietet<br />
einen Überblick über die bis heute<br />
erfolgten Restaurierungsarbeiten.<br />
Über die lange Vorbereitungsphase<br />
berichten Gutachten, die<br />
vor dem Beginn der Restaurierung<br />
erstellt wurden oder Befundproben<br />
wie z. B. Bohrkerne, die<br />
Aufschluß über die Gesteinsarten<br />
geben. Großformatige Architek-<br />
turpläne verdeutlichen den Zustand<br />
des Schlosses vor Beginn der<br />
Restaurierung und die aktuellen<br />
Restaurierungsmaßnahmen.<br />
Die Vorburg war ehemals das<br />
Wirtschaftsgebäude des Schloßes.<br />
2002 eröffnete hier das Museum<br />
zur Geschichte des Naturschutzes<br />
seine Pforten. Die Vorburg, sowie<br />
die Ausstellung kann mit dem<br />
Eintritt zu Schloß Drachenburg<br />
besucht werden.<br />
In loser Folge wird die Redaktion<br />
des rheinkiesel sowohl über den<br />
Fortgang der Restaurierungsarbeiten<br />
berichten als auch über<br />
die Geschichte des Gebäudes und<br />
seiner Bewohner informieren. •<br />
Annegret Schaal / Paulus Hinz<br />
Literatur zu Schloß Drachenburg<br />
Angelika Leyendecker<br />
Schloß<br />
Drachenburg<br />
Arbeitsheft 36,<br />
broschiert,<br />
112 Seiten,<br />
Format DIN A4,<br />
Rheinland-Verlag<br />
(1979),<br />
ISBN 3-7927-0513-3,<br />
€ 5,-<br />
Erhältlich <strong>auf</strong><br />
Schloß Drachenburg
Die Saison ist eröffnet!<br />
Mit der Zahnradbahn zum Schloß<br />
Königswinter<br />
Ab Samstag, 15. März 2008<br />
Öffnungszeiten der restaurierten Räumlichkeiten, Nordturm, Park<br />
und Sonderausstellung und Museum zur Geschichte des Naturschutzes<br />
in Deutschland<br />
15. März bis 2. November 2008<br />
täglich von Di.-So. und an Feiertagen von 11:00 - 18:00 Uhr<br />
16. März 2008<br />
Kinderlesung am Sonntag, den 16. März 2008 in der Wagenhalle,<br />
jeweils 14 und 16 Uhr. Alle Besucher – vor allem die Kleinen –<br />
sind herzlich eingeladen.<br />
Informationen<br />
Schloß Drachenburg gGmbH<br />
Drachenfelsstraße 118 · 53639 Königswinter<br />
Tel. 0 22 23 / 9 01 97- 0 · Fax 0 22 23 / 9 01 97- 8<br />
mail@schloss-drachenburg.de · www.schloss-drachenburg.de<br />
Eintrittpreise<br />
(inkl. Sonderausstellung und Museum für Naturschutzgeschichte)<br />
Erwachsene: € 2,50<br />
Kinder und Ermäßigungsberechtigte: € 1,-<br />
Die Drachenfelsbahn/Zahnradbahn fährt von Königswinter <strong>auf</strong><br />
den Drachenfels und hält bei Bedarf an der Mittelstation „Schloß<br />
Drachenburg“.<br />
Kinder-Ferien-Programm 2008<br />
Schloß Drachenburg und das Siebengebirgsmuseum Königswinter<br />
veranstalten in den Ferien wieder Kinderaktionen für kleine kreative<br />
Steinmetze im Alter von 7 bis 12 Jahren. Einzelheiten dazu finden<br />
Sie jeweils in unserem Veranstaltungskalender.<br />
Zahnradbahn fahren, den Drachenfels erobern, <strong>auf</strong> den Spuren der<br />
Römer die Geschichte und Steinschätze dieses Berges kennen lernen,<br />
die Steinmetzarbeiten von Schloß Drachenburg entdecken und in<br />
der Werkstatt des Siebengebirgsmuseums selber einen Stein behauen!<br />
Diese unvergeßlichen Erlebnisse bieten Schloß Drachenburg<br />
und das Siebengebirgsmuseum Königswinter allen kreativen und<br />
unternehmungslustigen Kindern mit dem Workshop „Als Steinmetz<br />
am Drachenfels“.<br />
Das spannende Ein-Tagesprogramm wird in den Oster-, Sommerund<br />
Herbstferien 2008 an jeweils zwei Terminen angeboten. Schloß<br />
Drachenburg und das Siebengebirgsmuseum freuen sich <strong>auf</strong> die<br />
„kleinen Steinmetze“.<br />
Frisch restauriert<br />
Ein weiterer, großer Schritt zur Vollendung der Restaurierung von<br />
Schloß Drachenburg ist getan. Nach Kunsthalle und Kneipzimmer<br />
erstrahlen nun auch Durchgangszimmer, Nibelungenzimmer, Bibliothek<br />
und Billardzimmer in neuem „alten“ Glanz. Gemäß ihrem<br />
ursprünglichen Erscheinungsbild bieten diese Herrenzimmer den<br />
Schloßbesuchern einen überwältigenden Einblick in die Wohnkultur<br />
der Gründerzeit.<br />
Vorausaussichtlich im Mai 2008 wird die Innenrestaurierung des<br />
privaten Schlafzimmers, des Toilettezimmers und des Musiksaals<br />
abgeschlossen sein. Weitere Informationen dazu werden in den<br />
nächsten Ausgaben des rheinkiesel veröffentlicht.<br />
März 2008 7
Natur<br />
Zum Kuckuck! …<br />
… gibt es viel zu sagen! Sehr viel sogar. Mehr als hier in der<br />
Rubrik „Natur” Platz zur Verfügung steht – ja, sogar weitaus<br />
mehr, als nötig wäre, um das ganze Heft zu füllen. Alle<br />
kennen den lustigen Vogel, der stets seinen Namen laut ruft<br />
und in unzähligen Sprichwörtern, Erzählungen und Liedern<br />
<strong>auf</strong>taucht!<br />
Zwar ist es für diese Märzausgabe<br />
in terminlicher Hinsicht etwas gewagt,<br />
den Kuckuck zu porträtieren,<br />
liegt seine Rückkehr aus den<br />
bis zu 6.000 km weit entfernten<br />
Winterquartieren in Afrika doch<br />
für unsere Region um den 14.<br />
April. Doch es gibt zwei, drei gute<br />
Gründe, den bekannten Vogel<br />
jetzt vorzustellen: Erstens wurde er<br />
zum „Vogel des Jahres“ gewählt,<br />
zweitens gilt er seit langem als<br />
Ostervogel, da er in der Regel um<br />
Ostern zurückkehrt bzw. erstmals<br />
ruft – und Ostern fällt dieses Jahr<br />
ungewöhnlich früh in den März.<br />
Überdies dürfte die Ankunft des<br />
Kuckucks (wie inzwischen bei<br />
anderen Zugvögeln belegt) angesichts<br />
milder Winter und zeitigerem<br />
Frühlingsbeginn zunehmend<br />
früher erfolgen.<br />
Die Wahl zum Jahresvogel nahmen<br />
der Naturschutzbund Deutschland<br />
(NABU) und der Landesbund für<br />
Vogelschutz in Bayern (LBV) vor,<br />
die mit dieser Aktion <strong>auf</strong> die Gefährdung<br />
des Vogels selbst, aber<br />
auch <strong>auf</strong> den beständigen Verlust<br />
seines Lebensraumes <strong>auf</strong>merksam<br />
machen wollen. Von der Hitliste<br />
der Volks- und Kinderlieder, wie<br />
zum Beispiel „Kuckuck, kuckuck<br />
ruft´s aus dem Wald“, „Der Kukkuck<br />
und der Esel, die hatten<br />
einen Streit“ oder „Auf einem<br />
8 März 2008<br />
Baum ein Kuckuck saß“ hat es der<br />
Vogel in Deutschland traurigerweise<br />
<strong>auf</strong> die Rote Liste bedrohter<br />
Arten geschafft – wenn auch zunächst<br />
lediglich in die sogenannte<br />
„Vorwarnstufe”. In einigen Landesteilen<br />
hat er im Vergleich zu<br />
Sein Gefieder erinnert an den Sperber: Kuckuck<br />
den 1960er Jahren um 70 % und<br />
mehr abgenommen. Zwar können<br />
Fachleute regional auch ein Vordringen<br />
des Kuckucks in menschliche<br />
Siedlungen feststellen, doch<br />
sind dies eher Ausnahmen im Verdrängungswettbewerb<br />
zwischen<br />
Mensch und Natur. Die Zahl von<br />
660 (!) rufenden Männchen, die<br />
noch Ende der 70er Jahre im<br />
Großraum Bonn und im Verbreitungsgebiet<br />
des rheinkiesel verzeichnet<br />
wurden, wird nach stetiger<br />
Abnahme über einen Zeitraum<br />
von 25 Jahren heute nicht mehr<br />
erreicht.<br />
Es ist offenkundig, daß der Kukkuck,<br />
wie die meisten anderen bedrohten<br />
Vogelarten auch, unter<br />
dem anhaltenden Verlust natürlicher<br />
Lebensräume zu leiden hat.<br />
In unserem Falle handelt es sich<br />
vor allem um Offenlandflächen<br />
wie z. B. Grünlandbereiche, abwechslungsreicheFeldlandschaften<br />
mit Baumgruppen, Hecken<br />
und Gräben, Moore, Heiden und<br />
Feuchtgebiete, aber auch Waldränder<br />
und Waldlichtungen werden<br />
regelmäßig besiedelt.<br />
Eine weitere, entscheidende Abhängigkeit<br />
besteht <strong>auf</strong>grund der<br />
Bindung an seine Wirtsvögel,<br />
denn wie allgemein bekannt baut<br />
der Kuckuck selbst kein Nest, sondern<br />
er legt seine Eier in jene bestimmter<br />
Singvogelarten. Dieser<br />
Brutparasitismus geht so weit, daß
eine regelrechte Wirtsprägung der<br />
Kuckucks-Weibchen vorliegt, die<br />
entsprechend ausschließlich oder<br />
bevorzugt Eier in Nester von Rotkehlchen<br />
oder Heckenbraunelle<br />
oder Teichrohrsänger (siehe unser<br />
Foto <strong>auf</strong> Seite 10) oder Bachstelze<br />
(um nur die häufigsten zu nennen)<br />
legen.<br />
Die Weibchen sind mit den<br />
Lebensgewohnheiten der Wirtsvogelarten<br />
so vertraut, daß sie<br />
nach akribischem Beobachten<br />
ihrer Umgebung die Neststandorte<br />
ausfindig machen und den<br />
Singvogel-Brutpaaren pro Saison<br />
zwischen 9 und 22 Eier unterschieben,<br />
je nach Nestangebot.<br />
Der Parasitierungsgrad der Wirtsvögel<br />
in einem Gebiet erreicht<br />
selten 1 % und nur 30 % der<br />
Eier entwickeln sich zu flüggen<br />
Jungen bzw. – anders ausgedrückt<br />
– nur zwei bis drei Nachkommen<br />
bringt ein Kuckucks-Weibchen im<br />
Jahr hervor. Damit ist der Brut-<br />
Natur<br />
erfolg des Kuckucks zwar nicht<br />
immens, aber dank einer ausgeklügelten<br />
Strategie mit nahezu unglaublichen<br />
Anpassungen – eine<br />
Evolutionsgeschichte so spannend<br />
wie ein Krimi! – bislang ausreichend<br />
für die Bestandssicherung<br />
gewesen.<br />
Sensible Singvögel, denen ein Ei<br />
untergeschoben wurde, bemerken<br />
dies bisweilen und reagieren mit<br />
Aufgabe der Brut, um gegebenenfalls<br />
ein neues Nest zu errichten.<br />
Die wichtigsten Besonderheiten sind:<br />
• Die Eier werden bereits im Eingang<br />
des Kuckucks-Weibchens<br />
„vorgebrütet”, so daß sich der<br />
Embryo schon zu entwickeln<br />
beginnt, bevor er in das fremde<br />
Nest gelangt. So hat er einen<br />
Entwicklungsvorsprung.<br />
• Das Kuckucks-Weibchen sucht vor allem Nester aus, die in<br />
einem frühen Brutstadium und deren Gelege noch nicht vollständig<br />
sind.<br />
• Es merkt sich das belegte Nest und wählt stets andere Nester<br />
aus (um Mehrfachbelegung zu vermeiden).<br />
• Die Eier des Kuckucks sind zum Schutz einerseits besonders<br />
dickschalig, andererseits vergleichsweise klein, um im Singvogelnest<br />
nicht zu sehr <strong>auf</strong>zufallen. Ein Kuckucks-Ei wiegt mit<br />
etwa zwei Gramm nur ein Viertel dessen, was ein Ei der ähnlich<br />
großen Turteltaube wiegt.<br />
• In einer frühen Phase lädt sich das Kuckucks-Junge die im<br />
Nest befindlichen Eier oder Jungvögel <strong>auf</strong> den Rücken und<br />
hievt sie aus dem Nest. Damit müht sich das Junge drei bis vier<br />
Stunden ab (in Ausnahmefällen auch bis zu 36 Stunden!), um<br />
sich so die Nahrungskonkurrenten vom Hals zu schaffen.<br />
• Das (zumal für kleine Singvögel) unverhältnismäßig große<br />
und leuchtend orange-rote Schnabelinnere ist ein großer<br />
Schlüsselreiz für die Adoptiveltern, bisweilen sogar für fremde<br />
Altvögel, die sich genötigt sehen, den unablässig sperrenden<br />
jungen Kuckuck zu füttern.<br />
So erfinderisch die Natur im Verhalten<br />
und in der Fortpflanzungsstrategie<br />
des Kuckucks war, so<br />
groß war seit jeher das Interesse<br />
des Menschen an diesem Vogel<br />
und die Phantasie, sein Erscheinen<br />
seine Gestalt und sein Ruf zu deuten.<br />
Die dem Sperber ähnliche<br />
Körperform und Zeichnung gab<br />
sowohl in der Antike als auch bis<br />
zum Mittelalter immer wieder<br />
Anlaß, eine Verwandlungsfähigkeit<br />
zum Greifvogel anzunehmen.<br />
März 2008 9
10 März 2008<br />
Natur<br />
Gleichwohl hielten die Römer den<br />
Vogel für dumm, feige und faul,<br />
was sich noch heute darin äußert,<br />
daß „cucco“ im Italienischen<br />
„dumm“ bedeutet. In anderen Regionen<br />
führte der monotone Ruf,<br />
das beständig von Singwarten gut<br />
hör- und sichtbar vorgetragene<br />
„Kuckuck–kuckuck–kuckuck“<br />
dazu, ihn als Sinnbild für einen<br />
Narren oder Tor anzusehen.<br />
Ein solch <strong>auf</strong>fälliger Vogel erregte<br />
natürlich das Interesse des Menschen<br />
enorm. Kulturhistorisch hat<br />
der Kuckuck seine Spuren in<br />
Ortsnamen, Herkunftsbezeichnungen,<br />
Sagen, Redewendungen,<br />
Liedern, Orakelsprüchen und<br />
Volksweisheiten hinterlassen. Das<br />
Kapitel über den Kuckuck ist in<br />
einem Buch über „Die Vögel im<br />
Volksglauben“ mit mehr als 40<br />
Seiten eines der umfangreichsten<br />
und offenbart sogar regionalen<br />
Bezug: Höchst bemerkenswert für<br />
uns ist das älteste Zeugnis von der<br />
schicksalhaften Befragung des<br />
Kuckucks aus dem Mittelalter, das<br />
uns durch Cäsarius von Heisterbach<br />
aus dem oberhalb von<br />
Dollendorf gelegenen Kloster in<br />
einem Gleichnis überliefert wurde:<br />
Nach der gefaßten Absicht,<br />
Mönch zu werden, befragte ein<br />
Konvertite (jemand, der zu einem<br />
anderen Glauben übergetreten ist)<br />
den Kuckuck, wieviele Jahre er<br />
noch lebe. Als der Ruf aus dem<br />
Wald 22 mal ertönte, sagte er sich<br />
jedoch: „Wenn ich noch solange<br />
zu leben habe, sehen ich nicht ein,<br />
mich so lange zu kasteien. Ich<br />
kehre ins Leben zurück und genieße<br />
seine Freuden. Danach ist<br />
Junger Kuckuck mit seinem Wirtsvogel, einem Teichrohrsänger<br />
noch Zeit, zwei Jahre Buße zu<br />
tun.“ Da aber der Mann bereits<br />
nach 20 Jahren starb, mußte er in<br />
seinen Sünden dahinfahren und<br />
das gottlose Orakel bewahrheitete<br />
sich nicht …<br />
Diese Art der Kuckucks-Befragung<br />
hielt sich aber noch lange<br />
Zeit und wurde je nach Landstrich<br />
und Zweck abgewandelt. Mal kam<br />
es dar<strong>auf</strong> an, aus welcher Himmelsrichtung<br />
der Kuckuck rief,<br />
mal <strong>auf</strong> das Wetter, mal <strong>auf</strong> den<br />
Ort, mal verkündete er Glück,<br />
mal Schaden, je nachdem, ob der<br />
Abergläubige gerade Rückenschmerzen<br />
hatte, das „Kuckuck“<br />
<strong>auf</strong> nüchternen Magen vernahm<br />
und demzufolge langen Hunger<br />
zu befürchten hatte oder, wenn<br />
einen der Ruf erstmals im Juni<br />
ereilte, standen harte Zeiten an:<br />
„Der Kuckuck kündet teure Zeit,<br />
wenn er nach Johanni (24.6.)<br />
schreit.“<br />
Im aktuellen Zeitgeschehen sind<br />
wir angelangt, wenn wir den<br />
Kuckuck wegen seiner Bestandsrückgänge<br />
kaum noch zu Gehör<br />
bekommen und wir uns angesichts<br />
Mehrwertsteuererhöhung<br />
und sinkendem Lohnniveau tatsächlich<br />
teuren Zeiten gegenüber-<br />
sehen. Bis heute hat sich immerhin<br />
hartnäckig das Gerücht gehalten,<br />
daß man, hört man es „kukkuck“<br />
rufen und hat Geld in der<br />
Tasche, zumindest immer genug<br />
davon haben wird. Sollten Sie ihn<br />
demnächst hören (und das ist ja<br />
schon an sich ein Glücksfall!) und<br />
gedenken, diese finanzielle Angelegenheit<br />
mit ihm zu regeln, sollten<br />
Sie beachten, daß jedoch ein<br />
wichtiges Detail in Vergessenheit<br />
geriet: Je nachdem wo und wer Sie<br />
sind, müssen Sie gleichzeitig das<br />
Geld schütteln, damit klimpern,<br />
den Geldbeutel oder einen bis<br />
sieben Purzelbäume schlagen oder<br />
als Vorleistung eine Münze in des<br />
Kuckucks Richtung werfen! Sonst<br />
kann man seine Wünsche auch<br />
gleich zum Kuckuck jagen. •<br />
Ulrich Sander
Fatale Fehler<br />
Wer arbeitet, möchte dafür üblicherweise bezahlt werden.<br />
Wer als Arbeitnehmer bei seiner Arbeit jedoch Schäden anrichtet,<br />
kann durchaus in die Gefahr geraten, selbst zahlen<br />
zu müssen.<br />
In seinem Leben als Privatmensch<br />
würde sich der Arbeitnehmer<br />
nicht wundern, wenn ein Unfall,<br />
den er z. B. mit seinem Kraftfahrzeug<br />
verursacht, zu Schadenersatzansprüchen<br />
gegen ihn bzw. die<br />
Kraftfahrzeugversicherung führt.<br />
Wer jedoch mit seinem Dienstwagen<br />
<strong>auf</strong> dem Weg zum Kunden<br />
verunfallt, wird jedoch spontan<br />
die Ansicht vertreten, daß die<br />
Schadensabwicklung Sache des<br />
Arbeitgebers ist.<br />
Und tatsächlich gelten bei der Behandlung<br />
von Schäden im Arbeitsrecht<br />
andere Regeln als im<br />
Alltag. Dies ergibt sich unter anderem<br />
aus der besonderen Fürsorgepflicht<br />
des Arbeitgebers für<br />
„seine“ Arbeitnehmer, sowie daraus,<br />
daß der Arbeitgeber seine Verantwortung<br />
und sein eigenes<br />
betriebliches Risiko nicht durch<br />
die Übertragung von Pflichten an<br />
Arbeitnehmer über Gebühr reduzieren<br />
soll.<br />
Die Beschränkung der Haftung<br />
des Arbeitnehmers im Verhältnis<br />
zum Arbeitgeber ist gesetzlich<br />
nicht geregelt, sie wurde durch<br />
Gerichtsentscheidungen im L<strong>auf</strong><br />
der Jahre entwickelt.<br />
Zunächst wird im „Falle des<br />
Falles“ ermittelt, wie massiv der<br />
Arbeitnehmer gegen seine Sorgfaltspflichten<br />
verstoßen hat.<br />
Je schwerer sein Fehlverhalten<br />
wiegt, um so eher ist der Arbeitnehmer<br />
verpflichtet, die Schäden,<br />
die er verursacht hat, selbst auszugleichen.<br />
Bei leichter Fahrlässigkeit haftet<br />
der Arbeitnehmer nicht, bei<br />
durchschnittlicher Fahrlässigkeit<br />
trägt er gemeinsam mit dem Arbeitgeber<br />
die Konsequenzen und<br />
bei grober Fahrlässigkeit oder vorsätzlichem<br />
Handeln ist der Arbeitnehmer<br />
allein für den Schadensausgleich<br />
verantwortlich.<br />
Dieses Prinzip der Haftungsbegrenzung<br />
kam bis in die 1990er<br />
Jahre regelmäßig nur bei gefahrgeneigten<br />
Tätigkeiten zur Anwendung.<br />
Gefahrgeneigt sind Arbeiten,<br />
die verglichen mit anderen<br />
Tätigkeiten erhöhte Risiken mit<br />
sich bringen, wie z. B. das Führen<br />
eines LKW. Heute kommt die<br />
Haftungserleichterung sämtlichen<br />
Arbeitnehmern zugute, die bei<br />
Ausführung einer betrieblichen<br />
Tätigkeit (im Gegensatz zur Verfolgung<br />
eigener Interessen) einen<br />
Schaden anrichten.<br />
Wird durch ein Verschulden des<br />
Arbeitnehmers ein hoher Schaden<br />
verursacht, führt eine finanzielle<br />
Beteiligung an dem Schadensausgleich,<br />
die sich allein nach der<br />
Schwere seiner Pflichtverletzung<br />
richtet, schnell zu einer existenzbedrohenden<br />
Zahlungspflicht für<br />
den Arbeitnehmer.<br />
Die Rechtsprechung hat daher <strong>auf</strong><br />
verschiedene Weise die Haftung<br />
auch bei mittlerer und grober<br />
Fahrlässigkeit weiter begrenzt:<br />
So wird der Unternehmer als mitverantwortlich<br />
angesehen, der<br />
keine an sich mögliche Versicherung<br />
für den eingetretenen Schadensfall<br />
abgeschlossen hat. Auch<br />
wird berücksichtigt, ob der gezahlte<br />
Lohn möglicherweise in einem<br />
Ihr Recht<br />
Mißverhältnis zu der Verantwortung<br />
steht, welche der Arbeitnehmer<br />
zu tragen hat. Die Frage, ob<br />
eine Arbeit gefahrgeneigt ist, spielt<br />
bei der Verteilung der Schadensanteile<br />
ebenfalls eine Rolle.<br />
Soweit einige Gerichte die Ansicht<br />
vertreten haben, generell – also<br />
auch bei grober Fahrlässigkeit<br />
(nicht bei Vorsatz) – hafte der<br />
Arbeitnehmer nicht über eine<br />
Obergrenze von drei Monatslöhnen<br />
hinaus, ist dem das<br />
Bundesarbeitsgericht (BAG) bisher<br />
ausdrücklich nicht gefolgt.<br />
Verursacht ein Arbeitnehmer bei<br />
einem Kollegen einen Personen-<br />
Bange Frage: Haftet der Arbeitnehmer als Verursacher des Brandes<br />
für den entstandenen Schaden?<br />
schaden, wird dieser Schaden in<br />
aller Regel über die gesetzliche,<br />
von dem Arbeitgeber gezahlte<br />
Unfallversicherung ausgeglichen.<br />
Weitergehende Ansprüche zwischen<br />
den Kollegen sind grundsätzlich<br />
ausgeschlossen.<br />
Wird der Arbeitnehmer jedoch<br />
von einem Betriebsfremden in<br />
Anspruch genommen, gelten in<br />
diesem Verhältnis die allgemeinen<br />
Grundsätze, gehaftet wird dann<br />
auch bei leichter Fahrlässigkeit.<br />
Der Arbeitnehmer hat aber gegenüber<br />
dem Arbeitgeber einen Anspruch<br />
dar<strong>auf</strong>, von den Ansprüchen<br />
freigestellt zu werden,<br />
wenn der Schaden im Rahmen<br />
einer betrieblichen Tätigkeit entstand.<br />
Dies gilt auch für Sachschäden<br />
von Arbeitskollegen. •<br />
Rechtsanwalt Christof Ankele<br />
www.sunda-rechtsanwaeltebad-honnef.de<br />
März 2008 11
Dollendorf<br />
Mühlen im<br />
Heisterbacher<br />
Tal<br />
Das überaus positive Echo <strong>auf</strong> unsere Buchvorstellung in der<br />
diesjährigen Januar-Ausgabe veranlaßt uns, in diesem Heft<br />
einen Auszug aus dieser bemerkenswerten Publikation zu<br />
bringen. Autor Karl Schumacher stellt hier zwei Mühlen<br />
aus dem Heisterbacher Tal vor, die schon lange nicht mehr<br />
klappern. Es handelt sich um Mühlen im sogenannten<br />
Keltersiefen.<br />
Frühere heimatkundliche Niederschriften<br />
beziehen sich <strong>auf</strong> ein<br />
Weistum (= ländliche Rechtsquelle<br />
des Spätmittelalters und der<br />
frühen Neuzeit (die Red.)) und<br />
nicht näher erklärte Überlieferungen,<br />
wenn sie berichten, daß in<br />
dem Tal zwischen Petersberg und<br />
Weilberg, dem Keltersiefen, von<br />
der Abtei Heisterbach zwei Wassermühlen,<br />
nämlich eine Schleifmühle<br />
und eine Ölmühle betrieben<br />
wurden. Die beiden Pächter<br />
mußten jeder um 1693 eine<br />
Wassererkenntnis entrichten, die<br />
Bede genannt wurde und eine besondere<br />
Steuerart war. In der alten<br />
Niederschrift heißt es weiter, daß<br />
die Abtei 1744 diese beiden<br />
Mühlen wegen des nassen und<br />
sumpfigen Geländes habe <strong>auf</strong>geben<br />
müssen.<br />
Die Bauart der Mühlen und die<br />
Standorte von Gebäuden und<br />
Teichen sind heute nicht mehr<br />
12 März 2008<br />
sicher festzustellen. Man kann<br />
aber davon ausgehen, daß zumindest<br />
die Schleifmühle zeitgleich<br />
mit dem Baubeginn für die Abtei-<br />
Mittelalterlicher Schleifkotten (Rekonstruktion)<br />
kirche in Betrieb war. Denn das<br />
Behauen der Bausteine für das<br />
<strong>auf</strong>wendige und prachtvolle Bauwerk<br />
mit den im 13. Jahrhundert<br />
zur Verfügung stehenden Meißeln<br />
und Formwerkzeugen minderer<br />
Stahlqualität war schon deshalb<br />
ein Problem, weil die Standzeit<br />
(d. h. die Zeit, in der die Werkzeuge<br />
gebrauchsfähig waren (die<br />
Red.)) der Werkzeuge sehr begrenzt<br />
war. Die Steinmetze arbeiteten für<br />
die Grobbehauung von Quadern<br />
mit einem Meißel höchstens eine<br />
Stunde. Dann mußte das Werkzeug<br />
neu ausgeschmiedet, gehärtet<br />
und geschliffen werden. Das<br />
Nachschmieden und Härten der<br />
Bearbeitungswerkzeuge erfolgte<br />
<strong>auf</strong> der Baustelle mit den Feldschmieden<br />
und bereitstehenden<br />
Wassertrögen. Dann folgte als<br />
letzter Arbeitsgang das Scharf-<br />
schleifen in der Schleifmühle.<br />
Mittelalterliche Lohnlisten lassen<br />
erkennen, daß ein qualifizierter<br />
Steinmetz in der Regel zwei Zuarbeiter<br />
benötigte, nämlich einen<br />
Schmied für die ständige Nachbearbeitung<br />
der Werkzeuge und<br />
einen Steinhauer, der die Grobbehauung<br />
des zu bearbeitenden<br />
Steinmaterials vornahm.<br />
Der zügige und ständige Transport<br />
der zu schleifenden Steinmetzwerkzeuge<br />
von und zu der ca. 200<br />
Meter entfernten Schleifmühle<br />
war ein wichtiger Schritt für den<br />
B<strong>auf</strong>ortgang. Bei Abschätzung der<br />
Auslastung der Schleifmühle muß<br />
man bedenken, daß auch die<br />
Werkzeuge der Steinbrecher vom<br />
Stenzelberg und die Schmiedeerzeugnisse<br />
der Umgegend l<strong>auf</strong>end<br />
bearbeitet werden mußten.<br />
Das Gebäude dieser Schleifmühle
kann man sich, wie die funktionsgleichen<br />
Schleifmühlen der damaligen<br />
Zeit in der Region, als einfache<br />
schuppenartige Hütte vorstellen,<br />
die deshalb auch allgemein<br />
Schleifkotten genannt wurde.<br />
Der Durchmesser des Wasserrades<br />
für einen Schleifkotten war kleiner<br />
als der von Getreide- oder Ölmühlen<br />
und dabei so konstruiert,<br />
daß höhere Drehzahlen als seinerzeit<br />
üblich erreicht werden konn-<br />
ten. Hierfür scheint vorzugsweise<br />
ein mittelschlächtiger Wasser<strong>auf</strong>schlag<br />
(Erläuterung siehe rheinkiesel<br />
Nr. 01.08, S. 10) verwendet<br />
worden zu sein. Einmal in<br />
Rotation gekommen, wirkten<br />
die schweren Schleifsteine wie<br />
Schwungräder, die auch plötzliche<br />
Stoßbelastungen, die beim Schleifen<br />
schwerer Eisenwerkzeuge <strong>auf</strong>treten<br />
konnten, mühelos bewältigten.<br />
Auf der verlängerten Wasserradwelle<br />
waren in der Regel zwei<br />
Schleifsteine aus Sandstein montiert,<br />
die unterschiedliche Körnungen<br />
hatten. Damit konnte<br />
grob- und feingeschliffen werden.<br />
Fachleute gehen davon aus, daß<br />
die Wasserräder dieser einfachen<br />
Schleifkotten Drehzahlen von 30<br />
bis 40 Umdrehungen pro Minute<br />
erreichen konnten. Damit wurden<br />
hohe Ansprüche an die Standfestigkeit<br />
von Wasserrad, Wellbaum<br />
und besonders an die Achslager<br />
gestellt. Die ständige Schmierung<br />
der Lagerschalen war unerläßlich<br />
für einen „reibungslosen“ Betrieb.<br />
Die wenigen zur Verfügung<br />
stehenden Archivberichte verschwenden<br />
an derart nebensächliche<br />
Dinge wie Achsenschmieren<br />
natürlich keinen Hinweis. Es ist<br />
aber mündlich überliefert, daß als<br />
Schmiermittel u. a. Streifen von<br />
Speckschwarten und in Schmalz<br />
getränkte Lappen <strong>auf</strong> die Achslager,<br />
die nur aus einer unteren Lagerhalbschale<br />
bestanden, gepreßt<br />
wurden.<br />
Gebäude einer mittelalterlichen Ölmühle (Rekonstruktion)<br />
Dollendorf<br />
Als die Schleif- und die Ölmühle<br />
1744 hier im Keltersiefen <strong>auf</strong>gegeben<br />
wurden, konnten die Zisterzienser<br />
deren Aktivitäten problemlos<br />
in die zwischenzeitlich<br />
neu errichteten Mühlenbetriebe<br />
im Mühlental verlagern. Denn<br />
dort waren 1728 eine leistungsfähige<br />
oberschlächtige Ölmühle<br />
und wahrscheinlich etwa zeitgleich<br />
eine neue Schleifmühle errichtet<br />
worden.<br />
Kurze Zeit nach der Gründung<br />
des rasch <strong>auf</strong>strebenden Klosters<br />
im 13. Jahrhundert waren neben<br />
der Vieh- und Ackerwirtschaft<br />
auch Getreide- und Ölmühlen<br />
erforderlich. Deshalb ist anzunehmen,<br />
daß auch die im Keltersiefen<br />
angeführte Ölmühle schon frühzeitig,<br />
mit einiger Sicherheit bald<br />
nach dem Umzug vom Stromberg<br />
ins Heisterbacher Tal, gebaut<br />
wurde. In der Lageskizze werden<br />
Schleif- und Ölmühle als benachbart<br />
im Keltersiefen gelegen angegeben.<br />
Nach heutiger Beurteilung<br />
bestand also die wirtschaftliche<br />
Dollendorf<br />
Notwendigkeit für den Betrieb<br />
beider Mühlen bereits mit der<br />
Abteigründung.<br />
Der Stand der Mühlentechnik des<br />
13. Jahrhunderts sowie die Geländeform<br />
lassen dar<strong>auf</strong> schließen,<br />
daß der Wasserradantrieb für die<br />
Ölmühle unterschlächtig erfolgte.<br />
Das Gebäude war im Untergeschoß<br />
aus Bruchsteinen gemauert<br />
und besaß einen Fachwerk<strong>auf</strong>bau.<br />
Man kann davon ausgehen, daß<br />
die Mechanik der mittelalterlichen<br />
Ölmühlen in jedem Mühlenbetrieb<br />
gleich war. Die Ölmühlen<br />
besaßen drei Steine, nämlich einen<br />
Bodenstein und zwei Läufersteine.<br />
Bei sehr kleinen Mühlen kam in<br />
Das Brauhaus im heutigen Zustand<br />
seltenen Fällen auch ein sogenannter<br />
Kollergang mit nur einem<br />
Läuferstein vor. Die <strong>auf</strong>recht rollenden<br />
Läufersteine von je über<br />
1.000 kg Gewicht drehten sich<br />
mit der horizontal angeordneten<br />
Achse <strong>auf</strong> einer ringförmigen Bahn<br />
<strong>auf</strong> dem Bodenstein. Dabei zerquetschten<br />
sie das <strong>auf</strong> dem Bodenstein<br />
liegende ölhaltige Mahlgut.<br />
Ein um den Bodenstein geführter<br />
Brett<strong>auf</strong>satz verhinderte das Entweichen<br />
des Mahlguts. Ein sensenförmiger<br />
Schieber sorgte dafür,<br />
daß es ständig wieder unter den<br />
Läuferstein befördert wurde.<br />
Der Heimatforscher Wilhelm<br />
Hundhausen beschreibt im „Jahrbuch<br />
des Kreises Altenkirchen<br />
1973“ die Arbeitsweise einer bauartgleichen<br />
Ölmühle wie folgt:<br />
„Während eines Arbeitsganges<br />
konnte ein „Geschläg“, das sind<br />
30 kg Ölfrüchte, in etwa zwei<br />
Stunden unter dem Kollergang,<br />
dem rund l<strong>auf</strong>enden, etwa 25<br />
Zentner schweren Mahlstein gemahlen<br />
werden. Er drehte sich <strong>auf</strong><br />
einem zweiten in einer Hohlschüssel,<br />
der „Schottel“, liegenden<br />
Stein. Trockenem Samen mußte<br />
gefühlsmäßig Wasser zugefügt,<br />
frischem, noch feuchtem Samen<br />
ausgetrockneter Ölkuchen beige-<br />
geben werden. Stimmte der Feuchtigkeitsgrad,<br />
so gab der Samenkern<br />
das Öl frei, und es zeigten sich am<br />
Kollergang kleine Ölperlen. Das<br />
Mahlgut wurde vom Stein in einen<br />
Trog, die „Mohl“ (= Mulde) gebracht<br />
und dann in kleinen Mengen<br />
von etwa fünf Pfund <strong>auf</strong> einem<br />
Ofen <strong>auf</strong> etwa 40 Grad erwärmt,<br />
damit das in ihm befindliche Öl<br />
leichtflüssiger wurde. In ein Preßtuch<br />
verpackt, wurde es <strong>auf</strong> die<br />
Drengbank, die Presse eingesetzt,<br />
einem liegenden, ausgehöhlten<br />
Eichenstamm, mit einer Abmessung<br />
von etwa 60 x 60 x 150 cm.
Ein Fallhammer, der vom Wasserrad<br />
über eine etwa 40 cm dicke,<br />
mit Nocken besetzte Holzwelle<br />
betätigt wurde, trieb nun einen<br />
Holzkeil in die Drengbank. Dies<br />
nannte man Ölschlagen. Unter<br />
dem starken Druck preßte sich das<br />
Öl aus dem Mahlgut und floß in<br />
einen Sammelbottich. Der zurückbleibende<br />
Ölkuchen wurde<br />
aus der Presse genommen und als<br />
nochmaliges Mahlgut im Koller-<br />
Buch-Tip<br />
Dollendorf<br />
gang gemahlen. Der Ölkuchen<br />
wurde bis zu viermal wiederholt<br />
zermahlen und gepreßt, bis das Öl<br />
restlos gewonnen war. Das im<br />
ersten Preßgang gewonnene Öl<br />
war das qualitativ beste Erzeugnis.<br />
Aus einem Geschläge von 30 kg<br />
Den vorstehenden Aufsatz entnahmen wir<br />
mit freundlicher Genehmigung von Autor und<br />
Herausgeber dem jüngst erschienenen Werk:<br />
Karl Schumacher<br />
Die Mühlen im<br />
Heisterbacher Tal<br />
Wie sie klapperten vom<br />
Mittelalter bis zur Neuzeit<br />
Hsg. Heimatverein<br />
Oberdollendorf und<br />
Römlinghoven e. V.<br />
120 Seiten, gebunden,<br />
mit vielen, teils farbigen<br />
Abbildungen, € 12,80<br />
Erhältlich im Buchhandel oder direkt bei:<br />
Brückenhofmuseum<br />
Bachstraße 93, Königswinter<br />
Tel.0 22 23 / 912 623, Fax 0 22 23 / 912 624<br />
Email: brueckenhofmuseum@t-online.de<br />
Internet: www.brueckenhof.de<br />
Raps wurden 10 bis 12 Liter Rüböl<br />
gewonnen. Aus dem feinkörnigeren<br />
Rübsen wurden 8 bis 10<br />
Liter je Geschläge ausgepreßt. Das<br />
gewonnene Öl wurde ohne Filtrie-<br />
Julias Glosse<br />
Die Rache<br />
der<br />
Schlange<br />
Es begann mit einem Geldautomaten.<br />
Wozu noch in<br />
der Schlange stehen, wenn man<br />
so schnell zu jeder Tages- und<br />
Nachtzeit Bargeld bekommt? Dann<br />
wurde es eine Sucht. Geld abheben<br />
reichte nicht mehr. Das Online-Banking<br />
mußte her. Mittlerweile buchen wir den Urlaub im<br />
Internet, Fahrkarten gibt’s am Automaten, und am Flughafen<br />
checken wir uns selbst elektronisch ein. Eink<strong>auf</strong>en? Egal, ob<br />
Leberwurst oder Designer-Coach gibt’s alles online. Wozu<br />
überhaupt noch aus dem Haus gehen?<br />
Kein Wunder: In der der Servicewüste Deutschland hat jeder<br />
es früher oder später satt, aich nach Stunden in einer<br />
Wartschlange von untermotivierten Mitarbeitern anmuffeln<br />
zu lassen. Die einen im Zweifelsfall dar<strong>auf</strong> hinweisen, daß<br />
man in der falschen Schlange stand. Geht doch viel schneller,<br />
wenn man es schnell selbst erledigt? Gut, von den zwei, drei<br />
Stunden abgesehen, die man verbringt, um sich in das jeweilige<br />
Programm einzuarbeiten. Und der halben Stunde, in der<br />
man hektisch Benutzernamen, Passwort oder Geheimnummer<br />
sucht. Oder am Automaten verzweifelt, weil der<br />
weder Kreditkarte noch Scheine annimmt. Aber das kann<br />
man doch gern in K<strong>auf</strong> nehmen. Schließlich stehen jedem<br />
von uns 24 Stunden am Tag alle Türen offen.<br />
Doch wehe! Erst wenn der letzte Schalter dicht ist, das letzte<br />
Fachgeschäft „um die Ecke“ schließt, der letzte Informationsschalter<br />
zumacht, werdet Ihr erkennen, daß es ohne Servicemitarbeiter<br />
nicht geht. Nämlich dann, wenn Ihr in der<br />
Warteschleife der Hotline verzweifelt. Damit der allerletzte<br />
Servicemitarbeiter hilft, den Computer wieder flott zu<br />
machen. Ohne den jetzt einfach nichts mehr funktioniert.<br />
Julia Bidder<br />
März 2008 15
Dollendorf<br />
rung in Ölkannen abgefüllt, während<br />
der Ölkuchen ein wertvolles<br />
Futtermittel bildete.“<br />
Ein nicht unerheblicher Teil des<br />
gewonnenen Öls dürfte die Öllampen<br />
der Abtei gespeist haben.<br />
Als weiteres Mahlgut für die Gewinnung<br />
von Öl wurden auch<br />
Leinsamen, Bucheckern, Nüsse<br />
und Sonnenblumen verwendet.<br />
Die Ölmühle war nicht ganzjährig<br />
in Betrieb. Die jährliche genaue<br />
Inanspruchnahme der Mühle ist<br />
schwer abzuschätzen. Archivberichte<br />
sprechen von Betriebszeiten<br />
von etwa vier Monaten im<br />
Jahr für vergleichbare Mühlen in<br />
der Region.<br />
Mühle im<br />
Klosterbereich<br />
Markus Hoitz verweist in Heft 3<br />
„Die Aufhebung der Abtei<br />
Heisterbach“ <strong>auf</strong> einen Bericht<br />
von 1804 an die Separatkommission,<br />
in dem von einer Mühle<br />
innerhalb der Klostermauern die<br />
Rede ist. Nach dieser Beschreibung<br />
befanden sich die Mühleneinrichtungen<br />
in Gebäudeeinheit<br />
mit dem Brau- und Backhaus. Das<br />
Mühlrad sowie die gesamte<br />
Mechanik des Mahlwerks waren<br />
an der Ostseite des Gebäudes angeordnet.<br />
Unter Berücksichtigung<br />
der Topographie des Geländes<br />
kann der Mühlenteich nur südlich<br />
in erhöhter Lage gelegen haben.<br />
16 März 2008<br />
Gebäude der Heisterbacher Walkmühle (nach Zeitzeugenbeschreibung)<br />
Die Teichanordnung läßt dar<strong>auf</strong><br />
schließen, daß es sich um eine<br />
oberschlächtig angetriebene Getreidemühle<br />
handelte.<br />
Der <strong>Höhe</strong>nunterschied zur Erreichung<br />
des Wasser<strong>auf</strong>schlags <strong>auf</strong><br />
das Wasserrad betrug etwa fünf<br />
Meter. Die relativ lange hölzerne<br />
Wasserrinne wurde teilweise über<br />
die Krone einer heute noch vorhandenen<br />
Bruchsteinmauer geführt.<br />
Die Kraftübertragung vom<br />
außerhalb des Gebäudes angeordneten<br />
Wasserrad erfolgte über den<br />
Wellbaum durch das Achsenauge,<br />
gemeint ist ein runder Durchbruch<br />
in der Außenwand, in den<br />
Gebäudekeller. Hier befand sich<br />
das Winkelgetriebe mit den Zahnrädern,<br />
die <strong>auf</strong> die senkrecht rotierende<br />
Mühlradwelle wirkten. Das<br />
Mahlwerk mit den Mühlsteinen<br />
stand im Erdgeschoß über dem<br />
Getrieberaum.<br />
Es ist anzunehmen, daß die Mühle<br />
mit dem Erwerb des Abteigeländes<br />
durch den Grafen zur<br />
Lippe um 1820 stillgelegt wurde.<br />
Das Areal der Teichanlage wurde<br />
mit Erdreich <strong>auf</strong>gefüllt und als<br />
Gartenland genutzt. Offenbar ist<br />
bei der Teichverschüttung versäumt<br />
worden, die alte Wasserführung<br />
ordnungsgemäß zu drainieren;<br />
denn es wird berichtet, daß<br />
seither gelegentlich Hangwasser in<br />
den früheren Getriebekeller eindringt.<br />
Beim Versuch, die Außenanlagen<br />
der Mühle wie Teich, Gerinne und<br />
Mühlrad zu rekonstruieren, wurden<br />
die noch erkennbaren Gegebenheiten<br />
des Terrains zugrunde<br />
gelegt. •<br />
Karl Schumacher
Kieselchen<br />
Lesespaß zum<br />
Osterfest<br />
Uih, ist das dieses Jahr noch kalt an Ostern! Kein Wunder,<br />
denn das Fest fällt diesmal noch in den kühlen Monat März.<br />
Da ist es doch gut, wenn der Osterhase ein paar Bücher<br />
spendiert – die kann man drinnen schmökern, statt sich<br />
draußen die Pfoten abzufrieren. Viel Spaß dabei!<br />
Chaos im Igelzimmer<br />
In Fridolins Zimmer<br />
herrscht ein gewaltiges<br />
Chaos. Warum <strong>auf</strong>räumen?<br />
Ein echter Pirat beherrscht<br />
schließlich das<br />
Chaos! Doch andauernd<br />
muß der kleine Igel sein<br />
Spielzeug suchen oder<br />
stolpert über seine<br />
Sachen. Schließlich<br />
räumt er doch <strong>auf</strong> –<br />
wie und warum, verrät<br />
dieses hübsche<br />
Bilderbuch. So viel sei schon<br />
mal offenbart: Seine neue Freundin spielt dabei<br />
eine wichtige Rolle. Vielleicht ist dies doch eine Anregung<br />
für Euch, es Fridolin einmal gleichzutun?<br />
Ein fröhliches Buch, das ohne mahnenden Zeigefinger<br />
zeigt, daß Aufräumen auch Spaß machen kann.<br />
Steinbacher & Roeder<br />
Der kleine Igel räumt <strong>auf</strong><br />
32 Seiten, laminierter Pappband,<br />
ISBN 3-629-01377-5, Pattloch Verlag (2008), € 10,95<br />
18 März 2008<br />
Kurzsichtiges<br />
Osterhäschen<br />
Der kleine Hase Leo kann<br />
nicht mehr richtig gucken<br />
Weil er kurzsichtig ist,<br />
sieht er alles nur noch verschwommen.<br />
Der Augenarzt<br />
weiß Rat und verschreibt<br />
ihm eine Brille. Oje! Erst<br />
schämt sich Leo schrecklich im Kindergarten. Aber<br />
dann bewundern ihn die anderen Kinder sogar! Ein<br />
liebevoll illustriertes Bilderbuch – nicht nur für kleine<br />
Brillenträger.<br />
Mymi Doinet Nanou<br />
Leo hat eine feuerrote Brille<br />
24 Seiten, laminierter Pappband, ab 3 Jahren,<br />
ISBN 3-629-01387-2, Pattloch Verlag, € 8,90<br />
Waldfibel für die Kleinsten<br />
Wenn Papa, Mama und Ihr Euch<br />
schlafen legt, geht es im Wald erst<br />
richtig los: Spitzmäuse und Glühwürmchen<br />
wagen sich heraus,<br />
Eulen jagen und Igel suchen<br />
nach Nahrung. Dieses Bilderbuch<br />
für die Allerkleinsten (ab<br />
2 Jahren) zeigt, welche Tiere<br />
sich tagsüber verbergen. Vorsicht: Die<br />
Aufklapp-Fenster sind toll, nur leider nicht allzu stabil.<br />
Da staunst du!<br />
Tiere der Nacht<br />
12 Seiten, Pappeinband mit Aufklapper, Fleurus Verlag,<br />
ISBN 978-3-89717-373-6, € 3,90
Kieselchen<br />
Auf der Suche nach Gott<br />
Katholisch oder evangelisch? Oder vielleicht Buddhist, Hindu,<br />
Moslem oder Jude? Es gibt viele Religionen in der Welt. Die meisten<br />
davon sind uns fremd – etwa die Inder mit ihren vielen, knallbunten<br />
Gottheiten oder der Islam mit den spitzen Minaretten,<br />
fünf Gebetszeiten und den manchmal verschleierten Frauen.<br />
Doch alle beten zu einer höheren Macht und hoffen, ihr<br />
Seelenheil zu erlangen. Was verbindet uns mit diesen Menschen,<br />
und welche Unterschiede gibt es zwischen den Religionen? Ein<br />
umfangreiches Sach- und Schmökerbuch für ältere Kinder und<br />
Jugendliche – nicht nur für den Religionsunterricht ein wertvoller<br />
Beitrag zu Toleranz und interkultureller Verständigung.<br />
Entdeckungsreise mit Fleurus<br />
Religionen<br />
368 Seiten, gebunden, ab 10 Jahren, Fleurus Verlag, ISBN 978-3-89717-407-8, € 19,90<br />
Wunderwerk Wald<br />
Der Wald schlägt die Menschen schon immer und überall <strong>auf</strong> der<br />
Welt in seinen Bann. Wo gibt es wieder Wölfe und Bären im Wald,<br />
und wie gefährlich sind sie? Sterben Bäume tatsächlich wegen des<br />
gefährlichen „Sauren Regens?? Welche Spuren hinterlassen Uhu,<br />
Wildschweine oder Eichhörnchen im Wald? Wie löscht man einen<br />
Waldbrand? Wie im Wald gibt es in diesem spannenden Buch <strong>auf</strong><br />
Schritt und Tritt Neues zu entdecken. Übrigens: In dieser Reihe<br />
sind auch Titel über Ägypten und die Raumfahrt erschienen.<br />
Dietmar Mertens<br />
Wald. Von Tieren, Pflanzen, Urwaldmenschen<br />
Ab 9 Jahre, 64 Seiten, gebunden, Großformat, Kosmos Verlag,<br />
ISBN 978-3-440-10804-8, € 12,95<br />
Der Traum vom Fliegen<br />
Bald beginnt wieder die Urlaubszeit. Wenn Ihr Glück habt,<br />
fliegt Ihr vielleicht in die Ferien. Ganz schön <strong>auf</strong>regend, was es<br />
an einem Flughafen so alles zu entdecken gibt. Dieses Buch<br />
zeigt Euch, was am Airport alles passiert, bevor ein Flieger in<br />
die Luft abhebt – vom Check-In bis zum sogenannten<br />
Boarding, wie das Gepäck an Bord kommt und was während<br />
des Flugs passiert. Es zeigt brandneue Entwicklungen wie<br />
den Nurflügler, erklärt, warum Senkrechtstarter keine Startbahn<br />
brauchen und, wie man ein Flugzeug richtig steuert.<br />
Ein Muß für alle Technik-Fans!<br />
Kinderbrockhaus<br />
Mein erstes Wissen<br />
Auf dem Flughafen<br />
26 Seiten, Festeinband mit ausklappbaren Info-Tafeln, ISBN 978-3-7653-1788-0,<br />
Brockhaus Verlag (2008), € 9,95<br />
März 2008 19
Natur<br />
Wie kommt das<br />
Ei in den Apfel?<br />
Naturerlebnisse sind für Kinder oft spannender als ein Krimi.<br />
Lernen und Spaßhaben schließen sich dabei nicht aus. Während<br />
die Kinder früher alleine Wald und Wiesen durchstreiften,<br />
tun sie dies heutzutage meist unter Anleitung. Naturpädagogen,<br />
ein relativ junger Beruf, möchten Kindern die<br />
Natur wieder näher bringen. Auch Erzieherinnen, Lehrer<br />
oder Heilpädagogen haben heutzutage oft eine Zusatzqualifikation<br />
in der Naturpädagogik.<br />
„Igitt, stinkt das hier!“, schreit<br />
die 12-jährige Eva und bleibt<br />
stehen, um zu schnuppern. Jetzt<br />
riechen es auch die anderen aus<br />
der Klasse. „Wie vergammeltes<br />
Fleisch“, stöhnt Kevin und verzieht<br />
das Gesicht zu einer angeekelten<br />
Grimasse. „Wo kommt<br />
das denn her?“, fragt Marie. „Von<br />
dort“, sind sich bald alle einig.<br />
Also los! Die Kinder verlassen den<br />
sonnigen Weg und l<strong>auf</strong>en in den<br />
düsteren Fichtenforst hinein.<br />
Marie und die anderen Kinder<br />
erleben Natur pur im Wald, <strong>auf</strong><br />
der Wiese und am Bach. Ganz<br />
nebenbei eignen sich die Kinder<br />
dabei praktisches Naturwissen an.<br />
Ein Abenteuer, denn sobald man<br />
sich einläßt, genau hinsieht, hinhört,<br />
hinriecht, hinfühlt und hinschmeckt,<br />
ergeben sich spannende<br />
Fragen. Was ist das? Und vor<br />
allem: Warum ist das so?<br />
„Ich hab’s, das Teil hier stinkt so“,<br />
ruft der zehnjährige Kevin. Er<br />
hockt neben einem weißen Stiel<br />
20 März 2008<br />
mit einem dunkelbraunen,<br />
schleimigen Hut dar<strong>auf</strong> und atmet<br />
mit geschlossenen Augen tief ein.<br />
„Guck mal, hier ist auch noch so<br />
ein komischer Tischtennisball in<br />
der Erde“, sagt Marie. Den Mäd-<br />
chen und Jungen fällt jetzt <strong>auf</strong>,<br />
daß die weißen Stiele überall<br />
stehen. Manchen fehlt der Hut,<br />
manche sind schlaff zur Seite<br />
geknickt. Die weißen Kugeln sind<br />
schwerer zu entdecken, sie sind<br />
unter den Fichtennadeln verborgen.<br />
„Hier ist noch einer“, ruft<br />
Eva, „komisch, er hängt irgendwie<br />
fest.“ Eva, Marie, Kevin und die<br />
anderen platzen fast vor Neugier.<br />
Und was ist das Geheimnis? Der<br />
stinkende Stiel und der unterirdische<br />
Tischtennisball sind Pilze,<br />
und zwar ein und derselbe: eine<br />
Stinkmorchel. Als Jung-Pilz ist sie<br />
Hast Du eine gute Nase? Mit allen Sinnen nehmen die Kinder<br />
den Wald und seine Bewohner wahr<br />
ein hühnereigroßes, sogenanntes<br />
Hexenei. Seine Hülle platzt später<br />
<strong>auf</strong> und der Stiel mit Hut schiebt<br />
sich heraus. 20 Zentimeter kann<br />
er groß werden. Das geht so<br />
schnell, daß die Menschen früher<br />
dachten, dabei sei Zauberei im<br />
Spiel – deshalb also Hexenei. Wie<br />
die ausgewachsene Stinkmorchel<br />
zu ihrem Namen kommt, ist<br />
klar. Ihr olivgrüner, schleimiger<br />
Schlapphut stinkt zum Himmel.<br />
Der Aasgeruch lockt Insekten an.<br />
Sie nagen die übel riechende<br />
Spitze ab und verbreiten dabei die<br />
Sporen des Pilzes.<br />
„Und was ist das?“, fragt Marie.<br />
Sie zeigt <strong>auf</strong> ein Blatt mit gebuchtetem<br />
Rand und großen Kugeln in<br />
der Mitte. „Baum-Hexeneier“, vermutet<br />
Kevin. Das Bestimmungsbuch<br />
verrät nur, daß es ein Eichenblatt<br />
ist. Aber <strong>auf</strong> dem Foto<br />
im Buch fehlen die Kugeln. Es<br />
sind Galläpfel. In ihrem Innern<br />
schlummern Eier der winzigen Eichengallwespe.<br />
Aus ihnen schlüpfen<br />
Larven, die den „Apfel“ von<br />
Innen fressen, und, die sich dann<br />
zu neuen Eichengallwespen entwickeln<br />
(Näheres siehe November-Ausgabe<br />
2004 des rheinkiesel).<br />
„Und wie kommt das Ei in<br />
den Apfel“, will Kevin wissen.<br />
„Und der Apfel <strong>auf</strong>s Eichenblatt“,<br />
fragt Eva. Die Eichengallwespe<br />
legt ihr Ei in die Mittelrippe des<br />
Eichenblatts und spritzt dabei<br />
einen Stoff mit hinein, der das<br />
Blatt dazu bringt, kugelförmig um<br />
das Ei herum zu wachsen. Kevin<br />
will es jetzt genau wissen: „Lasst<br />
uns die Kugel <strong>auf</strong>schneiden.“ Eva<br />
ist dagegen, denn dann stirbt die<br />
Larve. Das will niemand, auch<br />
Kevin nicht.<br />
Natur ist ein Ort, an dem Kinder<br />
früh lernen, Verantwortung für<br />
ihre Mitgeschöpfe zu übernehmen.<br />
Dazu gehört selbstverständlich,<br />
daß sie Tiere nicht bewußt<br />
umbringen, auch nicht im Larvenstadium.<br />
Dazu zählt aber auch,<br />
daß sie Blätter und Äste nicht<br />
unachtsam abreißen. Im Frühling<br />
sollte man zudem <strong>auf</strong> den Wegen<br />
bleiben, damit Vögel, die am<br />
Boden brüten, nicht gestört und<br />
ihre Nester nicht zertrampelt<br />
werden.<br />
Eva streicht über den Stamm der<br />
Eiche. „Wie rau der ist“, wundert<br />
sie sich, „und wie glatt der Stamm<br />
von dem Baum da drüben, der<br />
fühlt sich auch viel kälter an.“ In<br />
seine Rinde sind viele Namen,<br />
Jahreszahlen und ein Herz ein-
geritzt. Es ist eine Buche. Alle<br />
legen jetzt ihre Hände abwechselnd<br />
<strong>auf</strong> die warme Eiche und die<br />
kalte Buche.<br />
Es ist wichtig, daß Kinder die<br />
Natur mit allen Sinnen erleben. So<br />
können sie eine enge emotionale<br />
Bindung zu ihr knüpfen. Das<br />
eigene Erkunden und Entdecken<br />
sollte im Vordergrund stehen.<br />
Nicht nur Stadtkinder erleben<br />
Natur nicht mehr unmittelbar.<br />
Auch Landkinder kennen Pflanzen<br />
und Tiere oft nur noch aus dem<br />
Fernsehen und haben anfangs Berührungsängste.<br />
Manche fürchten<br />
sich vor Wölfen und Bären oder<br />
gar davor, sich schmutzig zu<br />
machen. Mit etwas Geduld läßt<br />
sich diese Scheu überwinden. Die<br />
Natur hilft dabei, denn sie verändert<br />
uns Menschen. Sie beruhigt<br />
die Überdrehten, ermutigt die<br />
Info<br />
Naturerlebnis-Veranstaltungen<br />
dieser Art bieten heute bereits<br />
viele Kindergärten und<br />
Schulen, aber auch einzelne<br />
Förster und der VVS.<br />
Kommerziell arbeitende<br />
Unternehmen wie zum<br />
Beispiel WILDWÄRTS<br />
(www.wildwaerts.de,<br />
Tel. 02223/906536,)<br />
gestalten ebenfalls naturpädagogische<br />
Ferienfreizeiten,<br />
Klassenfahrten, Familienveranstaltungen<br />
u. a.).<br />
Schüchternen, lehrt die Lauten das<br />
leise Staunen, und läßt die Gewalttätigen<br />
ihre verletzbare Seite<br />
zeigen.<br />
Am Buchenstamm windet sich<br />
eine Pflanze entlang. „Das ist<br />
Efeu“, sagt Marie, „den haben wir<br />
im Garten. Stört das die Buche<br />
nicht, wenn der Efeu <strong>auf</strong> ihr<br />
wächst?“ Efeu haftet mit seinen<br />
Wurzeln an Bäumen, steckt aber<br />
immer auch in der Erde, woher er<br />
Wasser und die darin gelösten<br />
Nährstoffe bekommt. Bei der<br />
Mistel ist das allerdings anders. Sie<br />
hat keine Verbindung zum Boden.<br />
Ihre Nahrung macht sie mit ihren<br />
grünen Blättern zwar selbst.<br />
Wasser nimmt sie sich aber vom<br />
Baum. Mit ihren Wurzeln zapft sie<br />
Natur<br />
dessen Wasserleitungen an. „Bekommt<br />
der Baum auch was dafür“,<br />
fragt Marie. Nein, aber den<br />
Fall, daß zwei Lebewesen in einer<br />
Lebensgemeinschaft zusammenleben<br />
und beide etwas davon<br />
haben, gibt es. Bäume leben oft in<br />
einer solchen „Symbiose“ mit<br />
Pilzen. Als ganz feines Gespinst<br />
wächst der Pilz um die Wurzeln<br />
des Baumes und vergrößert dadurch<br />
die Fläche, über die er<br />
Wasser <strong>auf</strong>nehmen kann. Der Pilz<br />
bekommt dafür Zucker vom<br />
Baum, denn seine Nahrung selbst<br />
herstellen, wie Efeu und Eiche<br />
kann er nicht. Er ist ja keine<br />
Pflanze. Die Kinder staunen.<br />
„Aber ein Tier ist er doch auch<br />
nicht, oder?“, fragt Kevin. Nein,<br />
Pilze sind Pilze.<br />
Natur ist es wert, sich mit ihr zu<br />
beschäftigen. Schnell gelangt man<br />
dabei zu grundsätzlichen Lebensfragen,<br />
die Kinder, Jugendliche<br />
und Erwachsene gleichermaßen<br />
fesseln: Was lernen wir von der<br />
Natur für unser menschliches Miteinander?<br />
Was macht Leben aus?<br />
Woher kommt es? Was kommt<br />
danach? Natur gibt Denkanstöße.<br />
„Und wie soll so eine Stinkmorchel<br />
um eine Wurzel herum<br />
wachsen?, fragt Eva. Das, was wir<br />
Pilz nennen, mit Stiel und Hut, ist<br />
eigentlich nur die Frucht des<br />
Pilzes, wie der Apfel die Frucht<br />
vom Apfelbaum ist. Der eigentliche<br />
Pilz ist ein feines Geflecht<br />
unter der Erde, das den gesamten<br />
Waldboden durchzieht. An manchen<br />
Stellen bildet er Früchte,<br />
besonders viele im Herbst. Die<br />
Stinkmorchel wächst aber auch<br />
schon im Mai. Eva nimmt eine<br />
Handvoll Erde: „Ich hab sie gefunden,<br />
die Pilzfäden“, ruft sie,<br />
„wie feine, weiße Wurzeln sehen<br />
sie aus.“ Auf dem Rückweg buddeln<br />
Kevin und Marie vorsichtig<br />
die Erde um das Hexenei weg und<br />
sieh da: Es hängt an einem Faden,<br />
der sich unterirdisch verzweigt.<br />
„Das ist also der Pilz,“ sagt Eva.<br />
Und das Ei ist gar kein Pilz, sondern<br />
eine Frucht wie ein Apfel.<br />
Der Apfel von der Eiche aber ist<br />
keine Frucht, sondern eine eßbare<br />
Kinderstube. Wenn das nicht<br />
spannend ist. •<br />
Melanie Vraux<br />
März 2008 21
Malwettbewerb<br />
Wenn Oma zum<br />
Malstift greift<br />
Fazit: Rundum erfreulich! Anders kann man die rege Beteiligung<br />
an unserem Malwettbewerb im diesjährigen Februar-<br />
Heft wirklich nicht bezeichnen. Obwohl es ja nun eine ganz<br />
und gar knifflige Aufgabe war, die wir Euch, liebe Kinder,<br />
diesmal gestellt hatten. Eine Fledermaus zu malen, ist sehr,<br />
sehr schwer. Alle habt Ihr diese schwierige Arbeit mit Bravour<br />
gelöst, wie die Bilder <strong>auf</strong> dieser Doppelseite zeigen.<br />
Leider konnten wir nicht alle abdrucken. Dafür hat der Platz<br />
bei weitem nicht ausgereicht.<br />
Was es nun mit der malenden<br />
Oma <strong>auf</strong> sich hat, das wollen wir<br />
Euch natürlich auch noch verraten.<br />
Da sitzt also (fast) die ganze<br />
Familie Spitta in Bonn am Tisch<br />
und malt emsig. Selbst Mutter<br />
Molly (42 Jahre) hat sich anstekken<br />
lassen und zu den Farbstiften<br />
gegriffen. Auslöser für diese<br />
Familienaktion war wohl der<br />
gemeinsame Urlaub <strong>auf</strong> Rügen, in<br />
dessen Verl<strong>auf</strong> die Familie <strong>auf</strong> dem<br />
Campingplatz mehr als einmal<br />
mit den flatterhaften Wesen Bekanntschaft<br />
machen konnte – und<br />
natürlich unser Malwettbewerb.<br />
Darf eine Großmutter, die selbst<br />
gelernte Grafikerin ist, in einer<br />
solchen Situation zurückstehen?<br />
Oma Sunhild (79 Jahre) griff zum<br />
Stift. Das Ergebnis kann sich<br />
sehen lassen. Ihr seht es unten<br />
rechts <strong>auf</strong> Seite 23.<br />
Allen, die sich am Wettbewerb<br />
beteiligt haben, ein herzliches<br />
Dankeschön für die Mühe, die Ihr<br />
22 März 2008<br />
Und hier ist<br />
die Gewinnerliste:<br />
• Geber, Elisa (8 Jahre)<br />
Rheinbreitbach<br />
• Kraut, Antonia (7 Jahre)<br />
Bad Honnef<br />
• Kraut, Dominik (11 Jahre)<br />
Bad Honnef<br />
• Meyer, Kim (7 Jahre)<br />
Bad Honnef<br />
• Mohrmann, Jana (6 Jahre)<br />
Königswinter<br />
• Raff<strong>auf</strong>f, Max (8 Jahre)<br />
Bad Honnef<br />
• Spitta, Lin (7 Jahre)<br />
Bonn<br />
• Spitta, Lilith (5 Jahre)<br />
Bonn<br />
• Spitta, Arthur (5 Jahre)<br />
Bonn<br />
• Steffens, Jessica (8 Jahre)<br />
Bad Honnef<br />
Geradezu perfekt: Dominik Kraut (11 Jahre), Bad Honnef<br />
Euch gemacht habt. Offensichtlich<br />
lesen ausschließlich kleine<br />
Künstler das Kieselchen im rheinkiesel.<br />
Damit es nirgendwo traurige Gesichter<br />
gibt, haben wir uns dazu<br />
entschlossen, die Zahl der zu ver-<br />
losenden Bücher für die Gewinner<br />
kräftig <strong>auf</strong>zustocken.<br />
Alle Kinder erhalten ihren Buchpreis<br />
in wenigen Tagen per Post<br />
zugestellt. Herzlichen Glückwunsch<br />
sagt •<br />
Euer Kieselchen
Malwettbewerb<br />
Links oben:<br />
Detailverliebt: Lin Spitta<br />
(7 Jahre), Bonn<br />
Rechts oben:<br />
Außer Konkurrenz:<br />
Grafikerin Oma Sunhild<br />
(79 Jahre)<br />
Links:<br />
Fledermäuse sind freundliche<br />
Tiere: Jana Mohrmann<br />
(6 Jahre), Königswinter<br />
März 2008 23