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Fixierung - Deutsches Institut für angewandte Pflegeforschung eV

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„In jedem Einzelfall ist unter Berücksichtigung des körperlichen und geistigen Zustands<br />

sowie der Würde des einzelnen Heimbewohners abzuwägen, welche seiner Sicherheit die-<br />

nenden Maßnahmen als verhältnismäßig angesehen werden kann. Dabei sind stets thera-<br />

peutische Zielvorstellungen zu beachten.“ (BGH Urt. V. 14.07.2005 – III ZR 391/04)<br />

Als von Art. 104 Abs. 1 GG geforderte Gesetzesgrundlagen kommen die Landesunterbringungs-<br />

gesetze (UBG/PsychKG) 4 sowie das Betreuungsrecht (im 4. Buch des BGB – Familienrecht) in<br />

Betracht. Im Gegensatz zum Unterbringungsrecht regelt das Betreuungsrecht (§ 1906 BGB) pri-<br />

mär das Wohlergehen des psychisch erkrankten Menschen 5 . Es stellt die Anwendung freiheitsent-<br />

ziehender Maßnahmen materiell (§ 1906 Abs. 4 BGB) und formell (§§ 70 ff FGG) 6 unter hohe Auf-<br />

lagen.<br />

Die Einschränkung in der Bewegungsfähigkeit einer Person kann somit als freiheitsentziehende<br />

Maßnahme nach § 1906 Abs. 4 BGB juristisch durch einen Beschluss des Vormundschaftsge-<br />

richts zwar legalisiert werden. Legitimiert ist sie damit jedoch noch nicht. Dies ist ein bedeu-<br />

tungsvoller Unterschied, auf den in der Fachliteratur (vgl. u. a. Klie, Becker, Koczy sowie Saßen,<br />

Borutta, Lennefer) zunehmend hingewiesen wird. 7<br />

Abzugrenzen davon und nicht als freiheitsentziehende Maßnahmen im Sinne des § 1906 BGB zu<br />

werten sind Eingriffe von geringer Intensität und/oder Dauer in die persönliche Bewegungsfreiheit.<br />

Diese – einmaligen bzw. kurzfristigen – Eingriffe werden eher mit dem Begriff der freiheits-<br />

einschränkenden Maßnahme (im Sinne des rechtfertigenden Notstands gem. § 34 StGB) bezeich-<br />

net (z. B. nur einmaliges, während der Körperpflege oder des Lagerns erfolgtes kurzfristiges<br />

Hochziehen von Bettgittern). Der Straftatbestand der Freiheitsberaubung gemäß § 239 StGB ent-<br />

fällt jedoch nur, wenn den Maßnahmen entweder eine Einwilligung des Betroffenen oder eine Ge-<br />

nehmigung des Vormundschaftsgerichts (bei einwilligungsunfähigen Menschen) zugrunde liegt.<br />

Voraussetzung zur Erteilung einer Einwilligung (im Sinne der Wahrnehmung eigener Interessen)<br />

ist dabei stets eine vorausgehende Aufklärung über die anstehende Maßnahme sowie die Klärung<br />

der Einwilligungsfähigkeit des Betroffenen.<br />

Bei zu vermutender Einwilligungsunfähigkeit ist von der Pflegeeinrichtung oder dem Betreuer/Be-<br />

vollmächtigten ein fachärztlicher Attest (§ 70e FGG) einzuholen, aus dem die relevanten Untersu-<br />

chungsergebnisse (z.B. Feststellung einer Demenz im bereits fortgeschrittenen Stadium), eine<br />

Anamnesefeststellung (Krankheitsverlaufsgeschichte) sowie eine Beurteilung der Folgen der zu-<br />

grunde liegenden Erkrankung (Gründe <strong>für</strong> die Notwendigkeit der empfohlenen freiheitsentziehen-<br />

4<br />

In NRW das Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (PsychKG) vom<br />

17.12.1999 i.d.F. vom 05.04.2005<br />

5 Die UBG haben sowohl den Schutz des Betroffenen (Eigengefährdung) als auch den Schutz Dritter (Nachbarn,<br />

Angehörige etc.; Fremdgefährdung) zum Ziel<br />

6 FGG: Gesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit<br />

7 Vgl. u.a. Robert Bosch Gesellschaft <strong>für</strong> medizinische Forschung mbH (RBMF) & Kontaktstelle <strong>für</strong> praxisorientierte<br />

Forschung an der Evangelischen Fachhochschule Freiburg 2006<br />

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