Fixierung - Deutsches Institut für angewandte Pflegeforschung eV
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den, wann, wie lange und warum er nicht fixiert sei. Das wurde von den Mitarbeitern so wahrge-<br />
nommen, bzw. im Alltag so gehandhabt, wobei sie kein Verständnis da<strong>für</strong> äußerten, dass eine<br />
Entfixierung überhaupt protokolliert werden solle, wo dies doch der Normalzustand sei. Dies ent-<br />
spräche ihrer Einschätzung nach einem ‚paradoxen Dokumentationszwang’, den sie als Entwer-<br />
tung ihrer Einschätzungskompetenz und ihrer Fähigkeit zur Risikobestimmung werteten. Woher<br />
diese „Bestimmung“ zur Dokumentation der Nichtfixierung kam, konnte nicht genau bestimmt wer-<br />
den. Es bleibt damit fraglich, ob es sich nicht eher um ein Missverständnis hinsichtlich der Doku-<br />
mentationsroutine handelt.<br />
Teamstruktur<br />
Wichtig sind die Vorerfahrungen mit Teams bezüglich des Umgangs mit freiheitsentziehenden<br />
Maßnahmen. Dies betrifft die Frage einer „Teamkultur“. Mehrere Teilnehmer sagten, dass der<br />
Umgang mit <strong>Fixierung</strong> <strong>für</strong> sie ein Grund gewesen sei, die vorherige Einrichtung zu verlassen oder<br />
aber ein Team zu wechseln. Der Einfluss des Teams auf den gesamten Umgang mit der Thematik<br />
muss daher als sehr bedeutsam eingestuft werden, denn es scheint schwierig zu sein, sich ‚über<br />
das Team hinwegzusetzen’. Existieren in einem Team Regeln wie: „Hier wird niemand angebun-<br />
den“, so richten sich alle Teammitglieder danach und ihr gesamtes Handeln daran aus. Dabei wa-<br />
ren sowohl Bewohnerschaft und andere Faktoren ähnlich gelagert wie die bei einem anderen<br />
Teams, die sagten, es sei unvermeidbar, dass manche Bewohner auch in der Freiheit einge-<br />
schränkt würden. Es zeigen sich also vom Bewohner als unabhängig zu bezeichnende Einstellun-<br />
gen, die das Denken und Handeln eines Teams leiten.<br />
Ein Team, das keinerlei <strong>Fixierung</strong> zulässt und erwägt gab es in einer Einrichtung. Es zeigte ein<br />
starkes gemeinschaftliches und vor allem einheitliches Auftreten hinsichtlich dieser Fragestellung.<br />
Dabei zeigte sich auch, dass die Vorgabe der Leitung (Wohnbereich) und der Umgang mit dem<br />
Team wesentlich sind. Bei dem skizzierten Team galt eine <strong>Fixierung</strong> generell als Kulturverletzung.<br />
Als besonders gravierend und einschneidend wurde daher empfunden, als eine Nachtwache ge-<br />
gen den Willen des restlichen Teams eine temporäre <strong>Fixierung</strong> eines Bewohners durchsetzte.<br />
Dieses Verhalten wurde sozial sanktioniert. Um zu einem solch einheitlichen Bewertungsmaßstab<br />
zu kommen, braucht es jedoch eine Zeit des Zusammenwachsens eines Teams und dem Ver-<br />
ständnis seiner Pflegekultur. Deswegen ist auch die Frage nach der Dauer der stabilen Zusam-<br />
mensetzung von Teams eine wichtige. Dieser Punkt wurde bei jedem Gespräch angesprochen<br />
und es zeigte sich, dass dort, wo Teams schon lange stabil zusammen waren, jeweils spezifische<br />
„Kulturen“ und Umgangsregeln geschaffen worden waren. Dies beinhaltet auch den Umgang mit<br />
dem Problemfeld der freiheitseinschränkenden Maßnahmen. Aber es zeigte sich nicht dass dort,<br />
wo lange miteinander gearbeitet wurde automatisch ein kritischerer Umgang herrschte. Daher ist<br />
diesem Aspekt Beachtung zu schenken, wenn es um Veränderungen und um Schulungsinterven-<br />
tionen geht. Stabile Teams sind von außen nicht mehr in dem Maße zu beeinflussen, weil die in-<br />
ternen Vorstellungen bereits angeglichen sind. Je nach Haltung der Teams gegenüber der Proble-<br />
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