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Fixierung - Deutsches Institut für angewandte Pflegeforschung eV

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aber das Verdecken und Verstecken von Türeingängen, die der Betroffene aufgrund seiner Ein-<br />

schränkung nicht selbst findet.) Hier wird deutlich, wie kompliziert eine eindeutige Beschreibung<br />

und Definition ist, denn das Anbringen eines Vorhangs kann entweder eine optische Verschöne-<br />

rung vor einer Eingangstür sein oder aber ein Einsperren. Erst die Zielrichtung der Maßnahme<br />

lässt genauer erkennen, welchen Zweck sie hat und wie sie gewertet werden kann. Parallel dazu<br />

existieren auch unterschiedliche Bewertungen zu einzelnen Maßnahmen, was Pflegenden eine<br />

Eindeutigkeit in der eigenen Positionierung erheblich erschwert. So wird beispielsweise in einer<br />

Studie empfohlen, dass ein Vorhang in der Farbe der Tür gerade bei demenziell veränderten Be-<br />

wohnern angewendet werden sollte, damit diese nicht zum „Weglaufen“ animiert werden. 16 Eine<br />

solche positive Einschätzung steht aber im Widerspruch zu anderen Aussagen.<br />

Nicht unbedingt eindeutiger in der Beurteilung ist der Einsatz von Medikamenten (Punkt 3), wenn<br />

hier auch internationale pharmakologische Klassifizierungen dabei helfen können, zu unterschei-<br />

den, was die Hauptwirkung eines Medikamentes und was die Nebenwirkung ist. Medikamente, die<br />

in der Hauptwirkung der Ruhigstellung dienen (psychotrope Medikamente), sind demnach als<br />

„chemische“ <strong>Fixierung</strong> zu betrachten, stellen damit regelmäßig freiheitsentziehende Maßnahmen<br />

dar und werden auch von Pflegenden als einschränkende Maßnahme verstanden. In der Kombi-<br />

nation mit der Diagnose des Patienten oder Bewohners kann dies also relativ stabil bestimmt wer-<br />

den. Während der Gesetzgeber (vgl. BT-Drucksache 11/4528, S. 149) darauf verweist, dass er in<br />

der rechtlichen Bewertung auf den Heilzweck eines Medikaments abstellt [„Medikamente, die zu<br />

Heilzwecken gegeben werden, aber als Nebenwirkung den Bewegungsdrang des Betreuten ein-<br />

schränken, fallen nicht unter die Regelung (des § 1906 Abs. 4 BGB, Anm. d. Verf.).“] finden sich in<br />

der Fachliteratur- mit Bezug auf entsprechende Gerichtsurteile – nicht selten anders lautende<br />

rechtliche Hinweise. So machen Hoffmann et al. deutlich, dass nicht die Intention (Heilzweck) ent-<br />

scheidend <strong>für</strong> die Beurteilung einer freiheitsentziehenden Maßnahmen durch Medikamente (im<br />

wesentlichen Neuroleptika) sei, sondern vielmehr die tatsächliche Anwendung und Wirkung auf<br />

den Betroffenen. 17 Demnach wäre ein Einsatz von Psychopharmaka, die keine Einschränkungen<br />

der körperlichen Bewegungsfreiheit nach sich ziehen, stets durch den Betroffenen selbst (wenn<br />

dieser einwilligungsfähig ist) oder seinen Betreuer zu entscheiden. Kommt es hingegen als Ne-<br />

benwirkung zu körperlichen Bewegungseinschränkungen, bedarf die Gabe des Medikaments stets<br />

der Zustimmung durch den Betroffenen oder (bei vorliegender Einwilligungsunfähigkeit) der Ge-<br />

nehmigung durch das Vormundschaftsgericht. Liegt überhaupt keine therapeutisch begründete In-<br />

dikation vor und soll das Medikament zur gezielten Einschränkung der körperlichen Bewegungs-<br />

freiheit verabreicht werden, wäre diese Maßnahme nicht genehmigungsfähig und sogar strafbar<br />

(vgl. Hoffmann, Klie 2004, S. 91):<br />

„Es kommt bei der Bewertung einer Maßnahme als freiheitsentziehende nicht darauf an,<br />

ob sie als solche bezweckt ist oder nicht, die tatsächliche potenzielle Wirkung reicht zur<br />

16 Namazi et al. 1989<br />

17 Hoffmann, B.; Klie, T. 2004, S. 91<br />

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